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Full text of "Handbuch der Kriegschirurgischen Technik : Gekrönte preisschrift"

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HEALTH  SCIENCES  STANDARD 


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HANDBUOH 


KRIEGSCHIRüRGiSCHEN  TECHNIK 


Gekrönte  Preissciirift 


Dr.  FRIEDRICH  yon  ESMARCH 
Vierte  Auflage 


OFERATIONSLEHRE 


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Dr,  Berner 

pract.  Arzt 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2010  witii  funding  from 

Open  Knowledge  Commons 


http://www.archive.org/details/handbuchderkrieg02esma 


Chirumisclie  Technik. 


Yon 


Or.  Friedrich  von  Esmarch  und      Dr.  Ernst  Kowalzig 

Professor  der  Chirurgie  in  Kiel.  vorm.  I.  Assistent  der  Chirurg.  Klinik. 


Kurz  und  bündig. 


Zweiter  Band. 

Allgemeine    Operationslehre. 
Operationen  an  den  Extremitäten. 

4.  verbesserte  Auflage. 
Mit   505   Holzschnitten. 


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Kiel  und  Leipzig. 

Verlag   von   Lipsius   &   Tischer. 
1894. 


Handbuch 

der 

Kriegschirurgischen  Teclinik. 

Gekrönte  Preisschrift 


Dr.  Friedrich  von  Esmarch, 

Professor  der  Chirurgie  in  Kiel. 


Tierte  Auflage 

durchgehends  neubearbeitet,  vermehrt  und  verbessert 
von 

Dr.  Fr.  von  Esmarch    und        Dr.  E.  Kowalzig 

Professor  der  Chirurgie  in  Kiel.  vorm.  1.  Assistent  d.  Chirurg,  Klinik. 

Zweiter   Band: 

Operationslehre. 


+ 


Knr;2  und  bündig. 


Kiel  und  Leipzig. 

Verlag   von   Lipsius   &  Tischer. 
1894. 


Druck  von  August  Hopfer  in  Burg  b.  M. 


Inhalt. 


Die  Narkose 1 

allgemeine  Anaesthesie 1 

Chloroform 1 

Ueble  Zufälle  bei  der  Narkose 6 

Aetber          14 

Lokale  Anaesthesie 16 

Einfache  Operationen 19 

Schnitt,  Incision 19 

Stich  Function  ....  * 23 

Zerstören  von  Geweben 26 

Vereinigung  der  Wundränder 32 

Wundnähte 32 

Entfernung  von  Fremdkörpern      41 

Entfernung  von  Geschossen 43 

Operationen  zur  Verhinderung  und  Stillung  von  Blutungen  und 

deren  Folgen 49 

Blutsparung      49 

Künstliche  Blutleere 50 

Compression  des  Hauptarterienstammes • 63 

durch  Fingerdruck 63 

durch  Aderpressen    .    .    .' 66 

Improvisation  der  Aderpressen 68 

Blutstillunginder  Wunde 73 

Compression  der  Wunde      73 

Blutstillungsmittel  (Styptica) .    .  74 

Unterbindung  der  Gefässe  (Ligatur) 75 

Die  Unterbindung  der  Arterien  am  Orte  der  Wahl    .    .  84 

allgemeine  Regeln .  84 

Unterbindung  der  einzelnen  Arterienstämme 87 

arteria  carotis  communis •   .    .  89 

„        carotis  externa 90 

„       interna 90 

„       lingualis      91 

„        subclavia 92 

„        vertebralis      95 

„        axillaris      96 

„       brachialis    • 98 


—     VI    — 

arteria  radialis 99 

„       ulnaris 100 

„       Aorta  abdominalis 102 

„       iliaca  communis  und  interna 103 

„       iliaca  externa 104 

,.       glutaea  superior 105 

„       ischiadica 105 

„       femoralis 106 

„       Poplitea 109 

„        tibialis  antica 109 

„        tibialis  postica 111 

Blutersatz 112 

Transfusion  und  Infusion 112 

Blutentziehung 117 

Aderlass 117 

Operation  der  Aneurysmen 119 

Unterbindung  der  Arterie 121 

Operation  der  Varicen • 123 

Unterbindung  der  V.  saphena 123 

Exstirpation  der  Varicen 124 

Verletzungen  der  Gefässwandungen 124 

Operationen  an  den  Sehnen 125 

Sehnendurchtrennung,  Teuotomie      125 

Tenotomie  der  Achillessehne 127 

Sehnennaht,  Tendinorrhaphie      128 

Tendinoplastik 130 

Operationen  an  den  Nerven 131 

Nervennaht,  Neurorrhaphie 131 

Neuroplastik 131 

Operationen  an  der  Haut 132 

Transplantation      132 

Hautverpflanzung  nach  Thiersch 133 

Plastische  Operationen      135 

Operationen  an  den  Nägeln 139 

Operationen  an  den  Knochen 141 

Osteoklasis 141 

Osteotomie,  Knochendurchtrennung 143 

Osteotomia  subtrochanterica 144 

„           supracondylica  femoris 145 

„            supramalleolaris 146 

Vereinigung  von  Knochenwundflächen 146 

Nekrotomie      148 

osteoplastische  Nekrotomie      151 

Die  Amputationen  und  Exarticulationen 152 

Indicationen 152 


—    vn   — 

Allgemeine  Regeln 153 

Vorbereitungen 153 

Durchsclineidung  der  Weichtheile 154 

Einzeitiger  Zirkelschnitt      154 

Zweizeitiger  Zirkelschnitt 156 

Hautlappenschnitt 161 

Muskellappenschnitt 163 

Ovalairschnitt 164 

Absägen  der  Knochen      164 

Vereinigung  der  Wunde 169 

ßeamputation 171 

Prothesen 172 

Amputationen  und  Exarticulationen  an  der  oberen  Extremität  174 

Exarticulation  der  Finger 174 

der  dritten  Phalanx 174 

der  zweiten  Phalanx 175 

im  Metacarpophalangealgelenk 175 

sämmtlicher  Finger 178 

Exarticulation  des  Daumens  im  Carpalgelenk 178 

Ovalairschnitt 178 

Seitenlappenschnitt  nach  von  Walther 179 

Exarticulation  der  vier  letzten  Metacarpalknochen 181 

Exarticulation  im  Handgelenke 181 

Zirkelschnitt 181 

Lappenschnitt 182 

ßadiallappenschnitt 183 

Amputation  des  Vorderarmes 184 

Exarticulation  im  Ellbogengelenk 187 

Zirkelschnitt 187 

Lappenschnitt 189 

Amputation  des  Oberarms 189 

Exarticulation  des  Armes  im  Schultergelenk 194 

Lappenschnitt 194 

Zirkelschnitt 195 

Ovalairschnitt      196 

Amputationen  und  Exarticulationen  an  der  unteren  Extremität  197 
Exarticulation  der  Zehen 

in  den  Phalangometatarsalgelenken      197 

Amputation  aller  Metatarsalknochen 199 

Exarticulation  der  grossen  Zehe  sammt  ihrem  Metatarsalknochen  199 

Exarticulation  der  fünften  Zehe  sammt  ihrem  Metatarsalknochen  200 

Exarticulation  in  den  Tarsometatarsalgelenken  nach  Lisfranc  .  201 

Exarticulation  im  Tarsus  nach  Chopart 204 

Exarticulation  unter  dem  Talus  nach  Malgaigne 206 

Exarticulation  des  Fusses  nach  Syme 208 

Exarticulation  des  Fusses  nach  Pirogoff 212 

Abänderung  nach  Günther      213 

Abänderung  nach  Le  Fort  und  von  Esmarch 215 

Amputation  des  Unterschenkels 217 


—    vni    — 

osteoplastische  Amputation 219 

ExarticulatioD  des  Unterschenkels  im  Kniegelenk 223 

Zirkelschnitt 223 

Lappenschnitt 225 

osteoplastisch  nach  Grritti  u.  A 227 

Amputation  des  Oberschenkels 227 

Exarticulation  des  Oberschenkels 231 

Lappenschnitt,  Stichmethode  nach  lEanec 231 

Zirkelschnitt  nach  Vetch 235 

Die  Resection  der  Gelenke      237 

Indicationen 237 

Allgemeine  Regeln 239 

Resectionen  an  der  oberen  Extremität 243 

Resection  der  unteren  Gelenkenden  des  Radius  und  der  Ulna     .  243 

Resection  des  Handgelenks 248 

mit  Dorsoradialschnitt  nach  v.  Langenbeck      248 

mit  Dorsoulnarschnitt  nach  Kocher 251 

Resection  des  Ellbogengelenks 253 

mit  'Y  Schnitt  nach  Liston 253 

mit  Längsschnitt  nach  v.  Langenbeck 256 

mit  doppeltem  Längsschnitt  nach  Hu  et  er 257 

mit  Bajonnettschnitt  nach  Ollier 258 

mit  Hakenschnitt  nach  Kocher 259 

Resection  des  Olecranon 260 

Resection  des  Schultergelenkes      262 

mit  Längsschnitt  (ältere  Methode) 262 

mit  vorderem  Längsschnitt  nach  v.  Langenbeck      .    .    .    .  265 

mit  vorderem  Schrägschnitt  nach  Ol  Her 266 

mit  hinterem  Bogenschnitt  nach  Kocher 267 

Resection  des  Grelenkkörpers  der  Scapula 269 

Resection  der  Scapula      270 

mit  Winkelschnitt  nach  v.  Langenbeck      270 

subperiostal  nach  Ollier 271 

partielle  Resection  der  Scapula 271 

Resection  des  Schlüsselbeins 272 

Resectionen  an  der  unteren  Extremität 272 

Resection  des  Fussgelenkes .' 272 

mit  Bilateralschnitt  nach  v.  Langenbeck 272 

„      König. 277 

mit  äusserem  Querschnitt  nach  Kocher 278 

mit  äusserem  Schrägschnitt  nach  Grirard 279 

mit  äusserem  Bogenschnitt  nach  Lauenstein 280 

mit  vorderem  Querschnitt  nach  Hueter 280 

Resection  des  Talus      280 

mit  vorderem  Längsschnitt  nach  Vogt 281 

Resection  des  Calcaneus 281 

mit  äusserem  Winkelschnitt  nach  Ollier 281 

mit  Sporenschnitt  nach  Guerin 282 


—     IX     — 

Resection  der  übrigen  Fuss-wurzelknochen 282 

Resection  im  Tarsus,  osteoplastisch  nacli  Mikulicz-Wladimiroff  283 

Operationen  bei  Klumpfuss 285 

Operationen  bei  Plattfuss 286 

Resection  des  Kniegelenks      287 

mit  vorderem  Bogenscbnitt  nacb  Textor 287 

mit  oberem  Bogenschnitt  nach.  Hahn 292 

mit  Querschnitt  nach  v.  Volkmann 293 

mit  seitlichem  Bogenschnitt  nach  v.  Langenbeck    .    .    .    .  293 

mit  innerem  Längsschnitt  nach  Hueter 295 

Arthrectomie  des  Kniegelenks 296 

Function  des  Kniegelenks 297 

Drainage  des  Kniegelenks 297 

Resection  des  Hüftgelenks 298 

mit  hinterem  Bogenschnitt  nach  A.  "White 298 

mit  äusserem  Längsschnitt  nach  v.  Langenbeck      .    .    .    .  300 

mit  hinterem  Winkelschnitt  nach  Kocher 303 

mit  vorderem  Längsschnitt  nach  Lücke-Schede      .    .    .    .  305 

mit  vorderem  Schrägschnitt  nach  Hueter 306 

mit  Resection  des  Trochanters  nach  Ollier 307 

Resection  des  Hüftgelenks  bei  angeborener  Luxation 307 

Resection  des  Darmbeins 308 


Die  Narkose, 

Während  jeder  grösseren  Operation,  und  jeder  langdauernden 
schmerzhaften  Untersuchung,  zumal  wenn  dabei  die  Erschlaffung 
aller  Muskeln  erwünscht  oder  nothwendig  ist,  sollte  der  Kranke 
durch  Anwendung  narkotischer  Mittel  unempfindlich  gemacht  — 
betäubt  werden.     Unter  diesen  sind  zur  Erzeugung  einer 

allgemeinen  Auaesthesie 

vorzugsweise  in  Grebrauch :    das  Chloroform  und  der  Aether. 

Das  Chloroform  CHCL  (Simpson  1847),  eine  klare  farblose, 
sehr  flüchtige,  schwer  brennbare  Flüssigkeit  von  eigenthümlichem, 
nicht  unangenehmem  Greruche,  ist  ein  Gift,  dessen  eingeathmete  Dämpfe 
auf  die  Ganglienzellen  des  Gehirns  und  Rückenmarks  lähmend  wirken 
und  Stillstand  der  Athmung  und  des  Herzens  hervorrufen  können.  Die 
Lähmung  scheint  im  Gehirn  von  vorn  nach  hinten  vorzuschreiten,  so 
dass  zunächst  die  Stimlappen  (Bewusstsein)  beeinflusst  werden,  zuletzt 
die  Thätigkeit  der  Medulla   oblongata  (Athmungscentrum)   erlischt. 

Reines  Chloroform  soll  nicht  mit  Aether  oder  Alkohol  vermischt 
sein,  keine  Methylverbindungen  enthalten  (Schwärzung  durch  concentrirte 
Salpetersäure),  kein  freies  Chlor  (Bleichung-  feuchten  Lakmuspapiers), 
keine  Säuren  (Röthung  blauen  Lakmuspapiers).  Lässt  man  einige  Tropfen 
Chloroform  auf  schwedischem  Filtrirpapier  verdunsten,  so  zeig-fc  ein  ranziger 
scharfer  Geruch  des  Rückstandes  an,  dass  das  Chloroform  unrein  oder 
zersetzt  ist  (Geruchsprobe  nach  Hepp).  Da  sich  Chloroform  an  Licht 
und  Luft  leicht  zersetzt,  so  soll  es  in  gelben  oder  dunkeln  Flaschen  auf- 
bewahrt und  möglichst  wenig  und  dann  im  Dunkeln  umgegossen  werden. 
Bei  Anwesenheit  von  Leuchtgas  entstehen  aus  dem  Chloroform  stark  zum 
Husten  reizende  Dämpfe  (Chlorwasserstoffsäure?).  Durch  reichliche 
Lüftung  und  Entwicklung  von  "Wasserclampf  (im  Sterilisationsapparat) 
wird  dieser  Uebelstand  zum  Theil  beseitigt. 

Bei  der  Anwendung  des  Chloroforms  müssen  verschiedene 
Vorsichtsmassregeln  beobachtet   werden: 

Der  Kranke  sei  nüchtern  (3 — 4  Stunden  ohne  Nahrung)  und 
liege  während  der  Operation  auf  dem  Rücken  oder  auf  einer  Seite  mit 

Esmaroh-Kow  alzig,  Technik.     4.  Aufl.  \ 


—     2     — 


nur  massig  erhölitem  Kopfe ;  er  darf  nicht  auf  dem  Bauche  liegen, 
weil  dies  die  Athmung  erschwert,  auch  nicht  aufrecht  sitzen,  weil 
dann  leichter  Ohnmacht  eintritt.  Alle  die  Athmungsbewegungen 
einengenden  Kleidungsstücke  (Kragen,  Gürtel,  Schnürleib)  sind  zu 
lösen,  Hals  und  Brust  müssen  frei,  der  Bauch  leicht  zugäng- 
lich sein.  Künstliche  Gebisse,  Kautaback  u.  s.  w.  sind  aus  dem 
Munde  zu  entfernen,  Blase  und  Mastdarm  vor  der  Operation  zu 
entleeren. 

Der  Chloroformirende  hat  ausser  dem  Chloroformapparat  Mund- 
sperrer, Zungenzange,  Handtuch,  Stielschwamm,  Eiterbecken  bereit 
zu  halten.  Bei  jeder  Xarkose  sollen  ausser  dem  Arzte  eine  oder 
mehrere  Personen  zugegen  sein,  theils  als  Helfer  bei  plötzlich  ein- 
tretenden Unglücksfällen,  theils  als  Entlastungszeugen  gegen  die 
von  den  Kranken  bisweilen  als  Thatsachen  hingestellten  Hallu- 
cinationen. 

Fig.  1. 


Chloroformapparat  nach  von  Esmarch. 

Concentrirte  Chloroformdämpfe  bewirken  nach  ganz  kurzer  Zeit 
Stillstand  der  Athmung  und  des  Herzens.  Daher  ist  das  Aufdrücken 
eines  mit  Chloroform  begossenen  dichten  Tuches  oder  Schwammes  auf 
Mund  und  Nase  gefährlich.  Die  Chloroform  dämpfe,  welche  man  ein- 
athmen  lässt,  müssen  vielmehr  reichlich  mit  Luft  gemischt 
sein.  Allgemein  in  Gebrauch  ist  der  vom  A^erfasser  vereinfachte 
Skinner'sche  Apparat,  bestehend  aus  einem  mit  Wollentricotstoff 
überzogenen  Drahtgestell  (Maske)  und  einer  Tropfflasche  (Fig.   1), 


—     3     — 


Fig.  2. 


welche  nebst  einer  Zange  zum  Hervorziehen  der  Zunge  (Fig.  8) 
in  einem  ledernen  oder  blechernen  Futteral  verpackt,  leicht  in  der 
Tasche  getragen  wer- 
den kann  (Fig.  2).  Da 
die  Maske  mitunter 
durch  Blut,  Schleim, 
Erbrochenes  beschmutzt 
wird,  ist  es  zweck- 
mässig, den  Tricotüber- 
zug  vor  jeder  Narkose 
zu  erneuern,  was  bei 
der  „  aseptischen  Maske  " 
nach  Schimmelbusch 
(Fig.  3)  leicht  ausge- 
führt werden  kann. 

Durch  den  Tricot- 

stoff    wird    bei    jedem 
A  ,  1  ..         j  Chloroformapparat  verpackt. 

Athemzuge      genügend  '^'^  "^ 

Luft    mit    den    Chloroformdämpfen    eingesogen.      Zunächst    giesst 

man    nur    eine  massige  Menge    des  Mittels   (10 — 20   Tropfen)  auf 


Fig.  3. 


Maske  nach  Schimmelbusch. 

die  Maske,  hält  diese  leicht  vor  Mund  und  Nase  und  fordert  den 
Kranken  durch  beruhigenden  Zuspruch  auf,  ruhig  Luft  zu  holen. 
Ganz  zu  verwerfen  ist  es,  gleich  soviel  Chloroform  auf  die  Maske 
zu  giessen,  dass  es  von  ihrer  Innenfläche  abtropft.  Ausser  dem 
heftigen  E,eiz    auf    die  Luftwege,    der  sich  durch  Husten,  Athem- 


—     4     — 


Fig.  4. 


noth,  Unruhe  anzeigt,  ist  die  durch  Chloroformbenetzung  erzeugte 
Entzündung  der  Gesichtshaut  und  namentlich  der  Augenlider  zu 
fürchten.  Am  leichtesten  und  mit  recht  geringem  Chloroformverbrauch 
lässt  sich  aber  die  Narkose  einleiten  und  unterhalten,  wenn  man  von 
Anfang  an  das  Mittel  nur  tropfenweise  verabreicht  (TrÖpfel- 
narkose),  indem  man  aus  einer  gewöhnlichen  Tropfflasche  etwa 
alle  5 — 10  Sekunden  einen  Tropfen  auf  den  Tricot  fallen  lässt. 
Vorausgesetzt,  dass  während  des  Chloroformirens  möglichste  Stille 
im  Zimmer  herrscht,  ist  oft  schon  nach  8 — 10  Minuten  Empfindungs- 
losigkeit eingetreten.  Namentlich  fehlen  aber  bei  diesem  lang- 
samen „Einschleichen  in  die  Narkose"  fast  alle  unangenehmen 
Erscheinungen  im   Verlauf  derselben. 

Um  die  Chloro- 
formdämpfe in  stets 
gleichem  Verhältnisse 
mit  Luft  vermischt  ein- 
athmen  zu  lassen,  be- 
dient man  sich  auch 
des  Apparates  nach 
Junker  (Fig.  4),  zu- 
mal bei  ihm  die  Ver- 
dunstung des  Chloro- 
forms an  der  Luft  fort- 
fällt und  dasselbe  daher 
sparsamer  verbraucht 
wird.  Der  Apparat  be- 
steht aus  einer  gradu- 
irten,  zur  Hälfte  mit 
Chloroform  gefüllten 
Flasche,  aus  welcher 
durch  ein  Gebläse  (a) 
die  mit  der  Luft  ge- 
mischten Dämpfe  in  das 
dem  Kranken  vor  Mund  und  Nase  gehaltene  Mundstück  (&)  ge- 
trieben werden. 

Nach  den  ersten  Zügen  haben  die  Kranken  zunächst  sub- 
jective  Empfindungen  meist  angenehmer  Natur,  die  Athmung  wird 
etwas  rascher,  der  Puls  voller  und  schneller,  die  Augen  thränen. 
Oft  hören  die  Kranken  auf  zu  athmen  und  müssen  dazu  durch 
Zuspruch    aufgefordert  werden.     Das    Empfindungsvermögen   kann 


Apparat  nach  Junker, 


dabei  so  vermindert  sein,  dass  kleine  i^ugenblicksoperationen  ohne 
reflectorische  Erscheinungen  ausführbar  sind.  Dieser  Zeitpunkt 
ist  bei  manchen  dann  eingetreten,  wenn  der  bis  dahin  von  ihnen 
gerade  emporgehaltene  Arm  langsam  herabsinkt.  Bei  schwachen 
Leuten,  Männern  von  massiger  Lebensweise,  Frauen  und  Kindern, 
kann  nun  ohne  Weiteres  der  eigentliche  narkotische  Schlaf 
und  völlige  Muskelerschlaffung  eintreten.  Meist  geht  diesem  aber 
ein  Stadium  der  Excitation  voraus.  Es  stellen  sich  klonische 
und  tonische  Muskelzuckungen  ein,  der  Kranke  schreit,  singt, 
schlägt  um  sich,  will  fortlaufen.  Dieser  Zustand  tritt  besonders 
ausgeprägt  bei  kräftigen  Leuten  und  Säufern  ein ;  um  ihn  von 
vornherein  zu  bekämpfen,  ist  es  zweckmässig,  etwa  15 — 20  Minuten 
vor  Beginn  der  Narkose  eine  Injection  von  Morphium  (0,01}  zu 
geben,  wodurch  die  Narkose  bedeutend  ruhiger  verläuft  und  schneller 
vollständig  wird. 

Setzt  man  nun  ununterbrochen  das  Chloroformiren  fort,  so 
vermindert  sich  allmählich  dieser  Erregungszustand  und  unter 
tiefen,  oft  schnarchenden  Athemzügen  tritt  völlige  Empfindungs- 
losigkeit, Erschlaffung  aller  Muskeln,  Erlöschen  der  Reflexe  ein 
(Stadium  der  Toleranz).  Am  letzten  erlischt  der  Reflex  auf 
der  Cornea,  der  Nasenschleimhaut  und  auf  der  Innenseite  der 
Oberschenkel.  Die  Pupille  verengt  sich,  die  Augäpfel  machen 
asymmetrische  Bewegungen,  der  Puls  wird  kleiner  und  schwächer, 
die  KörjDerwärme  und  der  Blutdruck  sinkt,  die  Athemzüge 
werden  schleuniger  und  flacher,  der  Stoffwechsel  wird  verlangsamt. 
"Wird  nun  noch  mehr  Chloroform  eingeathmet,  so  kann  die 
lähmende  Wirkung  auch  auf  die  Medulla  oblongata  und  auf  die 
im  Herzen  selbst  liegenden  motorischen  Ganglien  übergehen  und  unter 
plötzlicher  Erweiterung  der  Pupille  dann  Stillstand  der  Athmungs- 
und  Herzbewegungen  eintreten.  Dieses  gefährliche  Stadium  wird 
vermieden,  wenn  man  den  Kranken  nur  immer  so  tief  narkotisirt 
hält,  dass  der  Co rnealrefl ex  gerade  eben  erloschen  ist,  dann 
die  Maske  abnimmt,  und  erst  bei  Wiederkehr  des  Reflexes  einige 
Tropfen  neu  aiifgiesst.  Häufige  Prüfung  des  Cornealreflexes 
ist  daher  nothwendig :  Man  zieht  das  obere  Augenlid  mit  dem 
dritten  Finger  in  die  Höhe  und  tippt  mit  dem  Zeigefinger  sanft 
auf  die  Hornhaut. 

Bei  dieser  vorsichtigen  und  sparsamen  Anwendungsweise  des 
Chloroforms  treten  nur  selten  bedrohliche  Erscheinungen  während 
der  Narkose    ein.      Am  meisten    zu    fürchten    sind    diese    bei    sehr 


—     6     — 

erregten  Kranken  (Hysterischen),  Schwachen  und  Anämischen, 
Fettleibigen  (Fettherz),  Herzkranken ,  Lungenkranken ,  starken 
Rauchern  und  Trinkern  (Alkohol,    Morphium,    Chloral). 

Ueble  Zufälle  in  der  Narkose  sind  hauptsächlich: 

1.  Störungen  der  Athmung.  Bald  nach  den  ersten  Zügen 
hören  manche  Kranken  plötzlich  auf  zu  athmen  und  müssen  dann 
durch  Zuspruch  oder  Anruf  dazu  aufgefordert  werden.  Bei 
andern  stellt  sich  hartnäckiger  Husten  ein,  der  aber  nach  einigen 
recht  tiefen  Athemzügen  meist  nachlässt.  Kranke  mit  Bronchial- 
katarrh oder  Asthma  sind  hauptsächlich  davon  heimgesucht. 

Lang  anhaltendes  Ausathmen  (Singen),  nur  unter- 
brochen durch  kurzes  oberflächliches  Einathmen  wird  besonders  da- 
durch unangenehm,  dass  es  den  Eintritt  tieferer  Narkose  verzögert. 
Man  bringt  den  Kranken  durch  Anruf  oder  einen  leichten  Schlag 
auf   die  Brust    oft   leicht    zum    gewöhnlichen  Athemtypus    zurück. 

2.  Erbrechen  kann  bei  ganz  oberflächlicher,  ebenso  wie 
bei  tiefer  Narkose  eintreten,  namentlich  wenn  der  Magen  des 
Kj-anken  nicht  leer  ist;  auch  kommt  es  vor,  dass  die  Kranken 
den  im  Anfang  der  Narkose  sich  reichlich  ergiessenden  Speichel, 
der  mit  Chloroformdämpfen  gemischt  ist,  herunterschlucken  und 
dadurch  selbst  bei  leerem  Magen  erbrechen  müssen.  Hierbei  muss 
der  Kopf  sofort  auf  eine  Seite  gedreht  werden,  damit  das  Er- 
brochene nicht  in  die  Luftwege  aspirirt  wird  und  durch  tiefere 
Narkose  die  Magenschleimhaut  weniger  empfindlich  gemacht  werden. 
Auch  hat  man  versucht,  auf  den  Nervus  vagus  und  phrenicus 
unmittelbar  einzuwirken  durch  einen  Fingerdruck  dicht  hinter  dem 
medialen  Ende  des  Schlüsselbeins   (Joes). 

Hat  das  Erbrechen  aufgehört,  so  muss  die  Mundhöhle  sorg- 
fältig mit  einem  Stielschwamm  oder  Tuche  gereinigt  werden. 

3.  Ein  plötzlicher  Stillstand  der  Athembe- 
"wegungen,  der  ja  im  Beginn  der  Narkose  durch  Anrufen 
meist  wieder  zu  beseitigen  ist,  kann  im  weiteren  Verlauf  der- 
selben aber  lebensgefährliche  Erscheinungen  hervorrufen  (Reflex- 
hemmung des  N.  vagus  durch  Reizung  der  Trigeminuszweige 
auf  der  Mund-  und  Nasenschleimhaut).  Nach  einigen  sterto- 
rösen  Athemzügen  und  stürmischen ,  krampfhaften  Muskelbe- 
wegungen schliesst  sich  die  Stimmritze  durch  den  Muskelkrampf, 
die  Bauchwand  macht  noch  einige  inspiratorische  Einziehungen, 
sinkt    dann    ein  und    wird    bretthart,    die    Kiefer  sind    fest  aufein- 


—     7     — 

andergepresst,  die  Zunge  nach  hinten  und  oben  verzogen, 
so  dass  der  Zugang  zum  Larynx  verlegt  ist.  Das  Gesicht  wird 
geröthet,  die  Lippen  bläulich,  die  Venen  schwellen  an.  Der  Puls 
wird  erst  langsam,  dann  unfühlbar.  Dieser  Zustand  der  Er- 
stickung ist  bedingt  durch  den  Krampf  der  Kehlkopf-  und  Zungen- 
muskulatur (spastische  Asphyxie).  Hier  gilt  schnelles  Handeln, 
um  den  Eingang  zum  Kehlkopf  wieder  frei  zu  machen.  Die  zu- 
sammengepressteu  Kiefer  müssen  geöffnet,  die  Zunge  hervorgezogen 
werden  ;  gelingt  dies,  so  setzt  oft  die  Athmung  von  selbst  wieder 
ein;  wo  nicht,  muss  die  künstliche  Athmung  eingeleitet  werden 
(s.  u.).  Durch  weitere  Darreichung  von  Chloroform  wird  dann 
die  Erschlaffung  der  gespannten  Muskeln  erzielt.  Bei  alten  Leuten 
und  Kindern  kommt  es  auch  vor,  dass  während  des  Einathmens  die 
geschlossenen  schlaffen  Lippen  wie  Ventilklappen  gegen  die  zahn- 
losen Kiefer  und  die  dünnen  Nasenflügel  gegen  das  Septum  ge- 
zogen werden  und  den  Lufteintritt  verhindern. 

4.  Im  Stadium  der  tiefsten  Toleranz  wird  nicht  selten 
der  Zugang  zum  Kehlkopf  dadurch  verlegt,  dass  bei  völliger  Er- 
schlaffung aller  Muskeln  auch  die  Zunge,  der  Schwere  folgend, 
nach  hinten  sinkt,  und  der  hinteren  E.achenwand  anliegend  den 
Kehlkopfeingang  verlegt  (paralytische  Asphyxie).  Diese  Zufälle  sind 
um  so  gefährlicher,  als  die  Erstickungserscheinungen  nicht  so  stürmisch 
eintreten,  in  kurzer  Zeit  aber  das  Blut  mit  Kohlensäure  über- 
laden wird.  Die  Athmung  ist  hierbei  schwer  und  schnarchend, 
oder  es  treten  gar  respiratorische  Einziehungen  auf,  das  Gesicht 
wird  bläulich,  das  Blut  dunkelfarbig,  der  Puls  unregelmässig  und 
schwach.  —  Bei  genügender  Aufmerksamkeit  lassen  sich  diese 
Erscheinungen  durch  „Lüftung"  des  Unterkiefers  und  Hervorziehen 
der  Zunge  ziemlich  leicht  beseitigen. 

5.  Störungen  des  Kreislaufs.  Der  gefährlichste 
Zufall,  der  in  allen  Stadien  der  Chloroformwirkung  eintreten 
und  den  Tod  zur  Folge  haben  kann,  ist  die  plötzliche 
Erlahmung  der  Herzthätigkeit  (Syncope).  Ganz 
plötzlich  wird  das  Gesicht  todtenblass,  die  Pupille  weit  und 
starr,  der  Cornealreflex  ist  erloschen,  der  Unterkiefer  sinkt  wie 
an  der  Leiche  herab,  der  Puls  wird  rasch  unfühlbar,  die  Herztöne 
sind  nicht  mehr  zu  hören,  die  Blutung  aus  der  Operationswunde 
versiegt;  dabei  kann  die  Athmung  noch  eine  Zeitlang,  wenn  auch 
flach  und  unregelmässig,  fortdauern,  bis  auch  sie  nach  einigen 
schnappenden    Zügen,    wie    bei    Sterbenden,    erlischt.      Dieser    be- 


ängstigende  Zustand  tritt  giücklicli erweise  sehr  selten  ein,  am 
meisten  wohl  bei  Anämischen  und  Herzleidenden;  aber  auch  ganz 
gesunde  und  kräftige  Menschen,  zumal  wenn  sie  grosse  Furcht 
und  Aufregung  vor  der  Operation  zeigen,  können  davon  befallen 
werden.  Gelingt  es  nicht  durch  die  künstliche  Athmung  die  Herz- 
thätigkeit  wieder  zu  beleben,  so  tritt  der  Tod  ein.  Der  Chloro- 
formtod  kommt  unter  30000  Narkosen  etwa  einmal  vor,  unzweifel- 
haft ist  er  jetzt  noch  seltener.  Die  bisher  veröffentlichten  Fälle 
ereigneten  sich  hauptsächlich  bei  kleineren  Operationen,  die  mit 
weniger  Vorsicht  und  ungenügender  Vorbereitung  schnell  aus- 
geführt werden  sollten.  Auch  alle  diejenigen  Fälle  tödtlichen  Shoks 
bei  Oj)erationen,  die  vor  der  Entdeckung  des  Chloroforms  beobachtet 
wurden,  werden  wohl  hierbei  zu  berücksichtigen  sein.  Zweifellos 
kann  dieses  verhängnissvolle  Ereigniss  aber  jedem  Arzt  bei  jedem 
Kranken  zustossen,  ohne  dass  mau  desshalb  jenem  irgend  eine 
Schuld  daran  beimessen  darf,  vorausgesetzt,  dass  er  alle  Vorsichts- 
massregeln kennt  und  befolgt  hat.  *) 

Das  Verhalten  des  Arztes  bei   üblen  Zufällen  dieser  Art  ist 

daher  von  allergrösster,  ja  lebensrettender  Bedeutung.  Er  muss 
darauf  achten,  dass  die  Luft  ungehindert  zutreten  kann,  und  dass 
die  Athmung  nicht  erlischt,  sondern  —  nöthigenfalls  künstlich  — 
im  Gange  bleibt.  Der  Chloroformapparat  ist  natürlich  bei  jedem 
bedrohlichen  Zufall  sofort  zu  entfernen. 

Sorge  für  unbehinderte  Athmung.    Verlegung  des  Kehl- 

kopfeingangs  kommt  am  häufigsten  bei  völliger  Narkose  da- 
durch zustande,  dass  durch  Er  s  chl  äff  ung  der  Muskulatur 
die  Zunge  der  Schwere  folgend  abwärts  gegen  die  hintere  Eachen- 
wand  sinkt.      Dieser  Zustand  ist  leicht  zu  beseitigen  durch 

die  Hebung  (Lüftung)  des  Unterkiefers:  Hinter  dem  Kranken 

stehend  legt  man  beide  Hände  flach  so  an  den  Hals,  dass 
die  Zeigefinger  hinter  den  aufsteigenden  TJnterkieferästen  liegen, 
und  schiebt  nun  den  ganzen  Unterkiefer  nach  vorne,  bis  die 
untere    Zahnreihe    vor    die    obere    tritt    (Subluxation,     Fig.     5). 

*)  Nach  der  von  Gurlt  gesammelten  und  auf  dem  letzten  Chirurgen- 
kongress  mitgetheilten  Narkotisirungsstatistik  kamen  bei  157815  Narkosen 
53  Todesfälle  vor  (1:2900).  Von  den  einzelnen  Mitteln  entfielen  auf 
Chloroform  1:2899,  Chloroform  mit  Aether  1:4118,  ßromaethyl  1 :  4538, 
Pental  1:199.  Bei  reinem  Aether  erfolgte  kein  Todesfall  bei  14508 
Narkosen,  ebensowenig  bei  der  von  Bilfroth  angegebenen  Mischung 
von  Chloroform,  Aether  und  Alkohol. 


—     9     — 

Durch  diesen  Handgriff  wird  die  am  Unterkiefer  sich  an- 
setzende Muskulatur  der  Zungenwurzel  sammt  Epiglottis  und 
Zungenbein  so  nach  vorn  gezogen,  dass  der  Kehlkopfeingang  frei 
wird.  Dieselbe  Wirkung  erzielt  man,  wenn  man  vor  dem  Kranken 
stehend  die  vier  Finger  beider  Hände  hakenförmig  hinter  den 
TJnterkieferwinkel  setzt  und  diesen  vorzieht  (K  a  p  p  e  1  e  r).  Der 
Mund  soll  bei  diesen  Handgriffen  nicht  zu  weit  geöffnet  werden, 
weil  sonst  der  Zungengrund  nicht  nach  vorne,  sondern  nur  nach 
oben  gehebelt  wird. 

Fig.  5. 


Hebung  des  Unterkiefers. 


Zu  beachten  ist,  dass  man  beim  Lüften  des  Unterkiefers 
recht  schonend  vorgehe,  namentlich  wenn  es  längere  Zeit  hin- 
durch nothwendig  wird:  es  stellen  sich  sonst  leicht  in  den  folgenden 
Tagen  heftigere  Schmerzen  im  Unterkiefergelenk  und  Schwellung 
dieser  Gegend,  namentlich  der  Parotis  ein,  welche  dem  Kranken 
mehr  Unannehmlichkeiten  verursachen,  als  die  Operation  selbst. 
Gut  seh  hat  daher  einen  Unterkieferhalter  angegeben,  mit 
dem  man  den  Unterkiefer  dauernd  und  leicht  nach  vorn  ziehen 
kann  (Fig.  6).  Das  Gummipolster  wird  hinter  die  untere  Zahn- 
reihe, der  Drahtring  unter  das  Kinn  geschoben,  der  Schieber  ge- 
schlossen und  nun  an  dem  Ringe  der  Unterkiefer  vorgezogen. 

Tritt  aber  eine  Verlegung  der  Athmungswege  durch  spasti- 
sche Zusammenziehung  der  Kehlkopfmuskulatur  ein,  während 


—     10 


Pig.  6. 


auch  die  übrigen  Körpermuskeln  stark  contrahirt  sind,  so  gelingt 
es  nicht,   den  Unterkiefer  nach  vom  zu  schieben;    dann  muss  man 

gewaltsam  die  Zahnreihen  ausein- 
ander drängen  (Mundspiegel  nach 
Heister  oder  Roser.  s.  Bd.  III, 
Fig.  235,  236),  die  Zunge  mit  den 
Fingern  oder  mit  einer  Zungenzange 
(Fig.  8)  ergreifen  und  sie  so  weit  als 
möglich  aus  dem  Munde  heraus- 
ziehen (Fig.  7}.  Da  bei  längerer 
Anwendung  der  Zange  manchmal  er- 
hebliche Quetschungen  der  Zunge  eintreten  können,  so  ist  für 
solche  Fälle  die  Anwendung  einer  Hakenzange  (Fig.  9)  schonen- 
der ;  auch  könnte  man  im  Nothfall  eine  starke  Fadenschliuge  durch 
die  Zunge  stechen.  ELappeler  empfiehlt  bei  starker  Kiefei-klemme 
das  Zungenbein  mit  einem  kleinen  scharfen  Häkchen  von  aussen 
anzuhaken  und  nach  vorn  zu  ziehen,  wobei  der  Zungengrund 
und  Kehldeckel  dem  Zuge  folgen. 


Unterkieferhalter  nach  Gutsch. 


Fig.  7. 


Hervorziehen  der  Zunge  mit  der  Zange. 


Bleibt  trotzdem  die  Athmung  erschwert  und  rasselnd,  so  kann 
das  davon  abhängen,  dass  Schleim  oder  Blut  auf  der  Stimm- 
ritze liegt.  Man  entfernt  diese  mit  einem  Schwämmchen,  das  an 
einer  gebogenen  Kornzange  oder  einem  Schwammhaltev  (Fig.  10) 
bis  zum  Kehlkopf   geführt  wird.      Erfolgt    trotz    all    dieser  Mass- 


—    11    — 


nahmen  dennoch  keine  bedeutende  Erleichterung  der  Athmung,  so 
käme  als  letzte  Zuflucht  die  schnell  auszuführende  T  r  a  c  h  e  o  t  o  m  i  e 
in  Betracht. 


Fig.  8. 


Fig.  9. 


Fig.  10. 


Zungenzange    nach 
V.  Esmarch. 


Hakenzange  für  die  Zunge 
nach  Championniere. 


Schwammhalter. 


Stocken  die  Athembewegungen  ganz,  so  muss  sofort  die 
künstliche  Athmung  eingeleitet  werden.  Hauptbedingung  für  ihre 
Wirksamkeit  ist  der  völlig  freie  Luftzutritt  zu  den  Athmungswegen. 
Entweder  muss  also  der  Unterkiefer  von  einem  Gehülfen  vorge- 
schoben gehalten  werden,  oder  die  Zunge  wird  möglichst  weit 
hervorgezogen  und  festgehalten  (ünterkieferhalter)  oder  mit  einem 
Tuche,  Zeugstreifen,  Gummiband  u.  a.  auf  dem  Kinne  festgebunden. 
Die  wirksamsten  Methoden  der  künstlichen  Athmung  sind: 

a.  Die  Methode  nach  Silvester:  Zu  Häupten  des  liegenden 
Kranken  stehend  umfasst  man  dessen  beide  Arme  dicht  unter 
dem  Ellenbogen,  zieht  sie  langsam,  aber  kräftig  aufwärts  bis 
über  den  Kopf  des  Kranken  hinauf,  hält  sie  so  gestreckt  etwa 
zwei  Sekunden  lang  (Fig.  11},  führt  sie  dann  wieder  abwärts  und 
drückt  die  gebeugten  Ellenbogen,  sanft  aber  fest,  zwei  Sekunden 
lang  vorn  auf  den  Brustkasten,   den  linken  mehr  medianwärts  gegen 


Fig.  U. 


—     13     — 

die  Herzgegend  (Fig.  12}.  Dieses  Auf-  und  Abwärtsbewegen  der 
Arme  wiederholt  man  etwa  15  mal  (der  Zahl  der  normalen  Athem- 
züge  entsprechend}  in  der  Minute  ruhig  und  taktmässig  (1,  2,  3, 
4  zählend)  so  lange,  bis  sich  die  AthembewegTingen  wieder  von  selbst 
einstellen,  was  unter  Umständen  erst  nachstunden  geschieht. 
Wenn  die  Athmungen  richtig  gemacht  werden,  hört  man  bei  jeder 
Einathmung  die  Luft  mit  zischendem  oder  schlürfendem  Geräusch 
in  die  Lunge  einströmen. 

b.  Die  Methode  nach  SchÜller.  Bei  völlig  erschlafften,  nicht 
zu  fetten  Bauchdecken  greift  man  von  oben  her  mit  beiden  Händen 
unter  die  [Rippenbögen,  zieht  sie  kräftig  nach  aussen  und  drückt 
sie  wie  einen  Blasebalg  wieder  zusammen,  womit  man  sehr  kräftige 
Athemzüge  erzielt. 

F 1  a  s  h  a  r  drückt  den  Brustkorb  durch  zwei  um  ihn  herum- 
gelegte und  beiderseits  gleichzeitig  angezogene  Zügel  (Handtücher, 
Gurte}  zusammen;  bei  Nachlassen  des  Zuges  dehnt  sich  der 
elastische  Brustkorb  wieder  aus. 

Die  Methoden  von  Marshall  Hall  (nach  welcher  der 
Kranke  abwechselnd  aus  der  Bauchlage  [Ausathmung]  in  die  Seiten- 
lage [Einathmung]  gerollt  wird)  und  von  Howard,  wobei  man 
rittlings  über  dem  Kranken  knieend,  mit  seinem  ganzen  Körper- 
gewicht sich  auf  den  Brustkasten  stützt  (Ausathmung),  sind  für 
den  Chirurgen  von  wenig  Werth. 

c.  Die  rhythmische  Faradisation  des  N.  phrenicus  (Duchenne, 
V.  Z  i  e  m  s  s  e  n)  ist  nur  ausführbar,  wenn  alles  zur  Hand  und  in 
Bereitschaft  ist,  aber  dann  recht  wirksam :  Man  setzt  die  Electro- 
den  zu  beiden  Seiten  des  Halses  über  dem  Schlüsselbeim  am 
äusseren  E.ande  des  Kopfnickers   an. 

Auch  durch  gewisse  Reizmittel  können  reflectorisch  die  er- 
löschenden Athembewegungen  wieder  angefacht  oder  neu  hervor- 
gerufen werden.  Zu  den  wirksamsten  gehören :  Das  Anspritzen 
des  Gesichts  mit  kaltem  "Wasser,  das  Schlagen  von  Brust  (und 
Rücken)  mit  einem  in  kaltes  oder  heisses  Wasser  getauchten 
Handtuch,  die  Reizung  der  Nasenschleimhaut  durch  Einspritzen 
von  kaltem  Wasser  (Wutz  er)  oder  durch  den  electrischen  Strom; 
das  Reiben  der  Magengegend  oder  des  Nackens  mit  kaltem  Wasser, 
Eis,  Schnee,  das  Einschieben  eines  Eiszapfens  in  den  After  oder 
ein  EHysma  von  Cognac  und  Wasser  (1:2);  endlich  das  kräftige 
Reiben  mit  heissen  Tüchern,  Bürsten  der  Hand-  und  Fussflächen, 
Einathmungen  von  Amylnitrit. 


—     14     — 

Bei  plötzlicher  Herzlähmung  (Syncope)  ist  als  Hauptmittel 
die  Inversion  nach  Nelaton  (1861)  zunächst  zu  versuchen. 
Man  lagert  den  Krauken  so,  dass  der  Kopf  niedriger  als  der 
Körper  liegt,  am  einfachsten,  indem  man  das  Fussende  des  Tisches 
höher  stellt  (Fig.  11),  oder  man  nimmt  den  Kranken  an  den 
Knieen  über  die  Schultern,  so  dass  der  Körper  senkrecht  herab- 
hängt (s.  a.  Bd.  III.  rig.  466).  Es  wird  dadurch  dem  in  der 
Narkose  anämisch  werdenden  Herzen  möglichst  viel  Blut  zugeführt 
und  zugleich  auch  der  Zufluss  zum  Gehirn  befördert.  Aus  dem- 
selben Grunde  muss  man  während  der  künstlichen  Athmung  fast 
stets  zugleich  dieses  Stürzen  des  Kranken  anwenden  und  bei  der 
Compression  des  Brustkastens  den  linken  Ellbogen  jedesmal  kräftig 
gegen  die  Herzgegend  andrücken. 

Sehr  wirksam  ist  auch  die  Methode  nach  König.  An  der 
Knken  Seite  des  Kranken  stehend  drückt  man  mit  dem  Daumen- 
ballen der  rechten  Hand  den  Brustkorb  zwischen  der  Stelle  des 
Spitzenstosses  und  dem  linken  Sternalrand  mit  möglichst  kräftigen, 
raschen  Bewegungen  (120  in  der  Minute)  tief  ein,  bis  man  an 
dem  künstlichen  Carotidenpuls  und  der  Pupillenverengerung  die 
Wirksamkeit  der  Bemühungen  erkennt. 

Aether. 

Der  Aethylaether,  Schwefelaether  C4Hn,0  wurde  zuerst  1846  von 
Jackson  und  Morton  zur  Anaesthesie  angewendet.  Absoluter  Aether 
soll  frei  sein  von  "Weingeist,  Wasser,  Essigsäure,  Schwefelsäure,  Fuselölen. 

Die  eingeathmeten  Aetherdämpfe  wirken  auf  den  Menschen 
fast  ebenso  wie  Chloroform;  man  gebraucht  aber  zur  Narkose  weit 
grössere  Mengen,  daher  auch  eine  längere  Zeit  vergeht,  ehe  durch 
Aether  allein  völlige  Unempfindlichkeit  eintritt. 

Man  reicht  den  Aether  am  einfachsten  in  einer  grossen  das 
ganze  Gesicht  fest  bedeckenden  Maske,  welche  aussen  mit  einem 
undurchlässigen  luftdichten  Stoff  überzogen  und  innen  mit  einer 
dünnen  Watteschicht  belegt  ist;  in  diese  werden  etwa  20  gr. 
Aether  zur  Zeit  gegossen  und  dann  die  Maske  fest  auf  das  Ge- 
sicht gedrückt,  so  dass  fast  gar  keine  Luft  zugleich  eingeathmet 
werden  kann. 

Im  Beginn  der  Narkose  zeigt  der  Kranke  sich  aufgeregt,  oft 
heiter  gestimmt,  das  Gesicht  wird  rothblau  wie  bei  Erstickten, 
es  tritt  starker  Hustenreiz,  Speichelfluss  und  Schweissabsonderung 


—     15     — 

auf,  der  Blutdruck  steigt,  die  Pulszahl  bleibt  wesentlich 
normal.  Das  stark  ausgeprägte  Excitationsstadium  währt 
sehr  lange  und  geht  schliesslich  in  die  völlige  Narkose  über  mit 
regelmässigen  schnarchenden  langsamen  Athemzügen.  Das  Ver- 
halten der  Pupillen  ist  beim  Aether  weniger  bedeutungsvoll  als 
beim  Chloroform ;  meist  sind  sie  im  Anfang  erweitert  und  ver- 
engern sich  später,   aber  nicht  immer. 

Der  Aether  wirkt  weniger  nachhaltig  als  das  Chloroform, 
die  zur  völligen  Narkose  nothwendige  Dosis  ist  viel  grösser,  die 
beim  Chloroform  so  beängstigenden  Erscheinungen  treten  erst  nach 
viel  längerer  Dauer  der  Inhalationen  auf:  er  ist  daher  ein  weniger 
rasch  wirkendes,   aber  dafür  auch  weniger  gefährliches  Gift. 

Seine  Vorzüge  bestehen  vor  allem  in  der  geringen  Beein- 
flussung der  Herzthätigkeit  und  in  der  Steigerung  des  Blutdrucks, 
im  Gegensatz  zum  Chloroform,  welches  das  Herz  und  die  Athmung 
weit  mehr  gefährdet. 

Seine  Nachtheile  sind :  die  starke  Reizung  der  Schleim- 
häute, und  seine  ausserordentliche  Brennbarkeit  und  Explosions- 
fähigkeit, welche  Operationen  bei  künstlicher  Beleuchtung  und  die 
Anwendung  des  Glüheisens,  namentlich  im  Gesicht,  für  den  Arzt 
und  Patienten  gefährlich  macht. 

Die  während  der  Narkose  auftretenden  üblen  Zufälle  sind 
nach  den  oben  angegebenen  Regeln  zu  beseitigen  oder  zu  lindern. 

Obgleich  der  Aether  wegen  seiner  geringeren  Gefährlichkeit 
in  der  letzten  Zeit  wieder  häufiger,  ja,  von  Einigen  fast  aus- 
schliesslich in  Anwendung  gezogen  ist,  so  will  man  trotzdem  die 
grossen  Vortheile  des  Chloroforms  nicht  entbehren,  und  hat  daher 
beide  Mittel  mit  einander  verabfolgt :  ChloroforiTl-Aethernar- 
k0S6.  Der  Kranke  wird  zunächst  mit  Chloroform  narkotisirt  und 
dann  unter  Wechseln  der  Masken  durch  Aufgiessen  von  kleinen 
Aethermengen  in  der  Narkose  erhalten.  Man  kann  dabei  bemerken, 
wie  sich  der  Blutdruck  unter  dem  Aether  hebt.  Die  Narkose 
kann  lange  Zeit,  1 — 3  Stunden,  unterhalten  werden,  ohne  dass 
man  die  nachtheiligen  Folgen  langdauernder  Chloroformeinathmungen 
zu  fürchten  hat.  Dieses  Verfahren  empfiehlt  sich  besonders  für 
langdauernde  grosse  (namentlich  Bauch-}  Operationen  und  bei 
Störungen  des  Circulationssystems.   — 

Auch  Gemische  von  Chloroform  und  Aether,  Chloroform, 
Aether  und  Alkohol  (B  i  1 1  r  o  t  h)  hat  man  angewandt,   anscheinend 


—     16     — 

mit  dem  günstigsten  Erfolge,   da  bei  ihrer  Anwendung  kein  Todes- 
fall vorgekommen  sein  soll. 

Die  Morphium-Chloroformnarkose  ermögliclit  ebenfalls,  geringere 
Mengen  Chloroform  bis  zur  Empfindungslosigkeit  zu  verbrauchen, 
indem  man  etwa  15 — 20  Minuten  vor  Beginn  der  Chloroformirung 
dem  Eö-anken  0,01 — 0,03  Morphium  einspritzt.  Macht  man  diese 
Injection  unmittelbar  vorher,  so  können  durch  die  Doppelwirkung 
beider  Mittel,  welche  den  Blutdruck  sinken  lassen,  noch  leichter 
KJreislaufsstörungen  auftreten.  Diese  Art  der  Narkose  ist  von 
besonderem  Nutzen  bei  sehr  aufgeregten,  ängstlichen  Kranken, 
bei  Potatoren,  welche  dadurch  weit  geringere  Aufregung  zeigen, 
und  bei  allen  Operationen  im  Gesicht  oder  am  Halse,  während 
deren  Blut  in  die  Athmungswege  gelangen  kann,  weil  der  Kranke 
doch  noch  auf  Anrufen  gehorcht  und  das  herabfliessende  Blut  aus- 
hustet, ohne  aber  wesentliche  Schmerzen  zu  empfinden  (^z.  B.  bei 
Kesection  des  Oberkiefers,  der  Amputation  der  Zunge  u.  s.  w.). 
Es  wird  dadurch  also  nur  Schmerzlosigkeit  (Analgesie)  bei  theil- 
weise  noch  erhaltenem  Bewusstsein  erzeugt.  Statt  des  Morphiums 
kann  man  dem  Kranken  auch   2 — 3   g.   Chloralhydrat  geben. 


Eür  kurz  dauernde  Narkosen  bei  rasch  auszuführenden 
Operationen  wird  in  neuerer  Zeit  namentlich  das  Bromaethyl  ange- 
wandt. 20  g.  zur  Zeit  auf  eine  undurchlässige  Maske  gegossen 
und  unter  möglichstem  Luftabschluss  eingeathmet,  bewirken  Gefühl- 
losigkeit, aber  keine  Muskelerschlaflfung.  In  derselben  "Weise  wird 
auch  das   Pental  gebraucht. 

Die  übrigen  zahlreichen  Anaesthestica :  Stickstofi'oxydul, 
Methylenbichlorid,  Dimethylacetal  u.  a.  kommen  für  chirurgische 
Zwecke  wenig  in  Betracht. 

Lokale  Anaesthesie. 

Um  nur  eine  bestimmte  Stelle  des  Körpers  möglichst 
empfindungslos  zu  machen,  und  dadurch  die  Schmerzen  einer 
Operation  zu  lindern  oder  zu  beseitigen,  bediente  man  sich  schon 
seit  alter  Zeit  eines  starken  Druckes  entweder  auf  den  Haupt- 
nerven oder  auf  den  ganzen  Umfang  des  Gliedes,  wobei  neben  der 
theilweisen  Aufhebung  der  Nervenleitung  zugleich  auch  der  Blut- 
strom   ins    Stocken    geräth    und    dadurch    die    Blutung    verringert 


—     17     — 

wurde.      In    dieser    "Weise    wirkt    auch    der    Schnürgurt    bei    der 
künstlichen  Blutleere  nach  einiger  Zeit  etwas  schmerzlindernd. 

Auf  der  Thatsache  fussend ,  dass  erfrorene  Theile  ohne 
Empfindung  sind,  suchte  man  ferner  die  Kälte  als  Anästhetikum 
zu  verwenden.  Der  betreffende  Theil  wurde  mit  Kältemischungen 
behandelt,  mit  einem  Eisstück  oder  Eisblasen  belegt.  Eichardson 
benutzte  den  rasch  verdunstenden  ÄGthGr  zur  Erzeugung  hoher 
Kältegrade,  indem  er  ihn  aus  einem  Spray  gegen  die  zu  behandelnde 
Stelle  zerstäubte.  In  ganz  kurzer  Zeit  gelingt  es  hierdurch  die 
Hautdecke  völlig  empfindungslos  zu  machen.  Nach  vorübergehender 
Eöthung  wird  die  von  dem  zerstäubten  Aether  getroffene  Haut- 
stelle weisslich,  bei  längerer  Einwirkung  fast  pergamentartig 
runzelig.  Kleinere  und  rasch  auszuführende  Operationen,  die  sich 
hauptsächlich  auf  Hautschnitte  beschränken,  können  dann  schmerzlos 
ausgeführt  werden.  Bei  dem  Aufthauen  der  erfrorenen  Stelle 
entstehen  meist  recht  heftige  prickelnde  Schmerzen,  die  man  durch 
Eintauchen  des  Theiles  in  warmes  Wasser  etwas  lindern  kann. 
(K  o  c  h  e  r). 

Noch  wirksamer  als  der  Aether  ist  das  Chlormethyl  und 
Chloraethyl  (Bengue);  ersteres  wird  am  einfachsten  in  Tampons 
auf  die  Haut  gebracht  (B  a  i  1 1  y),  letzteres  geräth  schon  durch 
die  "Wärme  der  Hand  ins  Sieden  (Siedepunkt  bei  11^  C.^; 
man  lässt  es  aus  einer  Glasröhre,  die  man  in  die  Hand  nimmt, 
in  feinem  Strahle  gegen  die  betreffende  Stelle  sprühen,  wodurch 
sehr  rasch  Anästhesie  eintritt  (Fig.    13), 

Fig.  13, 


Röhre  mit  Chloraethyl. 


Am  meisten  gebräuchlich  zur  Erzeugung  von  Schmerzlosigkeit 
ist  aber  das  Cocain.  Das  salzsaure  Salz  desselben  hat  die  Eigen- 
schaft, auf  Schleimhäute  oder  "Wunden  gepinselt,  obei^- 
flächlich  zu  anästhesiren.  Man  benutzt  hierzu  2 — 10 '^/o  Lösungen, 
Die  Gefühllosigkeit  tritt  nach    einigen  Minuten  ein    und  hält  etwa 

Esmarch-Kowalzig,  Technik.     4.  Aufl.  2 


—     18     — 

5  — 10  Minuten  an,  so  dass  sich  kleinere  Opei-ationen,  schmerzhafte 
Untersuchungen  u.   s.   w.   gut  ausführen  lassen. 

Auf  die  unversehrte  Haut  aufgepinselt  ist  das  Mittel  unwirk- 
sam. Hier  wendet  man  daher  Einspritzungen  in  und  unter  die 
Haut  an,  in  der  Weise,  dass  man  absatzweise  je  einige  Theilstriche 
der  mit  5 — 10  Vo  Lösung  gefüllten  Pravaz 'sehen  Spritze  an  den 
Händern  des  zu  anästhesirenden  Gebietes  einspritzt.  Doch  rauss 
vor  zu  grossen  Mengen  gewarnt  werden,  da  nicht  selten  Ver- 
giftungserscheinungen (Blässe,  Schwindel,  Ohnmacht,  Kopf- 
schmerz, Delirien)  eintreten  (Gegengift:  Amylnitrit).  Auch  ist  zu 
bedenken,  ob  ein  schneller  Schnitt  bei  manchen  kleinen  Operationen 
nicht  leichter  zu  ertragen  ist,  als  eine  Injection  z.  B.  in  eine 
entzündete  Fingerkuppe. 

Da  die  lokalen  Anästhetika  hauptsächlich  die  Vasoconstric- 
toren  beeinflussen  und  die  hierdurch  erzeugte  Ischämie  die  sensiblen 
Nerven  lähmt,  so  ist  auch  theoretisch  die  praktisch  erwiesene 
Thatsache  erklärlich,  dass  sowohl  Aether  als  Cocain  bedeutend 
rascher  und  nachhaltiger  Anästhesie  hervorrufen  bei 
gleichzeitiger  künstlicher-  Ischämie  durch  An- 
legung einer  elastischen  Schnür  bin  de  oder  bei 
künstlicher  Blutleere  (s.   u.) 


Nur  kurz  sei  hier  erwähnt,  dass  der  Arzt  auch  durch  seelische 
Beeinflussung  bewirken  kann,  dass  ein  zu  erwartender  Schmerz 
dem  Kranken  weniger  zum  Bewusstsein  kommt,  wenn  er  diesem 
bestimmt  versichert,  „dass  es  nicht  weh  thue".  Die  Suggestion  be- 
sonders in  der  Hypnose  liefert  hierfür  die  treff'lichsten  Beispiele. 
Aber  auch  ohne  die  methodisch  eingeleitete  Hypnose  gelingt  es 
mitunter,  einen  hierfür  geeigneten  Kranken  z.  B.  zu  „chloro- 
formiren",  wenn  man  ihm  nur  eine  Maske,  trocken  oder  mit 
irgend  einer  ätherischen  Flüssigkeit  beträufelt  vor  die  Nase  hält. 
Bei  diesen  mitunter  als  Nothbehelf  zu  wagenden  Versuchen  kommt 
es  natürlich  sehr  viel  auf  die  Persönlichkeit,  sowohl  des  Arztes, 
als  des  Kranken  an. 


—     19 


Einfache  Operationen. 


Die    Operationswunde    Avird    in    den    weitaus    meisten    Fällen 
durch   den 

Schnitt,  Incision, 

mit  dem  chirurgischen  jüesser  (Scalpell)  angelegt.  AVie  man  dieses 
hält  und  handhabt,  hängt  von  der  persönlichen  TJebung  und  Ge- 
schicklichkeit ab,  gewöhnlich  unterscheidet  man  aber  folgende 
Messerhaltungen:  Handelt  es  sich  um  feine,  leichte  Schnitte, 
oder  will  man  gewissermassen  anatomisch  präparirend  vorgehen, 
so  hält  man  das  Messer  wie  ein  Schreibinstrument,  wobei  sich 
der  kleine  Finger  auf  die  Unterlage  stützt  (Fig.  14,  15). 
Fig.  14.  Fig.  15. 


beim  Präpariren 

Fig.  16. 


Schreibfederhaltung 

beim  Scbceiden  TOn  innen  nach  aussen. 

Fig.  17. 


Geigenbogenhaltung. 


Tischmesserhaltung. 


Will  man  mehr  Kraft  anwenden  und  lange  flache  Schnitte  machen, 
so  fasst  man  das  Messer  wie  einen  Geigenbogen  (Fig.  16),  wobei 
weniger  seine  Spitze,   als   die  volle   Schneide  in  "Wirksamkeit  tritt. 

2* 


—     20     — 

Zu  noch  grösserer  Kraftentfaltung  bei  Durchtrennung  derberer 
Gewebe  führt  man  das  Scalpell  wie  ein  Tiscbmesser,  der  Zeige- 
finger ruht  dabei  auf  dem  Messerrücken  (Fig.  17).  Um  endlich 
alle  "Weichtheile  in  festem  Zuge  bis  auf  den  Knochen  zu  durch- 
trennen, nimmt  man  das  Messer,  wie  ein  Schwert,  in  die  volle 
Faust. 

Auf  die  Gestaltung  der  Messerklinge  (Fig.  18),  ob  stark 
bauchig  oder  gerade  und  auf  die  stets  kunstgerechte  „vorschrifts- 
mässige"  Haltung  derselben  kommt,  wie  gesagt,  für  den,  der  ge- 
schickt, zierlich  und  leicht  ein  Messer  zu  führen  weiss,  wenig  an, 
wenn    nur    die  damit    gemachte  Wunde    eine    reine  glatte  Schnitt- 


Fig.  18. 


1.  2  baucliig; 


Messerklingen. 

i  spitz,  5  gerade,  6  stumpfendig. 


wunde  wird,  die  überall  eine  gleichmässige  Tiefe  und  keine  gerissenen, 
gequetschten,  zerfetzten  E,änder  hat.  Unschön  sind  auch  nament- 
lich die  „Schwänze"  an  Hautschnitten,  d.  h.  wenn  die  Wund- 
winkel nur  seicht  in  die  Haut  geritzt  sind.  Von  grosser  Wichtig- 
keit zur  Erzielung  glatter  Schnitte  ist  es,  die  Haut  möglichst  ge- 
spannt zu  halten,  bei  kleineren  Schnitten  spannt  man  sie  durch 
Spreizen  zweier  neben  die  Wundränder  aufgesetzter  Finger  (Fig. 
19),  bei  grösseren  durch  Aufsetzen  der  Hände.  Beim  Vordringen 
in  die  Tiefe  ist  in  den  meisten  Fällen  ebenfalls  der  glatte  Schnitt 
des  Messers  das  geeignetste  Verfahren.  Stösst  man  auf  Muskel- 
interstitien     und     sonstige     Bindegewebsschichten,     so     kann     man 


—     21     — 

schneller  auch  auf  stumpfem  Wege  vorwärts  kommen,  indem  man 
sie  mit   dem  Messerstiel  oder  Finger  auseinanderzerrt.      Sind  deut- 

Fig.  19. 


Spannung  der  Ränder  beim  Hautschnitt. 


liehe  Schichten    vorhanden,    so  lässt    sich    die  Hohlsonde  (Fig. 
20)  anwenden;    diese   wird  unter  eine  solche  Schicht  eingeschoben 


Fig.  20. 


Hohisonde. 


und     das    Messer     in     ihrer    Rinne     entlang     geführt    (Fig.     21). 

Schonender    und    namentlich    hei  Fig.  21. 

feiner  Präparation  dünner    mehr-  ..., 

facher    Schichten     zu    empfehlen, 

ist  der  Schnitt  unter  Erhebung 

einer  Grewebs falte  (Fig.  22, 

23).   Zur  Durchtrennung  der  Haut 

hebt  man  diese   zu  beiden  Seiten 

der  beabsichtigten  Schnittlinie  mit 

je    zwei    Fingern    empor.      Dann 

erfasst  man  eine  Stelle  der  darunter 

liegenden  Gewebsschicht  mit  einer  Pincette,   der  Gehülfe  fasst  mit 

einer  andern  dicht  daneben,   die   erhobene  Falte  wird  zwischen  den 

beiden    Pincetten     leicht    durchtrennt     und     dies    wiederholt     sich 

Schicht  für  Schicht,    bis  man    zur    gewünschten  Tiefe    gelangt  ist. 

In  solcher  Weise  verfährt  man  am  häufigsten  bei  Freilegung  einer 

Arterie  und  eines  Bruchsacks. 


Trennung  auf  der  Hohlsonde. 


—     22     — 


Fig.  22. 


Fig.  23. 


Hautschnitt  mit  Erhebung  einer  Gewebsfalte. 

Fig.  24.  Fig.  26. 

Fig.  25. 


Kleinerer  Grösserer 

stumpfer  Haken  nach  v.  Langenbeck. 


Scharfer  Haken  nach  von  Volkmann. 


Improvisirter  Wundhaken. 


23     — 


Die  "Wundhaken  (Fig.  24  —  26)  müssen  immer  schonend 
gehandhabt  werden:  nehmen  sie  in  kleinereu  Wunden  zu  viel 
Haum  und  Licht  fort,  so  ersetzt  man  sie  zweckmässig  durch 
Fadenschlingen,  mit  denen  die  Wundränder  zum  Klaffen  ge- 
bracht werden.  Die  Fäden  benutzt  man  schliesslich  zur  Ver- 
einigung der  Wunde. 

Mit  der  Sehe  er  e  (Fig.  27,  28,  29)  kann  man  ebenfalls 
rasch  und  leicht  eine  Wunde  vertiefen,  doch  liefert  die  Scheere, 
die  ja  quetschend  wirkt,  Aveniger  scharfe  Schnittränder;  immer- 
hin lässt  es  sich  recht  bequem  und  sicher  mit  ihr  arbeiten, 
z.  B.  bei  der  Auslösung  mancher  Geschwülste.  Neben  der 
geraden  Scheere  hat  man  zum  Schneiden  in  der  Tiefe  auch 
die  winklig  zur  Kante  gebogene  Kniescheere.  Die  sanft 
zur  Fläche  gebogene  C  o  o  p  e  r '  sehe  Scheere  dient  hauptsächlich 
zu  flächenhaften  Schnitten. 


Fig.  27. 


Mg.  28. 


Fig.  29. 


Gerade  Scheere. 


Cooper's  Scheere. 


Kniescheere. 


Der  Stich,  Punktion, 

dient  zur  Entleerung  von  Flüssigkeiten  aus  den  Körperhöhlen,  zur 
Erkennung  pathologischer  Veränderungen  in  den  tieferen  Schichten 
oder  endlich  zur  Einverleibung  flüssiger  Arzneien. 


—     24 


Grössere  Stichöffnungen  kann  man  mit  schmalem  spitzigem 
Messer  anlegen,  welches  man  in  steiler  Haltung  in  die  Haut  ein- 
senkt. Will  man  aber  die  Blutung  aus  grösseren  Gefässen  ver- 
meiden, so  benutzt  man  runde  Röhren,  die  nur  an  der  Spitze 
zugeschärft  sind.  Der  Troicart  (Fig.  30)  besteht  aus  einer  Metall- 
röhre, deren  Lichtung  durch  einen  ausziehbaren  vorn  dreikantig 
zugespitzten  Stachel  ausgefüllt  wird.  Das  Instrument  wird  mit 
kräftigem  Ruck  eingestossen  und  der  Stachel  ausgezogen,  so  dass 
die  Elüssigkeit  aus  der  Röhre  ablaufen  kann.  Will  man  die 
Stichöffnung  sehr  klein  machen,  so  dass  sie  sich  nach  Entfernung 
des  Instruments  von  selbst  schliesst  und  ohne  weitere  Behandlung 
heilt,  dann  wählt  man  feine  schreibfederförmig  zugespitzte  Hohl- 
nadeln, durch  welche  mit  einer  genau  passenden  Spritze  die 
Flüssigkeit  angesaugt  oder  eingespritzt  wird. 

Pig,  30.  Zu  diagnostischen  Zwecken  (AcidO-       Fig.  31. 

peirastik,  Middeldorpf  1856)  benutzt 
man  troicartähnliche  Instrumente,  die 
hinter  der  Spitze  des  Stachels  eine 
kleine  ringförmige  Vertiefung  haben,  in 
welcher  sich  beim  Auf-  und  Abwärts- 
schieben des  Stachels  in  der  Röhre  ge- 
ringe Mengen  des  Gewebes  festsetzen, 
die  zur  mikroskopischen  Untersuchung 
geniigen.  Auch  hat  man  solche  mit  ge- 
spaltener und  bei  zurückgezogener  Röhre 
auseinanderfedernder  Spitze  (Fig.  31). 
Zur  Einspritzung  von  Arzneien 
(Injection)  dienen  die  mit  feiner  Hohl- 
nadel versehenen  Spritzen.  Die  be- 
kannte viel  gebrauchte  Spritze  nach 
Pravaz  (Fig.  32)  enthält  genau  1  gr. 
Flüssigkeit;  ihr  Cylinder  ist  in  10  Theile 
getheilt,  so  dass  eine  bestimmt  zu  be- 
messende Menge  durch  das  Voi'schieben 
des  Kolbens  in  den  Körper  gebracht  Akjd'dpeiras'tfk 
Troicart.  werden    kann.       Man    verfährt     hierbei  nach  v.  Esmarch. 

folgendermassen : 

Nachdem  man  die  bestimmte  Menge  der  Lösung  in  die  Spritze 
eingesogen  und  die  etwa  mit  eingedrungene  Luft  durch  Vorschieben 
des  Stempels  bei  erhobener  Spitze  ausgetrieben,    erhebt  man  eine 


25 


Hautfalte  irgendwo  am  Körper,  stösst  die  sj)itze  Canüle  rasch 
durch  die  Basis  der  Falte  bis  in  das  Unterhautgewebe  ein,  über- 
zeugt sich  durch  einige  Seitenbewegungen,  dass  die  Spitze  nicht  etwa 
nur  in  das  Corium  oder  gar  in  eine  Vene  eingedrungen  ist,  und  ent- 
leert den  Inhalt  durch  langsames  Vorschieben  des  Stempels  (Fig.  33). 

Darauf  zieht  man  die 
Canüle  wieder  heraus  und 
setzt  den  Zeigefinger  einige 
Augenblicke  auf  die  Stich- 
Öffnung,  um  das  Ausfliessen 
der  injicirten  Flüssigkeit  zu 
verhindern.  Ein  gleichzeitig 
mit  dem  Mittel-  und  Ring- 
finger ausgeübter  leichter 
Druck  und  gelindes  Reiben 
befördert  die  Yertheilung  und 
Resorption   der  Lösung. 

Es  ist  nothwendig,  auch 

bei  dieser    kleinen  Operation 

nicht  nur  die  Spritze  und  die 

eigenen  Pinger,   sondern  auch 

die  zur  Einspritzung  gewählte 

Hautstelle  vorher  sorgfältig  zu 

reinigen   und   zu  desinficiren. 

Sonst  entstehen  darnach  leicht    ...  .     .        ,  .    .• 

Spritze  zur  subcutanen  Iniection 

subcutane    Abscesse.  a,  nach   Pravaz,   b  nach   Over- 

lach,  c  nach  Koch. 
Fig.  33. 


Einspritzung  unter  die  Haut. 


—     26     — 
Das  Zerstören  Ton  Oeweben 

kann  auf  mechanische  Weise  oder  durch  die  Glühhitze 
oder  durch  Aetzung  mit  chemischen  Stoffen  ausgeführt  werden. 
"Weiche  Gewebe  lassen  sich  sehr  gut  mit  dem  scharfen 
Löffel  (v.  Volk  mann,  Fig.  34)  abschaben,  namentlich  Lupus, 
wuchernde  Granulationen  und  die  weichen  Geschwülste  und 
Knochenherde.  Handhabt  man  das  Instrument  richtig,  indem 
man  in  kräftigem  Zuge  über  die  erkrankte  Stelle  hinwegfährt, 
so  leistet  es  auch  zugleich  4ifigßostische  Dienste,  indem  nur  krank- 
haftes  Gewebe    geschabt    werden    kann,    gesundes    dagegen    stehen 

Fig.  34. 


Scharfer  Löffel. 


Fig.  35. 


bleibt.  Dies  ist  namentlich  bei  der  häufig  geübten  Auslöffelung 
des  Lupus  von  Werth,  weil  man  während  der  Operation  an  der 
characteristischen  "Weichheit  einzelner  Stellen  diese  noch  als  neue 
Herde  erkennen  kann.  Durch  bohrende  Bewegungen  mit  dem 
Löffel  sind  auch  mehr  in  die  Tiefe  dringende  Gänge  und  Herde, 
namentlich  tuberkulöse  Knochenerweichungen  zu  beseitigen. 

Die    Glühhitze     (Cauterium     actuale)    wurde     früher    in 
ausgedehntester  Weise    nicht   nur    zur   Gewebszerstörung,    sondern 

auch  zur  Blutstillung 
und  als  Ersatz  des 
Messers  angewendet. 
Die  Glüheisen  tragen 
an  ihrem  geraden  oder 
winklig  gebogenen 
Stiel  verschieden  ge- 
staltete Kolben  und 
werden  in  einem 
Kohlenbecken,  Herd- 
feuer oder  dgl.  bis 
zur  hellen  Eothgluth 
oder  Weissgluth  erhitzt.  In  manchen  Fällen  ist  das  alte  GlÜh- 
eisen  (Fig.  35)  oft  das  beste  Zerstörungsmittel  und  kann  nament- 


Glüheisen. 


—     27     -- 

lieh  von  Landärzten  nicht  leicht  entbehrt  werden,  da  es  sich  auch 
leicht  improvisiren  lässt,  z.  B.  aus  irgend  einem  für  den  be- 
stimmten Zweck  passend  geformten  Stück  Eisen,  oder  indem  man 
ein  Stück  dicken  Draht  (Telegraphendraht  im  Kriege}  an  einem 
Ende    kegelförmig    oder  -p.     „g 

glatt  aufrollt  und  das 
andere  spitzgefeilte  Ende 
in  einen  Holzstab  steckt 
(Brandis,  Fig.  36).  Im 
allgemeinen  aber  ist  das 
Glüheisen  wenig  mehr  in 
Gebrauch,  seitPaquelin 

den  Thermokauter  (Fig. 

37}  ersann,  der  bequemer 

zu    handhaben,    aber    leider    ziemlich    theuer    ist.      Seine  Wirkung 

besteht  darin,   dass  eine  verschiedengeformte  Hülse  aus  Platinblech, 

Fig.  37. 


Glüheisen  aus  Telegraphendraht  nach  Brandis. 


Thermokauter  nach  Paquelin. 


in  deren  Innern  sich  Platinschwamm  befindet,    durch    zuströmende 
Dämpfe  von  Benzin  oder  Petroläther  zum  Glühen  gebracht    wird. 


28     — 


Fig.  38. 


Die  Platinhülse  a  wird  zunächst  über  einer  Spiritusflamme 
einige  Minuten  angehitzt  (Fig.  38),  darauf  das  Grebläse  b  erst 
sanft,  allmählig  stärker  in  Bewegung  gesetzt,  bis  die  Platinspitze 
hellglühend  wird.  Versagt  ein  Thermokauter,  so  ist  es  gut,  ihn 
einige  Zeit  in  starker  Flamme  ohne  Zuleitung  von  Dämpfen  aus- 
zuglühen.    Nach  dem  Gebrauch  sollte  man  es  vermeiden,    ihn  zur 

schnelleren  Abküh- 
lung in  kaltes 
Wasser  zu  tauchen. 
Durch  den  Thermo- 
kauter, der  so  zier- 
lich aussieht  und 
so  leicht  zu  hand- 
haben ist,  hat  das 
Feuer  in  der  Chirur- 
gie an  Schrecken 
verloren,  an  viel- 
facher Anwendung 
aber  gewonnen.  Je 
nachdem  man  kuge- 
lige, messerartige, 
nadeiförmige  An- 
sätze wählt,  kann 
man  mit  dem  In- 
strument flächen- 
haft  zerstören,  oder 
blutlose  Schnitte 
brennen  und  da- 
mit, wo  es  nöthig 
Anglühen  des  Thermokauters.  ^^j^^j^^^    theilweise 

das  Messer  ersetzen,  oder  die  feinsten  Stichelungen  ausführen.  Die 
Weissgluth  zerstört  zwar  die  Grewebe  schneller,  vermag  aber 
nicht,  Blutung  zu  verhüten,  die  Rothgluth  verkohlt  die  Gewebe 
langsamer,  wirkt  aber  auch  blutstillend.  Bei  zu  langem  Verweilen 
in  den  Wunden  beeinträchtigen  die  sich  an  das  rothglühende 
Metall  ansetzenden  verkohlten  Gewebsfetzen  oft  seine  AVirkung. 
Dann  müssen  diese  ausserhalb  der  Wunde  durch  Steigerung  der 
Gluth  zum  Abstossen  gebracht  w^erden.  Die  durch  den  Thermo- 
kauter erzeugten  Brandscborfe  heilen  meist  ohne  Eiterung,  zumal 
wenn  sie  nur  oberflächlich    sind ;    daher    man    auch    selbst    in    der 


—     29 


Bauchhöhle  zur  Trennung  von  Adhäsionen,   Blutstillung  in  Stümpfen 
u.   s.  w.   den  schwachrothglühenden  Thermokauter  anwendet. 

Die  Galvanokaustik  (Middeldorpf)  bezweckt,  ein  Stück 
Platindraht  mit  Hülfe  einer  elektrischen  Batterie  glühend  zu  machen. 
Hat  man  die  dazu  nöthigen  Vorrichtungen,  so  ist  ihre  Anwendung 
verhältnissmässig  einfach.  Da  dieselben  aber  ziemlich  kostspielig 
sind,  so  wird  diese  Kunst  wohl  mehr  in  Hospitälern  und  von 
Specialisten,  als  vom  praktischen  Arzte  geübt.  Man  benutzt  jetzt 
hauptsächlich  Tauch-Batterien,  z.B.  die  von  Voltolini,  und  den 
von  Bruns  und  Böcker  angegebenen  Ha  nd  griff  (Fig.  39),  in 
welchen   die  verschiedenen  Ansätze  gesteckt  werden;   während  diese 


Fig.  39. 


Fig.  40. 


Galvanokaustische  Schneideschlinge  und  Tauchbatterie. 


Galvanokaustische  Apparate. 


aber  für  chirurgische  Zwecke  fast  überall  durch  den  Thermokauter 
sich  ersetzen  lassen,  hat  die  galvanokaustische  Schneideschlinge 
(Fig.  40)  vor  diesem  den  grossen  Vortheil,  dass  der  Draht  kalt 
in  das  Gewebe  eingeführt  werden  kann  (z.  B.  in  eine  Fistel  oder 
um  einen  Stiel  oder  einen  Strang  in  der  Tiefe  der  Wunde)  und 
erst  dann,  wenn  man  sich  von  seiner  richtigen  Lage  überzeugt  hat, 
augenblicklich  durch  den  Schluss  der  Kette  zum  Glühen  kommt. 
In  dieser  Art  lassen  sich  die  Gewebe  in  feinem  Schnitt  blutlos 
durchtrennen ;    am  häufigsten  wird  die  Galvanokaustik   wohl    noch 


—     30     — 


für    die    feinen  Operationen    in  der  Nasenhöhle,    im  Kehlkojjf  und 
im   Ohr  angewandt. 

Die  Galvanopunktur  bewirkt  eine  langsame  Zerstörung  von 
Greweben  dadurch,  dass  zwei  Nadeln  aus  Platin  in  den  kranken 
Theil  eingestochen  werden,  welche  mit  der  elektrischen  Batterie 
verbunden  sind;  der  Strom  geht  dann  durch  das  Grewebe  von 
einer  Nadel  zur  andern  und  bewirkt  eine  Zersetzung  desselben. 
Man  kann  auf  diese  Art  kleine  Warzen,  Haarwurzeln  u.  dergl. 
zerstören,  aber  auch  selbst  grössere  Geschwülste,  wenigstens  theil- 
weise,  zum  Schwinden  bringen   (Elektrolyse). 

Zum  Zerstören  von  Greweben  wendet  man  ferner  chemische 
Mittel  an,  welche  verschorfend  und  ätzend  wirken  (AetzmJttel, 
Caustika,   Cauterium  potentiale). 

Kali  causticum,  Aetzkali,  weisse,  etwa  federkieldick  gegossene, 
an  der  Luft  zerfliessliche  Stangen,  die  bei  der  Berührung  mit  dem 
Gewebe  auch  die  Umgebung  der  zu  behandelnden  Stelle  durch 
Zerfliessen  zu  einem  weissen  Schorfe  verätzen. 

Argentum  nitricum  fusum,  Lapis  infernalis,  Höllenstein  in 

Form  und  Farbe  wie  der  vorige,  wirkt  nur  auf  die  berührte  Stelle 

ein,  und  wird  hauptsächlich  zum  Bestreichen  schlechter  Granulationen 

angewandt,   welche  es  mit  einem  weissen  Schorf  von  Silberalbuminat 

Fig.  41.       bedeckt.    Die  Vermischung  von  Höllenstein  und  Salpeter 

(1:1  oder   1 : 2}    ist    härter    und    milder    wirkend    als 

der  reine  Höllenstein  (Lapis  mitigatus). 

Cuprum   SUlfuricum,   Kupfersulfat  in  Stangen 
(Blaustift)  wirkt  nur  schwach  ätzend. 

Man  nimmt  die  Aetzstifte    entweder    in  die  freie 

Hand,    nachdem  man  sie    zuvor    mit  etwas  Gaze  oder 

Watte  an  einem  Ende  bewickelt  hat,   oder  benutzt  zum 

Halten   reissfeder-  oder    pincettenähnliche  Instrumente, 

Aetzmitielträger  (Fig.  41),  bei  denen  man  aber  darauf 

zu  achten    hat,    dass    der  Aetzstift   festsitzt,    damit  er 

nicht   etwa  während  des  Gebrauchs  in  die  Wunde  falle. 

Die  mit  dem   Stift  bestrichenen  Stellen  schmerzen  nur 

wenig,  namentlich  wenn  man  sich  hütet,  den  zarten,  weiss- 

Aetzmittelträger.  liehen  Epithelsaum  einer  heilenden  Wunde  zu  berühren. 

Grössere    Flächen,    geschwürig    zerfallene,    nicht    mehr    durch 

das    Messer    zu    entfernende    Geschwülste    zerstört    man    mit    den 

weichen  Aetzpasten. 


—     31     — 

Wiener  Aetzpaste  (Pasta  viennensis):  6  Theile  Aetzkalk  und 

5  Theile  Aetzkali  werden  mit  Weingeist  zu  einem  Teig  angerührt 
und  dieser  etwa   5  mm  dick  mit  einem  Holzspan  aufgetragen ;   nach 

6  — 10  Minuten  hat  die  leicht  zerfliessliche  Masse  einen  grauen 
festen  Schorf  erzeugt,  der  auch  in  der  Umgebung  sich  als  graue 
Linie  zeigt.  Nun  wird  die  Paste  entfernt  und  die  geätzte  Stelle  mit 
angesäuertem  Wasser  neutralisirt.  Der  Schorf  stösst  sich  nach 
heftiger  Entzündung  in  etwa  8   Tagen  ab. 

Chlorzinkpaste  (C an  quo  in)  Pulverisirtes  Chlorzink  und 
Eoggenmelil  werden  in  verschiedenem  Verhältniss  (je  nach  der 
beabsichtigten  Stärke  der  Wirkung  1:2,  1:3,  1:4}  mit  wenig 
Wasser  zu  einem  Teig  geknetet  und  in  -^j^  —  1  cm  dicken  Platten 
aufgelegt,  welche  erst  nach  12 — 24  Stunden  abgenommen  werden. 
Die  Oberhaut  muss  an  der  Aetzstelle  durch  einen  heissen  Hammer 
entfernt  sein,  da  das  Chlorzink  die  Epidermis  nicht  angreift. 
Die  Aetzung  ist  scharf  begrenzt  und  erzeugt  einen  leder- 
artigen Schorf,  ist  aber  mit  heftigen  Schmerzen  verbunden,  die 
man  durch  Zusatz  von  Opium  oder  Morphium  etwas  lindern  kann. 
Nach  8 — 10  Tagen  lösst  sich  der  Schorf,  die  Wunde  zeigt  gute 
Granulationen.  Nöthigenfalls  muss  die  Aetzung  durch  Auflegen 
frisch  bereiteter  Paste  wiederholt  werden. 

Arsenikpaste  (Pasta  arsenicalis  Frere  Cosme).  Das 
Cosme-Pulver  (ursprünglich:  Arsenici  albi  3,5,  Sanguinis  draconis 
0,7,  Cinnabaris  8,0,  Cineris  solearum  antiquarum  combustarum  0,5} 
wird  mit  etwas  Wasser  zu  einem  Teig  gemischt,  einfacher  aber 
vermengt  mau  1  Theil  Arsenik  mit  etwa  15  Theilen  Stärke  und 
Wasser.  Wird  nur  messerrückendick  und  in  nicht  zu  grossem 
Umfange  (Vergiftung)  aufgetragen,  und  erzeugt  unter  den  heftigsten 
Schmerzen  einen  lederartigen  Schorf,  der  nach  12 — 20  Tagen 
abfällt  und  eine  gut  granulirende,  bald  vernarbende  Geschwürs- 
fläche hinterlässt.  Vergiftung  durch  rasche  Resorption  ist  namentlich 
bei  Theilen,  welche  nicht  mit  Epidermis  überzogen  sind,  zu  fürchten. 

Wenig  giftig  und  schmerzloser  ist,  namentlich  zur  Zerstörung 
jauchender  Geschwülste,  das  Aufstreuen  eines  ArsenikätzpulverS  aus 
Acid.  arsenicos.,  Morph,  muriat  aa  0,25,  Calomel  2,0,  Gi  arab.  12,0 
(v.  Esmarch). 

Die  Pockensalbe  (1  Th.  Tartarus  stibiat.  4  Th.  Adeps)  ist 
zu  oberflächlicher  Aetzung  und  Ableitung  manchmal  noch  in 
Gebrauch. 


32 


Schwefelsäure  verätzt  die  Gewebe  zu  einem  grauen  oder 
braunen  Schorfe.  Eaucbende  Salpetersäure  erzeugt  gelblicb- 
grünlichen  Schorf  (Xanthoprotein),  ebenso  Chromsäure.  ßeine 
Carbolsäure  ätzt  schmerzlos  mit  weisslichem  Schorf.  Sublimat 
(1:10  Collodium)  ist  nur  für  sehr  kleine  Stellen  (Warzen)  an- 
wendbar wegen  seiner  Giftigkeit.  iVlllchsäure  verätzt  Neubildungen 
zu  einem  schwärzlichen  Brei,  lässt  aber  normales  Gewebe  unver- 
sehrt (v.  M  0  s  e  t  i  g  -  M  0  o  r  h  o  f).  Die  Milchsäurepaste,  aus 
gleichen  Theilen  des  Mittels  und  Kieselsäure  bestehend,  wird  messer- 
rückendick auf  Gummipapier  gestrichen  dem  kranken  Theil  auf- 
gelegt und  bleibt   12   Stunden  liegen. 

Bei  Anwendung  aller  flüssigen  und  weichen  Aetzmittel  ist  es 
nöthig,  die  Umgebung  durch  Bekleben  mit  Heftpflaster  oder  dickes 
Bestreichen  mit  Fetten,  Collodium  u.  dergl.,  vor  unbeabsichtigten 
Nebenwirkungen  zu  schützen. 


Fig.  42. 


Die  Tereüiiguug  der  Wundränder 

bewirkt    man    bei    reinen    frischen    Wunden    und    bei    denjenigen 
Operations  wunden,    welche    sich    nicht    durch    Granulationsbildung 

schliessen  sollen,   durch 

die  Wundnaht. 

Diese  wird  angelegt  mit  geraden  oder 
zur  Fläche  gekrümmten,  an  ihrer  Spitze 
glatt  zweischneidigen  Nadeln  (Fig.  42). 
Grosse  Nadeln  führt  man  aus  freier 
Hand,  kleinere  fasst  man  mit  einem 
Nadelhalter,  wodurch  eine  bequemere 
und  sichere  Führung  ermöglicht  wird. 
Am  einfachsten  und  überall  brauchbar 
ist  der  zangenartige  Nadelhalter 
nach  Dieffenbach  (Fig.  43).  Für 
Nähte  in  tiefen  Wunden  und  in  Höhlen 
eignen  sich  besonders  der  von  H  e  g  a  r 
(Fig.  44)  und  der  ..Schwan"  nach  Küster  (Fig.  45).  Der 
Nadelhalter  nach  B.  o  u  x  (Fig.  46),  dessen  auseinanderfedernde 
Enden  durch  eine  verschiebbare  Hülse  geschlossen  werden,  ist  jetzt 
zwar  weniger  allgemein  im  Gebrauch,  aber  doch  recht  praktisch. 
Hagedorn  empfahl  statt  der  zur  Fläche  gebogenen  Nadeln 
solche,   die  zur  Kante  gebogen  und  geschliffen  sind  (wie  krumme 


Chirurgische  Nadeln. 


Fig.  43.  Fig.  44. 


—     33     — 

Fig.  45. 


Fig.  46.         Fig.  47. 


nach  Dieffenbach. 


Nadelhalter 
nach  Hegar.  nach  Küster.  nach  Roux.      nach  Hagedorn 

Fig.  48. 


Säbel.  Fig.  48),  zu  benutzen,  weil 
diese  Form  Stichkanäle  erzeugt, 
die  beim  Anziehen  des  Fadens 
nicht  klaffen,  sondern  schlitzförmig 
bleiben  und  weil  es  sich  sehr  leicht 
und  bequem  mit  ihnen  nähen 
lässt,  wenn  man  sich  des  dazu 
passenden  Nadelhalters  (Fig.  47) 
bedient,  der  übrigens  völlig  zer- 
legt und  sterilisirt  werden  kann. 
Zum  Nähen  verwendet  man: 

1)  Catgut,  fabrikmässig  zubereitete  Darmsaiten  (Yiolinsaiten) 
von  verschiedener  Dicke,  die  in  den  Körpergeweben  aufquellen  und 
allmähhg  aufgesogen  werden.  Man  macht  es  keimfrei  und  aseptisch 
nach  den  Bd.  I,  S.  12  angegebenen  Regeln,  da  sonst  gerade  bei  An- 

Esmarch-Kowalzig,  Technik,     4.  Aufl.  3 


Nadeln  nach  Hagedorn. 


—     34     — 

Wendung  dieses  tlnerischen  Stoffes  leicht  Eiterungen  in  den  Stich- 
kanälen auftreten. 

2)  Seide:  Ungebleichte,  rohe  chinesische  Seide  ist  das  beste 
Nähmaterial,  welches  sich  durch  Auskochen  leicht  keimfrei  machen 
lässt;  auch  tränkt  man  sie  mit  Antisepticis :  Carbolseide  durch 
Auskochen  in  5  ^/q  und  Einlegen  in  3**/^  Carbollösung  (Czerny), 
Sublimatseide  durch  Einlegen  der  gekochten  Fäden  in  I^Iq 
Sublimatlösung,  Jodoformseide  durch  Einlegen  in  Jodoform- 
äther. 

3)  Zwirn  ist  ebenso  gut  zu  verwenden  als  Seide,  aber  etwas 
billiger. 

4)  Seegras,  SilkWOrm  (von  der  Seidenraupe  stammend)  nennt 
.man.  etwa  -^j^  m  lange  glatte,  weissglänzende  Fäden,  welche  ein 
ganz  vorzügliches  (und  auch  nicht  zu  theures)  Nähmaterial  abgeben, 
da  sie  selbst  lange  Zeit  völlig  reaktionslos,  ohne  resorbirt 
zu  werden,  in  den  Körpergeweben  belassen  werden  können ;  sie 
sind  ausserdem  fast  unzerreisslich,  daher  namentlich  bei  stark  ge- 
spannten Wundrändern  und  zu  Entspannungsnähten  von  Nutzen. 
Sie  werden  durch  Einlegen  in  3  ^/^  Carbollösung  desinficirt  und 
trocken  verwahrt,   oder  kurz  vor  dem  Gebrauch  gekocht. 

Ein  billiger  Ersatz  dieser  Fäden,  namentlich  im  Kriege  und 
auf  dem  Lande,   sind  die  Pferdehaare. 

5)  Metallfäden:  Silberdraht  und  Eisendraht  lässt  sich 
durch  Auskochen  oder  Ausglühen  in  einer  Spiritusflamme  leicht 
keimfrei  machen  und  dient  hauptsächlich  zu  Entspannungsnähten 
und  Vereinigung  leicht  wieder  auseinander  weichender  Wundränder 
(Laparotomieen,   Bruchpforten)  und  zur  Knochennaht. 

Man  näht  in  verschiedener   Weise: 

1)   Die  Knopfnaht,  unterbrochene  Naht  (Fig.  49),    ist  die 
gebräuchlichste  und  zweckmässigste,   weil  sie  eine  sehr  genaue  Ver- 
einigung der  Wundränder  ermöglicht.     Nachdem  der  Faden   durch 
beide    Seiten    hindurch    geführt    ist,     wird    er    geknotet    und    etwa 
Fig.  49.  1  cm  vor  dem  Knoten  abgeschnitten.    Der 

^    "r     T    4         Knoten     wird     immer     seitlich     von     der 
1    ii    '-■  Wundlinie     angelegt,     gerade     über     der 

Jt»   Jtfc    «     i         Wunde  würde  er  diese  leicht  drücken  und 
Knopf  naht.  ihre    genaue  Verklebung  beeinträchtigen. 

Von  Wichtigkeit  ist  es  auch,  den  Faden  mit  einem  sicheren  Doppel- 
knoten zu  knüpfen,   der  sich  nicht  von  selbst    löst.     Dazu  dient 


—     35 


der  Schifferknoten  (Fig.  50),  bei  dem  beide  Fadenenden  in  der- 
selben Richtung  durch  beide  Schlingen  treten,  während  bei  dem 
falschen  oder  Weiberknoten  (Fig.  51),  der  nicht  sicher  hält,  die 
beiden  Fäden  in  entgegengesetzter  Richtung  durch  die  Schlingen 
laufen. 

Fig.  50.  Fig.  51. 


Schiffer-  oder  Kreuzknoten. 


Falscher  oder  Weiberknoten. 


Einen  Schifferknoten  macht  mau  so,  dass  man  beim  Schürzen 
des  ersten  und  zweiten  Knotens  den  gleichen  Faden  zu  oberst  (oder 
zu  Unterst)  legt.  Dies  erreicht  man  am  leichtesten  auf  folgende  Weise: 
Man  schlingt  das  rechte  Ende  von  unten  her  über  das  linke  und  die 
linke  Zeigefingerspitze  so  hinweg,  dass  die  rechte  Hand  nach  links  oben, 
die  linke  nach  rechts  unten  zu  liegen  kommt,  wenn  der  erste  Knoten 
geschürzt  ist  (Stellung  „über  der  Hand").  Dann  führt  man  die  rechte 
Hand  auf  demselben  Wege  zu  ihrer  Ausgangsstellung  zurück,  d.  h.  das 
rechte  Ende  wird  über  das  linke  gebracht  und  unter  ihm  hindurch  nach 
rechts  oben  herausgezogen.  In  anderer  Weise  lässt  sich  der  Knoten 
unter  Wechseln  der  Eadenenden  in  den  Händen  schürzen:  Von 
den  herabhängenden  Enden  der  Schlinge  wird  das  linke  mit  der  rechten 
Hand  über  das  mit  der  linken  Hand  gefasste  rechte  Ende  hinweg  ge- 
schlungen und  nach  rechts  herausgezogen  und  darauf  unter  Wechseln 
der  Hände  über  das  rechte  hinweg  nach  links  geführt,  so  dass  sich  nun 
in  jeder  Hand  das  ursprüngliche  Ende  befindet. 

Wenn  die  Wundränder  sehr  gespannt  sind,    so  ist  es  zweck- 
mässig, beim  ersten  Knoten  Fig.  52. 
die  Fäden  zweimal  um  ein- 
ander zu  schlingen  (Chirur- 
gischer Knoten,   Fig.  52) 

und    darauf    den    zweiten 


Knoten,  wie  beim  Schiffer- 
knoten zu  schürzen.  Dieser 
Knoten  hält  schon  beim 
ersten  Knoten  die  Wund- 
ränder fest  zusammen, 
während    man    beim    Schiffer-   und   Weiberknoten    die    Enden    fest 


Chirurgischer  Knoten. 


—      36     — 

angezogen  halten   muss,    indem    man  den    zweiten   Knoten  knüpft, 
da  sie  sonst  auseinanderweiclien. 

"Will  man  eine  grössere  "Wunde  durch  die  Knopfnaht  schliessen, 
so  verfährt  man  dabei  folgendermassen :  Zunächst  werden  die  Wund- 
ränder möglichst  so  aneinander  geschoben  und  gehalten,  wie  sie  ver- 
näht werden  sollen,  dann  legt  man  die  erste  Naht  in  der  Mitte  an,  die 
beiden  folgenden  zu  beiden  Seiten  in  der  Mitte  zwischen  dieser  und  den 
Wundwinkeln  und  die  weiteren  nach  Bedarf  immer  zwischen  zwei 
Nähten,  bis  die  Wundränder  überall  gut  aneinander  liegen.  Sind 
diese  überall  gleich  dick,  so  führt  man  die  Nadel  beiderseits  gleich- 
massig  tief  hindurch.  Zeigt  sich  beim  Schliessen  des  Knotens,  dass 
der  eine  Wundrand  tiefer  liegt  als  der  andere,  so  wird  er  mit 
der  Pincette  oder  einem  feinen  Häkchen  etwas  gehoben,  oder  der 
andere  etwas  niedergedrückt  (Fig.  53).  Sind  die  Wundränder  ungleich 
Fig.  53.  Fig.  54.  Fig.  55. 


hoch,  SO  durchsticht  man  den  dickeren  flach,  den  dünneren  tiefer,  aber 
dichter  am  E.and  (Fig.  54) ;  krempen  sich  dünne  Wundränder  nach 
innen  um,  so  führt  man  die  Nadel  dicht  am  Rande  ein  (Fig.  55), 
und  hebt  die  E-änder  beim  Knoten  des  Fadens  beiderseits  mit 
Häkchen  empor,  oder,  wenn  es  geht,  drückt  man  mit  zwei  Fingern 
beide  Wundränder  zu  einer  kleinen  Falte  zusammen  und  vernäht 
sie  in  dieser  Lage.  Ist  der  eine  Wundrand  ein  wenig  länger, 
als  der  andere,  so  macht  man  die  Zwischenräume  auf  dem  längeren 
etwas  grösser  als  auf  dem  kürzeren  —  bei  gleicher  Zahl  der 
Stichöffnungen.  Während  des  Knotens  wird  dann  der  längere 
Hand  im  Granzen  etwas  zusammengeschoben  mit  dem  andern  ver- 
einigt (verhalten  nähen).  Nahe  am  Wundrand  und  nur  ober- 
flächlich sticht  man  die  Nadel  durch,  wenn  man  eine  recht  genaue 
Vereinigung  erzielen  will,  weiter  vom  Wundrand  ab  und  tiefer 
eingestochen  dient  die  Naht  mehr  zur  Entspannung  der  ober- 
flächlichen Nahtlinie  und  zur  Vereinigung  tiefer  gelegener  Theile. 
Meist  wendet  man  beide  Arten  zusammen  an,  derart,  dass  man 
zunächst    einige    tiefe  Haltenähte    anlegt,    dann    die  Ränder  durch 


—     37     — 


oberflächliche    Xähte    genau    vereinigt    und    je    nach    Bedarf    zum 
Schlüsse  noch  die  nöthigen  Entspannungsnähte  hinzufügt  (Fig.  56). 
Fig.  56.  ^^  Fig.  57. 

1    ,    ..- 


Combinirte  Nähte. 


Entfernung  des  Fadens. 


Xach  Heilung  der  ^'unde  ist  die  Entfernung  der  Fäden 
leicht,  wenn  man  mit  gutem  Catgut  genäht  hat :  das  in  der 
"Wunde  liegende  Stück  der  Xahtschlinge  ist  resorbirt,  das  auf  der 
Haut  liegende  mit  dem  Knoten  ist  an  dem  ausgetrockneten  Ver- 
band festgeklebt  und  wird  bei  dessen  Abnahme  gleich  mit  entfernt. 
Ist  keine  Resorption  eingetreten  oder  bat  man  mit  anderen  Stoffen 
genäht,  so  erfasst  man  ein  Fadenende  des  Knotens  mit  einer 
Pinzette,  hebt  ihn  sanft  auf,  schneidet  mit  einer  Scheere  zwischen 
Knoten  und  Haut  den  Faden  durch  und  zieht  ihn  nach  der 
abgeschnittenen  Seite  hin  (Fig.  57)  seitlich  heraus:  die 
frisch  verklebten  Wundränder  werden  dadurch  nicht  auseinander 
gezerrt,   sondern  gegen  einander  gedrückt. 


Fig.  58. 


Fig.  59. 


Fortlaufende  oder  Kürschnernaht. 


Knotung  der  fortlaufenden  Naht. 


2)  Die  fortlaufende  oder  Kürschnernaht  (Fig.  58)  lässt  sich  viel 

rascher  anlegen,  als  die  Knopfnaht  und  vereinigt  die  Wundränder 
sehr  innig  mit  einander :  Man  beginnt  an  einem  "Wundwinkel  mit 
einer  Knopfnaht,  schneidet  aber  den  Faden  nacli  der  Knotung 
nicht  ab,  sondern  sticht  die  Xadel  in  einiger  Entfernung  senk- 
recht zur  "Wundlinie  wieder  durch  beide  Ränder  hindurch,  zieht 
den  Faden,    der  dann   schräg    über  die  Wunde    zu  liegen  kommt, 


—     38 


etwas  an  und  nälit  nun  „fortlaufend"  bis  zum  andern  "Wuudwinkel 
weiter.  Um  den  Faden  schliesslich  zu  knoten,  zieht  man  die 
letzte  Naht  nicht  an,  sondern  verknüi^ft  ihre  Schlinge  mit  dem  an 
dem  andern  Wundrand  durchgestochenen  Fadenende  (Fig.  .59), 
oder  man  geht  fortlaufend  über  der  eben  angelegten  Nahtlinie  zum 
Anfang  zurück  (wobei  nun  die  Fäden  kreuzweise  zu  liegen  kommen), 
und  verknotet  das  Fadenende  mit  dem  einen  noch  lang  gelassenen 
Ende  der  zu  Anfang  angelegten  Knopfnaht. 

3)  Eine  oft  brauchbare  Abänderung  der  fortlaufenden  Naht  ist 
die   Languettennaht  (Fig.   60),    bei  welcher    die  Spitze    der  Nadel, 

ehe  man  sie  hervorzieht,  jedesmal 
unter  die  Faden  schlinge  des  vorher- 
gehenden Stiches  durchgeschoben  wird. 
Tiefe  Nähte,  welche  die  Wund- 
flächen auch  in  der  Tiefe  an  ein- 
anderpressen,  wendet  man  bei  Hohl- 
räumen (todten  "Winkeln)  im  Grunde 
der  Wunde  an.  Sind  diese  sehr  unregelmässig  gestaltet  und 
ist  die  Tiefe  der  Wunde  beträchtlich,  so  legt  man  versenkte 
oder  verlorene  Nähte  (mit  Catgut)  an,  welche  die  einzelnen 
Gewebsschichten  mit  einander  vereinigen  und  über  einander  zu 
liegen  kommen  (Etagennaht).  Man  kann  sie  als  fortlaufende 
oder  Knopfnaht  anlegen.  Aber  auch  zugleich  mit  der  Haut 
lassen  sich  die  tieferen  Schichten  in  einfach  gestalteten  Wunden 
durch  tiefgreifende  Knopfnähte  vereinigen,  wenn  man  nur  die 
Nadel  richtig  führt  und  in  genügender  Entfernung  vom  Wund- 
rand alle  Schichten  nach  einander  durchsticht,  sie  werden  dann 
bei  der  Knotung  fest  an   einander  gepresst. 

Folgende    Nähte    werden    hauptsächlich    als    tiefe    Hautnähte 


Languettennaht. 


verwendet : 


Fig.  61. 


Fig.  62. 


Faltennaht.  Matratzennaht. 

4)  Die  Falten  naht  (Fig.  61)  dient  vorzugsweise  zur  Vereinigung 
sehr  dünner  und  schlaffer  Hautränder  (z.  B.  an  den  Augenlidern), 
diese  werden  zu  einer  Falte  erhoben,  so  dass  sich  die  Berührungs- 
flächen veroTÖssern. 


—     39     — 


Fig.  63. 


5)  Die  Matratzennaht  (Fig.  62)  ist  dieselbe,  nur  dass  die  Nadel 
viel  tiefer  durchgeführt  wird.  Sie  wird  manchmal  zu  Entspannungs- 
nähten  benutzt. 

6)  Die  Balken-  oder  Zapfen- 
naht (Fig.  63)  wird  mit  runden 
Stäbchen  (Sondenstücke,  Catheter- 
stücke)  angelegt,  welche  man 
durch  Seiden-  oder  Metallfäden 
fest  zusammenzieht. 

7)DieBleiplattennaht(Lister,  ^^       \]f     'ß 

Fig.    64)   wird    mit  Silberdrähten  Zapfennaht, 

ausgeführt,  deren  Enden  durch  ovale,  in  der  Mitte  durchbohrte 
Bleiplatten  gezogen  und  an  deren  aufgeklappten  Seitenflügeln  in 
Achtertouren  festgewickelt  werden. 

Fig.  64. 


liiyj'iii] : 


';lli     ! 


Bleiplattennaht. 

8)BeiderPerlennaht(Thiersch, 
Fig.  65)  werden  die  Silberdrähte 
zuerst  durcb  Bleiplatten,  dann  durcb 
Glasperlen  gezogen  und  durch  Auf- 
wickeln um  ein  Stäbchen  (Zünd- 
holzstückchen) befestigt. 

9)  Die  Schrotkugelnaht  ist  ähn- 
lich, aber  einfacher ;  die  Fadenenden 
(Seide,  Silberdraht)  werden  in  durch- 
lochte   Schrotkuffeln    afesteckt    und 


Fig.  65. 


i 

Perlennaht. 


—     40     — 

diese  dicht    über  der  Haut    mittelst    einer    Zange    um    den  Faden 
zusammengepresst. 

Diese  letzteren  Nähte  sind,  wie  schon  aus  ihrem  Zubehör 
ersichtlich,  nur  nach  den  nöthigen  Vorbereitungen  ausführbar,  sie 
dienten  für  bestimmte  Zwecke,  namentlich  zu  Nähten  an  Damm, 
Mastdarm,  Scheide  und  werden  jetzt  wohl  nur  noch  selten  in  An- 
wendung gezogen ;    ebenso 

Fig.  66. 


Umschlungene  Naht. 

10)  die  umschlungene  Naht  (Fig.  66):  diese  wird  mit  Insekten- 
nadeln angelegt,  deren  Spitzen  lanzenförmig  geschliffen  sind. 
Nachdem  sie  in  einiger  Entfernung  von  den  Wundrändern  durch 
die  Haut  hindurch  geführt  sind,  umwickelt  man  sie  mit  sterilen 
dicken  Baumwollenfäden  in  abwechselnden  Kreis-  und  Achtertouren 
der  Art,  dass  die  Hautränder  fest  gegen  einander  gedrängt  werden. 
Auch  kann  man  kleine  Gummiringe  über  die  Nadeln  streifen. 
Dann  kneift  man  die  Enden  der  Nadel  mit  einer  Beisszange  ab. 
Zur  genaueren  Vereinigung  der  "Wundränder  legt  man  in  den 
Zwischenräumen  zwischen  den  Nadeln  einige  feinere  Knopfnähte 
an.  Man  kann  die  Nadelstümpfe  am  zweiten  Tage  durch 
drehende  Bewegungen  mittelst  einer  Zange  herausziehen,  die  Faden- 
wülste aber,  welche  durch  Blut  meist  mit  der  Haut  verklebt  sind, 
noch  einige  Tage  liegen  lassen. 

Ganz  kleine  oberflächliche  Wunden,  deren  Ränder 
nicht  klaffen,   können  auch  ohne  Naht  vereinigt  werden  durch  feine 


—     41     — 

"Watteflöckclien  oder  Gazestückchen,  die  mit  Jodoformcollodium  be- 
strichen werden  (s.  a.  Bd.  I.  S.  41).  Auch  das  englische  Pflaster 
und  Heftpflaster  sind  nur  bei  kleinsten  TTunden  yerwendbar,  vor- 
ausgesetzt, dass  die  Blutung  vollständig  gestillt  und  die  TTunde 
nicht  inficirt  ist,  denn  durch  die  Yerklebung  mit  Pflastern  ist 
den  Secreten  der  Abfluss  versperrt  und  es  können  Entzündung, 
Eiterung  u.  s.  w.  eintreten.  .,Ein  Arzt,  welcher  eine  frische 
Wunde  ohne  antiseptische  Vorsichtsmassregeln  mit  Heftpflaster 
zusammenklebt,  setzt  sich  der  Gefahr  aus,  vom  Staatsanwalt  zur 
Rechenschaft  gezogen   zu  werden.'"'     (v.  Xussbaum.) 


Die  Eutferming  Ton  rremdkörperu. 

Sitzt  ein  von  aussen  eingedrungener  Fremdkörper  in  einer 
Körperhöhle  oder  in  einer  Wunde  nur  oberflächlich  und  so,  dass 
er  leicht  zu  erreichen  und  zu  fassen  ist,  so  ist  es  nicht  schwer 
ihn  zu  entfernen.  Man  sollte  dies  möglichst  bald  thun,  da 
andernfalls     leicht     Entzündungserscheinungen      eintreten     können, 

Fig.  67. 


Anatomische  Pinzette. 


aber  auch  möglichst  schonend,  um  keine  unbeabsichtigten  J^eben- 
verletzungen  zu  machen.  Man  fasst  den  Körper  mit  einer 
Kornzange  (Fig.  67),  kleinere  auch  mit  einer  guten  anatomischen 
Pinzette    (Fig.   68).      Manchmal    gelingt    es    in    engen    Höhlungen 


—     42     — 


besser,  den  Körper  mit  einer  Drahtschlinge  (z.  B.  aus  einer 
Haarnadel}  zu  umgehen  und  von  hinten  her  herauszuwerfen, 
lieber  die  Fremdkörper  iu  den  Körperhöhlen  und  Gängen  siehe 
Genaueres  Bd.   III. 

Scharfe  spitzige  Gegenstände,  die  unter  die  Haut 
eingedrungen  sind,  verursachen  oft  Schwierigkeiten  und  machen  mit- 
unter auch  eine  Erweiterung  der  meist  kleinen  Hautwunde  nöthig,  so 
namentlich  Glassplitter,  die  mit  ihren  scharfen  Kanten  die  "^unde  zer- 
fleischen. Abgebrochene  ILesserklingen  u.  dgl.  lassen  sich  wegen 
ihrer  Glätte  schlecht  fest  fassen.  Man  umwickelt  daher  das  Ende  der 
Zange  oder  Pinzette  mit  Heftpflaster  oder  nimmt  einen  Xadelhalter 
mit  weicher  Bleieinlage.  Nadeln  kann  man,  wenn  sie  unter  der 
Haut  fühlbar  sind,  zwischen  zwei  Fingern  so  gegen  die  Haut 
drücken,  dass  sie  diese  von  innen  her  durchstechen.  Häkelnadeln 
lassen  sich  mit  kräftigem  Kuck  ohne  "W^eiteres  herausreissen. 
Angelhaken,  Pfeilspitzen  und  ähnliche  mit  stärkeren  Widerhaken 
versehene  Fremdkörper  müssen  in  der  Hichtung  des  Einstichs 
weiter  geschoben  oder  aber  durch  einen  Schnitt  freigelegt  werden. 
Will  man  einen  kleinen  Gegenstand,  Splitter,  Nadeln  u.  ä.  in  den 
Geweben  durch  einen  Einschnitt  herausbefördern,  so  ist  die  An- 
wendung der  künstlichen  Blutleere  von  sehr  grossem 
Vortheil,  da  sonst  in  der  blutenden  Wunde  der  Fremdkörper  nur 
schwer  zu  finden  ist  oder  gar   übersehen  wird. 

Die     Entfernung     von     Metallringen     (Fingerringen, 

Schlüssel  u.   ä.j,    welche    über    einen  Finger    oder    den  Penis    ge- 

Fig.  69,  Fig.  70.  schoben  wurden,  kann  mitunter 

sehr  erhebliche  Schwierig- 
keiten bereiten,  da  das  Glied 
schon  nach  kurzer  Zeit  an- 
schwillt, so  dass  man  oft  den 
einklemmenden  Ring  nicht  zu 
Gesicht  bekommt.  In  den 
allerleichtesten  Fällen  gelingt 
es  wohl,  nachdem  man  das 
Glied  mit  Seife  oder  Fett 
schlüpfrig  gemacht  hat,  den 
Bing  durch  drehende  Be- 
wegungen abzustreifen;  auch 
karm  das  Oedem  durch  elastische  Einwicklung  mit  schmaler  Gummi- 
binde zurückgedrängt  werden.     Oder  man  umwickelt  das  Glied  von 


Entfernung  eines  Ringes   durch  Abwickeln  eines 
Bandes. 


—     43     — 

der  Spitze  her  bis  zu  dem  E,inge  diclit  mit  einem  Faden  oder  schmalen 
Bande,  führt  dessen  Ende  unter  dem  Hinge  hindurch  und  wickelt  dieses 
nun  nach  unten  ab,  wodurch  der  Hing  allmählich  heruntergezogen 
wird  (Kg.  69,  70).  Grelingt  es  aber  auf  diese  Weise  nicht  mehr, 
den  Fremdkörper  zu  entfernen,  so  muss  man  ihn  mit  einer  starken 
Beisszange  durchkneifen,  oder  mit  einer  feinen  Säge  durchtrennen 
und  auseinanderbieeen. 


Für  den  Krieg  ist  die 

Entfernung  von  Geschossen  aus  Wunden 

von  besonderer  Wichtigkeit. 

Wenn  eine  Kugel  den  Körpertheil  nicht  ganz  durchbohrt  hat, 
sondern  in  ihm  stecken  geblieben  ist,  dann  wünscht  der  Verwundete 
meist  dringend  von  ihr  befreit  zu  werden,  hält  sich  für  gerettet, 
wenn  dies  gelungen  ist  und  zollt  seinem  Arzte  die  grösste 
Dankbarkeit  und  Anerkennung.  So  einfach  nun  auch  diese 
Operation  meist  ist,  so  sehr  sich  der  junge  Arzt  über  ihr  Gelingen 
und  über  die  Dankbarkeit  des  Verwundeten  freut,  so  unverantwortlich 
ist  es  doch,  diese  Operation  vorzunehmen,  wenn  man  nicht  in  der 
Lage  ist,  sie  aseptisch  auszuführen,  und  das  ist  auf  dem  Schlacht- 
felde und  den  Truppenverbandplätzen  in  der  Begel  schwierig  und 
meist  auch  unnöthig,  denn  die  Erfahrung  lehrt  ja,  dass  Geschosse 
lange  Zeit  im  Körj)er  ohne  Schaden  verweilen  und  dass  Schuss- 
wunden, selbst  mit  ausgedehnteren  Zersplitterungen  von  Knochen, 
unter  dem  einfachen  antiseptischen  Deckverbande  heilen  können, 
vorausgesetzt,  dass  die  Wunde  nicht  voreilig  mit  unreinen  oder 
nur  scheinbar  desinficirten  Fingern,  Sonden  oder  Zangen  unter- 
sucht worden  ist.  Der  grosse  Unterschied,  welcher  zwischen 
derartig  „befingerten"  und  unberührt  gelassenen  Wunden  besteht, 
die  traurigen  Folgen,  welche  eine  solche  unbesonnene  Untersuchung 
für  die  Heilung  oder  gar  für  das  Leben  des  A^erwundeten  haben 
kann,  sollten  jedem  Arzte  (und  ganz  besonders  im  Kriege)  den 
ersten  Grundsatz  alles  ärztlichen  Handelns;  ..Nur  nicht  schaden" 
stets  vor  Augen  halten. 

Das  Herausnehmen  einer  Kugel,  welche  unter  der  Haut- 
decke fühlbar  ist,   ist  eine  keineswegs   schwierige  Operation. 

Man  schneidet  mit  einem  scharfen  Messer  kräftig  auf  die  mit 
den  Fingern    der    linken  Hand    fixirte  Kugel    ein,    bis    sie   in  der 


—     44     — 

Wunde  siclitbar  wird  und  zieht  sie  dann  mit  einer  Korn-  oder 
Kugelzange  heraus. 

Ist  sie  sehr  deformirt,  mit  Fortsätzen  und  Zacken  versehen, 
so  muss  man  oft  nach  mehreren  B-ichtungen  hin  das  Zellgewebe 
und  die  Fascie  spalten,  um  sie  ohne  Anwendung  von  Grewalt 
herausbefördern  zu  können. 

Auch  das  Herausziehen  tiefsitzender  Geschosse 
bereitet  unter  dem  Schutze  der  Asepsis  keine  besonderen  Schwierig- 
keiten, da  man  sich  nicht  zu  scheuen  braucht,  die  Weichtheile  in 
solcher  Ausdehnung  zu  spalten,  wie  es  zum  Auffinden  des  Fremd- 
körpers nöthig  ist.  In  frischen  Fällen  werden  bei  der  Ausräumung 
von  Blutgerinnseln  die  eingedrungenen  G-eschosse  gleich  mit  ent- 
fernt, und  es  bedarf  dazu  keiner  anderen  Instrumente,  als  der 
gewöhnlichen  Kornzange  oder  der  amerikanischen  Kugelzange 
(Fig.  74),  mit  welcher  man  ganz  vorzüglich  die  Geschosse  fassen 
kann,  da  sich  die  scharfen  Haken  derselben  fest  in  das  Blei  ein- 
drücken. 

Wenn  es  sich  aber  um  die  Entfernung  von  Geschossen 
handelt,  welche  in  der  Tiefe  granulirender  Wunden  sich  be- 
finden, die  definitive  Vernarbung  derselben  verhindern,  langdauernde 
Fisteln  unterhalten  oder  durch  Druck  auf  Nervenstämme  oder 
andere  wichtige  Organe  Beschwerden  machen,  dann  kann  die 
Extraction  doch  recht  schwierig  sein,  namentlich  wenn  die  Geschosse 
in  ihrer  Gestalt  sehr  verändert  sind,  an  gefährlichen  Stellen  sitzen 
oder  fest  in  den  Knochen  eingekeilt  sind. 

Fig.  71. 


Kriegssonde. 


Bisweilen  ist  zunächst  die  Frage  zu  entscheiden,  ob  in  der 
Tiefe  überhaupt  ein  Fremdkörper  steckt  und  von  welcher  Beschaffen- 
heit derselbe   sei. 


—     45     — 

Wenn  der  Finger  nicht  das  Ende  des  Wundkanals  zu  erreiclien 
vermag,  dann  niuss  man  mit  Sonden  den  fremden  Körper  zu 
fühlen  suchen.  Dazu  gebrauche  man  aber  nicht  die  gewöhnlichen 
dünnen,  silbernen  Sonden,  mit  denen  sich  nichts  genau  fühlen 
lässt,  und  deren  feine  Spitzen  leicht  auf  falsche  Wege  führen, 
sondern  bediene  sich  fusslanger,  biegsamer  Zinnsonden  (Fig.  71), 
von  der  Dicke  eines  Gänsekiels  oder  Bleistifts,  mit  denen  man 
bei  leichter  Führung  keinen  Schaden  anrichtet. 


Eig.  72. 


Fig.  73. 


Fig.  74. 


Fig.  75. 


Fig.  76. 


Kugelzieher 
nach  V.  Langenbeck. 


Amerikanische 
Kugelzange. 


Kugelzange 
nach  Löffler  nach  Gross. 


Fühlt  man  die  Kugel,  so  sucht  man  sie  mit  einer  der  ver- 
schiedenen Kugelzangen  (Fig.  72 — 76)  zu  fassen  und  zieht  sie 
A'orsichtig  heraus. 

Steckt  dieselbe  in  einem  Knochen,  so  kann  man  sie  mit 
Hülfe  einer  Kugelschraube  (Fig.  77)  anbohren  und  entfernen. 
Findet  man  sie  aber  sehr  fest  im  Knochen  eingekeilt,  so  darf 
man    nicht    zu    viel    Gewalt    anwenden,    weil    dadurch    leicht    sehr 


—     46     — 

gefährliche  Knochenentzündungen  hervorgerufen  werden.  Besser 
ist  es,  entweder  ruhig  abzuwarten,  bis  das  Geschoss  sich  durch 
die  entzündliche  Resorption  des  Knochengewebes  von  selbst  löst, 
oder  aber,  nach  hinreichender  Spaltung  der  AVeichtheile,  |mit 
Meissel  und  Hammer  soviel  von  dem  umgebenden  Knochen  weg- 
zunehmen, dass  man  die  Kugel  ohne  Gewalt  mit  der  Zange 
herausziehen  kann. 

Fig.  77. 


Kugelschraube  nach  Baudens. 


Ist    man    im  Zweifel,    ob    ein    in    der  Tiefe    gefühlter  barter 
Körper  die  Kugel   sei  oder  nicht,   so  kann  man  sich  darüber  Gewiss- 


Fig.  78. 


Porzellan- 
knopf-Kugel- 
sonde nach 
Nelaton. 


Fig.  79. 


Kugelsucher  nach  Lecomte-Luer. 


heit  verschaffen  entweder  durch 
die  Kugelsonde  nach 
Nelaton  (Fig.  78),  deren 
Porzellanknopf  durch  Berüh- 
rung mit  Blei  einen  schwarzen 
Fleck  bekommt*)  oder  durch 
den  Kugelsucher  von 
Lecomte-Lüer  (Fig.  79), 
mit  welchem  man  ein  Stück- 
chen Blei  von  der  Kugel  ab- 
beissen  kann,  oder  endlich  durch 
die  elektrische  Kugelsonde 
Liebreich' s  (Fig.  80),  welche 
die  Nadel  eines  Galvanometers 
in  Bewegung  setzt,  sobald  die 
beiden  isolirten  Spitzen  der 
Sonde  (a)  oder  der  Zange  (c) 
einen  metallischen  Körper  be- 
rühren. 

Ist    die  Kugel    nicht  von 


*)  Im  Nothfalle  kann  man  zu  diesem  Zweck  auch  den  Stiel  einer 
Kalkpfeife  benutzen,     (von  Nussbaum.) 


—     47 


—     48     — 

der  Wunde  aus,  sondern  an  einer  anderen  Stelle  unter  der 
Haut  zu  fühlen,  und  ist  man  im  Zweifel,  ob  man  eine  Kugel 
oder  ein  Knochenstück  vor  sich  hat,  so  kann  man  sich  durch  das 
Einstechen  zweier  gestielter  Stahlnadeln  (Acupuncturnadeln,  s.  Fig. 
80  b),  welche  mit  dem  Liebr eich'schen  Kugelsucher  in  Ver- 
bindung gesetzt  sind,  darüber  Grewissheit  verschaffen. 

Fig.  81. 


Kugelsucher  nach  Liebreich. 
Fig.  82. 


Kugelsucher  nach  Longmore. 


—     49     — 

Hat  man  einen  Liebreich  'sehen  Apparat  nicht  zur  Hand, 
so  lässt  sich  ein  solcher  (nach  Longmore)  improvisiren  aus 
einer  Kupfermünze  und  einem  zusammengebogenen  Stück  Zink- 
blech, welche  man  durch  ein  in  verdünnte  Säure  getauchtes  Stück 
Flanell  von  einander  trennt.  Von  den  beiden  umsponnenen  Kupfer- 
drähten, welche  in  Acupuncturnadeln  enden,  wird  der  eine  mehrmals 
um  einen  Taschenkompass  gewunden,  dessen  Nadel  sich  bewegt,  sobald 
die   Kette  durch  Berührung  der  Kugel  geschlossen  ist    (Fig.   82). 

Sind  Geschosse  zu  entfernen,  welche  seit  Jahren  in  Knochen 
eingebettet  gewesen  sind,  oder  abgestorbene  Knochenstücke,  welche 
in  sogenannten  Todtenladen  liegen  (nach  Osteomyelitis  in  Folge 
von  Schuss-Contusionen  der  Knochen  etwas  sehr  Häufiges},  dann 
muss  die  breite  Er  Öffnung  der  Kno  ch  en  höhle  (NGkrotomie) 
vorgenommen  werden. 


Operationen  zur  Verhinderung  und  Stillung  von 
Blutungen  und  deren  Folgen. 

Blutspar  ung. 


Von  jeher  haben  die  Chirurgen  sich  bemüht,  bei 
Operationen  und  bei  Verletzungen  den  Blutverlust  auf 
das  geringste  Maass  zu  beschränken.  In  alten  Zeiten 
umschnürte  man  vor  Amputationen  das  Glied  mit 
Stricken  und  wendete  nachher  zur  Stillung  der  Blutung 
das  Glüheisen  oder  das  Eintauchen  der  Stümpfe  in 
siedendes  Pech  an.  Bis  vor  zwanzig  Jahren  beschränkte 
man  sich  darauf,  bei  Amputationen  den  Blutverlust 
zu  vermindern  durch  Verhinderung  des  arteriellen  Zu- 
flusses zur  Wunde,  indem  man  den  Arterienstamm  ent- 
weder durch  die  Finger  oder  durch  die  Pelotte  des 
Tourniquets  zusammen  drückte.  Mit  denselben  Mitteln 
suchte  man  bei  zufälligen  Verletzungen  die 
arteriellen  Blutungen  zu  bekämpfen.  Die  Versuche, 
auf  unblutigem  Wege  grössere  Körpertheile  zu  ent- 
fernen durch  Abschnüren  (Ligatur,  von  Gräfe)  und 
Abquetschen  (Ecrasement,  Chassaignac,  Fig. 
83)  haben  nur  vorübergehenden  Beifall  gefunden. 
Erst    die    Erfindung    der    künstlichen    Blutleere    hat 

Esmarch-Kowalzig,  Technik.     4.  Aufl. 


Fig.  83. 


—     50     — 

uns  in  den  Stand  gesetzt,  bei  allen  Operationen  an  den  Extre- 
mitäten den  Blutverlust  zu  vermeiden,  den  störenden  Zufluss  des 
Blutes  während  der  Operation  fernzuhalten  und  so  am  Lebenden 
wie  an  der  Leiche  zu  operiren. 

Die  küiistliclie  Blutleere  (von  Esmarch  1873) 

bezweckt  zweierlei: 

a)  Das  in  den  Gefässen  des  zu  operirenden  Körpertheils 
vorhandene  Blut  herauszutreiben. 

b)  Den  Zufluss   des  Blutes   durch  die  Arterien  zu  verhindern. 

Man  verfährt  folgendermassen : 

1)  Das  Glied  wird  von  den  Fingerspitzen  oder  Zehen  an  aufwärts 
bis  über  das  Operationsfeld  hinaus  mit  einer  elastlSChen  Binde,  am 
besten  aus  reinem  Kautschuk  fest  eingewickelt.  Die  einzelnen  Binden- 
gänge decken  sich  etwa  zur  Hälfte,  Kreuzgänge  und  Umschläge  werden 
dabei  nicht  ausgeführt,  ebenso  ist  es  unnöthig,  die  einzelnen  Finger 
und  die  Hacke  kunstgerecht  einzuwickeln.  Solche  Theile,  welche 
Eiter,  Jauche,  oder  weiche  Geschwulstmassen  enthalten,  dürfen 
nicht  fest  eingewickelt  werden,  weil  man  dadurch  infectiöse  Stoffe 
in  das  Zellgewebe  und  die  Lymphbahnen  pressen  könnte.  In  solchen 
Fällen  muss  man  sich  damit  begnügen,  das  Glied  einige  Minuten 
senkrecht  empor  zu  halten,  bis  es  deutlich  blass  geworden 
ist.  Leichte  oberflächliche  Streichungen  mit  der  Hand  befördern 
dabei  den  rascheren  Blutabfluss  aus  den  Yenen.  Die  austreibende 
Binde  wird  bis  zu  der  Stelle  hinaufgeführt,  wo  der  Schnürgurt 
angelegt  werden  soll  und  hier  zunächst  durch  Unterschieben  des 
Bindenkopfes  unter  die  letzte  Tour  befestigt.  Aus  praktischen 
Gründen  empfiehlt  es  sich,  die  Einwicklung  immer  bis  zum  Ober- 
arm oder  Oberschenkel  heraufzuführen  (Fig.   86,   87). 

2)  Dort,  wo  die  Einwicklung  endet,  wird  nun  die  Umschnürung  an- 
gelegt. Hierzu  gebi'aucht  man  am  besten  einen  etwa  140  cm  langen, 
5  cm  breiten  elastischen  Gurt  mit  eingewebten  Kautschukfäden  (ge- 
webte Gummibinde),  welcher  unter  steter  Dehnung  in  Kreistouren  um 

das  Glied  gelegt  wird,  so  dass  die  einzelnen  Gänge  sich  vollständig 
deckend  über  einander  zu  liegen  kommen.  Dabei  verstärkt 
jede  Tour  die  Wirkung  der  vorherigen  und  es  ist 
daher  garnicht  immer  nöthig,  namentlich  bei  neuen  sehr  elastischen 
Binden,  diese  bis  zur  Grenze  der  Elasticität  zu  dehnen.  Das 
richtige    Maass     der     anzuwendenden    Kraft     ei-lernt     man     durch 


51 


TJebung.  Beim  Anlegen  des  Grurts  wird  sein  Anfang  mit 
dem  Daumen  am  Gliede  festgedrückt  und  durch  die  folgende  Tour, 
welclie  über  ihn  hinweggeht,  festgehalten.  Der  aufgerollte  Binden- 
kopf läuft  nicht  wie  beim  Anlegen  einer  gewöhnlichen  Binde 
dicht  auf  den  Touren  am  Gliede  ab,  sondern  wird,  um  die 
Dehnung  zu  ermöglichen,  etwa  in  der  Entfernung  einer  Spanne 
um  das  Glied  herumgeführt  (Fig.  103).  Die  Befestigung  des 
Endes  geschieht  am  besten  durch  eine  Klemmschnalle,  welche  dem 
am  Ende  der  Binde  befestigten  Haken  entgegengeschoben  wird 
(Fig.  85).  Zweckmässig  ist  auch  die  Vorrichtung  vonNicaise, 
ein  Haken  und  eine  Eeihe  von  Ringen,  die  an  einem  Ende  des 
Gurts  hintereinander  festgenäht  sind  fFig.  89,  90).  Im  Nothfalle 
kann  man  das  Ende  der  Schnürbinde  auch  mit  einer  Sicherheits- 
nadel feststecken  (Fig.  88). 

Fig.  84.  Fig.  85. 


Elastischer  UmschnUrungsgurt  nach  von  Esmarch 

(zur  Verpaekuug  aufgerollt). 


Klemmschnalle. 


3)  Wird  nun  die  elastische  Einwicklung  unterhalb  der  Schnür- 
binde abgenommen,  so  zeigt  das  Glied  eine  vollkommen  blaSSG 
Leichenfarbo :  man  kann  an  ihm  jede  Operation  ohne  Blut- 
verlust, ohne  durch  das  Blut  am  Sehen  und  am  Erkennen  des 
Krankhaften  gehindert  zu  werden,  ohne  viel  wischen  und  tupfen 
zu  müssen,  daher  auch  mit  weniger  Assistenz,  also  ganz  wie  an 
der  Leiche  ausführen,  auch  wenn  der  Eingriff  sehr  lange 
dauern  sollte.  Die  Erfahrung  hat  gelehrt,  dass  man  den  Blutstrom 
in  dieser  "Weise  mehrere  Stunden  hindurch  ohne  wesentlichen 
Schaden  unterbrechen  darf.  Sind  doch  Fälle  bekannt,  in  denen 
die  Schnürbinde  7 — 10,  ja  12  Stunden  lang  liegen  blieb,  ohne 
dass    das   Glied    brandig    wurde    oder    dass  eine  Lähmung  eintrat. 

4* 


Elastische  Binde  und  Schnürschiauch. 

Fig.  87. 


_5J;J«J7^S???5S^'='^^?^?'^ 


Künstliche  Blutleere  nach  Entfernung  der  elastischen  Binde. 
Fig.  88. 


^^>-.N  ^    N^XNNV    NNN^Nv^^ 


Gummischnürbinde. 

4)  An  denjenigen  Stellen,  wo  die  Anlegung  einer  breiten  Schnür- 
binde mit  Schwierigkeiten  verbunden  ist,  wie  in  der  Hüftbeuge 
und  Achselhöhle,  empfiehlt  es  sich,  den  ursprünglich  zur  Um- 
schnürung verwendeten  dicken  Gummischlauch  zu  verwenden,  der 
unter  starker  Dehnung  zwei  bis  dreimal  in  Kreistouren  um  die 
Körpergegend  herumgeführt  wird  und  dessen  Enden  einfach  geknotet 
oder  mit  Haken  und  Kette  befestigt  werden  (Fig.  9  1).  Auch  kann  man 
sich  zur  Fixirung  der  Schlauchenden  einer.  Klemme  bedienen,  z.  B. 


—     53     — 


eines  metallenen  der  Länge  nach  gespaltenen  Ringes  von  dem 
Durchmesser  des  Schlauches  (Fig.  92),  in  dessen  Spalt  sich  die  beiden 
gedehnten  Enden  leicht  hineindrängen  lassen.  Lässt  man 
aber  mit  der  Dehnung  nach,  so  klemmen  sie  sich  gegenseitig  fest 
(Fig.  93). 

Zu    beachten   ist,    dass    bei  Anwendung    des   Schnürgurts    an 


Fig.  89. 


Fig.  90. 


o 


öd  ematos  geschwolle- 
nen Gliedern  die 
"Wirkung  auf  die  Ge- 
fässe  oft  nachlässt, 
sobald  an  der  Schnür- 
stelle das  Serum  aus 
den  Geweben  ver- 
drängt ist.  In  solchen 
Fällen  muss  man, 
sobald  das  Glied  sich 
wieder  röthet,  rasch 
den  Gurt  entfernen 
und  in  der  von 
ihm  erzeugten  tiefen 
Furche  sofort  von 
Neuem  anlegen. 
Bei  Operationen  im 

und  am  Schulterge- 

lenk  muss  ein  finger- 
dicker Schlauch, 
nachdem  er  unter 
starker  Dehnung 
unter  der  Achsel 
durchgeführt  ist,  auf 
der  Schulter  durch 
eine  kräftige  Hand 
oder  durch  eine 
Schlauchklemme  fest- 
gehalten werden(Fig. 
96,  97).  Durch  An- 
ziehen der  Enden 
gegen  den  Hals  hin 
wird  das  Abgleiten  verhindert.  Auch  muss  man  Acht  geben,  dass 
man  nicht  etwa  den  Schlauch  durchschneidet,    oder  dass   er  (nach 


Compressionsgurt  nach  Nicaise. 


Apparat  für  künstliche  Blutleere  nach  von  Esmarch. 

sehr  hoher  Amputation    oder  Exarticulation    des  Oberarms)    nicht 
plötzlich  über  die  Wunde  hinwegschnellt. 

Zur  Abschnürung    eines   FingGPS    genügt    ein    gäusekieidicker 
Kautschukschlauch,    den  man,    wie    in  Fig.    98   dargestellt,    anlegt. 


Fig.  93 


Fig.  92. 


Schlauchklemme  (offener  Ring)  nach  von  Esmarch. 


Fig.  94. 


Fig.  95. 


Schlussapparat  für  den  Kautschukstrang  nach  Foulis. 


Fig. 


Fig.  97. 


Künstliche  Blutleere  für  Exarticulation  im  Schultergelenk. 


56     — 


Mit  einem  ähnliclien  Schlauche  kann  man  die  AVurzel  des 
Penis  und  des  Sero  tum  umschnüren,  wenn  man  an  den  männ- 
lichen Genitalien  ohne  BKitverlust  Operationen  ausführen  will 
(Fig.   99j. 


rig.  98. 


Fig.  99. 


Künstliche  Blutleere  eines  Fingers, 


Künstliche  Blutleere  an  den  Genitalienr 


Bei  hohen  Amputationen  des  Oberschenkels  schlingt  man  den 

Schlauch  dicht  unter  der  Schenkelbeuge  ein-   oder  zweimal  kräftig 
um  das  Bein,  kreuzt  die  Enden  oberhalb  der  Leistengegend,  führt 

Fig.  100. 


Künstliche  Blutleere  für  hohe  Amputation  des  Oberschenkels  mit  dem  Kautschukschlauch. 


—     57     — 

sie  um    die  hintere  Fläche    des  Beckens    und  hakt    sie  schliesslich 
auf  der  TJnte'rbauchgegend  mittelst  der  Kette' zusammen  (Fig.  100). 

Bei    Exarticulationen    und    Resectionen    im    Hüftgelenk   lässt 

sich,  unter  der  Voraussetzung,  dass  die  Gedärme  vorher  gehörig 
entleert  sind,  der  arterielle  Zufluss  am  sichersten  durch  C  o  m  - 
pression  der  Aorta  in  der  Nabelgegend  beherrschen  f s.  S.  67). 
Natürlich  kann  man  den  Schnür  seh  1  auch  auch  an  Jeder 
anderen  Stelle  statt  des  Schnür gurtes  anlegen,  doch  empfiehlt  sich 
letzterer  weit  mehr,  da  seine  Dehnbarkeit  begrenzter,  seine  Wirkung 
mithin  nie  so  kräftig  ist,  als  die  des  unter  stärkster  Dehnung 
angelegten  Schlauches.  Ausserdem  ist  der  Druck  des  breiteren 
Gurtes  angenehmer  und  ohne  nachtheilige  Folgen  zu  ertragen,  da 
er  sich  weniger  auf  eine  Stelle  beschränkt.  In  der  That  kann 
die  durch  den  übermässig  gedehnten  Schlauch  erzeugte  Schnü- 
rung langdaiiernde  Lähmungen  erzeugen,  welche  bei  Verwendung 
der  Schnürbinde  nur  äusserst  selten,  bei  vorsichtigem  massvollem 
Gebrauch  wohl  niemals  vorkommen. 

Fig.  101. 


Spiralfederschnürbinde  nach  von  Esmarch. 


Leider  werden  aber  die  Kautschukbinden  und  Gewebe  bei  längerer 
Aufbewahrung,  namentlich  in  sehr  heissem  oder  kaltem  Klima,  brüchig 
und  untauglich.  Daher  ist  es  zweckmässiger,  für  diese  Fälle  (Expe- 
ditionen, Schiffsreisen  in  den  Tropen  und  Polargegenden,  Aufbewahrung 
in  Militärmagazinen  u.  s.  w.}  die  Schnürbinden  aus  feinen  neben- 
einandergelegten Messingspiralen  herstellen  zu  lassen,  die  mit 
Handschuhleder  überzogen  und  mit  einer  Klemmschnalle  versehen 
sind  (Fig.  101).  Diese  Schnürbiude  ist  nicht  dem  Verderben  aus- 
gesetzt und  hat   eine  vollkommen  genügende  Dehnbarkeit. 


—     58 


Pig.  102. 


Es  ist  zu  hoffen,  dass  ebenso  wie  in  verscliiedenen  Armeen 
des  Auslandes  nun  auch  in  Deutschland  der  Schnürgurt  in  dieser 
einfachen  und  dauerhaften  Form  eingeführt  werden  und  das 
altmodische  in  seiner  Wirkung  lange  nicht  so  sichere  Tourniquet 
verdrängen  wird.  Denn  die  Vortheile  der  elastischen  Umschnürung 
liegen  auf  der  Hand.  Sie  bestehen  vor  Allem  darin,  dass  es 
ganz  unnöthig,  ja  schädlich  ist,  eine  P  e  1  o  1 1  e  wie  beim  Tourniquet 
auf  den  Hauptstamm  der  Arterie  zu  legen.  Eine  solche 
Pelotte  ist  der  „künstlichen  Blutleere"  durch- 
aus fremd.  Denn  durch  die  elastische  Umschnürung  will  man 
nicht  allein  auf  die  Arterie,  sondern  gleich  massig 
auf  alle  Gefässe  wirken,  sie  unterbricht  den  ganzen  Säfte- 
strom und  lässt  sich  daher  ebenso  gut  zu  grossen  Operationen, 
wie  bei  heftigen  arteriellen  und  venösen  Blutungen  aus  Wunden, 
ja  auch  bei  vergifteten  Wunden  zur  Verhütung  der  Resorption 
des  Giftes  anwenden,  ohne  dass  irgend  eine  genaue  anatomische 
Kenntniss  nöthig  wäre. 

Diese  Erwägungen  legten 
den  Gedanken  nahe ,  den 
Schnürgurt  auch  den 
Laien  für  die  Hülfe  bei 
plötzlichen  Unglücksfällen  in 
die  Hand  zu  geben:  als  Hosen- 
träger. 

Der  Tourniquet -Hosen- 
träger (v.  Esmarch  1881) 
besteht  aus  einem  150  cm 
langen,  4  cm  breiten,  elasti- 
schen Gurt,  der  an  beiden 
Enden  mit  Haken  und  Löchern 
versehen  ist  und  durch  Auf- 
ziehen von  drei  Schlaufen  zu 
einem  sehr  leichten,  bequemen 
Tragband  wird  (Fig.  102). 
Seine  Dehnbarkeit  genügt,  um 
den  Oberschenkel  eines  kräfti- 
gen Mannes  erfolgreich  zu 
umschnüren  (Fig.  103).  Wenn 
bilHge  Kleidungsstück  von  jedem  Arbeiter  und  Soldaten  ge- 
würde,    so  könnten    bei  richtig   gelehrter  Anwendung  viele 


Tourniquet-Hosenträger. 


dieses 
tragen 


—     59     — 

Unglücksfälle  gemildert  und  namentlich  Verblutungen  verhütet 
werden.  In  der  That  sind  schon  eine  ungemein  grosse  Zahl  der- 
artiger Fälle  sowohl  durch  Aerzte  als  durch  Laien  bekannt  ge- 
worden. 

Im  Noth falle  kann  man  in  Ermangelung  von  elastischen 
Binden  eine  leinene  Binde  in  Cirkeltouren  möglichst  fest  um 
das  Glied  legen  und  dann  mit  Wasser  begiessen,    wodurch  sie 

Fig.  103. 


Anlegung  eines  Tourniquet-Hosenträgers- 

sich  noch  fester  zusammenzieht.  Ebenso  lässt  sich  die  auf- 
steigende Einwicklung  des  Gliedes  mit  einer  nachher  durchnässten 
Stoff  bin  de    erfolgreich    anlegen.      Auch    das    Fig.    121    dargestellte 


—     60     — 

Knebeltourniquet  lässt  sich  ohne  Pelotte  zur  circulären  TJm- 
schnürung  wohl  verwenden. 

Wenn  man  nach  Beendigung  der  Operation  den  Schnür - 
sträng  löst,  so  wird  das  bisher  leichenblasse  Glied  krebsroth 
und  in  der  Wunde  tritt  eine  sehr  beträchtliche  Blutung  auf, 
weil  durch  den  anhaltenden  Druck  auf  die  vasomotorischen  Nerven 
die  Wandungen  der  Blutgefässe  gelähmt  und  schlaff  geworden 
sind,  also  mehr  Blut  hindurchlassen,  als  bei  ihrem  gewöhnlichen 
Tonus.  Die  Folge  davon  ist,  dass  das  Blut  aus  der  Operations- 
fläche wie  aus  einem  Schwamm  hervorquillt,  die  Arterien  spritzen 
stark  und  selbst  die  feinsten  Capillaren  bluten  fast  doppelt  so 
stark  als  gewöhnlich.  Am  heftigsten  ist  die  Blutung  natürlich 
dann,  wenn  man  den  Schnürstrang  langsam  löst,  weil  das  Blut 
zwar  sofort  in  die  Arterien  des  abgeschnürt  gewesenen  Theiles 
hineindringt,  aber  nicht  gleich  durch  die  von  den  letzten  Touren 
des  Schnürgurts  wie  von  einer  Aderlassbinde  noch  zugedrückten 
Venen  abfliessen  kann,  und  also  zu  der  Lähmung  des  Gefässsystems 
noch  venöse  Stauung  hinzutritt.  Daher  ist  es  nothwendig,  den 
Schnürgurt  nicht  langsam,    sondern  schnell   abzuwickeln. 

Dieser  Uebelstand  der  starken  jDarenchymatösen  Nachblutung 
lässt  sich  vermeiden,  wenn  man  vor  der  Abnahme  der 
Schnürbinde 

1}  alle  sichtbaren  Gefässe,  welche  durchschnitten  sind,  sorg- 
fältigst unterbindet;   danach 

2}  die  Wunde  in  der  Tiefe  und  an  ihren  Rändern  vernäht, 
sodass  nirgends  Hohlräume  bleiben,  und  endlich 

3)  einen  überall  gleichmässig  fest  anliegenden  Druck- 
verband auf  die  genähte  Wunde  legt.  Wundhöhlen,  die  durch 
Granulation  heilen  oder  erst  secundär  vernäht  werden  sollen, 
werden  fest  tamponirt.  Der  Schnürgurt  wird  erst  gelöst,  wenn 
der  Verband  vollständig  angelegt  ist,  daher  ist  es  rathsam,  dass 
die  Schnürbinde  von  vornherein  möglichst  hoch  oberhalb  des 
Operationsfeldes  zu  liegen  kommt,  um  keine  Schwierigkeiten  bei 
der  schnellen  Lösung  der  Binde  zu  machen. 

4)  Das  Glied  wird  nach  Abnahme  des  Schnürgurts  mehrere 
Stunden  lang  senkrecht  erhoben  gelagert,  auch  kann  man 
daneben  in  geeigneten  Fällen  den  Druckverband  noch  durch  eine 
elastische  Binde  unter  massiger  Dehnung  verstärken. 

Bei  Befolgung  dieser  Massregeln  hat  man  eine 
Nachblutung  nicht  zu  befürchten. 


—     61 


Wagt  man  aber  nicht,  aus  unüberwindlicher  Furcht  vor 
Nachblutung,  oder  weil  man  nicht  sicher  und  geübt  genug  in 
der  Auffindung  kleinerer  durchschnittener  Gefässe  zu  sein  glaubt, 
die  Wunde  vor  Lösung  der  TJmschnürung  zu  vereinigen  und  zu 
verbinden,  dann  muss  man  nach  Abnahme  des  Gurts  bei  empor- 
gehaltenem Gliede  auf  die  Wundfläche  eine  grosse  Compresse 
oder  einen  Schwamm  einige  Minuten  lang  fest  aufdrücken, 
und  danach  die  noch  blutenden  oder  spritzenden  Gefässe  auf- 
suchen. Bleibt  die  Blutung  aber  stark  parenchymatös ,  so 
stillt  man  sie  durch  TJeberrieselung  der  Wunde  mit  eis- 
kalter steriler  oder  antiseptischer  Flüssigkeit.  jVIan  gebraucht  dazu 
eine  Eis  dusche,  d.  h.  einen  Glasirrigator,  in  dessen  Mitte  eine 
mit  einer  Kältemischung  (gestossenes  Eis  und  Salz)  gefüllte  Glas- 
röhre eingesenkt  ist  (Fig.  104).  Auch  die  Digitalcompression  des 
Arterienstammes  kann  die  parenchymatöse  Nachblutung  etwas 
beschränken. 

Fig.  104. 


Eisdusche. 

Die  Vortheile  der  elastischen  Umschnürung  vor  den  früheren 

Methoden,    namentlich  der  Anwendung    des  Tourniquets,    sind 
allgemein  bekannt;   sie  bestehen  vor  Allem  darin,   dass 

1)  Die  Bluthemmung  sicher  ist  und  lange  Zeit  in  bequemer 
Weise  unterhalten  werden  kann. 


—     62     — 


2)  Eine  Verschiebung  wähi'end  des  Transportes,  wie  bei 
der  Pelotte  des  Tourniquets  nicht  zu  befürchten  ist. 

3)  Der  Schnürgurt  an  jeder  beliebigen  Stelle  des  Gliedes 
angelegt  werden  kann. 

4)  Zur  Anlegung  des  Schnürgurts  keine  anatomischen 
Kenntnisse  nothwendig  sind. 

Demgegenüber  ist  es  kaum  nöthig,  die  von  einigen  Seiten 
immer  wieder  auftauchenden  Behauptungen  zu  widerlegen,  dass 
das  Verfahren  folgende   Nachtheile  hätte: 

1)  Die  jDarenchymatöse  Nachblutung. 

2)  Das  Brandigwerden  der  Wundränder  oder  gar  des  ganzen 
abgeschnürten  Gliedes. 

3)  Die  Lähmungen  der  Nerven  durch  den  Druck  der 
Schnürbinde. 

4}  Die  Gefahr  einer  Infection  durch  Eiter  oder  Geschwulst- 
massen beim  Einwickeln  des  Gliedes. 

Alle  diese  Nachtheile  sind  nicht  vorhanden,  wenn 
man  sich  an  die  oben  gegebenen,  so  einfachen  Vorschriften 
bei  Anlegung  der  Binden  hält. 


Fig.  105. 


Fig.  106. 


Nur  kurz  sei  hier  erwähnt,  dass  man  schon  früher  sich  er- 
folgreich bemüht  hat,  den  Blutstrom  im  engsten  Gebiet  des 
Operationsfeldes  durch  Druck 
während  der  Operation  zu  unter- 
brechen. Desmarres  erfand 
seine  Klemme  für  Operationen 
an  den  Augenlidern,  welche  auf 
der  Platte  von  dem  Bing  fest- 
geklemmt werden  (Fig.  105) ;  D  i  e  f- 
fenbach  gebrauchte  eine  in  zwei 
Bingen  endigende  Zange,  zwischen 
die  er  die  Backe,  die  Zunge  oder 
Lippe  einklemmte,  um  so  blutlos 
Angiome  u.  ä.  zu  entfernen.  Bei 
der  Operation  der  Hasenscharte  oder 
der  Keilexcision  des  Li]Dpenkrebses 
kann  man  zu  beiden  Seiten  des 
Operationsfeldes  mit  zwei  langen 
Schieberpinzetten  den  Blutzufluss 
aus  den  Arteriae  corouariae  hemmen. 


Augenlidklemme    Zange  zur  Operation  der 
nach  Desmarres.    Phimose  nach  Ricord. 


—     63     — 

Hierher  gehören  auch:  die  Zange  von  Ricord  (Fig,  106}  zur 
Operation  der  Phimose,  die  Balkenzangen  und  die  Parallelzangen  zur 
Compression  der  gestielten  Basis  mancher  Geschwülste,  von  zu  ver- 
nähenden Magen-  und  Darmenden  u.  s.  w.  Schliesslich  sei  noch 
die  Anwendung  des  Gummischlauches  aus  der  neuesten  Zeit  er- 
wähnt bei  der  Amputation  des  Mastdarms,  bei  der  supravaginalen 
Amputation  des  Uterus  und  bei  dem  Kaiserschnitt. 


Gegenüber  der  künstlichen  Blutleere  kommen  die  übrigen 
blutsparenden  Methoden  früherer  Zeiten  nur  noch  ganz  ausnahms- 
weise in  Anwendung,  da  dieselben  entweder  beschwerlich  auszu- 
führen sind,  oder  eine  unsichere  Wirkung  entfalten.  —  Sie  be- 
zwecken alle 

die  Compression  des  Hauptarterieustammes 

oberhalb  der  Wunde. 

1.  Durch  Fingerdruck,  Digitalcompression,  lässt  sich  die  Schlag- 
ader nur  an  solchen  Stellen  wirksam  zusammendrücken,  wo  eine 
harte  Unterlage  durch  den  Knochen  gegeben  ist  und  das  Gefäss 
nicht  zu  tief  in  den  Weichtheilen  versteckt  liegt.  Die  geeignetsten 
Stellen  zur  Digitalcompression  sind : 

Für  die  Art.  Carotis  communis  die  vordere  seitliche  Hals- 
gegend, zwischen  dem  Kehlkopf  und  dem  medialen  Eand  des 
Kopfnickers,  wo  der  Finger  die  Arterie  gegen  die  Wirbelsäule 
drückt  (Fig.    107). 

Für  die  Art.  subclavia  die  fossa  supraclavicularis,  wo  am 
lateralen  Rande  des  Kopfnickers  die  hinter  dem  M.  scalenus  her- 
vortretende Arterie  gegen  die  erste  Rippe  gedrückt  wird.  Durch 
Yorwärtsdrängen  der  Schulter  und  der  Clavicula  wird  dem  Finger 
der  Zugang  erleichtert  (Fig.    108). 

Für  die  Art.  axillaris  der  vordere  Rand  der  Achselgrube,  wo 
man  die  Arterie  bei  erhobenem  Arm  gegen  den  Oberarmkopf  com- 
primiren  kann. 

Für  die  Art.  brachialis  die  innere  Seite  des  Oberarmes  in 
seiner  ganzen  Länge,  wo  die  Arterie  am  inneren  Rande  des  M. 
biceps  überall  leicht  gegen  den  Oberarmknochen  zu  comprimiren 
ist  (Fig.  109). 

Die  Aorta  abdominalis  kann  bei  erschlafften  Bauchdecken  und 
leeren  Gedärmen  in  der  Höhe  des  Nabels  gegen  die  Wirbelsäule 
comprimirt  werden.  Doch  wird  der  Druck  ohne  Anwendung  eines 
Betäubungsmittels  meist  nicht  lange  ertragen. 


Digitalcompression  der  Art.  carotis. 
Fig.  108. 


Digitalcompression  der  Art.  subclavia. 


—     65 


Dasselbe  gilt  von  der  Art.  iliaca  externa  in  ihrem  oberen 
Theile,  wo  sie  gegen  den  seitlichen  E,and  des  Beckeneinganges 
comprimirt  werden  kann,  Leichter  und  länger  lässt  sie  sich  kurz 
vor  ihrem  Austritt  aus  dem  Becken  oberhalb  der  Mitte  des 
Poup  art 'sehen  Bandes  gegen  den  oberen  Band  des  horizontalen 
Schambeinastes  zusammendrücken. 

Die  Art.  femoralis  wird  am  sichersten  dicht  unterhalb  des 
lig.  Poupartii  gegen  die  Eminentia  ileo-pectinaea  comprimirt  (Fig. 
110}.  Man  findet  sie  in  der  Mitte  einer  Linie,  welche  man  von 
der  Spina  anterior  superior  ossis  ilei  zur  Symphysis  ossis  pubis 
zieht.  In  ihrem  weiteren  Verlaufe  bis  zum  unteren  Drittel  des 
Schenkels  kann  sie  gegen  den  Oberschenkelknochen  gedrückt  wer- 
den, doch  ist  die  Digital compression  wegen  der  Dicke  der  da- 
zwischenliegenden Weichtheile  schwierig  und  unsicher,  namentlich 
bei  fetten  oder  muskelstarken  Leuten. 


Fig.  109. 


Fig.  110. 


Digitalcompression  der  Art.  brachialis.  Digitalcompression  der  Art.  femoralis. 

Da    eine     erfolgreiche  Digitalcompression    nur    von    kundiger 
und  kräftiger  Hand  längere  Zeit  hindurch  —  während  des  Trans- 

Esmarch-Kowalzigj  Technik.     4.  Aufl.  5 


—     66 


portes  Schwerverletzter  aber  überhaupt  nicht  —  ausgeführt  werden 
kann,  so  hat  man  dieselbe  durch  verschiedene  Voriüchtungft"  zu 
ersetzen  gesucht : 

2.  Durch  Aderpressen  oder  Tourniquets;   diese   bestehen   im 

Wesentlichen  aus  einem  Grurt,  durch  welchen  ein  hartes  Polsterkissen 
(P  e  1 0 1 1  e)  oder  Bindenrolle  gegen  den  Arterienstamm  fest  ange- 
drückt wird.  Die  Aderpresse  kann  nur  von  dem  mit  den  anato- 
mischen Verhältnissen  Vertrauten  richtig  angelegt  und  muss  auch 
stets  überwacht  werden,  denn  wenn  sie  bei  unvorsichtigen  Be- 
wegungen und  während  des  Transportes  sich  etwas  verschiebt,  so 
wirkt  sie  nicht  mehr,  und  kann  sogar  schädlich  werden,  indem  sie  durch 
Druck  auf  die  stets  in  unmittelbarer  Xähe  der  Arterie  verlaufen- 
den Venen  eine  Stauung  erzeugt. 

Fig.  112. 
Pig.  111. 


Compression  der  Art.  femoralis  durch 
ein  Tourniquet. 


Compression  der  Art.  brachialis  durch 
ein  Tourniquet. 


Zur  Anlegung  der  Aderpresse  wählt  man  an  den  Gliedern 
die  für  den  Fingerdruck  oben  angegebenen  Stellen  und  ^on  diesen 
wieder  vorzugsweise  den  oberen  Abschnitt  des  Oberarms  und  des 
Oberschenkels,  weil  sich  hier  die  Arterie  ziemlich  leicht  ^^finden 
und  zusammenpressen  lässt  (Fig.    111,    112). 


—     67     — 


Am  gebräuchliclisten  war  das  Schraubentoumiquet  nacli 
Petit  (Fig.  113),  bei  dem  der  Gurt  dui'cli  eine  starke  Sckraube 
verkürzt  und  damit  der  von  der  Pelotte  auf  die  Ader  ausgeübte 
Druck  beliebig  verstärkt  werden  kann. 

Das  Knebeltourniquet  (Fig-  114)  besteht  aus  einem  Scbnallen- 
gurt,  an  dem  eine  harte  Pelotte  befestigt  ist.  einer  Platte  und 
einem  Knebel.  Xacbdem  die  Pelotte  auf  den  Arterienstamm  ge- 
legt ist,  wird  der  Gurt  lose  um  das  Glied  geschnallt  und  dann 
durch  Drehungen  des  Knebels  über  der  Platte  fest  angezogen. 


Fig.  U3. 


Fig.  U4. 


Schraubentoumiquet  nach  Petit. 


Knebeltourniquet. 


Das  Aortencompressorium  nach  Pancoast  (Pig.  115)  wirkt 
durch  eine  lange  Schraube,  welche  eine  breite  Pelotte  gegen  das 
[Rückenpolster  hin  bewegt.      AehnHch  ist 

das  Aortencompressorium  nach  v.  Esmarch  (Fig.  116,  117) 
dessen  gestielte  Pelotte  gegen  die  AVirbelsäule  gedrückt  wird  mittelst 
elastischer  Binden,  welche  zwischen  den  stellbaren  Haken  des 
[Rückenpolsters  ausgespannt  werden.  Der  stählerne  Stiel  der 
Pelotte  ist  mit  einem  SchKtz  versehen,  durch  welchen  sich  die 
Touren    der    Kautschukbinden    einschieben    lassen,    und    mit    zwei 


—     68 


Polstern"'von  verschiedener  Grösse ;   das  nach  oben  gerichtete  Polster 
wird    durch    die  Hand    eines    Gehülfen    in    seiner    Lage    gehalten, 
Fig.  115.  damit    das    untere    nicht  von 

der  Aorta  abgleitet. 

Improvisation  der  Aderpressen. 
Die  Compression  der  Aorta 

gelingt  auch,  wenn  man  eine 
8  m  lange  und  6  cm  breite 
leinene  Binde  fest  um  die 
Mitte  eines  daumendicken  fuss- 
langen  Stabes  wickelt,  diese 
Pelotte  dicht  unterhalb  des 
Nabels  von  einem  Gehülfen 
mittelst  des  Stabes  in  der 
richtigen  Lage  festhalten  lässt 
und  durch  die  Touren  einer 
6  cm  breiten,  mehrmals  um 
den  Leib  geführten  Kaut- 
schukbinde kräftig  gegen  die 
Wirbelsäule     andrückt    (Pig. 

Aortencompressorium  nach  Pancoast.  118"). 

"Will  man  die  circuläre  TJmschnürung  des  Bauches  vermeiden, 
so  wickelt    man  die    leinene  Binde    auf    die  Mitte    eines    längeren 

Fig.  116. 


Aortencompressorium  nach  von  Esmarch. 
Stockes    und    drückt    dessen  Enden    durch    die  Touren    der  Kaut- 
schukbinde,   welche  unter  der  Platte  des   Operationstisches  durch- 
geführt werden,   nach  unten  (Brandis,  Fig.    119). 


Aortencompressorium  nach  von  Esmarch. 
Pig.  118. 


Compression  der  Aorta  mit  Binden-Pelotte  und  elastischer  Binde. 

In   älinlicher  Weise  lässt  sicli    eine  x4.clerpi'esse  herstellen  für 
die  Arteria  iliaca  externa  diclit   oberhalb   des  Lig.  Pouparti,*durch 


—     70 


eine  Bindenpelotte,  welche  mit  einer  starken  in  Kreuztouren  an- 
gelegten Kautschukbinde  fest  auf  die  Arterie  gedrückt  wird  (Fig. 
120,  für  liohe  Amputationen  des  Oberschenkels). 


Fig.  119. 


Compression  der  Aorta  nach  Brandis. 


Fig.  120. 


Compression  der  Art.  iliaca  externa. 


—     71 


Fig.  121. 


Ein  Knebeltourniquet  lässt 

sich  dadurch  extemporiren, 
dass  man  ein  Taschentuch 
oder  ein  dreieckiges  Tuch,  in 
welches  man  einen  festen 
Knoten  geschlagen,  oder  in 
das  man  einen  Stein  einge- 
wickelt hat,  um  das  Griied 
wickelt  und  dieses  durch  Um- 
drehungen eines  Stockes  oder 
irgend  eines  stabartigen  Kör- 
pers (Degen ,  Ladestock, 
Schlüssel),  den  man  unter  das 
Tuch  schiebt,  fest  zusammen 
knebelt  (Fig.    121). 

Zur  Compression  der  Art. 
brachialis  genügt  ein  verhält- 
nissmässig  leichter  Druck 
mittelst  eines  dicken  Stabes 
gegen     die     Innenfläche     des  fc  - 

Oberarmes  (Fig.  122),  welcher  Improvisirtes  Knebeltourniquet. 

Fig.  122.  die  Muskelbäuche    nach  vorne   und 

hinten  auseinanderdrängt  und  die 
Arterie  gegen  den  Knochen  platt- 
drückt. Der  Arm  wird  dabei  durch 
ein  Tuch  oder  eine  Binde  fest  gegen 
den  Körper  gedrückt.  Ebenso  gut 
lässt  sich  der  Oberarm  zwischen 
zwei  beiderseits  zusammengebunde- 
nen Stäben  wirksam  zusammen- 
pressen (Kniippeltourniquet  nach 
Yölckers,  Fig.   123). 

3.  Durch  Lagerung.     Adel- 

m  a  n  n    empfahl   als   ein  Mittel  zur 

Beherrschung  arterieller  Blutungen 

die    übermässige    Beugung    der 

Glieder,    wodurch    die  Arterien    so 

Compression  der  Art.  brachialis  durch      abgeknickt  _  werden,    dass    sie    kein 

einen  Stab.  Blut  mehr  hindurchlassen.  Wenn  man 

z.  B.  bei  arteriellen  Blutungen  aus  dem  Vorderarm  oder  der  Hand  den 


72 


supinirteu  Vorderarm  stark  flectirt  und  mittelst  einer  Binde  oder 
Cravatte  fest  gegen  den  Oberarm  sclinürt,  so  hört  der  Puls  in  der 
Art.  radialis  sofort  auf.  Ebenso  können  durch  forcirte  Beugung 
des  Knies  Blutungen  aus  dem  Unterschenkel  und  Fuss,  durch 
forcirte  Beugung  des  Oberschenkels  Blutungen  aus  der  Art. 
femoralis    für   den  Augenblick    gestillt  werden.      In   Fällen,    wo 


Fig.  123. 


Fig.  124. 


Compression  der  Arteria  subclavia  dextra. 


andere  ilittel  zur  Blutstillung  nicht  zur-  Hand  sind,  kann  mau  mit 
Erfolg  davon  Gebrauch  machen.  Doch  ist  zu  bemerken,  dass 
eine    so    starke  Flectionsstelluno-,    wie   sie  zur    sichern  Blutstillung 


—     73     — 

nöthig  ist,  meist  nicht  lange  ertragen  wird  und  wenn  zngleicli  die 
Knochen  gebrochen  sind,   überhaupt  nicht  anwendbar  ist. 

Die  Art.  subclavia  lässt  sich  durch  starkes  Zurückziehen 
der  Schulter  nach  hinten  und  mit  Hülfe  des  anderen  Armes  zwischen 
Schlüsselbein  und  erster  Rippe  (wie  in  einem  Quetschhahn)  platt- 
drücken. Man  lässt  die  Hand  von  hinten  her  die  Ellbogenbeuge 
des  gesunden  Armes  umgreifen,  drängt  letzteren  nach  vorne  und 
befestigt  beide  Arme  in  dieser  Stellung  durch  Tücher  oder  Binden 
(Fig.   124). 

4.  Die  Blutzufuhr  wird  endlich  ganz  beträchtlich  vermindert 
dui'ch  senkrechte  Erhebung  des  Gliedes ;  venöse  Blutungen  lassen 
sich  hierdurch  sogar   manchmal  zum   Stehen  bringen. 

Blutstillung  in  der  Wunde. 

Heftige  Blutungen  aus  verletzten  Gefässen  bedrohen  unmittel- 
bar das  Leben  und  müssen  möglichst  schnell  gestillt  werden;  am 
einfachsten  beherrscht  man,  wenigstens  vorläufig,   die  Blutung  durch 

die  Compression  der  Wunde 

1.  durch  den  Finger  oder  die  Hand,  welche  natürlich  rein 
sein  müssen.  Bei  grösseren  Verletzungen  kann  in  manchen  Fällen 
der  Verletzte  selbst  seine  Wunde  mit  den  Fingern  zupressen. 
Da  sich  jedoch  der  Fingerdruck  für  längere  Zeit  nicht  wohl  fort- 
setzen lässt,  so  muss  derselbe,  z.  B.  während  des  Transportes 
und  wenn  die  im  vorigen  Abschnitt  besprochenen  Mittel  zur  Blut- 
stillung ausserhalb  der  "Wunde  nicht  zur  Hand  oder  nicht  an- 
wendbar sind,   ersetzt  werden 

2.  durch  einen  Verband,  der  einen  ausreichenden  Druck  auf 
die  "Wunde  ausübt.  Vor  Anlegung  eines  solchen  Druckverbandes 
rauss  man  aber  das  verwundete  Glied  von  unten  auf  sorgfältig 
ganz  und  gar  mit  Binden  einwickeln,  um  die  gefährliche  AnfüUung 
der  Zellgewebsmaschen  mit  Blut  (diffuse  blutige  Infiltration) 
zu  verhindern.  Dann  legt  maji  auf  die  "Wunde  ein  festes  Verband- 
polster und  befestigt  dieses  mit  einer  kräftig  angezogenen  Binde, 
am  besten  aus  elastischem  Gewebe.  Bei  tiefen  "Wunden  erreicht 
man  die  Blutstillung  noch  sicherer 

3.  durch  die  Tamponade.  Die  "Wundhöhle  wird  fest  aus- 
gestopft, indem  man  mit  dem  Finger  die  Mitte  eines  Stückes 
antiseptischer  Gaze  (Jodoformmull)  möglichst  tief  in  die  "Wunde 
hineindrängt    und  dann ,    nachdem  man  den  Finger   zurückgezogen 


—     74     — 

hat ,  die  entstandene  Höhlung  mit  sterilem  Mull  fest  ausfüllt. 
Auch  kann  man  bei  E,öhrenwunden  erst  kleinere,  dann  grössere 
Tupfer    (Tampons)    in    die    mit  Gaze    ausgekleidete  Höhlung    ein- 

Fig.  125. 


Tamponade  mit  Tupfern. 

führen,  bis  die  letzten  die  Hautoberfläche  weit  überragen  (Fig.  125). 
Die  Tamponade  wird  durch  eine,  wenn  möglich  elastische,  Binde  fest 
angedrückt  und  kann,  wenn  sie  mit  aseptischen  Stoffen  ausgeführt 
ist,  viele  Tage  lang  liegen  bleiben,  bis  das  oder  die  blutenden 
Gefässe  durch  Thrombose  verschlossen  sind.  So  verfährt  man 
namentlich  bei  Blutungen  in  den  Körperhöhlen,  z.  B.  aus  der 
Nase,  der  Vagina,  dem  Uterus,  dem  Mastdarm.  Zweckmässig  ist 
es  dann,  die  einzelnen  Tampons  oder  Gazestücke  mit  einem  langen 
Faden  zu  versehen,  an  dem  man  sie  in  schonendster  Weise  wieder 
entfernen  kann. 

Das  Aufblähen  einer  in  schlaffem  Zustande  eingeführten 
Kautschukblase  mit  Luft  oder  Eiswasser  (ßhineurynter,  Colpeurynter, 
s.  Bd.  III,  Fig.  459)  ist  auch  recht  wirksam,  aber  nicht  so 
einfach,   als  die  gewöhnliche  Tamponade. 

Blutstillungsmittel,  Styptica, 

welche  theils  die  Gerinnung  des  Blutes  und  die  Zusammenziehung 
der  Gefässwandungen  befördern ,  theils  einen  fest  anhaftenden 
Schorf  erzeugen,  sollte  man  nur  im  äussersten  Nothfalle  anwenden, 
wenn  durch  die  Tamponade  allein  die  Blutung  nicht  zu  beherrschen 
ist :  denn  frische  Wunden  werden  durch  alle  diese  Mittel  mehr 
oder  weniger  gereizt  und  selbst  stark  angeätzt,  so  dass  die  erste 
Verklebung  unmöglich  ist.  Zu  den  ältesten  derartigen  Mitteln 
zählt  der  Feuerschwamm,  das  Glüheisen  (S.  26)  und 
der  Liquor  ferri  sesquichlorati,  letzterer  auch  jetzt 
noch    in  Form    der  trocknen  gelben  styptischen  Watte  gebraucht, 


—     75     — 

ebenso  wie  das  Penghawar  Tambi.  Ferner  der  Essig,  Alaun-, 
Creosotlösung  (1:100  =  Aqua  Binelli),  das  Terpentinöl 
(Baum,  Billrot b),  das  Cblorzink  in  gesättigter  Lösung, 
das  Tannin  (Graf)  als  Pulver,  das  Wasserstoffsuperoxyd 
(v.  Nussbaum}.  In  neuerer  Zeit  endlich  wurden  noch  empfohlen 
das  Antipyrin  in  20^/^  Lösung  oder  als  Pulver  (Bosworth), 
20% ige  Cocainlösung,  Fibrinfermentlösung  ("Wright), 
Cor  nutin,  Sclerotinsäure.  Auch  die  Berieselung  mit  eiskaltem 
oder  siedendheissem  (antiseptischem^  Wasser  mag  hier  erwähnt  sein. 

Das  beste  und  sicherste  Mittel,  um  dauernd  die  Blutung  zu 
stillen,   besteht  in  der 

Unterbindung  der  Grefässe  (Ligatur). 

Alle  in  einer  Wunde  (nach  Operationen  oder  Verletzungen) 
blutenden  Gefässlichtungen  von  Arterien  und  Venen  werden  ge- 
fasst  und  zugeklemmt,  entweder  mit  pinzettenartigen  Instrumenten, 
die  durch  Vorschieben  eines  Stachels  oder  Einklemmen  einer  Feder 
geschlossen    werden    können    (Fig.    126,    127),     oder    mit    kleinen 

Fig.  126. 


Fig.  127. 


tvl-ln^Vj 


Arterienpinzetten. 
Fig.  128. 


Arterlenzange  nacii  Spencer  Wells. 


—     76     — 

Zangen,  die  einen  Haken-  oder  Zahn  verschluss  besitzen  (Fig.  128). 
Bei  grossen  Operationen,  z.  B.  Amputationen,  zieht  man  ganz 
grosse  Gefässe  mit  der  Pinzette  zunächst  etwas  aus  dem 
Gewebe  hervor  und  verschliesst  sie  dann  sicher  durch  einen 
quer  angesetzten  Schieber,  worauf  der  erste  abgenommen  wird. 
Ziehen  grössere  Gefässe  über  das  Operationsfeld  hinweg,  so  fasst  man 
sie  quer  mit  zwei  Schieberpinzetten  und  durchschneidet  sie  zwischen 
denselben  (Fig.    129,    130).      Nach  und    nach    setzt  man    so   viele 


Fig.  129. 


Fig.  130. 


Unterbindung  zwischen  zwei  Pinzetten. 


Schieberpinzetten  an,  als  man  gerade  zur  Hand  hat  und  lässt  sie  hängen. 
Erst,  wenn  die  zur  Verfügung  stehende  Anzahl  gebraucht  ist,  beginnt 
die  Unterbindung  mit  Catgutfäden  (Fig.  1.31).  Hierbei 
drängt  man  die  das  Gefäss  zuklemmende  Spitze  des  Instrumentes 
etwas  hervor,  schlingt  um  dasselbe  einen  einfachen  Knoten,  schiebt 
diesen  mit  den  Zeigefingerspitzen  über  das  Gefäss  herüber  (Fig.  132), 
zieht  ihn  fest  und  setzt  einen  zweiten  Knoten  (Schifferknoten) 
darauf,  schneidet  den  Faden  kurz  davor  mit  einer  sfebogfenen 
Scheere  ab  und  entfernt  dann  die  Pincette.  Es  ist  rathsam,  zur 
Unterbindung  grosser  Gefässe  nicht  gar  zu  dickes  Catgut  zu  nehmen, 
weü  dessen  Knoten  sich  leichter  lösen,  zumal  wenn  sie  sehr  kurz 
abgeschnitten  sind.  Von  manchen  Chirurgen  wird  die  Anwendung 
der  Seide  zu  der  Ligatur  vorgezogen. 

Wenn  sich  ein  blutendes  Gefäss  nicht  gut  aus  seiner  Umgebung 
hervorziehen  und  fassen  lässt,  z.  B.  an  der  Kopfschwarte  oder  in 
schwieligen,  narbigen  Geweben,  so  kann  man  es  umstechen, 
d.  h.  man  führt  mit  einer  stark  gekrümmten  runden  Nadel  den 
Faden  durch  die  Weichtheile,   welche  die  blutende  Stelle  umgeben 


Amputationsstumpf  mit  vielen  Schieberpinzetten. 
Fig.  132.  Fig.  133. 


Ligatur  eines  Gefässes. 


Umslechung  einer  Arterie. 


78 


und    schnürt    mit    demselben    die  von    dem  Faden    durchstochenen 
Weichtheile  sammt  dem  Gefässe  zusammen  (Fig.   133). 

Verlaufen  viele  Gefässe  in  derben,  breiten  Gewebssträngen, 
so  kann  man  sie  mit  einiger  Mühe  und  Zeit  wohl  auch  einzeln 
fassen,  schneller  aber  und  ebenso  zweckmässig  ist  es,  den  Strang 
in  einzelnen  Abschnitten  zii  durchstechen  und  diese  für  sich  zu 
iimschnüren.  Dünnere  Stränge  durchsticht  man  mit  der  Schieber- 
pinzette, zieht  mit  dieser  einen  doppelten  Faden  durch  und  vinter- 
bindet  nach  beiden  Seiten  hin   (Massenligatur). 

Fig.  134. 


Torsion  einer  Arterie. 


Hat  man  nur  wenige  oder  gar  keine  Unterbindungsfäden  zur 
Hand,  so  kann  man  kleinere  Arterien  auch  durch  die  Torsion 
schliessen :  Man  fasst  die  Arterie  mit  einer  Schieberpinzette,  zieht 
sie  etwas  hervor  und  dreht  sie,  je  nach  ihrer  Dicke,  sechs  bis 
acht  Male  um  ihre  Achse,  während  man  das  centrale  Ende  des 
hervorgezogenen  Stückes  mit  den  Fingern  oder  besser  mit  einer 
anderen  Pinzette  (Balkenpinzette  nach  Amussat)  festhält  (Fig.  134). 
Durch  dieses  Verfahren  wird  die  innere  Arterienhaut  (tunica  intima) 
eingerissen  und  rollt  sich  nach  oben  ein,  wodurch  sich  ein  recht 
sicherer  Klapp enverschluss  bildet. 

Dieselbe  Wirkung  hat  ein  auf  die  Arterie  ausgeübter  sehr 
starker  D  ruck.  Ko  eb  erle  und  Pean  haben  zu  diesem  Zwecke 
Klemmzangen    (Fig.    135)    angegeben,    welche    einer    kleinen 


—     79     — 


Fig.  135. 


Kornzange  ähnKcli  sind,  durch  Feststellung  ihrer  zusammengepressten 
Enden  aber  das  gefasste  Gewebe  stark  quetschen.  Es  kann  dann  schon 
nach  einer  Viertelstunde  die  Zange  ohne  vor- 
herige Ligatur  abgenommen  werden,  da  die 
zerquetschte  Intima  sich  nach  innen  aufrollt 
und  die  Gewebe  durch  den  starken  Druck  so 
ausgetrocknet  sind,  als  ob  sie  gebrannt  wären 
(ForcipreSSUr).  ^an  gebraucht  die  Klemmzangen 
vorzugsweise  an  Stellen,  wo  sich  schwer  eine 
Ligatur  anlegen  lässt  und  als  Ersatz  der  ]\Iassen- 
ligatur.  Da  das  gequetschte  Gewebe  nicht 
nekrotisch  wird,  so  hat  die  Forcipressur  vor 
der  Ligatur  den  Vorzug,  keine  fremden  Stoffe 
in  die  Wunde  hineinzubringen.  An  grossen 
Adern  müssen  die  Zangen  12  —  24  Stunden 
liegen  bleiben. 

Blutungen  aus  Stich-  und  Schusswunden. 

Handelt  es  sich  um  Blutung  aus  einem  grösseren 

Gefäss,    welche    in    der  Tiefe    einer  Stich-  oder 

Schusswunde  sich  sogleich  oder  erst  nach  einiger 

Zeit  durch   fortdauerndes  Aussickern  von  Blut 

durch  den  Verband  bemerkbar  macht,   oder  welche  auch  im  späteren 

"Wundverlauf  durch  Arrosion  der  Gefässwand  oder  Thrombose  der 

Venen  (phlebostatische  Blutung,  Stromeyer)   entstehen  kann,  so 

darf    man    nicht    säumen,     sofort    am    Orte    der    Verletzung    das 

blutende  Gefäss  freizulegen  und  in  der  Wunde  selbst  zu 

unterbinden  (directe  Unterbindung). 

Bevor  man  sich  an  diese  oft  recht  schwierige  Aufgabe  macht, 
sollte  man  sich  stets  erst  die  anatomische  Lage  der  Gefässstämme 
ins  Gedächtniss  zurückrufen.  Diesen  Zweck  mögen  Fig.  136 — 140 
erleichtern. 

Das  Hauptmittel,  um  solche  Operationen  leicht,  schnell  und 
gründlich  auszuführen,  ist  ein  grosser  Hautschnitt,  welcher  von 
der  Wunde  aus  nach  oben  und  unten  in  der  Längsrichtung  des 
Gliedes  so  angelegt  wird,  dass  er  dem  Verlauf  des  verletzten 
Gefässes  entspricht.  Wo  es  das  Leben  gilt,  ist  es  gleichgültig, 
ob  der  Schnitt  einen  Zoll  oder  einen  Fuss  lang  ist ;  gelingt  die 
Stillung    der  Blutung    und    bleibt    die  Wunde    aseptisch,    so  heilt 


Klemmzange  nach 
Koeberle-Pean. 


—     80     — 

der    grosse    Einschnitt    ebenso    gut    und    schnell    ohne    Eiterung 
als   ein  kleiner, 

Fig.  136. 


Arterien  des  Kopfes,  Halses  und  der  Achselgegend. 


Im  Uebrigen  ist  das  Verfahren  hier  ganz  dasselbe,  wie  es 
bei  der  secundären  Antiseptik  geschildert  ist  (Bd.  I,  S.  66).  Nach 
ausgiebiger  Spaltung  der  Haut  dringt  man  mit  dem  linken  Zeige- 
finger in  die  Tiefe  der  Wunde  ein,  spaltet  auf  demselben  mit  dem 
Knopfmesser    die  tieferen   Schichten,    das  Zellgewebe,    die  Fascien 


—     81     — 

und  iluskeln  ebenso  ausgiebig  und  lässt  mit  grossen  scharfen   oder 
stumpfen  Haken  die  gespaltenen  Tbeile  auseinanderzielien. 

Darauf    räumt    man    mit    den     Fingern,     mit    Tujjfern     und 
SciiAvämmen    rasch,    und    energisch    das  Blutgerinnsel,    welches    die 

Fig.  137. 


Arterien  des  Oberschenkels. 

Esmarch-Kowalzig,  Technik,     i.  Aufl. 


]2   — 


ganze  "Wundhöhle  ausfüllt  (das  sogenannte  Aneurysma  traumaticum 
diffusum)  aus  und  findet  dann  meistens  in  der  Tiefe  der  Wunde 
das  verletzte  Gefäss  oder  wenigstens  einen  blutig  infiltrirten  Strang, 
in   welchem   Arterie,    Venen    und  Nei-ven    zusammenliegen.     Dann. 


Fig.  138. 


Vorderseite 


Arterien  des  Armes. 


Arterien  des  Unterschenkels. 


—     83     — 

muss  man  durch  vorsichtiges  Präpariren  diese  einzelnen  Theile 
von  einander  zu  trennen  suchen. 

Durch  Anwendung  der  künstlichen  Blutleere  wird  das 
Auffinden  der  verletzten  Gefässe  wesentlich  erleichtert.  Wenn 
aber  die  Venenstämme  ganz  blutleer  und  zusammengefallen  sind, 
so  kann  es  schwer  sein,  sie  von  Zellgewebssträngen  zu  unter- 
scheiden. Deshalb  ist  es  rathsam,  unterhalb  der  Wunde  ein 
Blutreservoir  anzulegen,  indem  man  z.  B.  vor  elastischer 
Einwickelung  des  verletzten  Armes  eine  Schnürbinde  um  das  Hand- 
gelenk legt.  Löst  man  dann  später  diese  Binde  und  erhebt  den 
Arm,  so  füllt  das  in  der  Hand  eingesperrt  gewesene  Blut  die 
Venen  und  dringt,  falls  eine  derselben  verletzt  ist,  aus  der  ver- 
letzten Stelle  hervor. 

Wenn  die  verletzte  Stelle  der  Arterie  oder  Vene  gefunden 
und  soweit  freigelegt  ist,  dass  die  ganze  Ausdehnung  der  Ver- 
letzung übersehen  werden  kann,  muss  das  Gefäss  isolirt  und  ober- 
halb und  unterhalb  der  Stelle  im  Gesunden  mit  Catgut  oder  Seide 
fest  und  sicher  unterbunden  werden  (Schifferknoten !).  Darauf 
durchschneidet  man,  falls  die  Continuität  des  Gefässes  nicht 
schon  durch  die  Verletzung  aufgehoben  ist,  dasselbe  in  der  ICitte 
zwischen  beiden  Ligaturen  und  überzeugt  sich,  dass  nicht  etwa 
zwischen  den  beiden  Ligaturstellen  noch  Aeste  von  dem  Gefäss 
in  die  Tiefe  oder  nach  den  Seiten  hin  abgehen.  Findet  mau  solche 
abgehende  Aeste,  so  müssen  auch  diese  gut  isolirt,  unterbunden 
und  von  dem  Gefässstamme  abgetrennt  werden.  Um  ganz  sicher 
zu  gehen,  kann  man  das  zwischen  den  beiden  Ligaturen  liegende 
verletzte  Stück  des   Gefässes  herausschneiden. 

Nun  löst  man  den  Schnürschlauch  (Binde)  und  unterbindet 
sorgfältig  alle  Gefässe,  aus  denen  noch  Blut  hervordringt,  wobei 
man  das  Glied  emporheben  lässt,  um  die  parenchymatöse  Blutung 
zu  beschränken. 


—     84     — 

Die  Unterbindung  der  Arterien  am  Orte  der  Wahl 

(indirecte  Unterbindung  nach  Hunter). 

Die  Ligatur  des  Arterienstammes  oberhalb  der  "Wunde  wird 
in  jetziger  Zeit  kaum  noch  angewendet,  um  Blutungen  zu 
stillen,  ist  aber  zur  TJebung  der  Technik  und  zur  Prüfung  der 
Kenntnisse  in  der  toi^ographischen  Anatomie  sehr  zu  empfehlen. 
Dagegen  wird  die  Arterienligatur  mehrfach  ausgeführt,  um  die 
Blutzufuhr  zu  gewissen  Körpertheilen  dauernd  zu  verhindern  bei 
grossen  blutigen  Operationen  oder  um  krankhafte  Zustände  zu 
heilen.  So  unterbindet  man  die  Carotis  bei  der  Oberkieferresection, 
die  Lingualis  bei  Zungenoperationen,  die  Thyreoideae  bei  Struma 
vasculosa ,  die  Subclavia  bei  Oberarmexarticulation ,  die  Iliaca 
communis  bei  Oberschenkelexarticulation ,  die  Hypogastrica  bei 
Beckentumoren  und  Prostatahypertrophie. 

Folgende  Regeln  gelten  für  das  Aufsuchen  und  die  Unter- 
bindung der  Hauptarterienstämme : 

1.  Der  Arzt  muss  vor  Beginn  der  Operation  sich  die 
anatomischen  Verhältnisse  der  TJnterbindungsstelle  ganz  genau  ins 
Gedächtniss  zurückrufen.  Darnach  wird  die  Richtung  und  die 
Länge  des  Hautschnittes  bestimmt.  Nützlich  ist  es,  denselben 
durch  einen  Strich  vorzuzeichnen. 

2.  Der  Körpertheil  wird  in  die  für  die  Operation  vortheil- 
hafteste  Lage  und  in  das  beste  Licht  gebracht. 

3.  Wenn  die  Operation  an  einer  Extremität  stattfindet,  so 
ist  es  vortheilhaft,  diese  vorher  blutleer  zu  machen,  mit  der 
Aenderung,  welche  oben  bei  der  directen  Unterbindung  angegeben 
wurde.  Sobald  es  darauf  ankommt,  das  Pulsiren  der  Arterie  zu 
fühlen,  löst  man  die  obere  Schnüi'biude. 

4.  Der  Hautschnitt  wird  gemacht  entweder  aus  freier 
Hand,  indem  die  Pinger  der  linken  Hand  die  umgebende  Haut 
gut  spannen  und  das  Messer  überall  die  ganze  Dicke  der  Haut 
durchdringt  (Fig.  19),  oder ,  wenn  '  die  Arterie  oder  andere 
wichtige  Theile  unmittelbar  unter  der  Haut  liegen,  durch  Erhebung 
einer  queren  Haut  falte,  welche  mit  einem  Messerzuge  durch- 
schnitten wird  (Fig.   22). 

5.  Um  mit  Vorsicht  in  die  Tiefe  zu  dringen,  erfassen  Operateur 
und  Assistent  mit  zwei  guten  Pinzetten  die  oberste  Zellgewebsschicht 


JO       — 


zu  beiden  Seiten  der  Schnittachse  und  heben  das  Zellgewebe 
gleichzeitig  empor,  so  dass  die  Luft  in  dessen  Haschen  eindringt 
(Emphysem)      Ein  Messerzug  trennt  das   auf-  Fig.  141. 

gehobene  Zellgewebe  (Fig.   141). 

Sofort  lassen  beide  Pinzetten  los,  fassen 
bald  oberhalb,  bald  unterhalb  des  so  ent- 
standenen Schlitzes  aufs  Neue  die  Zellgewebs- 
schicht  und  heben  sie  dem  Messer  entgegen, 
welches  die  Fasern  trennt,  bis  die  Schicht 
von     einem    "Wundwinkel     bis     zum     anderen 

durchschnitten  ist.      Dies  Verfahren  wird  mit    Trennung   des  Zellgewebes 

^  zwiscn6n  zwci  rinzcxicris 

den  folgenden  Schichten  so  lange  wiederholt, 

bis    man    auf   die  Arterienscheide  gelangt.      Was   an  Venen, 

kleinen  Arterien,  Nerven  und  Muskeln    in  den  Weg  kommt,   wird 

gelöst  und   durch  stumpfe  Haken  zur  Seite  gezogen. 

6.  Sobald  die  Ärterienscheide  freigelegt  ist,  fasst  man  mit 
der  Pinzette  auf  die  Mitte  der  Arterienwand,  hebt  von  ihr  die 
Zellscheide  in  einem  kleinen  Kegel  ab,  senkt  den  Griff  des  Messers 
so    weit    seitwärts    nach    aussen,    dass   die  Seitenfläche  der  Klinge 


Fig.  142. 


Eröffnung  der  Arterienscheide. 


sich  gegen  die  Arterie  wendet,  die  Spitze  aber  in  einem  rechten 
"Winkel  zur  Spitze  der  Pinzette  und  unter  ihr  in  den  gefassten 
Kegel  eindringt  (Fig.   142). 


—     86     — 

THn  kleiner  Schnitt  öfeiet  die  Scheide  und 
indem  die  Pinzette  den  so  entstehenden  drei- 
eckigen ^pfel  hebt,  trennt  die  Messerspitze  vor- 
sichtig die  Arterienseheide  von  der  Arterien- 
wand ab. 

7.  Bei  grösseren  Arterien  wird  dieses  Ver- 
ehren in  der  Weise  fortgesetzt,  dass  der  Arzt, 
während  seine  Pinzette  den  Zipfel  nocli  festhält, 
mit  der  rechten  Sand  eine  zweite  Pinzette  ge- 
schlo^en  in  das  Loch  an  der  Basis  des  Zipfels 
zwischen  Arterie  nnd  Zellscheide  einfuhrt,  hier 
die  Innenwand  der  Zellscheide  fasst  und  sie  her- 
vorzieht. Dadurch  wird  die  Arterie  sanft  um 
ihre  Ase  gerollt,  nnd  es  kommen  die  Zellgewebs- 


rie.  144. 


Piff.  143. 


Pie-  145. 


Eäifibmg  der  Kneptsondc. 


Einführung  der  Aneurjsmanadel. 


fesern,  dnrch  welche  die  Scheide  an  die  seitliche 
und  hintere  Wand  der  Arterie  angeheftet  ist.  zum 
Vorschein  nnd  werden  auf  dieselbe  Torsiclitige 
Weise  und  nur  in  der  Breite  der  zuerst  ge- 
machten Oe£&HiDg  abgelöst.  Wird  die  Arterien- 
Echeide  za  weit  abgelöst,  so  kann  die  Arterie 
nekrotisch  werden  und  dann  erfolgen  Nach- 
blutungen ans  der  UnterbindungssteUe. 

Bei  deo  grössten  Arterien  muss  das  Yer- 
fahreUj  wenn  die  eine  Hälfte  des  Umfanges  gelöst 
ist.  such,  auf  der  anderen  Seite  wiederholt  werden. 

8.  Sobald  die  Arterie  ringsum  gelöst  ist,  wird 
eine  gekrümmte  'Knopfsonde  (oder  ein 
Schielhaken)  Torsichiig  und   immer   von    der 


Aneurysmanadel 
Syme. 


—     87     — 

Seite  her,  an  welcher  die  Haupt vene  liegt,  um  das 
Gefäss  herumgeführt,  während  eine  Pinzette  den  Schnittrand  der 
Zellscheide  ausspannt  (Fig.    143). 

9.  Mittelst  der  Sonde  wird  die  Arterie  so  weit  emporgehoben, 
dass  eine  schmale,  au  der  Spitze  geöhrte  Alieurysmanadel  (nach 
C  0  0  p  e  r  oder  S  y  m  e ,  Fig.  144}  in  entgegengesetzter  Richtung 
unter  derselben  durchgeführt  werden  kann  (Fig.    145). 

10.  Die  Sonde  wird  entfernt,  durch  das  Oehr  der  Nadel  ein 
starker  Catgutfaden  geschoben  und  die  Nadel  zurückgezogen; 
die  Mitte  des  Fadens  bleibt  unter  der  Arterie  liegen. 

11.  Der  Faden  wird  um  die  Arterie  zusammengeknotet  mit 
einem  Schifferknoten  (s.  Fig.  50)  [nicht  mit  einem  Weiberknoten 
(s.  Fig.  151)]  und  ohne  die  Arterie  zu  zerren;  die  Knoten 
müssen  mit  den  Spitzen  beider  Zeigefinger  in  der  Tiefe  der  Wunde 
zusammengezogen  werden  (Fig.    146). 

Fig.  146. 


Knotung  der  Ligatur. 

12.  Es  ist  zu  rathen,  die  Arterie  doppelt  zu  unter- 
binden und  zwischen  beiden  Ligaturen  das  Gefäss  zu  durch- 
schneiden, damit  beide  Enden  sich  in  die  Zellgewebsscheide 
zurückziehen  können. 

Die  Unterbindung  der  einzelnen  Arterienstämme. 
Arteria  carotis. 

Die  Carotis  communis  verläuft  vom  Sternoclaviculargelenk 
hinter  dem  Kopfnicker  senkrecht  aufwärts  und  wird  gegenüber  dem 
unteren  Rande  des  Ringknorpels  vom  M.  omohyoideus  in  der  Höhe  des 
6.  Halswirbels  (tuberculum  caroticum,  Chassaignac)  gekreuzt.  Unter- 


—     88     — 

halb  des  M.  omohyoideus  liegt  sie  hinter  Platysma,  Fascie,  M. 
sternomastoideus,  sternohyoideus,  sternothyreoideus  ^und  Vena  jugularis 
anterior,  vor  Art.  thyreoidea  inferior  und  Nervus  laryngeus  recurrens. 
Oberhalb  des  M.  omohyoideus  liegt  sie  nur  hinter  Platysma,  Halsfascie 
und  innerem  Kopfnickerrande.  —  Die  kräftige  Arterienscheide 
enthält :  medianwärts  die  Carotis,  lateralwärts  die  Vena  jugularis  interna 
und  zwischen  beiden  hinten  den  Nervus  vagus;  auf  ihr  verläuft  dei* 
Eamus  descendens  n.  hypoglossi,  dicht  hinter  ihr  der  Symphaticus.  In 
der  Höhe  des  3.  Halswirbels  gegenüber  dem  oberen  Schildknorpelrande 
theilt  sich  die  Carotis  communis  in  Carotis  externa  und  interna. 

Die  Carotis  externa,  an  ihrem  Ursprünge  aus  der  Carotis  communis 
in  der  Höhe  des  oberen  Schildknorpelrandes  nur  von  Haut,  Platysma,  Hals- 
fascie, Kopfnicker  und  Vena  facialis  bedeckt,  steigt  leicht  gewunden  bis 
zur  Höhe  des  coUum  mandibulae  empor  und  wird  in  ihrem  Verlaufe 
gekreuzt  in  der  Höhe  des  Zungenbeins  vom  M.  biventer  und  N.  hypogiossus, 
weiter  oben  vom  M.  stylohyoideus.  Auf  ihrem  äusseren  Rande  verläuft 
der  Ramus  descendens  nervi  hypoglossi,  an  ihrer  Hinterfläche  kreuzt  sie 
der  N.  laryngeus  sup.,  ein  Ast  der  Art.  lingualis  und  der  N.  glosso- 
pharyngeus  oberhalb  des  M.  biventer.  Sie  wird  am  leichtesten  zwischen 
dem  Abgang  der  Art.  thyreidea  sup.  und  Art.  lingualis  unterbunden. 
Die  Carotis  interna  verläuft  von  der  Gabelung  der  Carotis 
communis  als  deren  Fortsetzung  zum  Canalis  caroticus  des  Felsenbeins 
und  liegt  etwas  nach  hinten  und  aussen  von  der  Carotis  externa. 


Fig.  147. 


Fig.  148. 


Unterbindung  der  Carotis  communis. 
Hautsclinitte. 

Cc  =  Carotis  communis,  Ce  =  Carotis  externa, 
L  ==  Lingualis,  S  =  Subclavia. 


Wunde. 


—     89     — 


Unterbindung  der  Carotis  communis 

a)  in  der  Höhe  des  Ligam.  cricothyreoideum  (Fig.   148). 

1 .  Der  Kopf  wird  hinten  über  gebeugt,  unter  die 
Schultern    ein  Kissen  gelegt. 

2.  Hautschnitt,  6  cm  lang,  am  inneren  Rande  des 
Kopfnickers  entlang,  in  der  Höhe  des  oberen  Randes 
des    Schildknorpels  beginnend  (Fig.    147  Co). 

3.  Spaltung  des  Platysma  und  des  Zellgewebes  (mit 
Vermeidung  der  oberflächlichen  Venen). 

4.  Der  M.  sternocleidomastoideus  (st)  wird  nach  aussen,  der 
Omohyoideus   (o)  wird  nach  unten  gezogen. 

5.  Der  ramus  descendens  nervi  hypoglossi  (Ä),  der 
auf  der  Arterie  abwärts  läuft,  wird  nach  aussen  gezogen. 

6.  Eröffnung  der  gemeinschaftlichen  Zellscheide  auf 
der  Mitte  der  Arterie.  Dieselbe  (c)  liegt  innen,  die 
Vena  jugularis  interna  (j)  nach  aussen  und  etwas  oberflächlicher, 
der  nervus    vagus   (u)   zwischen  beiden  in  der  Tiefe. 

7.  Die  Nadel  ist  von  aussen  her  herumzuführen. 


b)  zwisclien    beiden 


1.  Hautschnitt, 
6  cm  lang,  zwischen  beiden 
Köpfen  des  Kopfnickers  ab- 
wärts bis  auf  das  Schlüssel- 
bein, 2  cm  nach  aussen  vom 
Sternalgelenk  (Fig.    147). 

2.  Spaltung  des 
Platysma;  der  Schlitz 
zwischen  Sternal-  und  Cla- 
vicularportion  des  Kopf- 
nickers wird  mit  den 
Fingern  auseinander  ge- 
drängt, bis  die  Vena  jugu- 
laris interna  (Fig.  149  j) 
sichtbar  wird. 

3.  Die  Vene  wird 
mit  der  Clavicular- 
p  0  r  t  i  0  n  (cZ)  durch  den 
Finger    eines    Assistenten 


Köpfen 
(Fig 


des  M.  sternocleidomastoideus 
149). 

Fig.  149. 

\ 


Unterbindung  der  Carotis  communis  zwischen  beiden 
Kopfnicl<eransätzen. 


—     90     — 

vorsichtig  nach  aussen,   die  Sternalp  ortion  (sf)  sammt  den 
Mm.  sternohyoid.   und   sternothyreoid,  nach  innen  gezogen. 

4.  An  der  Innenseite  der  Yene  erscheint  der  n  e  r  v  u  s 
V  a  g  u  s  (u) ,  etwas  weiter  nach  innen  und  tiefer  liegt  die 
Arterie  (c). 

Unterbindung  der  Carotis  externa. 

1.  Lagerung,   wie  oben. 

2.  Hautschnitt,  6 — 7  cm  lang,  am  inneren  Kopfnicker- 
rande von  der  Höhe  des  Schildknorpels  gegen  den  Unterkiefer- 
winkel (Fig.   147  Cc}. 

3.  Trennung  des  Platysma  und  der  Fascia  super- 
ficialis. 

4.  Der  M.  biventer  und  N.  hypoglossus  werden  im 
oberen  Wundwinkel  nach  oben,  Vena  thyreoidea  super  ior 
und  facialis  im  unteren  TMukel  nach  unten,  Carotis  interna 
und  Vena   j  u  g  u  1  a  r  i  s    nach    aussen    gezogen. 

5.  Nach  Freilegung  der  Arterie  wird  der  Arterienhaken  von 
aussen  nach  innen  herumgeführt  unter  sorgfältiger  Schonung  des 
N.   1  a  r  y  n  g  e  u  s    s  u  j)  e  r  i  o  r. 

Unterbindung  der  Carotis  interna. 

1.  Hautschnitt,  6  cm  lang,  parallel  dem  Kopfnickerrande 
(etwas  nach  aussen  von  dem  vorigen  Schnitt). 

2.  Nach  Durchtrennung  der  einzelnen  Schichten  wird  die 
Carotis  externa  freigelegt  und  nach  innen,  der  M.  biventer 
nach  oben  gezogen. 

3.  Eröffnung  der  Scheide  über  der  nun  vorliegenden 
Carotis  interna.  Der  Arterienhaken  wird  von  aussen  nach  innen 
vorsichtig  herumgeführt,  da  Vena  jugularis  interna,'  N.  vagus, 
Sympathicus,    A.   pharyngea  ascendens   dem  Gefäss   dicht  anliegen. 

Arteria  üngualis. 

Die  Arteria  lingualis,  als  zweiter  Ast  aus  der  Carotis  externa 
(2  cm  oberhalb  ihrer  Gabelung)  in  der  Höhe  des  grossen  Zungenbein- 
hornes  entspringend,  steigt  gekreuzt  vom  M.  biventer  und  stylohj'oideus 
etwas  aufwärts,  zieht  quer  auf  dem  M.  mylohyoideus  unter  den  hinteren 
Rand  des  M.  hyoglossus,  hinter  dem  sie  parallel  dem  über  ihr  und  auf 
dem  31.  hyoglossus  verlaufenden  N.  hypoglossus  am  oberen  Rande  des 
grossen  Zunorenbeinbornes  entlang  zieht,  um  nach  aufwärts  gehend  sich 
im  unteren  Theil  der  Zunge  (A.  ranina)  zu  verzweigen. 


91 


Unterbindung  der  Arteria  lingualis. 

1.  Hauts  chnitt ,   4  cm  am  oberen  Rande  des    grossen 
Hornes   des  Zungenbeins  entlang  (Fig.    150}. 

2.  Spaltung  des  Platysma;  die  vena  facialis  posterior 
wird  nach  aussen  gezogen. 


'Fig.  150. 


Fig.  151. 


Hautschnitt. 


Unterbindung  der  Art.  lingualis 


Wunde. 


3.  Preilegung  des  äusseren  Bauches  des  M.  digastricus 
(Fig.  151  d),  hinter  und  unter  welchem  der  nervus  hypo- 
g  1 0  s  s  u  s  (Äp)  erscheint ;  die  gland.  submaxillaris  (gl)  wird  nach 
oben  gezogen. 

4.  Der  N.  hypoglossus  läuft  vor  dem  M.  hyoglossus 
(Jig)  herüber,  begleitet  von  der  vena  lingualis;  unterhalb  des 
Nerven  tritt  die  Arteria  lingualis  (a)  hinter  den  M.  hyo- 
glossus. 

5.  Zwischen  N.  hypoglossus  und  grossem  Hörn  des 
Zungenbeins  (^oJi)  werden  die  Fasern  des  M.  hyoglossus 
vorsichtig  gespalten;  unmittelbar  dahinter  liegt  die  A r t e r i a 
lingualis,   begleitet  von  einer  Yens. 

Auch  im  Trigonum  linguale,  zwischen  äusserem  Bauch 
des  M.  digastricus  und  seitlichem  Rand  des  M.  mylohyoideus  (?nA) 
kann  die  Arterie  nach  Spaltung  des  M.  hyoglossus  unterbunden 
werden  (Hu  et  er). 


—     92     — 

Die  Arteria  maxillariS  externa  findet  man  am  unteren  Eande 
des  Unterkiefers  dicht  am  vorderen  Rande  des  Masseters 
unter  der  Haut  liegend. 

Die  Arteria  temporalls  wird  auf  dem  Jochbogen  zwischen 
Tragus  und  TJnterkieferköpfchen  durch  einen  2  cm  langen  senk- 
rechten Schnitt  freigelegt. 

Die  Arteria  OCCipitalis  trifft  man  in  einer  Linie  zwischen  dem 
hinteren  Eande  des  Warzenfortsatzes  und  der  Protuberantia 
occipitalis  externa. 

Arteria  subclavia. 

Die  Arteria  subclavia,  links  aus  dem  Arcus  aortae,  rechts  aus 
dem  Truncus  anonymus  entspringend,  verläuft  bogenförmig  hinter  dem 
Schlüsselbein  zwischen  M.  scalenus  anticus  und  medius  schräg  hindurch- 
tretend über  die  erste  Rippe  hinweg  zur  Achselhöhle.  Die  Mm.  scaleni 
med.  und  post.  liegen  hinter  und  über  der  Arterie.  Unterhalb  vor  ihr 
und  vor  dem  M.  scalenus  anticus  verläuft  die  Vena  subclavia  (s.  a.  Fig.  152). 

Fig.  152. 


Unterbindung  der  Art.  subclavia  in  der  fossa  supraclavicularis. 

Unterbindung  der  Arteria  subclavia 

a)  in  der  fossa  supraclavicularis. 

1.  Der  Arm  wird  abwärts,  der  Kopf  nach  der  gesunden 
Seite  gezogen,   unter  den  Rücken  ein  Kissen  gelegt. 

2.  Haut  schnitt,  6 — 8  cm  lang,  bogenförmig,  vom  äusseren 
Rand  des  Kopfnickers  zum  äusseren  Dritttheil  des  Schlüsselbeins, 
schräg  über  die  fossa  supraclavicularis   (Fig.   147,    152). 

3.  Das  Platysma  wird  durchschnitten,  der  Rand  des 
Kopfnickers  (st)  freigelegt;  die  vena  jugularis  externa  Q) 
darf  nicht  verletzt  werden ! 


—     93 


4.  Spaltung  des  oberflächlichen  Blattes  der  fascia  colli 
und  des   FettzellgeAvebes  in  der  fossa  supraclavicularis. 

5.  Der  Omohyoideus  (o)  wird  losgelöst  und  nach  oben  ge- 
zogen. 

6.  Durch  Fett  und  Zellgewebe  (mit  Venen!)  zum 
M.  scalenus  (^c),  dessen  Sehne  neben  dem  tuberculum  der  ersten 
Rippe  fühlbar  ist. 

7.  Es  erscheint  der  innere  Hand  des  plexus  br  achialis 
(^pT),  welcher  nach  oben  und  aussen  gezogen  wird. 

8.  Zwischen  M.  scalenus  und  plexus  brachialis,  aber  etwas 
tiefer,  als  letzterer,  liegt  die  Arterie ;  sie  wird  sichtbar  nach 
Spaltung  des  tiefen  Blattes   der  fascia  colli. 

9.  Die  Vena  subclavia  (f.  s)  liegt  vor  und  unterhalb 
der  Sehne  des  M.  scalenus  und  dicht  hinter  dem  Schlüsselbein. 

Zu  vermeiden  ist  die  Verletzung  der  vena  jugularis  externa 
(am  äusseren  Rande  des  Kopfnickers),  der  Art.  transversa  scapulae 
(nahe  der  Clavicula),  der  Art.  transversa  colli  (auf  dem  plex. 
brachialis),   des  n.  phrenicus  (p)  (der  auf  dem  scalenus  herabläuft). 


Fig.  153. 


Fig.  154. 


Unterbindung  der  Art.  subclavia  in  der  fossa  infraclavicularis. 
Hautschnitte. 


94     — 


b)  in  der  fossa  infraelavieularis. 

1.  Die  Schulter  wii'd  aufwärts   gedrängt. 

2.  Hautschnitt,  6 — 8  cm  lang,  vom  processus  cora- 
coideus  beginnend,  parallel  mit  der  äusseren  Hälfte  der 
Clavicula  (Fig.  152),  legt  die  dreieckige  Furche  zwischen 
M.  deltoideus  und  M.  pectoralis  (trigonum  Mohrenheimü)  frei,  durch 
welche  die  vena  cephalica  zur  veua  subclavia  tritt. 

3.  Die  vena  cephalica  (ce)  wird  mit  dem  Eande  des  M. 
deltoideus  {cV)  nach  aussen,  der  Rand  des  M.  pectoralis 
major  (^pmj^  (den  man  im  Nothfall  vom  Schlüsselbein  etwas  ab- 
trennt) nach  innen  gezogen. 

4.  Nach  Spaltung  des  Fettzellgewebes  erscheint  in 
der  Tiefe  die  fascia  coraco-clavicularis,  welche  vorsichtig 
getrennt  wird.  Die  Arteria  thoracica  externa  muss  meistens 
unterbunden  werden. 

5.  Man  sieht  den  M.  pectoralis  minor  (^pmi),  dessen 
innerer  (oberer)  Rand  mit  dem  M.  subclavius  einen  nach  innen 
zu  offenen  Winkel  bildet.  In  diesem  Winkel  liegt  die  Arterie  (^as^ 
tief  zwischen  dem  plexus  b  r  achial  is  (pZ)  und  der  vena  sub- 
clavia (i"'?),   die  Vene  nach  innen,   der  Nerv  nach  aussen. 


Fig.  155. 


dieses  bei  Stichverletzungen  der  Arterie 
von  grossem  Nutzen  (Rotter). 


Im  Nothfalle  kann 
der  M.  pectoralis  minor 
vom  Processus  coracoi- 

^  deus  abgelöst  und  die 
Az'terie  weiter  nach  der 
Achselhöhle  zu  unter- 
bunden werden.  Auch 
durch  die  temporäre 
Resection  der  Cla- 
vicula und  Auseinan- 
derziehen des  durch- 
sägten Knochens  kann 
man  sich  in  schwierigen 
Fällen  die  Operation  er- 
leichtern und  das  Ope- 
rationsfeld vergrössern 
(Fig.  155,  V.  Langen- 
beck).    Namentlich  ist 

hinter  dem  Schlüsselbein 


—     95     — 
Arteria  Tertel)ralis. 

Die  Arteria  vertebralis,  aus  dem  oberen  vind  hinteren  Umfang 
der  Subclavia  gegenüber  der  Art.  mammaria  externa  entspringend,  verläuft 
in  dem  Spalt  zwischen  innerem  Rand  des  IE.  scalenus  anticus  und  ^.  longus 
colli  aufwärts,  um  in  die  Oeffnung  des  Canalis  intertrans versarlus 
im  Processus  transversus  des  6.  Halswirbels  einzutreten;  dicht  hinter 
ihr  liegt  vor  ihrem  Eintritt  der  Sympathicus  und  der  Querfortsatz  des 
T.Halswirbels  (tuberculum  caroticum).  Vor  ihr  verlaufen  Yena  jugularis 
interna,  vertebralis  und  Art.  thj-reoidea  inferior. 

Unterbindung  der  Arteria  vertebralis. 

Der  Körper  liegt  mit  erhöhtem  Brustkorb,  der  Kopf  nach 
der  entgegengesetzten  Seite  gewendet,   der  Arm  nach  unten  gezogen. 

1.  Hautschnitt  5  cm  lang,  vom  Schlüsselbein  aufwärts 
am  hinteren  Kopfnickerrande. 

2.  Xach  Spaltung  der  Fascie  (Yena  jugularis  externa!)  wird 
der  Kopfnicker  und  die  Gefässscheide  der  Carotis  nach  innen, 
die  Yena  jugularis   externa  nach  aussen  gezogen. 

3.  Man  sucht  am  AI.  scalenus  anticus  aufwärts  tastend 
das  Tuberculum  caroticum  und  di'ingt  unterhalb  desselben 
in  den  Zwischenraum  zwischen  Scalenus  anticus  und  II.  longus  colli. 

4.  Die  Arterie  liegt  hier  hinter  der  Yena  vertebralis, 
welche  zur  Seite  gezogen  wird;  die  Xadel  wird  von  aussen  nach, 
innen  herumgeführt. 


Fig.  156. 


Hautschnitte  für  die  Arterienunterbindung  am  Arme. 


Arteria  axillaris. 

Die  Art.  axillaris  liegt  dem  obersten  Theil  des  Brustkastens 
seitlich  an  und  zieht  von  da  schräg  durch  die  Achselhöhle,  deren  vordere 
Falte  den  !SI.  pectoralis  m.ajor,  deren  hintere  den  il.  latissimus  dorsi  und 
Teres  maior  enthält.     In  der  Achselhöhle  liest  die  Arterie  am  unteren 


96      - 


medialen  Rande  des  M.  coracobraehialis  unter  der  Haut  und  Achselfascie, 
z.  Th.  bedeckt  von  dem  sie  gabelartig  umscbliessenden  N.  medianus. 
lledian-wärts  liegt  vor  ihr  der  N.  cutaneus  medius,  unter  ihr  der  N.  ulnaris ; 
medianwärts  von  diesen  verläuft  ganz  oberflächlich  die  grosse  Vena  axillaris. 

Fig.  157. 


%.-^ 


Topographie  der  Achseigrube. 

Unterbindung  der  Arteria  axillaris. 

1.  Hautsclinitt,    5  cm    lang,    bei   hocli    erhobenem    Arm, 
am  inneren  Hände  des  m.  coracobraehialis    entlang,    beginnt 
Fig.  158.  Fig.  159. 


-5^ 


Unterbindung  der  Art.  axillaris. 


—     97 


dort,   wo   sich  dieser  lluskel  mit   dem  Rande   des   m.   pectoralis 
major  stumpfwinklig  kreuzt  (Fig.    156,    158). 

2.  Nach  Spaltung  der  Fascie  erscheint  ein  Xervenbündel. 
welches  die  Arterie   einschliesst  (Fig.   159}. 

Die  vena  axillaris  (r)  liegt  am  hinteren  Eande  des 
plexus  und  etwas  oberflächlicher. 

3,  llan  spaltet  die  Xervenbündelscheide,  zieht  die 
vorderen  Stränge  (X.  medianus  und  cutaneus  medius)  nach  vorne, 
die  hinteren  (X.  ulnaris  und  radialis)  nach  hinten  und  öffnet  die 
Axterienscheide. 

In  der  llitte  der  Achselgrube  gehen  von  der  Art.  subclavia 
die  Arteriae  subscapularis  (.?.sj  und  circumflexa  humeri  (c/^)  nach 
hinten   ab. 

Arteria  bracMalis. 

Die  Arteria  brachialis  liegt  von  zwei  Venen  begleitet  an  der 
Innenseite  des  Oberarms  am  Innenrande  des  M.  biceps  hinter  dem  X. 
medianus  und  X.  cutaneus  medius.  Median- 
wärts  von  ihr  liegt  der  X.  ulnaris.  In  der 
Ellbogenbeuge  tritt  sie  auf  dem  M.  brachialis 
internus  unter  den  Lacertus  fibrosus.  Die  Sehne 
des  Biceps  liegt  an  ihrer  äusseren,  der  X.  media- 
^i    -rrir     nus  an  ihrer  inneren  Seite. 


Fig.  161. 


Fig.  160. 


Unterbindung  der  Art.  brachialis. 


Topographie  der  Arterien  des 
Vorderarms. 
Esmarch-Kowalzig,  Technik.     4.  Aufl. 


—     98     — 

Unterbindung  der  Arteria  brachialis 

a)  in  der  Mitte  des  Oberarmes. 

1.  Hautschnitt,  4  cm  lang,  am  inneren  Rande  des 
M.   biceps  (Fig.    156,    161). 

2.  Der  biceps  (6}  wird  mit  stumpfen  Haken  nach  aussen 
gezogen.  Es  erscheint  der  N.  medianus  (m),  welcher  unmittel- 
bar auf  der  Arterie  liegt. 

3.  Der  N.  medianus  wird  gelöst,  mit  einem  Schielhaken 
nach  aussen  gezogen,  die  Scheide  der  Arterie  geöffnet;  sie  liegt 
zwischen  zwei  Venen  (v.  brachiales). 

Bisweilen  theiit  sich  die  Art.  brachialis  schon  im  oberen 
Dritttheil  des  Oberarmes  in  die  ulnaris  und  radialis ;  letztere  verläuft 
dann  gewöhnlich  mehr  oberflächlich  und  lateralwärts  (auf  dem 
biceps)  und  erstere  erscheint  dann  auffallend  dünn. 


Unterbindung  der 
Art.  anconea. 


b)  in  der  Ellbogenbeuge  (Art.  aneonea). 

1.  Hautschnitt,  3  cm  lang,  5  mm  ein- 
wärts vom  inneren  E,ande  des  tendo  bicipitis  (Fig. 
156,  162).  Vorsichtig,  damit  nicht  die  vena  mediana 
(f)  verletzt  werde.     Sie  wird  nach  unten  gezogen. 

2.  Spaltung  der  Aponeurose  des  biceps 
(a).  Unmittelbar  darunter  liegt  die  Arterie  auf 
dem   M.   brachialis    internus    zwischen    zwei  Venen. 

Der  N.  medianus  (in)  liegt  einige  Millimeter 
weiter  nach  innen  und  tritt  unter  den  M.  pro- 
nator  teres. 

Arteria  radialis  und  ulnaris. 

Die  Art.  brachialis  theiit  sich  gegenüber  dem  Halse  des  Radius  in 
der  Ellbogenbeuge  in  die  A.  radialis  und  ulnaris. 

Die  A.  radialis  verläuft  von  hier  fast  gerade  zum  Processus 
styloideus  radii  und  liegt  in  ihrer  oberen  Hälfte  in  der  Tiefe  zwischen 
M.  supinator  lougus  und  prouator  teres,  in  der  unteren  Hälfte  dicht 
unter  der  Fascie.  Sie  ist  beiderseits  von  Venae  comites  begleitet;  der 
N.  radialis  verläuft  nur  in  der  Mitte  des  Armes  mit  ihr. 

Die  A.  ulnaris  Hegt  in  ihrer  oberen  Hälfte  unter  den  oberfläch- 
lichen Flexoren,  Pronator  teres,  Flexor  carpi  radialis,  Palmaris  longus, 
Flexor  sublimis,  in  der  JÜIitte  des  Armes  unter  dem  Flexor  carpi  ulnaris; 
dicht  über  dem  Handgelenk  zwischen  Flexor  carpi  ulnaris  und  flexor 
sublimis  auf  dem  flexor  profundus  dicht  unter  der  Fascie,  au  der  ulnaren 
Seite  vom  N.  ulnaris  begieitet. 


—     99     — 


Fig.  163. 


Fig.  166. 


Fig.  165. 


Fig.  167. 


Arteiia  radialis. 


Arteria  ulnaris. 


Unterbindung  der  Arterien  am  Vorderarm. 


Unterbindung  der  Arteria  radialis 
a)  im  oberen  Dritttheil  des  Vorderarmes. 

1.  Hautsclinitt,  3  cm  unterhalb  der  Armbeuge  beginnend, 
verläuft  4  cm  lang  auf  einer  Linie,  welche  das  radiale  Dritttheil 
der  Volarfläche  des  supinirten  Vorderarmes  von  dem  mittleren 
Dritttheil  trennt  (Fig.    163  a). 

2.  Nach  Spaltung  der  fascia  antibrachii  wird  der 
Zwischenraum  zwischen  den  Bäuchen  des  M.  supinator  longus  (s) 
und  flexor  carpi  radialis  (/)  aufgesucht  und  mit  der  Spitze  des 
Zeigefingers  erweitert  (Fig.   164). 

3.  In  der  Tiefe  liegt  die  Arterie,  begleitet  von  zwei  Venen; 
an  ihrer  Radialseite  der  ramus   superficialis  des  nervus  radialis  (r). 

7* 


—     100     — 

b)  oberhalb  des  Handgelenkes. 

1.  Hautschnitt,  3  cm  lang,  an  der  Radialseite  des  M. 
flexor  carpi  radialis   (Fig.    163  6). 

2.  Vorsichtige  Spaltung  des  oberflächlichen  Blattes  der 
fascia  antibrachii. 

3.  Die  Arterie,  begleitet  von  zwei  Venen,  liegt  zwischen 
M.  flexor  carpi  radialis  (od.  radialis  internus  (/)  und  M. 
supinator  longus  (od.  brachioradialis  (s)   (Fig.    165). 

Unterbindung  der  Arteria  ulnaris 

a)  im  oberen  Dritttheil  des  Vorderarmes. 

1.  Hautschnitt,  3  cm  unterhalb  der  Armbeuge  beginnend, 
verläuft  4  cm  lang  auf  einer  Linie,  welche  das  ulnare  Dritttheil 
der  Volarfläche  des  supinirten  Vorderarmes  von  dem  mittleren 
Dritttheil  trennt  (Fig.    163  c). 

2.  Nach  Spaltung  der  fascia  antibrachii  wird  der 
Zwischenraum  zwischen  den  Bäuchen  des  M.  flexor  carpi  ulnaris  (c) 
und  flexor  digitorum  sublimis  (<i)  aufgesucht  und  mit  der  Spitze 
des  Zeigefingers  und  stumpfen  Haken  erweitert  (Fig.    166). 

3.  In  der  Tiefe  liegt  die  Arterie,  begleitet  von  zwei  Venen; 
an  ihrer  Ulnarseite  der  nervus  ulnaris  (w). 

b)  oberhalb  des  Handgelenkes. 

1.  Hautschnitt,  3  cm  lang,  am  sehnigen  Hadialrande  des 
M.  flexor  carpi  ulnaris  (ulnaris  internus),  der  sich  an  das 
OS  pisiforme  setzt  (Fig.   163  d). 

2.  Vorsichtige  Spaltung  des  oberflächlichen  Blattes  der  fascia 
antibrachii. 

3.  Die  Arterie,  begleitet  von  zwei  Venen,  liegt  zwischen  der 
Sehne  des  flexor  carpi  ulnaris  (/)  und  der  am  meisten  ulnar- 
wärts  gelegenen  Sehne  des  M.  flexor  digitorum  sublimis  (d). 

An  ihrer  Ulnarseite  liegt  der  nervus  ulnaris  volaris  (n). 


101 


Aorta,  Arteriae  iliacae  und  femoralis. 

Die  Aorta  abdominalis,  welche  an  der  vorderen  Fläche  der 
Wirbelsäule  und  etwas  mehr  an  der  linken  Seite  neben  der  Vena  cava 
herabsteigt,  theilt  sich  in  der  Höhe  des  unteren  Randes  des  4.  Lenden- 
wirbels   in    die    Arteriae    iliacae    communes,    welche    zu    beiden 

I'ig.  168. 


Topographie  der  Arteriae  iliacae. 

Seiten  des  5.  Lendenwii'bels  am  inneren  Rande  des  M.  psoas,  bedeckt 
von  dem  mit  ihnen  nur  locker  verbundenen  Peritoneum  zur  Symphysis 
sacroiliaca  ziehen,  wo  sie  sich  in  die  Art.  hypogastrica  und  Art.  iliaca 
externa  theilen.  Die  Vena  iliaca  communis  liegt  links  an  der 
Innenseite,  re  chts  hinter  der  Arterie  Fig.  169. 

(Fig.  169).DerUreter  zieht  schräg  von  aussen 
nach  innen  über  die  Theilungsstelle  hinweg. 

Die  A.  ili.aca  interna,  deren  Stamm 
nur  2  bis  4  cm  lang  ist,  verläuft  schräg  nach 
vorn  unten  vor  der  Symphysis  sacroiliaca 
abwärts  in  das  kleine  Becken  hinab. 

Die  A.  iliaca  externa  zieht  schräg 
nach  auss-en  auf  der  den  Psoas  bedeckenden 
Fascia  iliaca  zur  Schenkelbeuge,  an  ihrer 
vorderen  und  inneren  Seite  vom  Bauchfell 
überzogen  und  gekreuzt  von  den  A^asa  sper- 
matica.  Die  Lumbalnerven  verlaufen  late- 
ralwärts. 

Die  Arteria  femoralis  tritt  unter  der  lütte  des  Poupart'schen 
Bandes  hervor  und  verläuft  bis  zum  unteren  Ende  des  mittleren  Drittels 
des  Oberschenkels   an   dessen   vorderer   und  innerer  Seite   in   einer  fast 


Arteriae  et  Venae  iliacae. 


—     102     — 


g'eraden  Linie,  welche  von  der  Mitte  des  Po upart 'sehen  Bandes  zum 
Epicondylus  internus  femoris  gezogen  wird;  im  oberen  Drittel  des  Ober- 
schenkels liegt  die  Arterie  nach  aussen  von  der  gleichnamigen  Vene 
verlaufend  im  Trigonum  subinguinale  (Scarpa),  welches  vom  M. 
sartorius  an  der  Aussenseite,  vom  M.  adductor  longus  an  der  Innenseite 
begrenzt  wird.  Am  unteren  Winkel  des  Dreiecks  giebt  sie  die  starke  Art. 
profunda  femoris  ab.  In  der  Mitte  des  Oberschenkels  liegt  die 
Art.  femoralis  auf  der  Vene  unter  dem  M.  sartorius  zwischen  M.  vastus 
internus  und  M.  adductor  magnus,  durchbohrt  dann  den  Ansatz  dieses 
Fig.  170.  Muskels    (Adductorencanal),    in 

welchem  sie  hinter  dem  N.  saphenus 
maior  zur  Hinterfläche  des  Ober- 
schenkels und  zur  Kniekehle  tritt. 


Unterbindung  der  Aorta  abdominalis 

unterhalb  der  Nierenarterien 

1)  extraperitoneal    (Maas, 

M  u  r  r  a  y) 

1.  Hautschnitt  am  vorderen 
Rande  des  linken  M.  quadra- 
tus  lumborum  entlang  von  den 
letzten  Rippen  bis  zur  Crista 
ossis  ilei. 

2.  Nach  Durchschneidung  der 
Bauchmuskeln  und  der 
fascia  transversa  kann  die 
Wunde  mit  stumpfen  Haken  so 
weit  auseinander  gezogen  werden, 
dass  man  den  Retroperitoneal- 
raum  vom  unteren  Nierenende  an 
übersehen  und  die  Aorta  frei- 
legen kann. 

2)  transperitoneal  (Cooper, 

V.  Nussbau m) 

1.  Hautschnitt,  15 — 20  cm 
lang,  in  der  Linea  alba,  wie  bei 
der  Laparotomie. 

2.  Nach  Eröffnung  der 
Bauchhöhle  werden  die  Därme 
nach  rechts  verschoben,  das  hintere 
Bauchfellblatt   über  der  leicht  zu 


A 
V 

Nc 


Vs 


Topographie  der  Art.  femoralis. 
erreichenden  Ader    gespalten    und  darauf   die  Aorta    unterbunden. 


-  er. 


Unterbindung  der  Art.  iliaca  communis  und  interna. 


Unterbindung  der  Arteria  iliaca  communis  und  interna. 

1.  Hautschnitt,  10  — 12  cm  lang,  beginnt  3  cm  nach 
innen  und  unten  von  der  Spina  anterior  superior  ossis  ilei  und 
steigt,  leicht  nach  innen  concav  gebogen,  vertical  bis  nahe  an 
den  letzten  Rippenbogen  hinauf  (Fig.    172  Jc^. 

2.  Spaltung  der  Fettschicht,  der  dünnen  fascia 
superficialis,  der  Mus  kelschicht  des  obliquus  externus, 
des  obliquus  internus,  des  transversus  und  der  dünnen 
fascia    transversalis,   bis   das  Peritoneum  blossliegt. 

3.  Das  Peritoneum  (j?)  wird  vorsichtig  nach  innen,  gegen 
den  Nabel  hin,  gedrängt  und  mit  den  Fingern  gegen  den. 
inneren  Wundrand  gezogen   (Fig.    171). 


—     104     — 


4.  Der  Ureter  (ii')  bleibt  meistens  mit  dem  Bauchfell  im 
Zusammenhang;  wo  nicht,  so  sieht  man  ihn  zusammen  mit  dem 
N.  spermaticus  externus  (sp)  schräg  über  die  Theilungsstelle  der 
iliaca    weglaufen  und  muss  seine  Verletzung  sorgfältig  vermeiden. 

5.  Die  ganze  Arteria  iliaca  communis  liegt  nun 
am  inneren  Rande  des  M.  iliopsoas  (?7z)  frei  vor,  von  der  Aorta 
bis  zu  ihrer  Theilung ;  die  Vena  iliaca  liegt  (links)  an  ihrer  Innen- 
seite, rechts  liegt  sie  hinter  der  Arterie. 

Um  die  Arteria  iliaca  interna  zu  unterbinden,  zieht  man  die  Art. 
iliaca  externa  und  die  Vena  iliaca  communis  nach  innen  und  führt 
die  Nadel  von  innen  her  um  den  Stamm  der  Art.  iliaca  interna  herum. 
Fig.  172.  Fig.  173. 


/ 


Hautschnitte :  Je 


Unterbindung  der  Arteria  iliaca  externa. 

Iliaca  communis,     Je  =:  Iliaca  externa,     1,  3,  3  =  Femoralis. 


Unterbindung  der  Arteria  iliaca  externa. 

1.  Hautschnitt,  1  cm  oberhalb  des  lig.  Poupartii  und 
demselben  parallel,  8 — 10  cm  lang,  flachconvex,  beginnt 
3  cm  nach  innen  von  der  spina  anterior  superior,  endet  in  der 
Gegend  des  inneren  Leistenrings  (ohne  ihn  und  den  funiculus 
spermaticus  freizulegen)   (Fig.    172  Je). 

2.  Spaltung  der  Fettschicht j  der  dünnen  fascia 
superficialis,    der    starken    sehnigen    Aponeurose    des    M. 


—     105 


obliqnus  externus,  der  Muskelfasern  des  obliquus 
internus;  dann  der  horizontalen  Muskelfasern  des  trans- 
versus  abdominis   im  äusseren  Mundwinkel   (Fig.    173). 

3.  Yorsicbtige  Trennung  der  nun  folgenden  dünnen  fascia 
transversalis.      (Bei  Fetten  nocli  eine  dünne  Fettschiebt.) 

4.  Das  Peritoneum  (p)  ist  mit  hakenförmig  gebogenen 
Fingern  vorsichtig  gegen  den  Nabel  zu  drängen  (ohne  die  fascia 
iliaca  sammt  den  grossen  Gefässen  von  der  Beckenwand  ab- 
zustreifen 1). 

5.  Die  Arterie  liegt  an  dem  inneren  Rande  des  M. 
ilio-psoas;  an  ihrer  Innens  eite  die  Vene  (^■);  nach  aussen  der 
N.  femoralis  (w),  von  der  fascia  iliaca  bedeckt;  der  nervus 
spermaticus  externus  (^sp^  läuft  schräg  über  die  Arterie 
hinweg. 

Unterbindung  der  Arteria  glutaea  superior. 

1.  Hautschnitt,  schräg 
über  das  G-esäss  in  einer  Linie 
zwischen  Spina  ilium  pos- 
terior superior  und  Tro- 
chanter  maior  (Fig.  174). 

2.  Nach  Durchtrenn- 
ung der  Fascie  und  der 
Fasern  des  M.  glutaeus 
m  a  X  i  m  u  s  wird  der  untere 
E,and  des  M.  glutaeus 
m  e  d  i  u  s  freigelegt  und  nach 
oben  gezogen. 

3.  Am  oberen  E,ande  der 
Incisura  ischiadica  maior 
über     dem     M.     pyriformis 

findet  man  die  Arterie  neben 
dem  N.  glutaeus  supe- 
^lOI"-  Unterbindung  der  Art.  glutaea  superior. 


^< 


Unterbindung  der  Arteria  ischiadica. 

1.  Hautschnitt,  8 — 10  cm  lang,  in  der  Eichtung  von 
der  Spina  ilium  posterior  inferior  zum  Aussenrand  des 
Tuber    ischii. 


106 


2.  Nach  Durchtrennung  der  Fascie  und  der  Faserung  des 
M.  glutaeus  maximus  wird  der  M.  pyriformis  und  das  Lig. 
tuberoso-sacrum  freigelegt. 

3.  Die  Arterie  findet  man  am  inneren  Rande  des  M. 
pyriformis  über  dem  unteren  Rand  der  Incisura  ischiadica 
hervortretend. 

Unterbindung  der  Arteria  femoralis 

a)  unter  dem  ligamentum  Poupartii. 

1.  Hautschnitt  beginnt  in  der  Mitte  zwischen 
Spina  anterior  superior  und  Symphyse,  2  mm  oberhalb 
des    lig.   Poupartii  und   wird  5   cm  abwärts  geführt  (Fig.    172  i). 

2.  Spaltung    der    fascia    superficialis. 

3.  Spaltung  des  Fettes,  Beseitigung  der  Lymph- 
drüsen durch  Seitwärtsziehen  oder  Exstirpation. 

4.  Spaltung  der  fascia    lata. 

5.  Eröffnung  der  Gef  äs  s  scheide,  1  cm  unterhalb 
des  ligam.  Poupartii  (Z)  (weil  unmittelbar  unter  demselben  die 
Art.  circumflexa  ilei  (^ac)  und  epigastrica  inferior  profunda  (ae} 
abgehen,  Fig.   17.5). 

6.  Die  Vena  f  am  or  alis  (ü)  liegt  an  der  Innenseite,  der 
nervus    femoralis   (ji)  an  der  Aussenseite  der  Arterie. 

Fig.  175.  Fig.  176. 


Unterbindung  der  Art.  femoralis. 

unter  dem  Lig.  Poupartii  unterhalb  des  Abganges  der  Art.  profunda. 


—     107     — 


b)  unterhalb    des  Abganges  der  Art.  profunda 
(an  der  unteren  Spitze  des  trigonum  il  e  o  -  f  e  m  or  al  e). 

1.  Hautschnitt,  5  cm  lang,  am  inneren  Rande  des  M. 
sartorius,  beginnt  sechs  Querfingerbreit  (8  — 10  cm)  unterhalb  des 
ligam.   Poupartii  (Fig.    172  2). 

2.  Der  Rand  des  M.  s  artor  ins  (s)  wird  freigelegt  und 
nach    aussen  gezogen. 

3.  Eröffnung  der  Gefässscheide.  Die  Vena  femoralis 
(u)  liegt  nach  innen  und  etwas  hinter  der  Arterie;  der 
Nervus  femoralis   (n)  nach  aussen   (Fig.    176). 

e)  in  der  Mitte  des  Oberschenkels 

(hinter  dem  m.   sartorius). 

1.  Hautschnitt,  8 — 10  cm  lang,  bis  auf  den  M. 
sartorius,  in  der  Mitte  einer  Linie,  welche  man  sich  von 
der  Spina  anterior  superior  bis  zum  condylus  internus 
femoris  gezogen  denkt  (Fig.    177  5). 

2.  Die  Scheide  des  Sartorius  wird  gespalten,  der 
Muskel  (s)  gelöst  und  nach  aussen  gezogen,  bis  die  hintere 
Wand  der  Muskelscheide  erscheint,  welche  den  Gefäss- 
strang  bedeckt. 

3.  Nach  Spaltung  der  Scheide  wird  die  Arterie  freigelegt. 
Auf  ihr  verläuft  der  Nervus  saphenus  (n),  hinter  ihr  die 
Vena  femoralis  (t"c).  Die  Vena  saphena  (rs)  liegt  ober- 
flächlich und  mehr  nach  innen   (Fig.    178). 

-Fig.  177.  Fig.  178. 


\.     '  v.c 

Unterbindung  der  Arteria  femoralis  in  der  Mitte  des  Oberschenl<els. 


—     108     — 


Arteria  poplitea. 

Die  Art.  poplitea  verläuft  in  der  Mitte  der  von  Fett  ausgefüllten 
Kniekehle  am  meisten  median wärts,  Vena  poplitea  und  Nerv,  tibialis 
liegen  nach  aussen  von  ihr.  Am  oberen  Rande  des  M.  soleus,  oft 
auch  schon  in  der  Kniekehle  theilt  sich  die  Ader  in  Art.  tibialis 
antica  und  postica.  Die  erstere  verläuft  vom  M  soleus  bedeckt  auf 
dem  Lig.  interosseum  in  einer  zwischen  Condylus  externus  tibiae 
und  Spatium  intermetatarseum  I  gezogenen  Linie  an  der  Vorderseite  des 
Unterschenkels  abwärts  zwischen  M.  tibialis  anticus  und  flexor  digitorum 
communis.  Am  F  u  s  s  g  e  1  e  n  k  e  ist  sie  zwischen  den  Sehnen  des  M.  tibialis 
anticus  und  Extensor  hallucis  zu  finden.  Sie  verläuft  dann  als  Art. 
dorsalis  pedis  auf  dem  Fussrücken  zwischen  den  Sehnen  des  Extensor 
hallucis  longus  und  brevis  schräg  im  Zwischenraum  der  beiden  ersten 
Metatarsalknochen  (Fig.  181  b). 

Fig.  179.  Fig.  ISO. 


a 

Semitend. 

Semimem'b. 

Gracilis 

Sartorius 


Cap.  int. 
gastrocnemii 


n.  saph.  ext.     — 


Unterbindung  der  Art.  poplitea 

Topographie  der  Kniekehle.  Wuude. 

Die  stärkere  Art.  tibialis  postica  verläuft  an  der  Innenseite 
des  Unterschenkels,  von  den  "Wadenmuskeln  bedeckt,  zwischen  M.  tibialis 
posticus  und  flexor  digitorum  longus.  Sie  ist  von  zwei  Venen  begleitet, 
der  N.  tibialis  verläuft  an  ihrer  äusseren  Seite.  Hinter  dem  Malleolus 
internus  liegt  die  Ader  oberflächlich  unter  der  Haut  und  Fascie,  zwischen 
den  begleitenden  Venen  und  unter  dem  N.  plantaris. 


—     109     — 
Unterbindung  der  Arteria  poplitea. 

1.  Hautschnitt,  8  cm  lang,  am  äusseren  Rande  des 
M.   semimembranosus   herab  durch  die  ganze  Kniekehle. 

2.  Spaltung  der  dicken  Fettschicht,  bis  der  nervus 
tibialis  sichtbar  wird  (Fig.    180). 

3.  Der  n.  tibialis  (n)  wird  lateralwärts  gezogen;  hinter 
ihm  und  etwas  medianwärts  liegt  die  vena  poplitaea  (v),  welche 
gelöst  und  etwas  lateralwärts  gezogen  wird;  hinter  der  Vene 
und  etwas  medianwärts  liegt  die  Arterie. 

Unterbindung  der  Arteria  tibialis  antica 

a)  oberhalb  der  Mitte  des  Unterschenkels. 
1.   Hautschnitt,    6 — 8   cm  lang,    3   cm  nach    aussen    von 
der  Crista  tibiae  (in  der  Mitte  zwischen  tibia  und  fibula  Fig.  181  a). 
Flg.  181  Fig.  182. 


Unterbindung   der  Arteria  tibialis  antica  oberhalb  der 
(Witte  des  Untersciienkels. 


—     110     — 

2.  Spaltung  der  Fascie  in  der  Riclitung  einer  sehnigen 
weissen  Linie,  welche  den  Raum  zwischen  M.  tihialis  anticus 
(td)  und  extenso r  hallucis  longus  (e/i)  kenntlich  macht;  dieser 
intermuskuläre  Raum  wird  aufgesucht  und  mit  der  Spitze 
des  Zeigefingers  erweitert,  bis  die  tiefe  Fascie  zum 
Vorschein  kommt  (Fig.    182). 

3.  Nach  vorsichtiger  Spaltung  der  tiefen  Fascie  er- 
scheint die  Arterie  zwischen  zwei  Venen ;  an  ihrer  Aussenseite 
liegt  der  Nervus    peronaeus    profundus   (n). 


b)  im  unteren  Dritttheil  des  Unterschenkels. 

1,  Hautschnitt,  5 — 6  cm  lang,  senkrecht,  einen  Finger 
breit  nach  aussen  von  der  crista  tibiae  (Fig.  183,    184). 

2.  Spaltung  der  Fascie.  In  den  Haum  zwischen  m. 
tibialis  anticus  (ta)  und  extenso r  halucis  longus  (eh) 
dringt  der  Zeigefinger  und  trennt  durch  Auf-  und  Abstreichen 
die    Muskelbäuche    bis    zur    membrana    interossea    (2 — 3   cm  tief). 


Fig.  183. 


Fig.  184. 


Unterbindung  der  Arteria  tibialis  antica  Im  unteren  Dritttheil  des  Unterschenkels. 

3.   Auf    dieser    liegt    die    Arterie    zwischen     zwei    Venen, 
begleitet  vorne  und  innen  vom  ramus  profundus  nervi  25eronei  (n). 


—    111    - 

Unterbindung  der  Arteria  tibialis  postica 

a)  oberhalb   der  Mitte  des  Unterschenkels. 

1.  Hautsclinitt,  8 — lO  cm  lang,  1  cm  nach  innen  vom 
inneren  Rande  der  tibia  entfernt  (Fig.    185  a). 

2.  Nach  Spaltung  der  Fascie  wird  der  Rand  des 
gastrocnemius  (^)  nach  hinten  gezogen,  der  M.  soleus 
vom     flexor     digitorum     lougus    getrennt,     und    der    Raum 


Fig.  186. 


Unterbindung  der  Art.  tibialis  postica  oberhalb  der  Mitte  des  Unterschenl<els. 


zwischen  diesen  Iluskeln  mit  der  Spitze  des  Fingers  erweitert, 
bis  die  starke  tiefe  Aponeurose  erscheint,  welche  aus  Sehuen- 
fasern  des  soleus  und  der  fascia  cruris  besteht. 


—     112     — 


3.   Nach    Spaltung     dieser     Aponeurose     erscheint     die 

Fig.  187.  Arterie  zwischen  zwei  Venen;   etwas  mehr 

nach  hinten  liegt  der  nervus  tibialis  (w). 

b)  hinter  dem  malleolus  internus. 

1.  Hautschnitt,  3 — 4  cm  lang,  in 
der  Mitte  zwischen  malleolus  inter- 
nus  und   tendo  Achillis   (Fig.    185  F). 

2.  Spaltung  der  fascia  suralis 
C/)  verstärkt  durch  Fasern  des  ligamen- 
tum  laciniatum  (Fig.    187  Z). 

3.  Unmittelbar  darunter  liegt  die 
Arterie  zwischen  zwei  Venen ;  an  ihrer 
hinteren  Seite  der  nervus  tibialis  (n). 

Die  Sehnenscheiden  des  tibialis  posticus,  des 
flexor  digitor.  longus  und  des  flexor  halucis  longus 
dürfen  nicht  geöffnet  werden. 


Blutersatz. 
Die  Transfusion  und  Infusion. 

Nach  einem  plötzlichen  starken  Blutverlust  durch  Verletzungen 
oder  infolge  langdauernder  blutiger  Eingriffe,  besonders  bei  ge- 
schwächten Kranken,  sinkt  wegen  der  mangelhaften  Füllung  der 
Gefässe  der  arterielle  Blutdruck  bald  so  tief,  dass  das  Herz  nicht 
mehr  im  Stande  ist,  den  Inhalt  des  Gefässsystems  in  Bewegung 
zu  halten.  Es  arbeitet  ohne  Wirkung  wie  eine  leere  Pumpe  und 
so  erfolgt  der  Verblutungstod  schon  zu  einer  Zeit,  wo  sich  in  den 
Adern    noch    eine  für  das  Leben  genügende  Menge  Blut  befindet. 

Es  kommt  hierbei  darauf  an,  das  Gefässsystem  stärker  zu 
füllen,   damit  das  Herz  wieder  wirksam  schlagen  kann. 

Die  directe  Ueberführung  des  Blutes  aus  der  Arterie  eines 
gesunden  Menschen  in  die  Vene  des  Verblutenden  würde  die 
Adern  wieder  füllen  und  das  Leben  erhalten  können.  Aber  leider 
kann  man  nicht  sicher  verhüten,  dass  sich  in  der  überleitenden 
Canüle  Blutgerinnsel  bilden,  welche  die  Gefässe  des  Blutempfängers 
in  gefährlicher  Weise  verstopfen.  Auch  ist  es  nur  selten  möglich, 
ganz  gesunde  Menschen  zu  finden,  welche  ihr  Blut  zur  Rettung 
eines    anderen  Menschen    in    dieser  Weise  herzugeben  bereit  sind. 


—     113     — 

Die  directe  TJeberführung  des  Blutes  von  einem  Thiere  in 
die  Vene  eines  Menschen  ist  durchaus  zu  verwerfen,  weil  durch 
die  Mischung  verschiedener  Blutarten  ein  Grift  entsteht,  welches 
die  weissen  und  rothen  Blutkörperchen  rasch  auflöst  und  nicht  nur 
Grerinnungen,  sondern  auch  die  meist  tödtlich  werdende  Haemoglobin- 
ämie   und   -urie  hervorruft. 

Da  ferner  nach  neueren  Untersuchungen  (^Köhler  u.  a.)  die 
Transfusion  von  defibrinirtem  Blute,  auch  von  Menschen, 
ebenso  gefährlich  ist,  weil  durch  das  Schlagen  des  Blutes  das 
Fibrinferment  frei  wird,  im  kreisenden  Blute  Gerinnungen  hervor- 
ruft und  die  Blutkörperchen  auflöst  (Fermentintoxication,  Köhler), 
so    ist    nach  unseren  jetzigen  Anschauungen  jede   Transfusiotl   VOn 

Blut  zu  verwerfen. 

Dagegen  genügt  die 

Intravenöse  Infusion  alkalischer  Kochsalzlösung, 

um  den  Blutdruck  in  den  Adern  so  weit  zu  erhöhen,  dass 
das  Herz  die  Blutsäule  wieder  in  Bewegung  setzen  und  das 
Ernährungsmaterial  den  Organen  zuführen  kann  (Kr  on  eck  er). 
Die  Kochsalzlösung  stellt  man  her  durch  Auflösen  von  7  gr. 
reinem  Kochsalz  in  1  Liter  sterilen  Wassers  unter  Zusatz  von 
3  Tropfen  Natronlauge  oder  1  g  Natr.  carbon.  Lander  er  fügt 
noch  3  —  ö^'/q  Zucker  hinzu,  weil  dadurch  die  Blutkörperchen  am 
besten  erhalten  werden,  der  Blutdruck  rasch  steigt  durch  starke 
Endosmose  und  ausserdem  der  Zucker  als  Nährstoff  dient. 

Zur  Ausführung  der  Operation  wird  zunächst  bei  dem 
Kranken  eine  subcutane  Vene  (z.  B.  die  vena  mediana  basilica 
in  der  Ellenbeuge,  oder  die  Vena  saphena  magna  vor  dem 
malleolus  internus)  durch  Einschneiden  einer  Hautfalte  freigelegt 
und  soweit  isolirt,  dass  man  zwei  Catgutfäden  darunter 
durchziehen  kann. 

Mit  dem  einen  Faden  wird  das  peripherische  Ende  des 
Venenstückes  unterbunden;  der  andere  Faden  wird  unter  das 
centrale  Ende  geschoben. 

Die  freigelegte  Vene  wird  eröffnet,  indem  man  mit  einer 
feinen  Hakenj)inzette  die  obere  Wand  emporhebt  und  mit  einer 
Scheere  einen  schrägen  Einschnitt  macht,  so  dass  eine  kleine 
Lappenwunde  entsteht  (Fig.    188). 

Indem  man  dieselbe  durch  Erheben  des  Lappens  zum  Klaffen 
bringt,    schiebt    man    in  das  centrale  Ende   der   Vene   eine   an   der 

Esmarch-K  o  walzig,  Technik,    4.  Aufl.  8 


—     114 


Spitze  abgerundete  C  a  n  ü  1  e  (aus .  Glas,  Hartkautschuk  oder  Silber) 
ein  und  bindet  dieselbe  mit  dem  zweiten  Catgutfaden  fest  (Kg.  188). 

Die  Canüle    und   ein  daran  be-  ■^^^'  •'•^^• 

festigtes  Kautschukröhrchen  nebst 
Ansatz  von  Hartkautschuk  wird  vor- 
her vollständig  mit  Kochsalzlösung 
gefüllt  und  mittelst  eines  Quetsch- 
hahns geschlossen. 


Einführung  der  Canüle. 

Zum  Eingiessen  der  Salzlösung  verwendet  man  entweder 
eine  Glasdusche  oder  einen  graduirten  Glascylinder  (Fig.  189), 
der  300  —  400  gr.  Flüssigkeit  fasst  und  unten  in  eine  knopf- 
förmige  durchbohrte  Spitze  endigt,  über  welche  ein  40  cm  langer 
Kaiitschukschlauch  geschoben  ist.  In  dem  unteren  Ende  des 
letzteren  steckt  ein  kleiner  durchbohrter  Ansatz  von  Hartkaut- 
schuk oder  GlaS;   der  genau  in  das  Ansatzstück  der  Canüle  passt. 

Nachdem  das  Gefäss  auf  das  sorgfältigste  gereinigt  und 
sterilisirt  worden  ist,  .füllt  man  es  mit   der  auf  40  ^  C.   erwärmten 


115 


Kochsalzlösung,  senkt  das  Endstück  des  Schlauches,  bis  das  TTasser 
herausspritzt  und  steckt  dasselbe  in  das  Ansatzstück  der  gefüllten 
Canüle  fest  hinein. 

Xachdem  man  durch  -^^s-  ■'-^^• 

Drücken  und  Streichen 
nach  aufwärts  alle  Luft- 
blasen aus  demSchlauche 
entfernt  hat,  erhebt  man 
den  Glascylinder  mit 
der  einen  Hand  etwa 
einen  halben  Aleter  hoch 
(dem  Blutdruck  in  den 
Venen  entsprechend) 
und  lockert  mit  der 
andern  den  Quetschhahn 
so  weit,  dass  man  die 
Wassersäule  ganz 
langsam  (höchstens 
10  ccm  in  der  Secunde) 
in  dem  Glascylinder  her- 
absinken sieht. 

Man  kann  auch  den 
Quetschhahn  ganz  ent- 
fernen und  die  Schnellig- 
keit desEinlaufens  durch 
Heben  und  Senken  des 
Glascylinders  regeln. 

Um  die  Abkühlung 
der  Flüssigkeit  während 
des  Einlaufens  zu  ver- 
hindern, kann  die  Hand, 
welche  den  Glascylinder 
hält,  einen  mit  heissem 
"Wasser  gefüllten  Eis- 
beutel an  die  Aussen- 
wand  desselben  an- 
drücken (Eig.   189). 

Sobald  der  Cylinder  Infusion  mit  graduirtem  Glascylinder. 

fast    leer    ist,     wird    der    Schlauch    durch    einen    Eingerdruck 
schlössen  und  von  dem   Canülenstück  gelöst. 


ge- 


—     116     — 

Dann  zieht  man  auch  die  Canüle  aus  der  Vene,  unterbindet 
das  centrale  Ende  der  letzteren,  reinigt  und  desinficirt  die  Wunde 
sorgfältig  und  legt  einen  antiseptischen  Verband  an. 

Eine  Spritze  zur  Infusion  zu  gebrauchen,  ist  weniger 
zweckmässig,  1}  weil  mittelst  derselben  leicht  ein  zu  starker  Druck 
angewendet  wird,  2)  weil  durch  ihren  Stempel  die  Flüssigkeit 
leicht  verunreinigt  werden  kann  (durch  ranziges  Oel,  eingetrocknete 
Flüssigkeiten  von  früherer  Benutzung  etc.)  und  3}  weil  die  Grefahr 
des   Lufteintritts  in  die  Vene  dabei  grösser  ist. 

In  einfacherer  Weise  lässt  sich  die  subcutane  Kochsalzinfusion 
ausführen.  Man  verbindet  den  Schlauch  des  die  Kochsalzlösung 
enthaltenden  Glasgefässes  mit  einer  Aspirationsnadel  oder  einem 
feinen  Troicart,  stösst  das  Instrument  unter  Erhebung  einer  Haut- 
falte an  irgend  einer  Körperstelle,  z.  B.  auf  der  Brust,  ein  und  lässt 
unter  Heben  des  Grefässes  ganz  langsam  die  Flüssigkeit  aussickern, 
durch  kräftiges  Kneten  (Effleurage)  wird  sie  weiter  vertheilt. 
Cantani  hat  diese  Methode  als  Hypodermoklysma  mit  Erfolg 
bei  der  durch  Eindickung  des  Blutes  bedingten  Austrocknung  im 
Stadium  algidum  der  Cholera  angewandt,  besser  aber  wirkt  auch 
hier  die  Infusion    in    die    Vene. 

Während  der  Transfusion  stellen  sich  oft  Cyanose,  Dyspnoe 
und  Syncope  ein,  so  dass  die  Operation  abgebrochen  werden  muss. 
Nach  ihr  zeigen  sich  meist  Fieber,  Frost,  Kreuzschmerzeu,  ferner 
Blut  und  Eiweiss  im  Urin. 

Ist  der  Blutverlust  nicht  so  stark  gewesen,  dass  unmittelbar 
das  Leben  bedroht  ist,  sondern  besteht  nur  grosse  Schwäche  und 
Ohnmacht,  so  kann  man  zunächst  versuchen,  durch  Tieflagerung 
des  Kopfes  der  Hirnanämie  vorzubeugen  und  durch  Anal  eptica 
(Biechmittel,  Campher,  Aether,  Sj)irituosen}  die  Herzthätigkeit 
anzuregen,  durch  starke  Erwärmung  (Decken,  Wärmflaschen) 
das  Sinken  der  Körperwärme  zu  verhindern  und  durch  Dar- 
reichung grosser  Flüssigkeitsmengen,  welche  sehr  schnell  aufgesaugt 
werden,  den  Inhalt  des  Gefässsystems  zu  vermehren.  Letzteres 
erreicht  man  auch  durch  Anwendung  der  künstlichen  Blutleere, 
indem  man  ein  oder  mehrere  Glieder  emporhebt  oder  mit  elastischen 
Binden  einwickelt.  Das  in  den  Gliedern  noch  vorhandene  Blut 
wird  dadurch  in  den  übrigen  Theil  des  Gefässsystems  gedrängt 
und  hebt  den  Blutdruck  so  weit,  dass  das  Herz  mit  Erfolg 
arbeiten  kann  (ÄutotratlsfusJOn,    Fig.    190). 


Autotransfusion. 


Bisweilen  wird  durch  dieses  Verfahren  die  Transfusion 
entbehrhch,  bisweilen  lässt  sich  wenigstens  dadurch  das  entfliehende 
Leben  so  lange   aufhalten,   bis  man  die  Transfusion  ausführen  kann. 


Blutentziehung 

wurde  in  früherer  Zeit  bei  den  verschiedensten  Erkrankungen 
sehr  häufig  angewandt,  namentlich  um  Entzündungen  zu  bekämpfen 
und  die  Blutfülle  in  einzelnen  Körpertheilen  herabzusetzen.  Hierzu 
diente  ausser  den  Stichelungen,  Scarificationen,  Blutegeln  und 
Schröpf  köpfen  hauptsächlich 

Dgt  AderlaSS  (Phlebotomie,  Venaesectio),  welcher 
heutzutage  nur  noch  äusserst  selten  in  Anwendung  kommt.  Man 
macht  ihn  ausschliesslich  am  Arm  an  derjenigen  Vene,  welche  am 
deutlichsten  unter  der  Haut  hervortritt.  Dies  ist  meist  die  VGna 
mediana  basilica.  Da  sich  diese  aber  in  der  Regel  mit  der 
arteria  brachialis  kreuzt  und  nur  durch  die  dünne  Aponeurose 
des  M.  biceps  von  ihr  getrennt  wird,  so  ist  es  rathsam,  vor  der 
Operation  nach  der  Pulsation  der  Arterie  zu  fühlen  und  die  Er- 
öffnung der  Vene  entweder  oberhalb  oder  unterhalb  der  Kreuzungs- 
stelle vorzunehmen. 

1.  Der  Patient  liege  und  lasse  den  Arm  hängen,  damit 
die  Venen  sich  füllen. 

2.  Eine  Binde  (oder  ein  zusammengelegtes  Tuch)  wird  um 
die  Mitte  des   Oberarmes  geschlungen,   so  fest,    dass   der  Rückfluss 


—     118     — 


des    venösen    Blutes    gehemmt    ist,     abei'    nicht    der    Zufluss    des 
arteriellen   (der  Radialpuls   darf  nicht  verschwinden).     Der  Knoten 
Fig.  191.  der    Binde    muss    durch    einen 

Zug  an  dem  einen  herab- 
hängenden Ende  zu  lösen  sein 
(Fig.  191).  Den  Arm  fixirt 
der  Arzt  durch  Einklemmen 
der  Hand  zwischen  Oberarm 
und    Brust ,     die    Vene    durch 

y  /^ — ^  einen    Druck    seines    Daumens 

uutei-halb   der  Einstichstelle. 

Fig.  192. 


Aderlass  mit  dem  Phlebotom. 
Fig.  193 


Verband  nach  dem  Aderiass. 


Aderlass  mit  der  Lanzette. 

3.  Mit  einer  Lanzette 
(Fig.  192)  oder  besser  mit 
dem  Phlebotom  nach  L  o  - 
rinser  (Fig.  191)  wird 
ein  Einstich  durch  die 
Haut  in  die  Vene  gemacht, 
den  man  durch  Heben  der 
Spitze  in  der  Art  erweitert, 
dass  die  vordere  Venen- 
wand in  schräger  Eichtung 
etwa  5  mm  weit  gespalten 
wird. 

4.  Das  Blut  muss  in 
kräftigem  Strahl  her- 
vorspringen ;  stockt  der 
Ausfluss ,        so       kann      er 


—     119     — 

durch    wechselndes    Oeffnen    und    Schliessen    der    Hand    befördert 
werden. 

5.  Ist  eine  genügende  Menge  Bhit  entleert,  so  löst  [man 
die  Schnürbinde,  verschiebt  mit  dem  Daumen  die  Hautwunde 
etwas  über  die  Vene,  legt  eine  kleine  antiseptische  Compresse 
darauf  und  befestigt  sie  bei  leicht  gebeugtem  Vorderarm  durch 
eine  Achterbinde  (Fig.    193). 


Operation  der  Aneurysmen. 

Spindelförmige  oder  sackartige  Erweiterungen  der  Arterien- 
wand kommen  nach  Verletzungen  der  Gefässe  oder  bei  Erkrankungen 
der  Arterien  zu  Stande.  Sie  können  in  einigen  wenigen  Fällen 
ohne  Kunsthilfe  von  selbst  heilen,  indem  sich  im  Innern  des 
Balges  schichtweise  Blutgerinnsel  ansetzen  und  diesen  schliesslich 
in  einen  festen  Tumor  umwandeln,  der  dann  allmählich  schrumpft. 
Dieses  Ziel  suchen  auch  alle  Methoden  zu  erreichen,  welche  eine 
Gerinnung   des   Blutes  in  dem  Aneurysma  erstreben: 

1.  Durch  vorübergehende  Abschwächung  der  arteriellen  Zufuhr. 

a.  Durch  Fingerdruck  auf  den  centralen  Theil  der 
betreffenden  Arterie  (s.   S.   63). 

b.  Durch  Ader  pressen,  welche  eigens  für  diesen  Zweck 
angegeben  sind  (s.   a.   Fig.    113). 

Da  die  fortdauernde  Compression  mit  dem  Finger,  wobei 
sich  mehrere  Personen  in  bestimmten  Zwischenräumen  Tag  und 
Nacht  ablösen  müssen,  sehr  umständlich  und  für  den  Kranken 
beschwerlich  ist,  und  da  die  Tourniquets  auch  meist  nicht  gut 
vertragen  werden,  so  ersetzt  man  die  Compression,  namentlich  an 
der  Art.  femoralis  bei  dem  so  häufigen  Aneurysma  popliteum, 
zweckmässiger 

c.  durch  Stangendruck  (von  Esmarch). 

Eine  lange  Stange,  Krücke,  Besenstiel,  die  gegen  die  Zimmer- 
decke oder  einen  Bettgalgen  gestemmt  ist  (Fig.  194,  195),  wird 
mit  ihrem  weich  umwickelten  Ende  auf  den  Arterienstamm  des  nach 
aussen  rotirten  und  mit  einer  Binde  umwickelten  Beines  gesetzt. 
Wird  der  Druck  an  einer  Stelle  schlecht  vertragen,  so  wechselt  man 
mit  einer  andern  ab.  Meist  lernen  die  Kranken  in  kurzer  Zeit 
selbst  diesen  Druck  richtig  ausführen,  zumal  wenn  die  betreffenden 
Stellen  mit  Tusche  kenntlich  gemacht  werden.     Mit  dieser  einfachen 


Fig.  195. 


Stangendruck  zur  Compression  der  Art.  femoralis  bei  Aneurysma  popliteum. 


—     121     — 

Methode  ist  eine  ganze  Eeihe  selbst  grösserer  Kniekehlenaneurysmen 
zur    Heilung  gebracht  worden. 

2.  Durch  Aufhebung  des  Kreislaufs  (Eeid). 

Hit  einer  elastischen  Binde  wird  das  Grlied  bis  dicht  an  die 
Greschwulst  heran  eingewickelt,  diese  freigelassen  und  die  Umwicklung 
oberhalb  derselben  fortgesetzt.  Xoch  einfacher  ist  die  künst- 
liche Blutleere  des  Gliedes  unter  Anwendung  des  Schnürgurts 
oberhalb  des  Aneurysma.  Diese  Binden  sollen  möglichst  oft  am 
Tage  angelegt  werden;  man  kann  sie  fast  eine  Stunde  ununter- 
brochen liegen  lassen.  Bevor  man  den  Schnürgurt  entfernt,  muss 
das  Glied  neuerdings  lose  mit  einer  elastischen  Binde  eingewickelt 
werden,  um  die  nachfolgende  Hyperämie  nach  Aufhebung  der 
TJmschnürung  zu  verhüten  (Billroth). 

3.  Die    Unterbindung    der    Arterie    ist   in    der   Xeuzeit    das 

sicherste  und  am  häufigsten  benutzte   Verfahren. 

a.  nach  Antyllus  (Fig.   196). 

Derselbe  legte  das  Aneurysma  in  ganzer  Ausdehnung  durch 
einen  Längsschnitt  frei,  unterband  die  Ader  dicht  oberhalb  und 
unterhalb  im  Gesunden,   spaltete  den  Sack,   räumte  den  Inhalt   aus 


Pig.  196. 

Antyllus 


Fig.  197. 
Hunter 


Fig.  198. 


Fig.  199. 


Brasdor 


Wardrojj 

Arterienligatur  bei  Aneurysmen. 


Fe  am 


—     122     — 

und  tamponirte  die  Wunde.   Sein  Zeitgenosse  Philagrius  ging  nocli 
weiter,  indem  er  nach  doppelter  Ligatur  das  Aneurysma  herausschnitt. 

b.  nach  Anel  und  Hunter  (Fig.    197). 

Das  zuführende,  centrale  Ende  der  Arterie  wird  unter- 
bunden, entweder  dicht  oberhalb  des  Sackes  (Anel)  oder  weiter 
oberhalb  an  einer  leicht  zugänglichen  Stelle  (am  Orte  der 
Wahl,  Hunter),  letzteres  aus  Furcht,  dass  der  stark  angezogene 
Seidenfaden  die  erkrankte  Arterienwand  in  der  Nähe  des  Aneurysma 
durchschneiden  und  dadurch  eine  heftige  Nachblutung  erzeugen 
könne.  Da  wir  aber  bei  der  jetzt  üblichen  Unterbindung  mit 
dem  elastischeren  Catgut  diese  Grefahr  nicht  mehr  zu  fürchten 
haben,  so  bliebe  die  Ligatur  möglichst  dicht  oberhalb  des  Sackes 
voi'zuziehen  wegen  der  grösseren  Wahrscheinlichkeit,  dass  sich  die 
Circulation  durch  CoUateralen  in  dem  Aneurysma  nicht  wieder  herstellt. 

Ist  es  nicht  möglich,  den  centralen  Theil  zu  unterbinden, 
z.  B.  bei  Aneurysmen  der  Aorta,  Anonyma,  Subclavia  u.  s.  w., 
so  kann  man 

c.  nach  Brasdor  und  Wardrop   (Fig.    198) 

das  abführende,  periphere  Arterienstück  unterbinden.  Jener 
suchte  möglichst  dicht  am  Aneurysma  den  Abfluss  zu  unter- 
brechen. Dieser  begnügte  sich  in  weiterer  Entfernung  an 
leicht  zugänglicher  Stelle  den  Hauptast  zu  unterbinden  und  da- 
durch wenigstens  eine  Verlangsamung  des  Blutstromes  zu  erzeugen. 
F  e  a  r  n  unterband  nach  einander  alle  unterhalb  des  Aneurysma 
abgehenden  Zweigstämme. 

Zahlreiche  Erfahrungen  haben  bewiesen,  dass  eine  Heilung 
durch  Unterbindung  sicher  nur  dann  eintritt,  wenn  alle  ab-  und  zu- 
führenden Aeste  unterbunden  sind.  Andernfalls  bleibt  das  Aneurysma 
fast  immer  noch  wegsam  durch  den  sich  schnell  herstellenden  Collateral- 
kreislauf.  Demnach  ist  unter  aseptischen  Massregeln  und  künstlicher 
Blutleere  ausgeführt  die  uralte  Methode  des  Antyllus  und  die 
Exstirpation  des  Aneurysma  wegen  der  unbedingten  Sicherheit  ihrer 
Wirkung,  der  Leichtigkeit  und  Uebersichtlichkeit  ihrer  Ausführung 
das   einzig  empfehlenswerthe  Verfahren. 

Bei  Aneurysmen  am  Bein  sollte  man  zunächst  den  Stangen- 
druck anwenden  und  erst  wenn  dieser  erfolglos  bleibt,  zur  Aus- 
schälung schreiten. 

Die  früheren,  zahlreichen  Methoden,  welche  eine  directe  Blut- 
gerinnung im  Aneurysma  erstrebten  (Injection  von  Eisenchlorid, 
Fibrinferment,   Ergotin,    Alkohol,    Tannin,    Bleiessig,  Wachs,    Ein- 


—     123     — 

führung  von  Nadeln,  Uhrfedern,  Magnesiumdraht,  Silkworm,  Ross- 
haaren,  Catgutfäden)  sind  lebensgefährlich  und  mit  Recht  ver- 
lassen. Die  Acupunctur  und  Electropunctur  dagegen  werden  von 
Mehreren  als  erfolgreich  gelobt.  Nach  Aufhebung  des  Kreislaufs 
durch  Anlegen  des  Schnürgurts  stiess  Mac  E  w  e  n  eine  Acupunctur- 
nadel  (Fig.  80  &)  in  das  Aneurysma  und  bewegte  sie  in  ihm  hin 
und  her,  wobei  allmählich  Gerinnung  eintrat.  Verbindet  man  die 
Nadel  mit  einer  electrischen  Batterie,  so  gerinnt  durch  den 
galvanischen  Strom  der  Inhalt  des  Sackes  ebenfalls  nach  mehr- 
maliger Anwendung. 

Operation  der  Varicen. 

Ausgedehnte  Erweiterungen  der  Venenwandungen  (Varicen), 
welche  hauptsächlich  am  Beine  im  Verlauf  der  Vena  saphena 
magna  vorkommen,  machen  dem  Kranken  viele  Beschwerden 
(Muskelkrämpfe,  Eczeme,  Phlebitis,  Beingeschwüre)  und  können 
durch  plötzliches  Bersten  ihrer  oft  sehr  dünnen  Wand  starke 
Blutungen  verursachen. 

In  leichteren  Fällen  erzielt  man  durch  Einwicklung  des 
Beines  mit  einer  flanellenen  oder  elastischen  Binde  (Grummistrumpf) 
etwas  Besserung  oder  wenigstens  Linderung  der  Beschwerden. 
Auch  die  Krampfaderbandage  von  Landerer,  eine  Pelotte, 
die  an  der  Innenseite  des  Unterschenkels  dicht  unterhalb  des 
Kniegelenks  auf  der  Vene  befestigt  wird  und  gewissermassen  eine 
künstliche  Venenklappe  bildet,   leistet  mitunter  gute  Dienste. 

Bei  grösserer  Ausdehnung  der  Varicen  und  in  denjenigen 
Fällen,  wo  ein  Druck  auf  den  Stamm  der  Vena  saphena  das 
durch  hohe  Lage  entleerte  Blut  verhindert,  sofort  die  Varicen 
wieder  anzufüllen,   ist  die  beste  Methode  zu  ihrer  Heilung: 

Die  Unterbindung  der  Vena  saphena  magna 

(T  r  e  n  d  e  1  e  n  b  u  r  g). 

1.  Hautschnitt,  3  cm  lang,  an  der  Innenseite  des  Ober- 
schenkels, etwa  auf  der  Grrenze  seines  mittleren  und  unteren 
Drittels;  die  Vene  wird  dicht  unter  der  Haut  freigelegt  (s.  a. 
Fig.    170). 

2.  Auf  stumpfem  "Wege,  mit  dem  Messerstiel  oder  Schiel- 
haken wird  die  Vene  ringsum  auf  etwa  2  cm  Länge  freigemacht 
und  mit  der  Aneurysmanadel  ein  doppelter  Catgutfäden  um  sie 
herumgeführt. 


—     124     — 

3.  Nun  wird  das  Bein  senkrecht  erhoben,  um  das  Blut 
möglichst  abfliessen  zu  lassen,  darauf  die  Vene  doppelt  unter- 
bunden und  zwischen  den  Ligaturen  durchgeschnitten. 

4.  Die  kleine  HautAvunde  wird  in  ganzer  Ausdehnung  vernäht. 
Nach    der    Unterbindung    thrombosirt    der     ganze     periphere 

Venenabschnitt    und  schrumpft  mit   der  Zeit    zu    dünnen  Strängen 
zusammen. 

Die  Verödung  der  kranken  Venen  durch  multiple  Durch- 
schneidung, bezw.  Ausschneidung  zahlreicher  kleinerer  Stücke  und 
dojDjoelter  Unterbindung,  durch  percutane  Umstech ung  und 
Compression  der  Wandungen  durch  kleine  aufgebundene  Gummi- 
schlauchstücke (Schede)  liefert  keinen  sicheren  Erfolg  und  wird 
nicht  mehr  angewendet.  Statt  dessen  macht  man,  wenn  die  so 
leicht  auszuführende  Unterbindung  der  Vena  saphena  erfolglos  bleibt, 
als  Radicaloperation 

die  Exstirpation  der  Varicen 

(von  Langenbeck,  Madelung). 

1.  Um  die  Vene  recht  stark  hervortreten  zu  lassen,  wird 
dem  stehenden  Kranken  der  Schnüx'gurt  am  Oberschenkel  fest, 
aber  langsam  angelegt. 

2.  Durch  einen  bogenförmigen  Schnitt  am  ganzen  Bein  entlang 
wird  ein  Lappen  gebildet,  nach  dessen  sorgfältiger  Abpräparirung 
sämmtliche  A''^enen  freiliegen.  Dies  ist  meist  recht  schwierig,  da 
die  dünne  Venenwandung  leicht  angeschnitten  wird  und  durch 
das  Ausfliessen  des  Inhaltes  die  Venen  zusammenfallen.  Man 
richte  daher  die  Messerklinge  beim  Präpariren  etwas  gegen  die 
Haut  und  fasse  jedes  in  die  Wandung  geschnittene  Loch  sofort 
mit  einer  Pinzette. 

3.  Nachdem  die  Stämme  im  oberen  Theil  der  Wunde  doppelt 
unterbunden  sind,  werden  die  varicösen  Venen  von  oben  her  theils 
stumpf,  theils  mit  dem  Messer  von  ihrer  Unterlage  abgeschält  und 
nach  Unterbindung  der  unteren  Enden  und  sämmtlicher  Seitenäste 
ausgeschnitten. 

4.  Die  grosse  Hautwunde  wird  ganz  vernäht. 

Verletzungen  der  Gefässwandungen. 

Ist  ein  Gefäss  in  seinem  ganzen  Umgang  oder  in  grösserer 
querer  Ausdehnung  durchtrennt,  so  muss  es  zu  beiden  Seiten  der 
verletzten  Stelle    mit  Schiebern    gefasst    und  unterbunden  werden. 


—     125     — 

Betrifft  die  Verletzung  aber  nur  eine   Seite  der  Gefässwand,   so 
kann  das  Loch  geschlossen   werden,   ohne  die  Durchgängigkeit  des 
Gefösses  aufzuheben.     Kleinere  Löcher  der   Venenwand  werdon 
mit  der  Schieberpinzette  gefasst  und  um  diese  herum  eine  Ligatur 
gelegt,  welche  den  kleinen  gefassten  Zipfel  der  Gefässwand  zusammen- 
schnürt   (seitliche   Venenligatur).      La    diese    aber    immer    nur    für 
kleinere  Verletzungen    anwendbar    ist    und    auch  die       ji^g,  200. 
Gefahr  des  Abgleitens  besteht,  so  ist  es  besser,   der- 
artige Löcher  in  den  Gefässen  durch  die  fortlaufende 
Naht  (Fig.   200)   zu  schliessen.      Bei  schwierigen  Ge- 
schwulstexstirpationen  am  Halse,   in   der  Achselhöhle 
u.   s.   w.    ist    eioe  Verletzung    der    grossen  Vene    oft 
nicht  zu  umgehen    und  sogar    nothwendig,    wenn  die 
Geschwulst  mit  der  Gefässwand  verwachsen  ist.  Während 
man  oberhalb  und  unterhalb  der  verletzten  Stelle  die 
Vene    durch    Pingerdruck    oder    Schieber    zusammen- 
gedrückt hält,   wird  der  entstandene  längliche  Schlitz 
mit    Catgut    in    fortlaufender    Naht    vereinigt.      Der  Seitliche  Ligatur 
Verschluss  ist  sicher;    Blutung  aus   den  Stichkanälen  ""•*  Gefassnaht. 
findet  infolge  des  raschen  Aufquellens  des  Catgut  nicht  statt  und  die 
Venenlichtung  bleibt  durchgängig.      Tn  dieser  AVeise    ist  schon  oft 
die  Vena  jugularis  interna,   die   Vena  subclavia,    neuerdings    sogar 
die  Vena    cava    inferior    (Schede)    mit    bestem    Erfolge    vernäht 
worden.      Löcher  in  grösseren  Arterien  lassen   sich   ebenfalls  durch 
die  Naht  schliessen. 


Operationen  an  den  Sehnen. 

Sehiiendurclitreuiiung-,  Tenotomie. 

Verkürzte  Sehnen  können  durch  quere  Durchschneidung 
verlängert  werden,  indem  sich  das  zwischen  die  beiden  zurück- 
gezogenen Enden  ergiessende  Blut  im  Verlaufe  der  Heilung  zu 
derbfaserigem   Bindegewebe  umwandelt. 

Die  Gefahren  offener  Sehnenwunden,  welche  in  früherer  Zeit 
sehr  gefürchtet  waren,  wui'den  beseitigt  durch  die  subcutane 
Tenotomie,  welche  Stromeyer  im  Jahre  1833  einführte.  Er 
benutzte  dazu  kleine,  schmale,  spitz-  oder  stumpfendige  Messerchen, 
Tenotome     (Fig.    201,     202),     welche     entweder     unterhalb     oder 


—     126     — 


oberhalb     der     zu     durcbtrennenden     Sehne     mit     flacb     liegender 
Klinge  in  die  Haut  eingestochen  und  soweit  vorgeschoben  wurden, 

das     die    Spitze     am     anderen 


Fig   201. 


Fig.  202. 


Rande  der  Sehne  fühlbar  war. 
Während  der  Assistent  die 
Sehne  in  möglichst  starke 
Spannung  brachte, wurde  die 
Messerklinge  senkrecht  zur 
Sehne  aufgerichtet  und  diese 
in  leicht  sägenden  Zügen  oder 
durch  einfachen  Druck  mit  dem 
Messerchen  durchtrennt  (Fig. 
2U3). 

Da  indessen  bei  diesem  „Ope- 
riren im  Dunkeln"  mitunter 
die  Sehne  nur  unvollständig  durchtrennt  wird  und  einzelne  Fasern 
stehen  bleiben,  welche  die  beabsichtigte  Verlängerung  der  Sehne 
beeinträchtigen,  da  ferner  durch  unbeabsichtigte  Verletzung  grösserer 

Fig.  203. 


nach  Diefifenbaeh 


Tenotome 

nach  Strome3-er. 


Subcutane  Tenotomie. 
in  unmittelbarer  Kähe  liegender  Gefässe  eine  erhebliche  Blutung 
eintreten  kann,  so  ist  es,  bei  aller  Bequemlichkeit  und  Schnellig- 
keit der  subcutanen  Tenotomie,  jetzt  unter  dem  Schutze  der 
Asepsis  doch  zweckmässiger,  die  offene  Tenotoniie  mit  S.paltung 
der  Haut  auszuführen. 


127     — 


Fig.  204. 


Man  verfährt  daher  folgendermassen  bei  der 

Tenotomie  der  Achillessehne 

wegen  Klumpfuss : 

1.  "Während  der  Fuss  stark  dorsal  flectirt  gehalten  wird, 
macht  man  einen  etwa  2  cm  langen  Hautschnitt  an  der 
hinteren  Seite  der  Sehne  entlang  und  vertieft  ihn  bis  auf 
das  weissglänzende  Sehnengewebe. 

2.  Mit  einem  Schiel- 
haken oder  einer  gekrümmten 
Sonde  dringt  man  von  einer 
Seite  her  quer  unter  die 
Sehne,  führt  das  Instrument 
möglichst  dicht  unter  ihr 
durch,  bis  es  auf  der  andern 
Seite  zum  Vorschein  kommt 
und  durchschneidet  nun  alles 
auf  der  Sonde  liegende  Ge- 
webe in  langsam  sägenden 
Zügen,  wonach  die  Sehnen- 
enden ganz  bedeutend  aus- 
einander weichen  und  der 
Fuss  stärker  flectirt  werden 
kann  (Fig.   204). 

3.  Die  kleine  Wunde 
wird  durch  Knopfnaht  ge- 
schlossen. —  Beim  Verband 
hat  man  vor  Allem  darauf 
zu  achten,  dass  an  der 
Operationsstelle  keine  Ein- 
schnürung, z.  B.  durch  den 
E,and    einer  fest  angelegten 

schmalen  Binde,  stattfindet,  weil  die  Entstehung  des  Blutgerinnsels 
dadurch  beeinträchtigt  würde.  Der  Fuss  muss  mit  breiter  Binde 
eingewickelt  werden.  Nach  Heilung  der  Wunde  kann  allmählig 
mit  methodisch  vorzunehmenden  Streckbewegungen  begonnen  wer- 
den,    lieber  die  Tenotomie  des  Kopfnickers  s,  Bd.  III,   S.  185. 

In  gleicher  Weise  verfährt  man  bei  der  Durchschneidung 
verkürzter  Fascien  (FaSCiotomie),  z.  B.  der  fascia  plantaris  an  der 
Innenseite  der  Fusssohle  oder  der  fascia  palmaris  (Finger- 
verkrümmung nach  Dupuytren,  Fig.  205).     Da  bei  letzterer 


Offene  Tenotomie  der  Achillessehne. 


128     — 


Fig.  205. 


nacli  einfacher  Durchschneidung 
das  lästige  Leiden  sich  meist 
wieder  einstellt,  so  ist  es  besser, 
die  ganze  Strecke  durch  einen 
Längsschnitt  freizulegen  und  die 
geschrumpfte  Fascie  mit  allen 
Ausläufern  sorgfältig  von  der 
Haut  und  dem  unterliegenden 
Gewehe  zu  trennen  und  zu  ex- 
stirpiren  (Kocher}. 


Selinemialit,   Teiidiiiorrliapliie. 

Ist  eine  Sehne  bei  einer  Verletzung  quer  durchtrennt  worden, 
so  müssen  ihre  Enden  möglichst  bald  wieder  zur  Vereinigung  ge- 
bracht werden,  da  sonst  die  Leistung  des  zugehörigen  Muskels 
schwer  beeinträchtigt,   wenn  nicht  gar  völlig  aufgehoben  wird. 

In  frischen  Wunden  ist  das  periphere  Sehnenende  leicht  zu 
finden,  das  centrale,  mit  dem  Muskelbauch  zusammenhängende, 
hat  sich  aber  meist  in  seine  Scheide  zurückgezogen.  Es  kann 
aus    dieser  hervorgeholt  werden,    indem  man  es  mit  einer  Haken- 

Fig.  206. 


Tendinorrhaphie. 

a  Matratzeiinaht,  &  c  nach  Wölfler,  d  e  paratendinös  nach  Hueter. 

pinzette  oder  mit  einem  feinen  Häkchen  in  der  Scheide  zu  fassen 
sucht ;  gelingt  dies  nicht  nach  längerem  Bemühen,  so  muss  man 
die   Scheide  vorsichtig,    und  nicht  weiter   als   dringend  nothwendig 


—     129     — 

ist,  der  Länge  nacli  spalten.  Auch  nützt  es  mitunter,  den  zu- 
sammengezogenen Muskel  durch  kräftiges  Streichen  nach  der 
Peripherie  oder  durch  Einwickeln  mit  einer  elastischen  Binde  von 
oben  her  zu  verlängern.  Gelingt  aber  auch  dieses  nicht,  so  kann 
man  die  Spaltung  der  Sehnenscheide  noch  dadurch  umgehen,  dass 
man  an  der  Stelle,  wo  der  Sehnenstumpf  in  ihr  zu  fühlen  ist,  ein 
Knopfloch  schneidet,  hier  die  Sehne  herauszieht,  mit  einem  Eaden 
versieht  und  ihn  nach  der  Querwunde  der  Scheide  hin  durch 
eine  von  dieser  aus  eingeführten  Oehrsonde,  Aneurysmanadel  u.  ä. 
herunterzieht  (M  a  d  e  1  u  n  g ,  Fig.  207  a).  Hat  man  so  die  beiden 
Enden  gefasst,  so  müssen  sie  durch  geeignete  Stellung  des  Gliedes 
(Dorsalbeugung  bei  Wunden  auf  der  Streckseite,  Volarbeugung  bei 
solchen  auf  der  Beugeseite)  möglichst  nahe  an  einander  gebracht 
und  in  dieser  Lage  vereinigt  werden. 

Lassen  sich  die  Sehnenenden  leicht  an  einander  vorbei- 
schieben, so  ist  es  zweckmässig,  sie  mit  ihren  Seitenflächen 
(welche  gefässreicher  sind,  als  die  Schnittflächen)  an  einander  zu  be- 
festigen (paratendinöse  Naht).  Meist  muss  man  sich  aber  damit 
begnügen,  die  Schnittfläch  en  in  Berührung  zu  bringen  durch 
einige  Nähte,   welche  die  Sehne  selbst  fassen. 

Man  näht  am  besten  mit  stark  gekrümmten  runden  oder  zur 
Kante  gebogenen  platten  Nadeln  (nach  Wolberg  und  Hage- 
dorn), welche  in  der  Längsrichtung  der  Sehne,  parallel  zu  ihrer 
Achse  und  den  Fasern,  durchgeführt  werden,  um  möglichst  wenig 
Sehnenfasern  zu  verletzen.  Näht  man  bei  grösserer  Spannung,  so 
ist  infolge  der  parallelen  Anordnung  der  Sehnenfasern  ein  Aus- 
reissen  der  Nähte  zu  fürchten.  Sicherer  ist  es  daher,  statt 
mit  der  gewöhnlichen  Knopfnaht,  mit  einer  Matratzennaht  die 
Vereinigung  vorzunehmen  (Fig.  206  a)  oder  indem  man  den  Faden 
mehrfach  durch  das  Sehnenende  quer  durchsticht.  Wolf  1er 
legt  an  beiden  Seiten  jedes  Sehnenendes  je  eine  Knopfnaht  quer 
an  und  verknüpft  die  Knotenenden  der  gleichen  Seiten  mit  ein- 
ander (Fig.  206  6  c).  Kocher  näht  mit  einem  an  beiden  Enden 
mit  Nadeln  versehenen  Faden :  die  Nadeln  werden  zu  beiden  Seiten 
des  Sehnenstumpfes  eingestochen,  parallel  den  Sehnenfasern  zur 
Schnittfläche  herausgeführt,  an  dem  anderen  Stumpf  in  umgekehrter 
Weise  eingestochen  und  dann  geknotet:  es  entsteht  eine  Art 
Matratzennaht,  ähnlich  Fig.  206  a,  deren  Querstich  oberflächlich 
und  deren  Längsstich  versenkt  liegt.  Um  die  angelegte  Sehnen- 
naht   möglichst    zu    entsjDannen,    legt    man    nach    Nebinger 

Esmarch-Ko walzig,  Technik,     4.  Aufl.  9 


130     — 


E,  and  nähte  an,  welche  die  vernähte  Sehne  an  dem  umgebenden 
Gewebe  befestigen.  Man  kann  hierzu  die  unterbrochene  und  die 
fortlaufende  Naht  verwenden. 

Tendinoplastik. 

Ist  die  "Wunde  schon  in  der  Heilung  begriffen,  oder  vernarbt,  so 
bereitetes  meist  sehr  erhebliche  Schwierigkeiten,  die  weit  von  einander 
entfernten  Sehnenenden  freizulegen  und  mit  einander  in  Berührung 
zu  bringen,     da   die   lluskeln    sich    stark    zusammengezogen  haben. 

Man  hilft  sich  in  solchen  Fällen  damit,  das  centrale  Sehnen- 
ende dui'ch  einen  Schnitt  in  der  Sehnenscheide  hervorzuziehen, 
seitlich  anzufrischen  und  an  der  entsprechenden  Stelle  einer  be- 
nachbarten Sehne,  die  ebenfalls  seitlich  angefrischt  wird,  durch 
die  Naht  zu  befestigen  (Tillaux.  Fig.  207  h):  oder  man  schneidet 
aus  dem  Sehnenstumpf  an  einer  Seite  einen  zungenförmigen  Lappen 
mit  unterer  Basis,   den  man  herunterklappt  und  mit  dem  anderen 

Fig.  207. 


Tendinoplastik. 
a  nach  Madelung,       6  nach  Tillaui,  c  uach  Hueter,  ä  iia^li  Gluck. 

Stumpf  vernäht  (Hueter,  Fig.  207c).  Endlich  kann  man  den 
Defect  durch  geflochtene  Catgutbündel  ausfüllen,  die  man 
an  den  Sehnenenden  befestigt  (Grluck,  Fig.  207 (i).  Die  wachsende 
Sehne  sendet  dann  ihre  Fasern  zwischen  den  Catgutfäden  entlang, 
z.   Th.  organisiren  sich  auch  diese  zu  Bindegewebe. 

Nach  der  Vereinigung  der  Sehnen  muss  das  Glied  während 
der  ersten  Wochen  so  in  einer  Schiene  gelagert  werden,  dass  die 
Nahtstelle  möglichst  wenig  gespannt  ist  (s.  Bd.  I,  Fig.  182). 
Erst  allmählig  führt  man  das  Glied  zur  gewöhnlichen  Stellung  zurück. 


—     131     — 

Operationen  an  den  Nerven. 

Diirclischi}ittene  Nervenstämme  müssen  so  bald  als  möglicli 
wieder  vereinigt  werden,  da  sonst  Lähmung  und  Grefühllosigkeit 
in  dem  durcli  den  verletzten  Nerven  versorgten  Gebiet  aufti-itt. 
Nacii  der  Vereinigung  der  Enden  stellt  sich  die  Leitungsfähigkeit 
des  Nerven  ziemlich  schnell  wieder  her ;  sogar  noch,  wenn  die  Ver- 
einigung erst  mehrere  Monate  nach  der  Verletzung  vorgenommen  wird. 

Die  NeiTennalit,  Neiirorrhapliie 

wird  im  Wesentlichen  nach  denselben  Grundsätzen  wie  die  Sehnen- 
naht ausgeführt.  Am  besten  ist  es,  die  Schnittflächen  der  Nerven 
mit  feinen  Ha  gedorn 'sehen  Nadeln  und  Catgut  zu  vereinigen  — 
directe  Nervennaht  (Fig.  208  «).  Die  Vernähung  des  den  Nerven 
umgebenden  Gewebes  —  indirecte  oder  perineurotiSChe  Naht 
(Fig.  208  h)  —  ist  weniger  zweckmässig,  ebenso  wie  die  Vereinigung 
der  neben  einander  gelegten  oder  winklig  abgeknickten  Enden 
(paraneurotische  Naht  Eawa,  Fig.  208  c}.     Gelingt  es  nicht,   die 

Fig.  208. 


Neurorrhaphie 

a  directe,        6  pei-ineurotische,        c  paraueurotisehe  Xaht. 


Enden  mit  einander  in  Berührung  zu  bringen,  so  lässt  sich  die 
Neuroplastik  in  der  von  Hueter  für  die  Sehnen  angegebenen 
Weise  durch  Umklappen  eines  seitlich  eingeschnitteneu.  zungen- 
förmigen  Läppchens    ausführen.      Bei    dickeren  Nerven    kann    man 

9* 


—     132     — 

je  zwei  Läppclien  an  jedem  Stumpf  bilden  und  mit  einander 
vernähen  (Fig.  208  cZ).  Da  die  Nervenenden  sehr  schnell  neue 
Sprossen  treiben,  die  sich  mit  den  ihnen  entgegenwachsenden  Fasern 
des  andern  Endes  vereinigen,  so  kommt  es  im  Wesentlichen  nur 
darauf  an,  den  wachsenden  Fasern  die  richtige  Bahn  zu  weisen. 
Gluck  that  dies,  indem  er  die  beiden  Stümpfe  in  ein  entkalktes 
Knochenrohr  steckte ;  auch  bildete  er  aus  eingeschalteten  Nerven- 
stücken von  Thieren  oder  aus  Catgutfäden  eine  Verbindungsbrücke, 
Für  mittelstai'ke  Nerven  scheint  es  zu  genügen,  einen  Catgutfäden 
zwischen  ihnen  zu  befestigen  (Fig.  208  ß).  Die  Nervenfasern  wachsen 
dann  an   diesem  entlang,   bis   sie  sich  vereinigen. 

lieber  die  Dehnung,    das  Durchschneiden    und    die  Resection 
der  Nerven  s.  Bd.   III  S.    34—50. 


Operationen  an  der  Haut. 

Grössere  Substanzverluste  der  "NVeichtheile,  welche  durch  zu- 
fällige Verletzungen  oder  durch  operative  Entfernung  erkrankter 
Stellen  entstanden  sind,  können  zwar  nach  langer  Zeit  durch  Granu- 
latiousbildung  heilen,  hinterlassen  aber  solche  Narben,  dass  es  besser 
ist,  wenn  es  irgend  angeht,  die  Lücke  durch  künstliche  Bedeckung 
mit  Haut  zu  schliessen,  wodurch  die  Heilungsdauer  bedeutend  ab- 
gekürzt und  die  Entstellung  verringert  wird.  Dies  geschieht  ent- 
weder   durch  Transplantation    oder    durch    plastische   Operationen. 

Die  Transplantation, 

Ueberpflanzung,  Pfropfung  von  Hautstücken 
kann  in  verschiedener  Weise  ausgeführt  werden: 

J.  Heverdin  besäte  granulirende  Flächen  mit  kleinen 
linsengrossen  Hautstückchen,  welche  er  aus  geeigneten  Körper- 
stellen mit  der  Scheere  herausschnitt :  mit  einer  Hakenpinzette  wird 
die  Haut  oberflächlich  gefasst  und  etwas  emporgezogen,  dann  mit  einer 
C 00 per'schen  Scheere  die  kleine  Erhöhung  abgetragen;  das  kleine 
Stückchen  (Greff'e  epidermique)  enthält  ausser  Epidermis  und 
Corium  auch  noch  etwas  vom  E,ete  Malpighl.  Hat  man  die 
Granulationsfläche  mit  diesen  Stücken  bepflastert,  so  bedeckt  man 
sie  mit  Protectivsilk  und  befestigt  dieses  durch  einen  leichten 
Verband.  Von  jedem  aufgelegten  Stückchen  als  Ausgangspunkt 
wächst  nun  die  Epidermis    weiter    und    überhäutet    schliesslich    als 


—     133     — 

dünner  Schleier  die  Grranulationsfiäche,  auf  welcher  die  gepfropften 
Stückchen  wie  Inseln  etwas  erhaben  kenntlich  bleiben.  Manche 
dieser  Stückchen   sterben  aber  vor  der  Anheilung  ab. 

Wolfe  veriDflanzt  grössere  Stücke  Haut  als  ßeverdin, 
indem  er  aus  irgend  einer  Körperstelle  ein  der  Form  des  Defectes 
entsprechendes,  aber  etwas  grösseres,  Hautstück  mit  dem  Messer 
herausschneidet,  das  abgelöste  Stück  an  seiner  TJnteriläche  mit 
dem  ßasirmesser  oder  einer  scharfen  Scheere  sehr  sorgfältig  von 
dem  noch  anhaftenden  Fettgewebe  befreit,  bis  es  das  Ansehen 
und  die  Dicke  feinen  weissen  Handschuhleders  hat,  und  dann  mit 
wenigen  Nähten  in  dem  Defect  befestigt.  Die  Stelle,  aus  der  es 
entnommen  ist,  wird  wie  eine  frische  Wunde  durch  Naht  geschlossen. 
Dieses  Verfahren  giebt  sehr  schöne  Erfolge,  wenn  es  gelingt. 
Es  eignet  sich  besonders  zur  Deckung  von  Defecten  mit  harter 
fettloser  Unterlage  (Stirn,  Nase). 

Die  besten  und  sichersten  Erfolge  hat  aber  die 

Hautverpflanzung  nach  Thiersch, 

bei  welcher  sehr  dünne,  von  andern  Körpertheilen  entnommene 
Hautstreifen  zur  Deckung  selbst  grosser  Wundflächen  aller 
Grewebsarten  verwendet  werden.  Die  Anheilung  der  Hautstreifen 
erfolgt  auf  frischen  oder  einige  Tage  tamponirt  gewesenen  Wund- 
flächen und  auf  granulirende  Flächen,  nachdem  die  obere,  lockere 
Granulationsschicht  mit  dem  scharfen  Löffel  entfernt 
wurde.  Hauptbedingung  der  Anheilung  ist  die  vorherige  voll- 
kommene Stillung  der  Blutung  durch  Druck  oder  nöthigenfalls 
durch  Torsion ;   Ligaturen  mit  Catgut  beeinträchtigen  die  Heilung. 

Auch  scheint  es  wünschenswerth  und  in  den  meisten  Fällen 
ausführbar,  die  Hautstückchen  von  demselben  (zu  transplantiren- 
den)  Menschen  zu  entnehmen,  denn  diese  heilen  regelmässig  an, 
während  die  Versuche,  von  anderen  Menschen,  frisch  amputirten 
Gliedern,  frischen  Leichen  oder  von  Thieren  die  Haut  zu  verwerthen, 
oft  missglückt  sind. 

Man  verfährt   folgendermassen : 

1.  Auf  frischen  Wundflächen  wird  die  Blutung  durch  Auf- 
drücken eines  Gazebausches  oder  Schwammes  während  einiger 
Minuten  zum  Stillstand  gebracht.  Granulationsflächen  werden  mit 
dem  scharfen  Löffel  rein  abgeschabt. 

2.  Von  der  vorher  gründlich  desinficirten  Haut  der  Aussen- 
seite  des  Oberarms  oder  der  Vorderfläche    des  Oberschenkels  wer- 


—     134     — 

den  mit  einem  scharfen  Rasirmesser  in  sägenden  Zügen  etwa  8 
bis  10  cm  lange  Streifen  abgeschürft.  Hierbei  umspannt  die 
linke  Hand  von  unten  herum  das  Glied  und  zieht  die  Havit  stramm ; 
auch  ist  es  zweckmässig,  sie  von  einem  Gehülfen,  dort  wo  der 
Schnitt  beginnen  soll,  nach  oben  ziehen  zu  lassen.  Dann  setzt 
man  ein  grosses  an  der  Vorderfläche  hohl,  an  der  Hinterfläche 
eben  geschliffenes,  angefeuchtetes  Rasirmesser  (Microtomklinge) 
möglichst  flach  auf  und  führt  es  in  schnellen,  ausgiebigen  sägenden 
Zügen  gegen  sich,  wobei  die  oberste  abgeschnittene  Lage  der  Haut 
sich  in  Querfalten  auf  der  Messerklinge  zusammenschiebt  (Fig.  209). 
Länge,  Breite  und  Dicke  dieser  Läppchen  hängt  lediglich  von  der 
Geschicklichkeit  und  TTebung  des  Arztes  ab.  Nach  T  hier  seh 
sollen  Epidermis,  Rete  Malpighi  und  Papillarkörper  sammt  einer 
Lage  glatten  Stromas  abgeschnittten  werden;  doch  heilen  auch 
dünnere  Läppchen,  welche  ausser  der  Oberhaut  nur  noch  die 
Spitzen  des  Papillarkörpers  enthalten,  ebenso  leicht  an  (Hübscher). 
Die  Streifen  können  2 — 5  cm  breit  und  10  —  20  cm  lang  sein. 
Fig.  209.  Fig.  210. 


^t 


Hauttransplantation  nach  Thiersch. 

3.  Die  Messerklinge  mit  dem  zusammengeschobenen  Haut- 
streifen wird  flach  dem  Rande  der  zu  deckenden  Fläche  aufgelegt,  das 
Ende  des  Streifens  mit  einer  Sonde  oder  Präparirnadel  herabgezogen 
und  festgehalten  (Fig.  210);  während  das  Messer  langsam  über 
die  "Wundfläche  hinweggezogen  wird,  breitet  sich  der  Streifen  flach 
aus  und  wird  nöthigenfalls  noch  mit  der  Sonde  und  einem  Pinsel 
glatt  gelegt.  In  dieser  Art  legt  man  Streifen  neben  Streifen,  bis 
die  ganze  Fläche  bepflanzt  ist.  Nirgends  soll  eine  Lücke  bleiben, 
es  ist  sogar  gut,  wenn  die  Streifen  sowohl  sich  selbst  an  ihren  Rändern 
dachziegelförmig  decken,   als  auch  die  Wundränder  etwas  überragen, 

4.  x41s  Verband  dient  entweder  Bestäubung  mit  Jodoform- 
pulver und  Bedeckung  mit  feuchter  Jodoformgaze,    oder  Borvase- 


—     135     - 

lineläpp cheD,  welche  sanft  durch  Krüllgaze  oder  Kissen  angedrückt 
gehalten  werden.  Nothwendig  ist  mitunter  noch  die  sichere  Lage- 
rung des  Gliedes  in  Schienen.  Der  Trockenverband  bleibt  8  bis 
10  Tage  bis  zur  völligen  Anheilung  liegen,  der  Salbenverband 
muss  zwischen  dem  3. —  5.  Tage  gewechselt  werden.  Die  Streifen- 
wunden heilen  unter  einem  Trockenverbande  und  hinterlassen 
kaum  Narben. 

Die  Verbände  bei  Transplantationen  werden  in  äusserst  ver- 
schiedener Weise  ausgeführt.  Thiersch  empfahl  während  des  ganzen 
Verfahrens  nur  physiologische  Kochsalzlösung  zu  verwenden  und 
bedeckte  die  bepflanzte  Stelle  mit  täglich  zu  wechselnden  Salzwasser- 
compressen. Die  Anwendung  der  Antiseptica  scheint  aber  nicht  nur 
unschädlich,  sondern  in  der  Praxis  sogar  nothwendig,  da  der  praktische  Arzt 
wohl  selten  sicher  aseptisch  vorgehen  kann.  Die  Bedeckung  mit  un- 
durchlässigen Stoffen  (Protectivsilk,  Guttaperchapapier)  verhindert  zwar 
das  Ankleben  der  Streifen  an  den  Verband,  erfordert  aber  häutigeren 
Verbandwechsel,  da  die  Sekrete  nicht  aufgesaugt  werden  können.  So  ein 
verwendet  Stanniolstreifen  mit  2%  Salicylöl  zur  Bedeckung.  Der  trockne 
Jodoform  verband  ist  ebenso  sicher  als  bequem  und  einfach. 

Grössere  Defecte  der  Haut,  welche  entweder  angeboren 
sind,  oder  durch  Verletzuugen,  Verbrennungen,  und  Entfernung  von 
Neubildungen  entstehen,   schliesst  man  durch 

Plastische  Operationen 

indem  man  die  benachbarte  Haut  in  der  mannigfachsten  Weise 
zur  Deckung  verwendet. 

Im   allgemeinen  unterscheidet  man  folgende  Arten  der  Plastik: 

1.  durch  Heranziehung  der,  wenn  nöthig  von  ihrer  Unterlage 
etwas  lospräparii'ten  und  dehnbar  gemachten  Hautränder.  Lanzett- 
und  rautenförmige  Lücken  lassen  sich  in  gerader  Linie  vernähen, 
dreieckige  und  viereckige  vernäht  man  von  den  Ecken  her,  so  dass 
schliesslich  die  Längsseiten  sich  berühren  (Eig.  211  —  214);  nöthigen- 
falls  verwandelt  man  einen  viereckigen  Defect  durch  Ausschneiden 
zweier  Dreiecke  an  seinen  Schmalseiten  in  einen  lanzettähnKchen 
oder  macht  an  einer  oder  beiden  Seiten  tiefe  Entspannungs- 
schnitte, welche  eine  bessere  Heranziehung  der  Hautränder  er- 
möglichen (Eig.   215,   216). 

2.  Durch  Verschiebung  von  Lappen  (Celsus):  Durch  gerade 

oder  bogenförmige  Schnitte  werden  ein  oder  mehrere  Lappen 


—     136 


Operative  Plastik. 

Fig.  211. 


m 


j  i  1 


Fig.  212. 


Fig.  213. 


liiililliBIlillilillllllllijlllllllP 


Fig.  214. 


+fffh^. 


Vernähung  von  Defecten  durch  Heranziehung  ihrer  Ränder. 
Fig.  215. 


Fig.  216. 


Entspannungsschnitte. 


—     137 

Fig.  217. 


rH-H-F+-H- 


T^|-f4+-hW- 


Plastik  nach  Celsus. 
Fig.  218. 


1    ]    I    ij_l   1    1    J 
JJlll^Ii 


Fig.  219. 


1  1  1  1 


Fig.  220. 


Fig.  221. 


H4rU++ 


Plastik  durch  Verschiebung  und  Dehnung  von  Lappen. 


—     138     — 

Fig.  222, 


illiun^ 


5 
\ 


Fig.  223. 


<— 


^ 


;< 


ffffm^ 


\ 


Verschiebung  von  Lappen  nach  Ausschneidung  von  Dreieci<en  nach  Burow. 
Fig.  224. 


^>rH+f^'' 


Fig.  225. 


Plastik  mit  gestielten  Lappen. 


-^     139     — 

umschnitten,  welche  nach  Loslösung  von  ihrer  Unterlage  über  den 
Defect  herübergezogen  werden  (Fig.   217  —  221). 

Burow  bildete  verschiebliche  Lappen  durch  Herausschneiden 
entsprechender  Dreiecke,  wodurch  sehr  schöne  Erfolge  erzielt 
werden  können ;  leider  wird  aber  dabei  doch  meist  zuviel  gesunde 
Haut  geopfert,  so  dass  diese  Methode  sehr  selten  angewendet  wird 
(Fig.  222,  223). 

Die  Verschiebung  findet  endlich 

3.  mit  Drehung  statt,  wenn  die  Lappen  so  geschnitten  werden, 
dass  sie  nur  mit  einer  Seite  als  Stiel  mit  der  Wundfläche  in 
Berührung  stehen  (gestielte  Lappen,  Fig.   224,   225). 

Man  kann  gestielte  Lappen  an  ihrer  wunden  Rückseite  mit 
Schleimhaut  oder  äusserer  Haut  nach  Thiersch  bepflanzen 
(„unterfüttern"),  ebenso  lassen  sich  grosse  Lappen  durch  Umschlagen 
ihrer  Bänder  verdoppeln  und  dann  zur  Deckung  von  Lücken  in 
Körperwandungen  benutzen. 

Das  Nähere  über  die  Ausführung  plastischer  Operationen  im 
Gesicht  zur  Deckung  von  Defecten  an  Auge,  Wange,  Lippen,  Nase 
u.   s.   w.   findet  sich  in  Bd.  III,   S.    51 — 96. 


Von  den 

Operationen  an  Nägeln 

ist  die  wichtigste  und  häufigste  die  Behandlung  des  eingewachsenen 
Nagels  der  grossen  Zehe.  Da  dieses  sehr  schmerzhafte  Leiden 
oft  hartnäckig  wiederkehrt,  so  kommt  es  vor  Allem  darauf  an, 
nicht  bloss  den  erkrankten  Theil  des  Nagels  zu  entfernen,  sondern 
auch  sein  Wiederwachsen  zu  verhüten. 

Man  verfährt  am  besten  folgendermassen : 
1.   Unter    lokaler  Anästhesie    oder    in  Nar-  Fig.  226. 

kose  wird  das  spitze  Blatt  einer  starken, 
geraden  Scheere  unter  die  Mitte  des  freien 
vorderen  Nagelrandes  eingestochen,  bis  an  seinen 
hinteren  Band  vorgeschoben  und  der  Nagel  mit 
einem  Schlage  gespalten  (Fig.  226).  Die  beiden 
Hälften  werden  nach  einander  mit  einer  kräftigen 
Zange  (Fig.  227)  gefasst,  durch  Drehung  um 
ihre  Achse  nach  aussen  über  den  Nagelfalz  her- 
übergehebelt und  ausgezogen. 


2.  Darauf  erfasst  man  mit  einer  Pinzette  die  erkrankte 
(innere)  Ecke  der  Nagelmutter  (Matrix),  trägt  sie  in  sägenden 
Zügen  mit  scharfem  Messer  ab  und  verlängert  den  Schnitt  an  dem 
inneren  granulirenden  Weichtheilrand  entlang  bis  zur  Zehenspitze, 
wobei  alles   erkrankte  Gewebe  mit  entfernt  wird  (Fig.   226). 

3.  Die  kleine  Wunde  und  das  blossgelegte  Nagelbett  wird 
mit  Jodoformgaze  bedeckt  und  der  Granulation  überlassen ;  bei 
den  späteren  Verbänden  ist  es  zweckmässig,  die  das  Nagelbett 
bedeckende  unterste  Gazeschicht  als  Schutz  liegen  zu  lassen,  sie 
fällt  später  von  selbst  ab.  Der  Kranke  kann  schon  nach  3 — 4 
Tagen  ohne  Schmerzen  auftreten. 

Dieses  Verfahren  ist  zwar  sehr  eingreifend,  schützt  aber  am 
besten  vor  ßecidiven.  Alle  anderen  haben  meistens  einen  unsicheren 
Erfolg.  Die  einfache  Abtragung  des  ganzen  Nagels  oder  seiner 
erkrankten  Hälfte  ohne  Entfernung  des  entsprechenden  Matrix- 
abschnittes erweist  sich  meist  als  ungenügend,  ebenso  das  schon  seit 
Alters  her  empfohlene  Einlegen  von  Fremdkörpern  zwischen 
den  granulirenden  Nagelfalz  und  den  auf  ihn  drückenden  scharfen 
Nagelrand,  ferner  das  Ausschaben  einer  seichten  Längsrinne  in 
der  Mitte  des  Nagels,  um  ihn  elastischer  zu  machen,  und  das  Auf- 
setzen einer  federnden  Klammer,  welche  die  Ränder  des  Nagels 
auseinanderhebelt.  In  leichteren  Fällen,  wo  die  Entzündung  des 
seitlichen  Nagelfalzes  noch  nicht  bedeutend  ist,  kommt  man  mit- 
unter zum  Ziele  durch  gerades  oder  concaves  Beschneiden 
des  Nagels  und  Einschieben  von  Watte  oder  Feuerschwamm  unter 
die  beiden  Ecken. 


—     141 


Operationen  an  den  Knochen. 

Die   Osteoklasis 

das  subcutane  Zerbrechen  von  Knochen 
wird  bei  schief  und  mit  beträchtlicher  Verkürzung  geheilten  Knochen- 
brüchen ausgeführt ;  ist  nicht  gar  zu  lange  Zeit  seit  der  Verletzung 
vergangen,  so  kann  man  in  den  meisten  Fällen  (namentlich  bei  Kindern) 
den  noch  weichen  Callus  durch  kräftiges  Ziehen  und  Biegen  mit  dßll 
HändGn  wieder  grade  richten.  Unter  Umständen  ist  es  dabei  nöthig, 
den  Knochen  wie  einen  Stab  über  das  Knie  oder  die  Tischkante 
einzuknicken  und  zu  zerbrechen.  Für  einige  Fälle  von  schlecht  ge- 
heilten, noch  nicht  zu  alten  Fracturen,  besonders  des  Ober- 
schenkels,  hat  Wagner  zur  Dehnung  des  Callus  den  ursprünglich 

Fig.  228. 


Streckapparat  nach  Schneider-Mennel. 

zur  Einrichtung  alter  irreponibler  Luxationen  angegebenen  Streck- 
apparat nach  Schneider-Mennel  wiederum  empfohlen:  in 
diesem  wird  der  Kranke  fest  eingespannt  und  die  zu  zerbrechende 
Stelle  durch  Drehung  von  Zahnrädern  mit  grosser  Kraft  ausein- 
andergezogen. 

Sind    aber    die    Bruchenden    schon    fester    verknöchert, 
so    kommt    man    in    dieser    Weise    meistentheils    nicht    zum    Ziele 


—     142     — 


und  muss  grössere  Kraft  anwenden,  von  Bardeleben  ver- 
längerte die  durch  die  Knochenenden  gebildeten  Hebelarme 
dadurch,  dass  er  lange  Latten  durch  einen  starken  Gips- 
verband an  den  Bruchenden  befestigte;  z.  B.  wurde  bei  einer 
Fractur  nahe  oberhalb  des  Fussgelenkes  eine  2  Fuss  lange  Holz- 
schiene an  dem  untersten  Theil  des  Fusses  und  Unterschenkels 
befestigt,  wodurch  das  Fussgelenk  unbeweglich  gemacht  wird, 
während  die  ehemalige  Bruchstelle  frei  bleibt.  Während  ein  Gehülfe 
den  oberen  Theil  des  Unterschenkels  fixirt,  lässt  sich  durch  Druck 
auf  das  freie  Ende  der  Schiene  der  Callus  leicht  mit  einer  Hand 
zerbrechen. 

Fig.  229. 


Knochenbrecher  nach  von  Esmarch. 


Einfach  und  sehr  wirksam  ist 
auch  der  Knochenbrecher  nach  von 
Esmarch  (Fig.  229),  ein  einarmiger 
langer  hölzerner  Hebel,  der 
auf  das  zwischen  zwei  Kissen  ge- 
lagerte Glied  mit  Kraft  niedergedrückt 
wird. 

In  früheren  Zeiten  waren  zum 
Zerbrechen  des  Knochens  viel  zu- 
sammengesetztere Apparate  in  Ge- 
brauch,  so   der  Dysmorphosteopalin- 

klasiGS,  eine  Schraubenpresse,  von 
Bosch  und  Oesterlein.  In  ein- 
facherer Weise  wirkt  nach  demselben 
Grundsatz  der  Osteoklast  nach 
E,izzoli  (Fig.  230),  der  das  zwischen 


Osteoklast  nach  Rizzoli. 


—     143     — 

zwei  Ringen    festgehaltene  Grlied    an    einer  bestimmten    Stelle    ein- 
knickt (Fig.   230). 

Wenn  man  auch  gegebenen  Falls  mit  diesen  Maschinen  ganz 
gute  Erfolge  haben  kann,  so  wird  man  doch  in  heutiger  Zeit  der 
aseptisch  ausgeführten  Osteotomie  meistens  den  Vorzug 
geben,  zumal  bei  ihr  die  Bruchstelle  genau  bestimmt  werden  kann, 
und  die  starcke  Quetschung  der  Weichtheile  vermieden  wird, 
welche  bei  Anwendung  aller  Knochenbrecher  unvermeidlich  ist. 

Die  Osteotomie, 
die  Knoehendurchtrennung 

macht  man  zur  Greraderichtung  krummer  Knochen  bei  schlecht  ge- 
heilten    Knochenbrücheu,     bei     krankhaften    Verkrümmungen     der 
Knochen  und  bei  den  Belastungsdeformitäten  des  Beins. 
Man  verfährt  hierbei  folgendermassen 

1.  Unter  künstlicher  Blutleere  wird  mit  starkem  Messer  an 
einer  Stelle,  wo  die  wenigsten  Weichtheile  verletzt  werden,  ein 
kleiner  Längsschnitt  durch  alle  Deckschichten  bis  auf  das  Periost 
geführt. 

2.  Ein  kräftiger  Meissel  (Osteotom,  Fig.  231)  wird  in  die 
kleine  Wunde  bis  auf  den  Knochen  geschoben,  dann  mit  einer 
Vierteldrehung  quer  zur  Axe  des  Knochens  gestellt  und  nun  mit 
kräftigen  Hammerschlägen  in  den  Knochen  hineingetrieben.  Bei 
dickeren  Knochen  rauss  man  nach  Durchmeisselung  der  halben 
Knochendicke  einen  dünneren   Meissel  nehmen,    um  mehr  Platz  in 

Fig.  231. 


Osteotom  nach  Macewen. 

der  Knochenfurche  zu  haben.  Ist  der  Knochen  bis  auf  eine 
schmale  Brücke  durchtrennt,  so  lässt  sich  diese  auch  abbrechen. 
Während  des  Hämmerns  ruht  das  Glied  am  besten  auf  einer  festen 
nur  wenig  nachgiebigen  Unterlage   (nasser  Sandsack). 

3.  Statt  des  Meisseis  bedient  man  sich  auch  der  Stichsäge 
(von  Langenbeck,  Adams,  Fig.  232);  die  durch  sie  erzeugten 
Knochenspähne  schaden  der  Wuudheilung  nicht,  so  lange  Asepsis 
besteht.      Doch  giebt  man  im  Allgemeinen  dem  Meissel  den  Vorzug. 


stichsäge  nach  Adams. 

4.  Xachdem  der  !Meissel  aus  der  Knochenfurche  herausgezogen 
ist.  was  oft  einige  Kraft  erfordert,  wird  die  kleine  "Wunde  entweder 
vollständig  vernäht  oder  der  Granulation  überlassen,  der  Schnürgurt 
gelöst  und  das  Glied  in  der  gewünschten  verbesserten  Stellung 
durch  einen  sofort  angelegten  erhärtenden  Verband  erhalten.  Die 
Heilung  erfolgt  meist  unter  diesem  ersten  Verbände,  nöthigenfalls 
muss  nach  einigen  "Wochen  ein  neuer  Verband  in  noch  besserer 
Stellung  angelegt  werden. 

Typische  Knochendurclitrennungen   sind: 

Osteotomia  subtrochanterica 

(^v  0  n  V  o  1  k  m  a  n  n} 
bei   Contracturen   des   Oberschenkels 

1.   Eautschnitt  über  die  hintere   äussere  Seite  des  Trochanters. 
Fig.  233.  Pig.  234.  Fig.  235. 


4ö 

Osteotomia  subtrochanterica.        Osteotomia  supracondyiica.       Osteotomia  supramalieoiaris. 


—     145    — 

2.  Das  Periost  wird  mit  Schabeisen  und  Hebel  bis  auf  ein 
Drittel  des  Knochenumfanges  zurückgeschoben,   darauf 

3.  der  Knochen  mit  einem  breiten  Meissel  durchtrennt;  in 
schwereren  Fällen  wird  ein  entsprechender  Keil  aus  der  äusseren 
Knochenhälfte  ausgemeisselt  (Fig.   233). 


Osteotomia  supracondylica  femoris 

(Mac  Ewen) 
bei  Genu  valgum  (und  varum). 

1.  An  der  Innenseite  des  Oberschenkels  im  Kreuzungs- 
punkt zweier  Linien,  von  denen  die  eine  fingerbreit  oberhalb  der 
oberen  Grenze  des  Condylus  externus  quer  über  den  Schenkel 
zieht,  die  andere  2  cm  ,Tor  der  Sehne  des  M.  adductor  magnus 
herabläuft,  wird  ein  spitzes  Messer  bis  auf  den  Knochen  einge- 
stochen und  der  Einstich  4 — 5  cm  nach  oben  zu  erweitert.  Die 
Fasern  des  M.  vastus  internus  werden  dabei  durchtrennt,  die 
Gelenkkapsel    bleibt    unverletzt. 

2.  Ehe  das  Messer  herausgezogen  wird,  schiebt  man  neben 
ihm  ein  etwa  1^)  cm  breites  Osteotom  (Fig.  231)  bis  auf  den 
Knochen  vor,  entfernt  nun  das  Messer  und  stellt  den  Meissel 
quer  zur  Knochenaxe.  Das  Femur  wird  quer  von  innen  hinten  nach 
aussen  vorn  (um  die  Gefässe  nicht  zu  verletzen)  durchgemeisselt, 
der  letzte  Rest  am  besten  abgebrochen  (Fig.  234).  Um  die  Durch- 
meisselung  schneller  auszuführen,  fügt  Hahn,  nachdem  der  Knochen 
zur  Hälfte  von  dem  inneren  Schnitt  aus  durchtrennt  ist,  noch  einen 
Hautschnitt  über  dem  Condylus  externus  hinzu,  von  welchem  aus 
die  äussere  Knochenhälfte  durchgemeisselt  wird,  so  dass  die  Meissel- 
furchen  in  der  Mitte  zusammentreffen. 

3.  In  manchen  Fällen  muss  auch  die  Tibia  sogleich  oder  erst 
später  dicht  unterhalb  ihrer  Tüberositas  von  einem  seitlichen  Längs- 
schnitt aus  osteotomirt  werden.  Bei  hochgradigen  Verkrümmungen 
kann  es  nothwendig  werden,  einen  entsprechenden  Keil  aus  Femur 
oder  Tibia  herauszunehmen. 

4.  Die  WundöfPnungen  werden  mit  Jodoformgaze  bedeckt  und 
das  Bein  in  gerader  Stellung  mit  einem  Gipsverband  umgeben. 
Die  kleinen  Wunden  heilen  leicht,  nöthigenfalls  muss  ein  Fenster 
im  Verbände  angelegt  werden. 

Esmarch-Ko walzig,  Technik,    4.  Aufl.  '     10 


146     — 


Osteotomia  supramalleolaris 

(Trendelenburg) 
bei  Plattfuss  und  scMef  geheilten  Knöchelbriiclien,  wobei  der  Fuss 
nach  aussen  verschoben  in  Pronationsstellung  steht. 

1.  Ein  kleiner  1  cm  langer  Hautschnitt  wird  auf  beiden 
Seiten  über  die  Knöchel  geführt. 

2.  Tibia  und  Fibula  werden  mit  einem  schmalen  Meissel  dicht 
oberhalb  der  Malleolen  quer  durchtrennt,  so  dass  der  Fuss  voll- 
ständig beweglich  wird  (Fig.    235). 

3.  Nach  gehöriger  Umstellung  derselben  legt  man  in  dieser 
verbesserten  Stellung  einen  Gipsverband  an,  welcher  erst  nach  etwa 
12   Tagen  durch  einen  neuen  Verband  ersetzt  wird. 

Die  Yereinigimg  Yon  Knoclienwundfläclien 

zur  Erzielung  knöcherner  Ankylose  bei  Pseudarthrosen  und  nach 
einigen  Pesectionen,  kann  in  verschiedener  Weise  vorgenommen  werden. 
Lassen  sich  die  Knochenenden  sicher  und  fest  an  einander  lagern,  so 
genügt  es  meist,  das  umgebende  Periost  ringsherum  durch  Catgutnähte 
zu  vereinigen  (Periostnaht),  will  man  aber  grössere  Sicherheit 
haben,  so  kann  man  den  Knochen  selbst  nähen,  indem  man 
an  beiden  Enden  schräge  Oeffnungen  mit  einem  einfachen  Knochen- 
bohrer (Fig.  236)  oder  dem  Drillbohrer  anlegt  und  durch  diese 

Fig.  236. 


Fig.  237. 


Knochenbohrer 
mit    Chromsäure  -  Catgut ,    Seide 
oder  Silberdraht  Schlingen   legt 

(Knochennaht,   Fig.   237),   oder 

man    nagelt    die    Knochen 

durch  lange  Stahlnägel  (Fig.  238) 

fest    zusammen.      Diese    bleiben 

3 — 4  Wochen    bis  zur  Heüung 

schmerzlos  im  Knochen  stecken 

und  lassen  sich  nach  dieser  Zeit 

leicht    herausziehen.      Statt    der  Knochennaht. 

Nägel  war  früher  die  Verwendung  von  Elfenbeinstiften  sehr 

gebräuchlich. 


—     147     — 

Zur  besseren  Fixirung  der  Knochenenden  gegen  einander  und 
zur  Vergrösserung  der  "Wundfiäche,  kann  man  die  Knochenstümpfe 
keilförmig  <C  <  oder  treppenartig  pl  [-T  anfrischen.  Bei 
letzterem  Verfahren  vereinigt  man  sie  am  besten  durch  queres 
Eintreiben  von  Nägeln,   Zapfen  oder  Schrauben. 

Fig.  238, 


Stahlnägel. 

Wille  durchbohrt  den  Knochen  zur  Anlegung  der  Draht- 
naht nicht  schräg,  sondern  der  Quere  nach,  führt  dann  mit  einer 
eigenen  Nadel  den  Draht  hindurch  und  schlingt  ihn  schliesslich 
zusammen;  sehr  schräg  verlaufende  Bi'uchenden  kann  man  mit 
Draht  in  einer  an  zwei  Seiten  angelegten  seichten  Sägefurche,  um 
das  Abgleiten  zu  verhüten,  ringartig  einfach  zusammenbinden. 

Weniger  empfehlenswerth  scheinen:  Das  Verfahren  von  Bir  eher, 
vrelcher  die  Knochenenden  durch  einen  in  ihre  Markhöhle  ein- 
gerammten Elfenbeincylinder  an  einander  befestigt,  das  Ver- 
fahren von  Senn,  welcher  „intraossale  absorbirbare  Knochen- 
schienen" anwendet,  und  das  von  Davy,  welcher  das  kegelförmig 
zugespitzte  Ende  des  einen  Knochens  in  die  Markhöhle  des  andern 
einkeilt,   wodurch  eine  erhebliche  Verkürzung  entsteht. 

Die  Versuche,  auf  plastischem  Wege  durch  Ablösung 
und  Vernähung  von  Periostlappen  (E,  y  d  y  g  i  e  r)  und  von  gestielten 
Hautperiostknochenlappen  (Müller)  die  Vereinigung  zu  erzielen, 
haben  oft  gute  Erfolge  gehabt ;  unsicher  ist  die  Implantation 
von  Periost  und  Knochen,  die  aus  entfernten  Körperstellen  oder 
von  Thieren  entnommen  sind. 

Gelingt  es  auf  diese  Weise  nicht,  eine  feste  knöcherne 
Callusbildung  zu  erzeugen,  so  gelangt  man  mitunter  noch  zum 
Ziele  durch  ReizmittGl.  Hierher  gehören:  die  Stauungshype- 
rämie durch  loses  Anlegen  eines  elastischen  Gurtes  oberhalb  der 
Bruchstelle  (y.  Dumreicher,  Helferich),  das  „Heilgehen"  in  gut 
sitzenden  Hülsen  (Hessing  u.  A.),  die  Massage;  ferner  die  Bepin- 

10* 


—     148     — 

s  e  1  u  n  g  der  Haut  mit  Jodtinctur,  die  Injection  von  10  *'/^  Chlor- 
zinklösung (L  a  n  n  e  1 0  n  g  u  e)  ,  die  Tamponade  mit  Terpentinöl 
(Mikulicz)  bei  offenen  Brüchen,  das  kräftige  Reiben  der  Frag- 
mente gegen  einander  (Celsus)  in  Narkose;  endlich  das  Ein- 
führen von  Fremdkörpern:  Eintreiben  von  Nägeln,  Elfen- 
beinstiften, Nadeln,  die  A  cupun  ctur  mit  vielen  (5  —  20)  Nadeln, 
welche  Wochen  lang  stecken  bleiben  (Nicolaysen)  und  die 
Electropunctur  (1  e  Fort). 


Die  Nekrotomie. 
Die  Eröffnung  der  Knoehenhöhle 

Fig.  239 


Osteotribe  nach  Marshail. 


nügt    dieses    Verfahren    nicht,    man    muss 

in    ganzer    Ausdehnung     soweit     eröffnen , 

bequem     herausgezogen     werden     kann.       Am 


macht  man,umEiter  oder 
abgestorbene  Knochen- 
stücke (Sequester), 
welche  in  der  durch  die 
vorherige  Entzündung 
des  Knochens  (Osteo- 
myelitis) gebildeten 
Totenlade  liegen,  oder 
andere  von  aussen  einge- 
drungene Fremd- 
körper (Geschosse)  zu 
entfernen.  Ist  nur  ein 
Geschoss  herauszube- 
fördern,  welches  in  einer 
Knochenhöhle  liegt,  so 
kann  man  die  Fistel- 
öffnung, welche  durch 
die  Knochen  wand  auf 
den  Fremdkörper  führt, 
am  raschesten  mit  einer 

Kugelf  eile  (Osteotribe 

nach  Marshall,  Fig. 
239)  erweitern.  Bei 
den  Nekrosen" 

operationen     aber     ge- 
vielmehr    die  Totenlade 
dass    ihr    Inhalt 
raschesten     und 


—     149     — 

bequemsten  lässt  sich  dieses  mit  M  e  i  s  s  e  1  und  Hammer  (Fig.  240) 
ausführen  und  zwar  sind  die  gewöhn-  Fig.  240. 

liehen  grossen  Tischlermeissel  mit 
Holzstiel  viel  brauchbarer,  als  die  aus 
einem  Stahlstück  bestehenden  chirur- 
gischen Meissel.  Jedenfalls  kann  man 
sich  in  Ermangelung  der  letzteren 
seine  Werkzeuge  beim  ersten  besten 
Tischler  oder  Drechsler  leihen.  In  der 
Kieler  Klinik  sind  für  diese  Zwecke 
Meissel  in  Grebrauch,  deren  Schnitt- 
fläche bis  zu  5  cm  breit  ist  (Fig.  242). 
1.  Unter  künstlicher  Blutleere 
legt  man  den  betreffenden  Knochen  an 
geeigneter  Stelle  durch  einen  grossen 
Längsschnitt  frei,  schiebt  das  ge- 
spaltene Periost  mit  dem  Schabeisen 
(Fig.  244)  nach  beiden  Seiten  hin 
zurück  und  öffnet  die  Totenlade  mit 
kräftigen  Meisselhieben  soweit,  dass 
der  tote  Knochen  frei  vorliegt;  um 
hierbei  rasch  vorwärts  zu  kommen, 
ist  es  zweckmässig,  recht  grosse 
Hohlmeissel  zu  gebrauchen  (Fig.   241). 

2.  Mit    der    Sequesterzange    (Fig.   245)    wird    nun    der 
tote  Knochen  herausgezogen  und  die  ihn  etwa  umgebenden  festen 

Fig.  241. 


Holzhammer. 


Aufmeisselung  einer  Nekrose  der  Tibia. 


—     150     — 


Granulationen  werden  mit  dem  scharfen  Löffel  rein  ausgeschabt.  Da 
man  niemals  sicher  ist,  dass  in  den  "Winkeln  und  Buchten  der  er- 
öffneten Totenlade  nicht  noch  kleinere  oder  grössere  Sequester- 
stücke zurückgeblieben  sind,  oder  dass  Granulationsgänge  in  die 
Tiefe  des  Knochens  hineinziehen,  so  ist  es  erforderlich,  von  den 
Seitenrändern  der  Totenlade  soviel  fortzunehmen,  dass  die  Knochen- 
höhle in  eine  offene,  flache  Mulde  verwandelt  wird,  in 
der  keine  Nebenhöhlen  unentdeckt  zurückbleiben  können  (Fig.  243). 
Zum  Schluss  glättet  man  die  Oberfläche  dieser  Mulde  noch  mit 
dem  Meissel  und  dem  scharfen  Löffel. 


Fig.  242 


Fig.  245. 


Fig.  244. 


Raspatorium. 


Sequesterzange. 


Nat.  Grösse  der  Schneiden  von 
Meisseln  zur  Nekrotomie. 


Mulde  nach  Nekrotomie. 


3.   Nach  Beendigung  der  Operation  näht  man,   wenn  es   mög- 
lich   ist,     die    "Wundränder     zusammen,     oder     t  a  ni  p  o  n  i  r  t     die 


—     151     — 

Knochenmulde  fest  aus,  legt  darüber  ein  Verbandkissen  und  befestigt 
es  mit  einer  Binde. 

Fürchtet  man  stärkere  Nachblutungen,  so  kann  man  auch 
mit  einer  elastischen  Binde  den  ganzen  Verband  noch  fester  an- 
drücken. Dann  erst  wird  die  elastische  Umschnürung  rasch 
gelöst. 

Die  Wunde  heilt  durch  Granulationsbildung,  was  übrigens 
bei  grossen  und  tiefen  Wundhöhlen  recht  lange  dauert. 

4.  Um  die  Heilung  zu  beschleunigen,  kann  man  die 
Haut  zu  beiden  Seiten  der  Wunde  von  der  Fascie  ablösen  und 
über  die  Knochenfläche  herüberziehen,  wo  man  sie  durch  ein- 
geschlagene kleine  Stahlnägel  oder  durch  eine  Naht  (Einstülpungs- 
naht Neuber,  Fig.  246)  befestigt.  Die  Heilung  erfolgt  dann 
durch  Verklebung;  die  anfangs  tief  in  den  Knochen  hineingedrückten 
Hautlappen  erheben  sich  allmählich  durch  die  in  der  Tiefe  sich 
bildende    Knochenmasse    bis    zu    ihrer   früheren   Lage  (Fig.   247). 


Fig.  246. 


Fig.  247. 


^/.   ,,,    Jim 

Einstülpungsnaht  nach  Neuber. 

Naeli  der  OperatioD.  Nach  der  Heilung^. 


Auch  hat  man  versucht,  die  Knochenmulde  sofort  nach  der 
Operation  mit  den  durch  die  Meisselung  entstandenen  K  n  o  c  h  e  n - 
sp  ahnen  wieder  anzufüllen  und  die  Haut  darüber  zu  vernähen. 
Senn  gebrauchte  in  ähnlicher  Weise  entkalkte  Spähne 
von  Ochsenknochen,  die  in  Alkohol  aufbewahrt  werden.  Doch 
sind  neben  einigen  guten  Erfolgen  hierbei  auch  sehr  viele  Miss- 
erfolge eingetreten  dadurch,  dass  einzelne  Knochenstückchen  nicht 
einheilten  und  durch  Eiterung  ausgestossen  wurden.  Weit  mehr 
empfiehlt  es  sich,  nach  völliger  Vernähung  der  Hautränder  die 
Knochenhöhle  voll  Blut  laufen  und  unter  dem  feuchten  Schorfe 
heilen  zu  lassen  (Schede). 

Durch  die  osteoplastische  Nekrotomie  nach  Lücke  und  Bier 
erzielt  man  aber    neben    grosser  Schnelligkeit    und  Ueb ersichtlich- 


—     152     — 


keit    bei    der  Operation    auch 
Heilung  und  bessere  Narben. 


zuweilen    eine    bedeutend    schnellere 


Fig.  248. 


/^■-w 


Osteoplastische  Nekro- 
tomie. 


Handelt  es  sich,  wie  zumeist,  um  eine 
Nekrose  der  Tibia,  so  wird  der  verdickte  Theil 
derselben  an  drei  Seiten  bis  auf  den  Knochen 
umschnitten. 

An  den  beiden  kürzeren  Querschnitten  wird  die 
verdickte  Knochenwand  an  ihrem  vorderen  Um- 
fange mit  der  Stichsäge  durchtrennt.  Den  Längs- 
schnitt dagegen  meisselt  man  mit  einem  breiten 
graden  M  eissei  tief  ein.  Bei  den  letzten 
Schlägen  lässt  sich  nun  durch  kräftige  Hebel- 
bewegung der  umschnittene  Theil  des  kranken 
Knochens  aufklappen ,  wie  der  Deckel  eines 
Kastens  (wobei  die  gegenüberliegende  Längsseite 
einknickt),  und  man  kann  mit  einem  Blick  die 
ganze  Knochenhöhle  übersehen  und  auf  Sequester, 
Granulationen  und  Abscesse  untersuchen  (Fig. 
248).  Dieselben  werden  mit  grossem  scharfem 
Löffel  ausgeschabt,  die  Knochenhöhle  gereinigt 
und  der  aufgeklappte  Theil  des  Knochens  wieder 
in  seine  frühere  Lage  zurückgebracht  und  durch 
einige  Nähte  befestigt. 

Die  völlige  Heilung  ist  in  einigen  Fällen,  selbst 
bei  sehr  ausgedehnten  Nekrosen,  schon  in  3 — 4 
Wochen   erfolsft. 


Die  Amputationen  und  Exarticulationen. 

(Absetzung  der  Glieder.) 

Die  Absetzung  eines  Gliedes  ist  im  Allgemeinen  nur  dann 
vorzunehmen,  wenn  durch  diese  Verstümmelung  die  Aussicht, 
das  Leben  des  Kranken  zu  erhalten,  wesentlich  besser  scheint, 
als  ohne  sie,   bei  Erhaltung  des   Gliedes. 

Man   entfernt   einen  Theil  des  Gliedes : 

1.  bei  ausgedehnten  Zerschmetterungen  des  Kn  o  c  h  e  n  s 
und  Zerreissung  der   grossen  Gefässe  und  Nerven ; 


—     153     — 

2.  bei  Zerfleischung  der  gesammten  Muskulatur,  auch 
wenn   der  Knochen  nur  im  geringen  Grade  betroffen  ist; 

3.  bei  sehr  ausgebreiteter  Zerstörung  der  Haut  (Gre- 
schwüre),  wenn  das  Glied  dadurch  unbrauchbar  gemacht  ist  und 
der  Kranke  durch  die  Entfernung  desselben  wieder  erwerbsfähig 
werden  kann ; 

4.  bei  Gangrän  eines  Gliedabschnittes  (Erfrierung,  Ver- 
brennung,  Altersbrand  etc.) ; 

5.  bei  bösartigen  Geschwülsten,  um  einer  Allgemein- 
infection   des  ganzen  Körpers  vorzubeugen. 

6.  bei  schwerer  septischer  oder  pyaemischer  In- 
f  ection,  wenn  es  auf  keine  andere  AYeise  gelingt,  den  infectiösea 
Herd  zu  beseitigen, 

7.  bei  langdauernden  Eiterungen,  wenn  die  Kräfte  des 
Kranken  so  darniederliegen ,  dass  er  voraussichtlich  ein  noch 
längeres  Krankenlager  nicht  überstehen  kann,  durch  die  Ab- 
setzung des  Gliedes  aber  wahrscheinlich  in  kürzerer  Zeit  wieder- 
hergestellt werden  könnte  und  schliesslich 

8.  bei  atrophischen,  paralytischen  Gliedern,  wenn  der  Kranke 
die  Entfernung  solcher  ganz  unbrauchbar  gewordener  Körpertheile 
selbst  wünscht. 

Allgemeine  Regeln. 
Yorbereitiingeii. 

1.  Der  Kranke  wird  so  gelagert,  dass  er  gut  narkotisirt 
werden  kann  und  dass  Arzt  und  Gehülfen  hinreichend  Platz  haben. 
Die  Schnittfläche  des  zu  amputirenden  Gliedes  muss  dem  vollen 
Dichte  zugekehrt  sein. 

2.  Jedem  Gehülfen  wird  seine  bestimmte  Stellung  und  Auf- 
gabe zugewiesen.  Der  Assistent  an  der  Wunde  steht  dem  Operateur 
gegenüber.  Der  die  Instrumente  zureichende  Gehülfe  steht  neben 
ihm,  ohne  ihn  in  seinen  Bewegungen  zu  hindern  oder  die  Wund- 
fläche zu  beschatten.  Ein  dritter  Gehülfe  hält  den  zu  amputirenden 
Gliedabschnitt  mit  „langen  Armen"  frei  in  der  Schwebe.  Der 
Narkotisirende  steht  zu  Häupten  des  Kranken.  Sind  nicht  genügend 
Hülfskräfte  vorhanden,  so  muss  der  Operateur  sich  mit  weniger 
oder  gar  mit  einem  einzigen  Gehülfen  begnügen,  er  nimmt  sich 
dann  die  Instrumente  selbst  aus  der  Schale,  während  der  Assistent 
das   abfallende   Glied  unterstützt  und  später  den  Stumpf  hält. 


—     154     — 

3.  Der  Operirende  stellt  sich  am  besten  so,  dass  das  amputirte 
Glied  nach  seiner  rechten   Seite  hin  abfällt. 

4.  Vor  Beginn  der  Operation  wird  die  Haut  in  der  Gegend 
der  Operationsstelle  in  weitem  Umfange  r  a  s  i  r  t ,  mit  Seife  und 
Bürste  gereinigt  und  gründlich  desinficirt,  wie  Bd.  I,  S. 
16 — 20  beschrieben  ist.  Mit  eingetretener  Narkose  wird  das 
Glied  bis  weit  über  die  Amputationsstelle  hinaus  blutleer 
gemacht  und  nach  Abnahme  der  "Wickelbinde  nochmals  desinficirt. 
Fistelöffnungen  und  eiternde  oder  brandige  Flächen  werden  mit 
in  antiseptische  Lösungen  getauchten  Compressen  umhüllt,  um 
eine  durch  Unachtsamkeit  etwa  mögliche  Infection  der  Instrumente 
und  Hände  zu  verhüten.  Selbstverständlich  müssen  während  der 
Amputation  alle  Regeln  der  Antisepsis  und  Asepsis  aufs  Strengste 
befolgt  werden. 

Durclisclmeidiing  der  Weiclithelle. 

Die  "Weichtheile  müssen  so  getrennt  werden,  dass  sie 
den  abgesägten  Knochen  reichlich  bedecken.  Die  Muskeln  durch- 
schneidet man  am  besten  senkrecht  zur  Achse  des  Gliedes,  und 
zwar  darf  das  Messer  dabei  nicht  durch  Druck  wirken,  sondern 
man  zieht  es  hin  und  her,  wie  beim  Vorschneiden  eines  Bratens. 
Bei  schrägen  Muskelschnitten  werden  auch  die  Gef ässe  schräg 
durchschnitten  und  lassen  sich  weniger  leicht  sicher  unterbinden. 
Aus     diesem    Grunde    sind    von    allen    Methoden    am     meisten    zu 

empfehlen    die    Zifkelschnitte    und    die    Hautiappcnschnitte    mit 

zirkulärem  Muskelschnitt. 

Der  einzeitige  Zirkelschnitt  (Celsus). 

"Während  der  Gehülfe  mit  beiden  Händen  das  Glied  über  der 
Amputationsstelle  umspannt  und  dadurch  Haut  und  Muskeln  fixirt, 
werden  mit  einem  Amputationsmesser  (Fig.  249),  dessen 
Länge  sich  nach  der  Dicke  des  Gliedes  richtet,  sämmtliche  Weich- 
theile  bis  auf  den  Knochen  in  einem  Zuge  durchschnitten  (Fig.  250) 
und  sofort  der  Knochen  durchsägt.  Am  zweckmässigsten  fasst 
der  Arzt  das  lange  Amputationsmesser  mit  der  vollen  Faust,  führt  es 
unter  dem  Gliede  herum,  setzt  die  Spitze  des  Messers  auf  die  ihm 
zugekehrte  vordere  Seite  des  Gliedes  senkrecht  und  quer  zu  dessen 
Achse  auf,  schiebt  dann  das  Messer  mit  leichtem  Druck  gegen 
seine  Brust    zu    vor,    wobei    die    Klinge    alle  Weichtheile    bis    auf 


—     155     — 

Fig.  249. 


TB^TlE^^^fe^s^^^^^^ 


Vier  Amputationsmesser. 


Fig.  250. 


Einzeitiger  Zirl<elsclinitt. 

den  Knochen  durchschneidend  bis  zum  Heft  eindringt,  und  führt 
sie  dann  in  kurzen  sägenden  Zügen  um  den  Knochen  herum 
bis  zum  Ausgangspunkt  zui-ück.  Andere  durchschneiden  mit  dem 
nahe  am  Griff  aufgesetzten  Messer  in  langem  Zuge  zunächst  die 
AVeichtheile  an  der  dem  Operateur  abgewandten  Seite  des  Gliedes, 
setzen  dann  das  Messer  in  umgekehrter  Richtung  in  den  Anfang 
des  Schnittes  ein  und  durchtrennen  die  Weichtheile  auf  der  dem 
Operateur  zugewandten  Seite. 


—     156     — 


Darauf  wird  sofort  der  Knochen  durchsägt.  Damit  sich  aber 
die  "Weichtheile  ohne  Spannung  über  den  Knochen  vereinigen 
lassen,  muss  er  noch  einmal  abgesägt  werden  und  zwar  um 
soviel  höher^  als  der  halbe  Durchmesser  des  Gliedes  beträgt. 
Zu  dem  Ende  fasst  man  den  Knochenstumpf  mit  einer  Klauen- 
z  a  n  g  e  und  drängt,  während  die  Weichtheile  kräftig  nach  oben 
gezogen  werden,  mit  einem  hohlschneidigen  Schabeisen  die  Knochen- 
haut nach  oben  (Fig.  251),  bis  der  Knochen  weit  genug  entblösst 
ist  (von  Esmarch). 

Diese  Methode  giebt  bei  Gliedern  mit  einem  Knochen 
unter  allen  die  kleinste  und  ebenste  "VVundfläche;  sie  eignet  sich 
zwar  nicht  für  Glieder  mit  kräftiger  Muskulatur,  vorzüglich  gut 
aber  für  magere,   durch  lange  Eiterung  erschöpfte  Kranke. 

Für  zweiknochige  Glieder  ist  der  einzeitige  Zirkelschnitt 
weniger    gut    geeignet ;     um    das    Zurückschieben    der    Weichtheile 

Fig  251. 


Zurückschieben  des  PeriDstes. 


und  des  Periostes  zu  ermöglichen,    muss  man  nach  Durchtrennung 
des  Interosseums  je  einen  Seitenlängsschnitt  hinzufügen. 

Die  Wunde  kann  in  jeder  Richtung  durch  die  Naht  vereinigt 
werden.  Das  Aussehen  des  frischen  Stumpfes  nach  querer  Ver- 
einigung zeigt  Fig.   252,    nach  senkrechter  Vereinigung  Fig.   278. 

Eine  Abänderung  dieses   Schnittes  ist 

der  zweizeitige  Zirkelschnitt  (Petit  1718), 

welcher    die    Haut    und    die    Muskulatur    in    zwei    über    einander 
liegenden  Ebenen  durchtrennt. 


—     157 


Zuerst  wird  durch  einen     1  ^^ie-  252. 

das  Glied  umkreisenden 
Schnitt  nur  die  Haut  bis 
auf  die  Fascie  durch- 
trennt (Fig.  25  3).  Darauf 
löst  man  ringsum  die 
Haut,  während  der  Assi- 
stent sie  stark  nach  auf- 
wärts zieht,  durch  wieder- 
holte und  senkrecht 
zur  Achse  des  Gliedes 
bis  auf  die  Fascie  ge- 
führte Schnitte  (Fig.  254) 
(nicht  wie  Fig.  255), 
soweit  ab,  dass  ihr  Rand 
mit  den  Fingern  der 
linken  Hand  gefasst  und 
wie  eine  Stulpe  nach 
oben  umschlagen  werden  kann.  Die  Länge  der  Stulpe 
etwa  dem  halben  Durchmesser  des  Gliedes  gl 
sein. 

Fig.  253. 


Stumpf  nach  einzeitigem  Zirkelschnitt. 


muss 
eich 


Zweizeitiger  Zirkelschnitt:  Durchtrennung  der  Haut. 


158 


Fig.  254. 


Zweizeitiger  Zirl<eischnitt:  Ablösung  der  Haut. 


Fig.  255. 


Feliierhafte  Sclinittfüiirung. 


159 


Ist  der  Sciliiittrand  der  Haut  zu  eng,  weil  das  Glied  oberhalb 
der  Stelle  an  Umfang  zunimmt,  so  kann  man  die  Haut  durch  einen 
kurzen  Längsschnitt  spalten  an  einer  oder  zwei  gegenüber- 
liegenden Stellen.  Hart  an  der  Umschlagsstelle  der  Haut  werden 
nun  durch  einen  kräftigen  Zirkelschnitt  sämmtliche  Muskeln  ringsum 


Fig.  256. 


Zweizeitiger  Zirkelschniit:  Durclitrennung  der  Muskulatur. 

bis  auf  den  Knochen  durchtrennt  (Fig.  256},  das  Periost  mit 
dem  Schabeisen  zurückgeschoben  und  dann  der  Knochen 
durchsägt. 

Das  Aussehen  des  frischen  Stumpfes  zeigt  Fig.   257. 

Fig.  257. 


Stumpf  nach  zweizeitigem  Zirkelsclinitt. 


160     — 


Der  zweizeitige  Zirkelschuitt  ist  in  den  verschiedensten  Ab- 
änderungen beschrieben  worden.  Petit  und  Cheselden  durch- 
schnitten zunächst  nur  die  Haut  für  sich  allein  kreisförmig,  Hessen 
dann  die  Weichtheile  kraftvoll  nach  oben  ziehen  (Fig.  258) 
und  durch  trennten  sie  hart  am  Rande  der  zurückgezogenen  Haut 

Fig.  258. 


Zirkelschniti  nach  Petit. 
Fig.  259. 


Dreizeitiger  Zirkelschnitt  (Trennung  des  ,,IVIuskeikegels"). 

in  einem  Zuge  bis  auf  den  Knochen.  Louis  durchschnitt  alle 
Weichtheile  in  einem  Zuge  bis  auf  den  Knochen,  löste  aber  mit 
einem  zweiten  Zirkelschnitt  den  kleinen  Muskelkegel  vom 
Knochen  ab,  welcher  sich  nach  Zurückziehung  der  oberflächlichen 
Muskulatur  durch  die  am  Knochen  fester  anhaftenden  tiefen  Muskeln 
bildet.      Desault    ging    noch    weiter,    indem    er    erst    die    Haut, 


—     161     — 

dann  die  oberflächliche  Muskelschicht  und  endlich  die  tiefere  da, 
bis  wohin  sich  die  erstere  zurückgezogen  hatte,  schichtweise  durch- 
trennte (dreizeitiger  Zirkelsclinittj  Fig.  259).     Die  Wunde  bildet 

dann  einen  Trichter. 

Viel    besser    aber    als    die    mehrmalige    Durchschneidung    der 

Muskeln    ist    das   Zurückschieben    des    Periostes    und   Absägen 

des  Knochens  in  einer  höheren  Ebene  (von  Esmarch), 
wodurch  überreichlich  "Weichtheile  zur  Bedeckung  des  Stumpfes 
gewonnen  werden. 


Der  Hautlappenschnitt  (Lowdham  1679J. 

Mit  einem  bauchigen  Skalpell  oder  dem  Lappen messer  nach 
vonLangenbeck  {Fig.  260) umschneidet  man  halbmondförmige 
Hautlappen,  löst  sie  mit  senkrecht  zur  Oberfläche  gerichteten 
Schnitten    bis    zu    ihrer  Basis    von    der  Fascie   ab  und  klappt  sie 

Fig.  260. 


Lappenmesser  nach  von  Langenbeck. 

aufwärts.  .  Entweder  bildet  man  zwei  gleich  grosse  Haut- 
lappen anfden  beiden  Seitenfl-ächen  des  Gliedes  (Fig.  261),  nach 
deren  Vereinigung    die  Narbe    über    die  Mitte    des  Stumpfes    her- 

Fig.  261. 


Zwei  gleich  grosse  Hautlappen. 


überläuft  oder,  was  am  zweckmässigsten  ist,  einen  grossen 
vorderen  und  einen  kleineren  hinteren  Lappen  (Fig. 
262),  so  dass  die  spätere  Narbe  an  einer  Seite  des  Stumpfes  zu 
liegen  kommt,  wo  sie  weniger  gedrückt  wird.  Auch  kann  man  nach 
Bildung    eines    grossen  vorderen  Hautlappens  die  Haut  an 

Esmarch-Ko walzig,  Technik,     4.  Aufl.  H 


Grösserer  vorderer  und  kleinerer  hinterer  Hautlappen. 


Fig.  263. 


Vorderer  Hautlappen,  hinten  halber  Zirkelschnitt  (nach  Listen). 


—     163      — 

der  hinteren  Seite  durch  einen  halben  Zirkelschnitt  trennen 
(Fig.  263)  und  sie  durch  einige  senkrechte  Schnitte  nach 
oben  hin  ablösen.  In  diesem  Falle  muss  die  Basis  des 
vorderen  grossen  Lappens  etwas  kleiner  sein,  als  der  halbe 
Umfang  des  Gliedes,  seine  Länge  aber  gleich  dem  sagittalen 
Durchmesser  desselben.  Hart  an  der  TJmschlagsstelle  der  hinauf- 
geschlagenen Hautlappen  werden  sämmtliche  Muskeln  durch  einen 
Zirkelschnitt  bis  auf  den  Knochen  durchtrennt  und  dieser  abge- 
sägt. Der  Hautlappen  hängt  dann  wie  ein  Vorhang  über  die 
"Wundfläche  herüber  und  bietet  einen  guten  Abfluss  für  die  Sekrete, 
ebenso  wie  eine  günstige  seitliche  Lage  der  späteren  Narbe. 

Die  Muskellappenschniüe. 

Die  Methoden,    bei  denen  die   Lappen   aus   Haut  und   Muskeln 

geschnitten  werden,  sind  im  Allgemeinen  weniger  zu  empfehlen, 
weil  sie  grössere  "Wundflächen  geben,  und  vor  Allem  wegen 
der  schrägen  Durchschneidung  der  Arterien. 

Fig.  264. 


Muskellappenschnitt.     MesserfUhrung  nach  Langenbeck. 

Man  kann  die  Lappen  entweder  VOn  aussen  nach  innen 
schneiden  (Lang  enb  eck,  Fig.  264),  wozu  sehr  scharfe  Lappen- 
messer    gehören,     oder     von     innen     nach     aussen     (Verduin), 

11* 


—     164     — 

indem  man  die  Weichtheile  an  der  Basis  der  Lappen  hart  am 
Knochen  mit  einem  langen  zweischneidigen  Messer  durchsticht 
und  dasselbe  schräg  nach  abwärts  in  langen  sägenden  Zügen  bis 
an  die  Oberfläche  führt  (s.  die  Exarticulation  des  Oberschenkels 
Fig.  402). 

Die  letztere  Methode  ist  weniger  zu  empfehlen,  bei  Amputationen 
wegen  Schussfrakturen  auch  deshalb  nicht,  weil  das  Messer  leicht 
durch  in  den  Weichtheilen  verborgene  Geschosse  oder  Knochen- 
splitter aufgehalten  wird.  Auch  sind  zweischneidige  Messer  nicht 
zweckmässig,  weil  der  schneidende  Rücken  bei  unsicherer  Führung 
die  Gefässe  in  dem  Lappen  an  mehreren  Stellen  anschneiden  kann. 
Dazu  kommt,  dass  die  zweischneidigen  Messer  viel  schwerer  zu 
schleifen  sind,  als  die  einschneidigen,  mit  denen  sich  übrigens  die 
Lappenbildung  von  innen  nach  aussen  eben  so  gut  ausführen 
lässt,  besonders  wenn  die  Spitze  so  gerichtet  ist,  wie  an  dem 
längsten  Messer  (d)  in  Fig.   249. 

Eine  Abänderung  des  Muskellappenschnittes  ist 

der  Ovalairschnitt  (Langenbeck), 

bei  welchem  zwei  Lappen  an  der  Rückseite  in  einem  Querschnitt 
zusammenstossen,  so  dass  die  Wunde  die  Form  eines  Kartenherzens 
bekommt  (Fig.  294).  Er  eignet  sich  besonders  für  die  Exarti- 
culation kleinerer  Gelenke  (der  Finger  und  Zehen).  Für  grössere 
Glieder  hat  er,  ausser  der  Schnelligkeit  in  der  Ausführung,  welche 
bei  Anwendung  des  Chloroforms  und  der  künstlichen  Blutleere 
wenig  mehr  in  Betracht  kommt,  keine  Vorzüge  vor  den  übrigen 
Methoden.  Zur  exacten  Ausführung  bedarf  es  grosser  Uebung 
und   sehr  scharfer  Lappenmesser. 

Das  Absägen  der  Knochen. 

Nach  Trennung  aller  "Weichtheile  vertauscht  der  Operateur 
das  Messer  mit  einer  Amputationssäge  (Fig.  265,  266),  setzt  zur 
Stütze  des  Sägeblattes  den  Nagel  seines  linken  Daumens  auf  den 
Knochen  (Fig.  267),  sägt  an  demselben  entlang  in  langen,  ganz 
leichten  Zügen  zunächst  eine  Führungsfurche  und  dann  in  längeren 
kräftigen  Zügen,  ohne  zu  drücken,  massig  rasch  den  Knochen 
durch. 

"Während  des  Sägens  werden  die  "Weichtheile  von  dem  oberen 
Assistenten    mit     den    Händen     oder     mittelst    einer    sterilisirten. 


Bogensäge  nach  Reiner. 
Pig  266. 


Bogensäge  nach  Nyrop. 
Fig.   267. 


Absägen  des  Knochens. 

gespaltenen  Compresse  (Fig.  268,  269)  kräftig  aufwärts  gezogen 
(Fig.  270),  während  der  untere  Assistent  den  unteren  Theil  des 
Gliedes  fest  und  sicher  hält,  gegen  Ende  des  Sägens  aber  ein 
wenig  senkt,  damit  das  Sägeblatt  nicht  eingeklemmt  werde. 
Hat  man  den  Knochen  fast  durchgesägt,  so  führt  man  die 
Säge  vorsichtig  und  langsamer,   während   der  Gliedabschnitt  nicht 


Fig.  268. 


Fig.  269. 


C 


Gespaltene  Compressen 
für  einen  Knochen  «r  z««'  Knochen. 

Fig.  270. 


Zurückhaltung  der  Weichtheile  mit  der  gespaltenen  Compresse. 


—     167     — 


mehr    von    dem    Gehülfen    gesenkt    wird,    weil     sonst    leicht    der 
Knochen  mit  Splitterung  abbricht. 

Bei  Gliedern  mit  zwei  Knochen  müssen  vor  dem  Absägen  die 
Weichtheile  im  Zwischenknochen  räum  vollständig  durchschnitten 
werden,  indem  man  ein  schmales  einschneidiges  Messer  (Fig.  249  a) 
zuerst  von  einer  und  dann  von  der  anderen  Seite  an  einem  der 
Knochen  hingleitend  durchschiebt  und  die  Schneide,  wie  in  Fig.  271 
angedeutet,  wirken  lässt.  Das  Messer  wird  mit  dem  Rücken  dem 
einen  Knochen  anliegend  von  unten  her  in  das  Spatium  interosseum 
eingestochen,  quer  durch  den  Zwischenknochenraum  zum  andern 
Knochen  geführt,  mit  der  Schneide  an  dessen  innerer  Fläche  ent- 
lang geführt  und  nach  unten  zu  herausgezogen.  Dann  dreht 
man  die  Schneide  gegen  den  andern  Knochen  und  verfährt  an 
ihm  in   gleicher  Weise. 

Fig.  272. 
Fig.  271. 


Führung  des  Zwischenknochenmessers. 

i:  spatium  interosseum. 


Absägen  beider  Knochen. 

Zurückhalten  der  Weichtheile  mittelst  der  doppelt  gespaltenen  Compresse. 

Nun  lässt  man  mittelst  einer  doppeltgespaltenen  Compresse, 
deren  mittlerer  Lappen  zwischen  die  Knochen  mit  einer  Kornzange 
durchgezogen  wird,  die  Weichtheile  nach  aufwärts  ziehen  (Fig.  272} 
und     durchsägt     gleichzeitig    beide    Knochen.       Ist,     wie    am 


—     168     — 


Unterschenkel,  der  eine  Knochen  bedeutend  dünner  als  der  andere, 
so  führt  man,  um  Splitterung  des  dünneren  zu  verhüten,  die  Säge 
so,  dass  sie  zunächst  in  den  dickeren  eine  Führungsfurche  sägt, 
dann  den  dünnen  Knochen  durchtrennt  und  erst  mit  den  letzten 
Zügen  den  dickeren  allein  absägt. 

Nach  dem  Absägen  werden  etwa  vorstehende  Knochenspitzen 
mit  einer  Knochenscheere  (Liston,  Fig.  273)  oder  einer  Hohl- 
meisselzange  (Lüer,  Fig.  274)  abgekniffen,  scharfe  Kanten  mit 
einer  feinen  Säge  (Fig.  275)  entfernt  oder  mit  einer  Feile  ge- 
glättet. 

Fig.  273.  Fig.  274.  Fig.  275. 


Knochenscheere 
nach  Liston. 


gebogene 
Hohlmeisselzange 
nach  Liier. 


Phalangensäge. 


Darauf  werden  alle  durchs  chnitt  enen  GofäsSG,  Arterien 
und  Venen,  die  man  als  solche  erkennen  kann,  und  deren  Lage 
man  sich  vor  der  Operation,  nöthigenfalls  mit  Hülfe  von  Durch- 
schnittszeichnungen ins  Gedächtniss  zurückgerufen  hat,  unterbunden, 
(Fig.  131).  Die  grösseren  Gefässe  sind  leicht  zu  erkennen,  die 
kleineren    Muskelgefässe    findet    man    am    ehesten,    wenn    man    die 


—     169     — 

bindegewebigen  Muskelinterstitien  absucht.  Auch  ist  es 
zweckmässig,  die  Stümpfe  der  Nervenstämme,  welche  in  der 
Wunde  hervorragen,  mit  einer  Pinzette  etwas  hervorzuziehen 
und  mit  einer  scharfen  Scheere  abzuschneiden ,  wodurch  die 
Schmerzen  in  der  Wunde  und  in  der  Narbe  verhütet  oder  ge- 
mindert werden. 

Wer  im  Unterbinden  die  nöthige  Uebung  hat,  kann  nun  zur 
Vereinigung  der  Wunde  schreiten  und  die  Schnürbinde  liegen 
lassen,  bis  der  Verband  beendigt  ist.  Wer  dies  aus  Furcht  vor 
Nachblutungen  nicht  wagt,  der  mache  es,  wie  es  auf  S.  61  an- 
gegeben ist. 

Die  Teremigung  der  Wunde 

muss  in  der  Weise  vorgenommen  werden,  das  sich  Blut  und  Serum 
nicht  in  ihr  ansammeln  können,  sondern  sofort  an  die  Oberfläche 
treten  müssen,  wo  sie  von  dem  antiseptischen  oder  aseptischen 
Druckverband  sogleich  begierig  aufgesogen  werden. 

Bei  sehr  sorgfältiger  Blutstillung  und  völHger  Asepsis  genügt 
es,  die  Hautränder  über  den  Weichtheilen  durch  die  Naht  zu 
vereinigen,  die  Wundwinkel  dagegen  offen  zu  lassen  oder  mit 
Drainröhren  zu  versehen  und  einen  festen  Druckverband  anzulegen, 
der  die  Wundflächen  gegen  einander  presst  und  die  Ansammlung 
von  Secreten  verhindert. 

Will  man  drainiren,  so  ist  es  zweckmässig,  die  Drainrohre 
mit  einem  langen  Faden  zu  versehen,  der  durch  die  Verband- 
schichten herausgeleitet  wird  und  an  dem  das  Rohr,  ohne  Ver- 
bandwechsel, am  2 — 3  Tage  herausgezogen  werden  kann.  Diese 
gefesselten  Drains  (K  o  c  h  e  r)  bieten  den  Vortheil,  dass 
sie  den  Secretabfluss  wie  jede  andere  Drainage  sichern,  während 
nach  dem  Herausziehen  ihre  Canäle  sofort  durch  Aneinanderlegen 
ihrer  Wandungen  verkleben,  so  dass  trotz  der  Drainage  in  10  bis 
12  Tagen  völlige  Heilung  der  Wunde   erfolgen  kann. 

Will  man  keine  Drainröhren  einlegen,  so  lässt  man  den 
abhängigsten  Wundwinkel  offen,  damit  etwaige  Secrete  abfliessen 
können,  oder  man  vernäht  die  einzelnen  Schichten  etagenartig 
über  einander  durch  tiefe  oder  verlorene  Nähte,  wodurch 
alle  Buchten  in  der  Wundfläche  sicher  beseitigt  werden,  und  die 
Secretansammlung  verhindert  wird.  Als  Beispiel  zeigen  die 
folgenden  Abbildungen  die  Anlegung  der  Nähte  nach  einer  Amputation 
des   Oberschenkels  mit  einzeitigem  Zirkelschnitt. 


—     170 


Zuerst  wird  das  zurückgescliobene  Periost  hervorgezogen  und 
durcii  einige  Catgutnähte  über  die  Sägefläche  des  Knochens 
vereinigt  (Fig.   276). 

Darnach  näht  man  mit  langen  schwachgekrümmten  Nadeln 
und  dicken  Catgutfäden  zuerst  die  tieferen  (Fig.  276),  dann  die 
oberflächlichen  lluskelschichten  (Fig.  277)  zusammen  und  heftet 
endlich  die  Hautränder  genau  aneinander  mit  doppelter  Kürschner- 
naht (Fig.   278),   wobei  man  nur  den  untersten  Wundwinkel  etwas 

klaffend  lässt. 

Fig.  276.  Fig.  277.  Fig.  278. 


Periost-  und  tiefe  Muskelnähte.  Versenkte  Muskeinalit.  Hautnaht. 

Wenn  man  dann  einen  Dauerverband,  wie  er  Bd.  I  S.  49 
geschildert  und  in  Fig.  42  dargestellt  ist,  anlegt  und  dann  erst 
den  Schnürgurt  löst,  so  kann  der  Verband  in  der  Hegel  mehrere 
Wochen  lang  bis  zur  völligen  Heilung  per  primam  intentionem 
liegen  bleiben,  und  findet  man  dann  alles  Blut,  was  der  Kranke 
in  Folge  der  Amputation  verloren  hat,  in  Gestalt  einer  schmalen 
trockenen  geruchlosen  Kruste  an  der  inneren  Fläche  des  Verbandes. 

Allgemeine  Regeln  für  die  Exarticulation. 

1.  Bei  den  Exarticulationetl  steht  der  Operateur  in  den  meisten 
Fällen  am  besten  so,  dass  er  das  Gresicht  dem  Kranken  zukehrt, 
und    fasst  das  abzuschneidende  Glied  selbst  mit  der  linken  Hand. 

2.  Zur  Trennung  der  Weichtheile  eignet  sich  der  Zirkel- 
schnitt weniger  gut,  als  der  Lappenschnitt.  Da  es  sich 
hier  meist  um  die  Bedeckung  grösserer  Knochen  flächen 
handelt,  so  müssen  verhältnissmässig  grosse  Lappen  gebildet  werden. 


—     171 


entweder  aus  der  Haut  allein,  oder  aus  der  Haut  und  den 
darunter  liegenden  Muskeln  bestehend. 

In  manchen  Fällen  ist  ein  vorderer  grosser  und  ein 
hinterer  kleiner  Lappen  (Knie,  Schulter,  Hüfte)  am  vortheilhaftesten, 
in  einigen  Fällen  (Fussgelenk,  Mittelfuss)  muss  der  hintere 
Lappen  der  grössere  sein. 

Für  kleinere  Gelenke  (Finger,  Zehen)  eignet  sich  besonders 
gut  der  Ovalairschnitt. 

3.  Nach  Trennung  der  bedeckenden  Weichtheile  wird  das 
Gelenk  eröffnet,  indem  man  durch  geeignete  Bewegungen 
die  vorliegenden  Bänder  stark  anspannt  und  sie  dann  mit 
dem  Lappenmesser  durchschneidet. 

4.  Durch  Trennung  der  übrigen  Bänder  und  der  Gelenk- 
kapsel ringsum  wird  die  Auslösung  beendet  und,  wenn  nöthig, 
von  dem  zurückbleibenden  Gelenkkörper  ein  Stück  abgesägt.  Im 
TJebrigen  ist  das  Verfahren  dasselbe,   wie  bei  der  Amputation. 

Die  Reamputation. 

1.  Wenn  bei  einer  Amputation  nicht  genug  Weichtheile  erspart 
worden  sind,  oder  dieselben  sich  in  Folge  entzündlicher  Anschwellung 
(Ostitis)  während  der  Heilung  zurückgezogen  haben,  oder  durch 
Gangrän  verloren  gegangen  sind,  so  bildet  sich  ein  sogenannter 
konischer  Stumpf  (Fig.  279),  d.  h.  das  Eöiochenende  ragt  so  weit 
hervor,  dass  eine  vollständige  Vernarbung  nicht  zu  Stande  kommen 
kann  (ulcus  prominens),  oder  die  endlich  entstandene  dünne  Narbe 
bricht  immer  wieder  auf,  sobald  der  Amputirte  sich  eines  Stelz- 
fusses  oder  künsthchen  Beines  be- 
dient. Aehnlich  pflegen  sich  die 
Stümpfe  zu  verhalten,  welche  nach 
Erfrierung  oder  Verbrennung  eines 
Körpertheils  zurückbleiben. 

2.  In  solchen  Fällen  pflegte 
man  früher  noch  einmal  höher  oben 
zu  amputiren,  oder  versuchte  durch 
Transplantation  von  Hautlappen  die 
Narbe  zu  decken.  Ersteres  ist  aber 
meist  unnöthig  und  ebenso  ge- 
fährlich, wie  die  erste  Amputation, 
während  letzteres  nur  selten  einen 
befriedigenden  Erfolg  giebt,    weil  die  Konischer  Stumpf. 

Haut  an  den  Extremitäten  sich  für  plastische  Operationen  wenig  eignet. 


Fig.  279. 


172     — 


3.  Viel  zweckmässiger  ist  es,  die  subperiostale  Resection  des 

KnOChGnstumpfes  zu  macheu,  d.  h.  mau  umschneidet  mit  einem 
starken  Messer  die  Narbe  oder  Greschwürsfläche  der  vorstehenden 
Sägefläche,  spaltet  die  Weichtheile  des  Stumpfes  nach  unten  oder 
nach  zwei  Seiten  (mit  Vermeidung  der  Gegend,  wo  die  grossen 
Gefäss-  und  Nervenstämme  liegen),  bis  auf  den  Knochen  und  schiebt 
mit  dem  ßaspatorium  das  Periost  soweit  nach  oben  zurück, 
dass  man  ein  genügend  grosses  Stück  des  Knochens  mit  einer 
Stichsäge  oder  der  Kettensäge  abtragen  kann.  Die  Blutung  pflegt 
dabei  sehr  gering  zu  sein.  Man  vereinigt  die  Wunde  durch  tiefe 
und  oberflächliche  Nähte,  nachdem  man,  wenn  es  nöthig  scheinen 
sollte,  ein  Drainrohr  bis  an  die  Sägefläche  eingelegt  hat.  Sie 
heilt  gewöhnlich  durch  erste  Vereinigung,  und  das  Resultat  ist  ein 
guter,  mit  Weichtheilen  vollkommen  bedeckter  Stumpf. 

4.  Wenn  die  erste  Amputation  in  der  Nähe  eines  Gelenkes 
stattgefunden  hatte,  so  kann  man  in  derselben  Weise  die  SUbp6riostale 
ExartiCUlation   folgen  lassen  (vergl.   Fig.   406). 

5.  TJeber  die  osteoplastische  Amputation  s.   S.  219. 

Die  Prothesen. 

Um    das    durch    die  Amputation    verstümmelte  Glied   einiger- 

massen  wieder  brauchbar  zu 
machen  oder  wenigstens  in  seiner 
früheren  Form  zu  ergänzen,  be- 
kommt der  Geheilte  ein  „künst- 
liches Glied",  Prothese.  —  Mau 
hat  diese  von  den  einfachsten  Vor- 
richtungen bis  zu  kunstvoll  ge- 
arbeiteten Maschinen.  Im  Allge- 
meinen empfehlen  sich  für  solche 
Kranke,  die  mit  ihrer  Prothese 
etwas  leisten  wollen,  die  ein- 
facheren Appai'ate,  während  die 
in  Form  und  Beweglichkeit  dem 
fehlendenGüedtheile  oft  täuschend 
nachgeahmten  „künstlichen  Glie- 
der" mehr  zur  Zierde  dienen 
und  wegen  leicht  eintretender 
Beschädigungen    oftmals    ausge- 

,...,,  bessert  werden  müssen. 

Arbeitsklauen. 


Fig.  280. 


Fig.  281. 


—     173     — 

Eine  araputirte  Hand  sammt  dem  Arm  lässt  sich  ersetzen 
durch  eine  Arbeitsklaue,  (Fig.  280,  281)  einen  Haken,  Klammer, 
Platte  oder  dergl.,  die  am  Ende  einer  gut  passenden  Lederhülse 
eingesetzt  sind,  und  womit  die  KJranken  bei  einiger  Hebung  und 
Findigkeit  sehr  geschickt  die  verschiedensten  groben  Arbeiten  aus- 
führen können.  Eine  aus  Holz  nachgebildete,  mit  einem  Hand- 
schuh überzogene  Hand  kann  ebenfalls  an  die  Lederhülse  angesetzt 
werden  und  dient  dann  mehr  zum  Schmuck.  Die  mit  beweglichen 
Fingern  versehenen  künstlichen  Arme,  an  denen  die  Muskeln  durch 
Spiralfedern  und  Fäden  nachgebildet  sind,  eignen  sich  nur  für 
leichtere  Verrichtungen,  sind  ausserdem  sehr  theuer  und  werden 
leicht  beschädigt. 

Ein  aiTiputirtes  Bein  ersetzt  man  am  einfachsten  und  dauer- 
haftesten durch  eine  StsIZG,  einen  festen  Holzstab,  der  an  einer 
gut  passenden  Hülse  befestigt  ist.  Bei  hoch  amputirtem  Unter- 
schenkel kniet  der  x^Lmputirte    darauf  (Fig.   284),    bei  hoch  am- 


Fig.  282. 


Fig.  283. 


Fig.  284. 


Fig.  285. 


Stelzen  für 
den  amputirten  Oberschenkel. 


Stelze  Künstliches  Bein 

für  den  amputirten  Unterschenl<el. 


—     174     — 

putirtem  Obersclierikel  sitzt  er  auf  dem  gut  gepolsterten  Hülsen- 
rand. fFig.  282.  283).  Das  „künstliche  Bein"  ist  aus  leichtem 
festen  Holz  geschnitzt  und  im  Knie-  und  Fussgelenk  in  Charnieren 
beweglich  (Fig.  285).  So  schön  es  auch  aussieht,  so  wird  doch, 
wenn  der  Kranke  längere  Zeit  hinter  einander  und  schnell  gehen 
will,  die  einfache  Stelze  meist  vorgezogen,  weil  sie  dauerhafter  ist 
und  ihre  Ausbesserung  schneller  und  billiger  erfolgt,  als  bei  dem 
künstlichen  Beine. 


Amputationen  und  Exarticulationen  an  der  oberen 
Extremität. 

Exarticulation  der  Finger. 
Exarticulation  der  dritten  Phalanx. 
(Mit  Bildung  eines  Volarlappens  von  aussen  nach  innen.) 
1.   Der    Operateur,     dem    die    Hand    in    Pronation    entgegen- 
gehalten wird,   erfasst  die  Spitze  des  Fingers  und  beugt  die   dritte 
Phalanx. 

Pig.  286.  Fig.  287. 


Lage  der  Fingergelenklinien. 


Fig.  288. 


Fig.  289. 


2.  Ein  flacher  Bogen- 
schuitt,  2  mm  unterhalb  der 
Gelenkkuppe  (Fig.  286)  quer 
über  das  Köpfchen  der  zweiten 
Phalanx  geführt,  eröffnet  die 
Gelenkkapsel  (Fig.   287). 

3.  Die  Spitze  des  ilessers 
trennt  beide  Seitenbänder,   die 
Klinge  wird    mit    abwärts   ge- 
richteter Schneide  hinter  die  Yolarfläche  der  dritten  Phalanx  ein- 


—     175     — 

gesenkt  (Fig.  288)  und  schneidet  mit  sägenden  Zügen   einen  wohl- 
gerundeten Lappen  aus  der  Volarhaut  (Fig.   289). 


Fig.  290. 


Fig.  291. 


Exartieulation    der  zweiten  Phalanx. 
(Mit  Lappenbildung    von    innen    nach    aussen,    durch    Einstechen.) 

1,  Der  Operateur,  dem  die  Hand  in  Supination  entgegen  ge- 
halten wird,  erfasst  die  gestreckte  Fingerspitze,  sticht  ein  schmales 
Messer  unterhalb  der  Gelenkfalte  von  einer  Seite  zur  andern 
zwischen  Haut  und  Gelenk  durch  und  führt  die  Klinge  in  sägenden 
Zügen  erst  gegen  sich,  dann  aufwärts,  so  dass  ein  wohlgerundeter 
Lappen  entsteht  (Fig.   290). 

2.  Der  Lappen  wird 
zurückgeklappt,  das  Ge- 
lenk stark  gestreckt  und 
von  der  Wunde  aus 
trennt  das  Messer  in 
einem  Zuge  die  Gelenk- 
kapsel, die  Seitenbänder 
und  die  Haut  auf  der 
Dorsalseite  des  Gelenkes 
in  querer  Richtung  (Fig. 
291). 


Exartieulation   im  Metaearpo-Phalangeal-Gelenk. 

a.    Ovalairschnitt. 

1.  Der  Operateur  steht  zur  linken  Seite  des  Gliedes,  wendet 
dem  Gesicht  des  Patienten  den  Rücken,  ergreift,  während  ein 
Gehülfe  die  beiden  Nachbarfinger  abspreizt,  mit  seiner  Linken  den 
kranken  Finger,  hyperextendirt  ihn  so  weit,  dass  er  die  Volarfläche 
sehen  kann,  führt  ein  schmales  Messer  von  rechts  her  an  die 
Volarfläche  der  ersten  Phalanx,  durchschneidet  hier,  in  der  Höhe 
der  gespannten  Schwimmhaut,  die  Weichtheile  quer,  führt  das 
Messer  um  die  rechte  Seite  der  Phalanx  herum  auf  die  Dorsal- 
seite und  hier  im  Bogen  aufwärts  bis  an  das  Köpfchen  des 
Metacarpalknochens   (Fig.   292). 

2.  Das  Messer  wird  unter  der  linken  Hand  durch  um  die 
linke  Seite    des  Fingers    bis    in    den  Anfang    des  ersten  Schnittes 


Exarticulation  im  Metacarpophalangealgelenk  mit  Ovalairschnitt. 


177 


geführt,  dringt  hier  bis  auf  den  Knochen  ein,  wird  in  der  Höhe 
der  Schwimmhaut  um  die  linke  Seite  der  ersten  Phalanx  herum 
auf  die  Dorsalseite,  und  hier  im  Bogen  aufwärts  bis  an  das  Ende 
des   ersten  Schnittes  gezogen  (Fig.   293). 

3.  Beide  Schnitte  werden  in  derselben  B,eihenfolge,  aber  tiefer 
gegen  das  Gelenk  eindringend,  wiederholt,  und  trennen,  während 
der  Finger  immer  nach  der  entgegengesetzten  Seite  geneigt  wird, 
die  Sehnen,  die  Seitenbänder  und  die  Grelenkkapsel.  Die  "Wunde 
zeigt  die  Gestalt   eines   Kartenherzens   (Fig.   294). 

b.    Lappenschnitt. 

1.  Derselbe  eignet  sich  am  besten  für  den  ersten,  zweiten 
und  fünften  Finger,  weil  diese  an  der  einen  Seite  freier  zugäng- 
lich sind. 

Man    schneidet    einen    grösseren    halbovalen    Lappen,    dessen 
Basis    in  der    Höhe    des    Gelenkes    liegt,    aus    der  Volar-,   Dorsal- 
oder Seitenhaut  der  ersten  Phalanx  und  klappt  ihn  zurück. 
Fig.  295.  Fig.  296. 


Exarticulation  im  Metacarpophalangealgelenk 

am  Daumen,  zweiten  und  fünften  Finger;  Bilduusr        Wunde  nach  dem  Ovalairschnitt  und 
ungleich  grosser  Lappen,  am  vierten;  zweier  gleicher  Lappenschnitt. 

Lappen,   am  dritten;  Ovalairschnitt  von   der  Volar- 
seite  aus. 

2.   Dann   wird    ein    kleinerer  Hautlappen    auf   der    entgegen- 
gesetzten Seite  gebildet  und  gleichfalls  zurückgeschlagen. 


Esmarch-Ko walzig,  Technik,  4.  Aufl. 


12 


—     178     — 

3.  Zuletzt  durchschneidet  man  die  Sehnen  in  der  Höhe  des 
Gelenkes  und  eröffnet  letzteres  ringsum   (Fig.   295). 

Exarticulation  sämmtliclier  Finger. 

1.  Müssen  die  vier  letzten  Finger  zusammen  fortgenommen 
werden,  so  kann  man  sie  wohl  einzeln,  wie  eben  beschrieben, 
exarticuliren ;  zweckmässiger  aber  ist  ein  dorsaler  Zirkelschnitt 
und  Bildung  eines  volaren  Lappens. 

Fig.  297.  2.    Unter    starker    Volarflexion 

der  Finger  wird  über  die  vier  Finger- 
-f  wurzeln  von  einem  Rande  der  Hand 

x^    f^4  zum  anderen  ein  Quer  s  chnitt  ge- 

führt durch  Haut  und  Sehnen. 

3.  Darauf  umschneidet  das  Messer 
bei  Dorsalflexion  der  Finger  an  der 
Volarseite  in  der  Gelenkfalte  am 
Rande  der  Schwimmhaut  entlang 
einen  schmalen  Lappen,  dessen  Enden 
Exarticulation  sämmtlicher  Finger.       ^^^   dorsalen  Schnitt  treffen. 

4.  Jeder  Finger  wird  nun  einzeln  exarticulirt  und  darauf 
die  Wundfläche  (Fig.  297)  vernäht.  Die  Narbe  kommt  auf  der 
Dorsalseite  zu  liegen. 

Exarticulation   des  Daumens   im  Carpalgelenk. 

1.    Ovalairschnitt. 

L   Der    erste  Schnitt    beginnt    an    der  TJlnarseite    der    ersten 

Phalanx    in    der  Höhe    der  Schwimmhaut,    wird    schräg    über    das 

Phalango-Metacarpalgelenk    weg  bis  auf  die  Radialseite  des  Meta- 

carpalknochens  und  auf  dieser  entlang  bis  zu  seiner  Basis  geführt. 

2.  Der  zweite  Schnitt,  von  demselben  Punkte  aus  an  der 
Radialseite  herumgeführt,  trifft  auf  den  ersten  in  der  Mitte  des 
Metacarpalknochens  (Fig.   298). 

3.  Durch  wiederholte  Schnitte  in  gleicher  Richtung  am 
Knochen  entlang  wird  derselbe  aus  den  Muskeln  herausgelöst. 

4.  Von  der  TJlnarseite  her  wird  das  Gelenk  zwischen  os 
multangulum  majus  und  dem  Metacarpalknochen  geöffnet,  wobei  man 
sich  mit  der  Schneide  hart  an  der  Basis  des  letzteren  halten  muss, 
um  nicht  das  Gelenk  zwischen  os  metacarpi  indicis  und  os  multan- 
gulum majus  zu  eröffnen,  welches  mit  den  übrigen  Carp algelenken 
in  Verbindung  steht. 


Fig.  300, 


Exarticulation  des  Daumens  mrt  Ovalairschnitt. 
5.  Die  Durchschneidung  der  Grelenkbänder  an  der  Radialseite 
(Fig.    299)    beendet    die    Operation,    welche    eine    lineare    Narbe 
(Fig.  300)  hinterlässt. 


2.  Seitenlappenschnitt  nach  v.  "Walther. 
1.  Der  Daumen  wird  abducirt,  das  Messer  auf  die  Mitte 
der  Schwimmhaut  aufgesetzt  und  in  sägenden  Zügen  zwischen 
erstem  und  zweitem  Metacarpalknochen  aufwärts  geführt,  bis  es 
an  den  Ulnarrand  der  Basis  des  ersten  Metacarpalknochens  an- 
stösst  (Fig.   301). 

Fig.  301.  Fig.  302. 


Radialiappenschnitt  nach  von  Walther. 


180 


Fig.  305. 


Volarschnitt.  Oorsalschnitt. 

Exarticulation  der  vier  letzten  Metacarpalknochen. 


Fig.  304. 


Fig.  306. 


Volarschnitt  durch  Einstechen. 


Stumpf  nach  Exarticulation  der  vier  letzten 
Metacarpalknochen. 


2.  Unter  Vermeidung  des  Gelenkes  zwischen  os  metacarpi 
indicis  und  os  multangulum  majus  wird  die  Messerspitze  vorsicMig 
unter  die  Basis  des  Knochens  geführt  und  damit  das  Carpometa- 
carpalgelenk  eröffnet. 


—     181     — 

3.  Der  Daumen  lässt  sich  noch  stärker  abduciren,  das  Messer 
dringt  durch  das  Gelenk  durch  bis  auf  die  Radialseite  des  Meta- 
carpalknochens  und  wird  an  dieser  wieder  abwärts  geführt,  einen 
Radiallappen  bildend,  dessen  abgerundete  Spitze  in  der  Höhe  der 
Schwimmhaut   endet  (Fig.    302). 

Exartieulation    der  vier  letzten  Metaearpalknoehen 
(mit  Erhaltung   des  Daumens). 

1 .  In  der  Handfläche  wird  ein  halbmondförmiger  Hautlappen 
umschrieben  durch  einen  schrägen  Bogenschnitt,  der  an  der 
Schwimmhaut  des  Daumens  beginnt  und  am  TJlnarrande  der  Basis 
des  fünften  Metacarpalknochens  endet  (Fig.  303).  Der  Lappen 
kann  auch  von  innen  nach  aussen  durch  Einstechen  an  der  Basis 
desselben  gebildet  werden   (Fig.    304). 

2.  Auf  dem  Handrücken  wird  ein  Schnitt  geführt,  der  von 
der  Schwimmhaut  des  Daumens  beginnend  schräg  nach  oben  bis 
an  das  obere  Drittel  des  zweiten  Metacarpalknochens  und  von  da 
in  derselben  Höhe  über  die  drei  letzten  Metaearpalknoehen  ziehend, 
am  Ulnarrande  der  Hand  mit  dem  Volarlappen  zusammenstösst 
(Fig.   305). 

3.  Nachdem  beide  Lappen  bis  zur  Gegend  der  Carpometacarpal- 
gelenke  zurückpräparirt  sind,  werden  diese  von  der  Ulnarseite  her 
unter  starker  Abduction  der  Mittelhand  eröffnet,  bis  auch  die  Ver- 
bindung des  zweiten  Metacarpalknochens  mit  dem  os  multangulum 
majus  getrennt  ist.  Bei  dem  letzten  Act  muss  man  sehr  vorsichtig 
und  stets  gegen  diese  beiden  Knochen  schneiden,  um  eine  Verletzung 
des  Gelenkes  zwischen  os  multangulum  majus  und  dem  Metaearpal- 
knoehen des  Daumens  zu  vermeiden. 

4.  Die  Erhaltung  des  Daumens  erweist  sich  für  den  Gebrauch 
ausserordentlich  vortheilhaft  (Fig.    306). 

Exartieulation  im  Handgelenke. 

1.   Zirkelschnitt. 

1.  Ein  Zirkelschnitt  umkreist  die  Hand  auf  der  Mitte  des 
Metacarpus,   4  cm  unterhalb   der  processus   styloidei. 

2.  Die  Haut  wird  durch  senkrechte  Schnitte  ringsum  gelöst, 
bis  sie  sich  über  die  processus  styloidei  als  Manschette  zurück- 
schlagen lässt. 

3.  Die  pronirte  Hand  wird  kräftig  flectirt;  ein  nach  oben 
leicht  convexer  Schnitt  über  die  Handwurzel,   von  einem  processus 


—     182     — 

styloideus    zum    andern,    trennt    die    Strecksehnen    und    öflfnet    das 
Handgelenk. 

Fig.  307.  Fig.  308. 


^i^^^ 


stumpf  nach  Exarticulaiion  im 
Handgelenk  mit  Zirkelschnitt. 


Exarticulaiion  der  Hand  mit  Zirkelschnitt. 

4.  Die  Seitenbänder  werden  unter  beiden  Griffelfortsätzen 
getrennt  und  zuletzt  in  einem  Zuge  die  vordere  Kapselwand  und 
sämmtliche  Beugesehnen  durchschnitten  (Fig.   307,   303}. 

2.    Lappenschnitt. 

1.  Der  Operateur  erfasst  den  unteren  Theil  der  pronirten 
Hand,  flectii't  sie  und  führt  vod  der  Spitze  des  einen  jDrocessus 
styloideus  zu  der  des  anderen  einen  halbmondförmigen  Schnitt  über 
die  Mitte  des  Handrückens  (Fig.    309). 

2.  Der  Hautlappen  wird  von  den  Strecksehnen  abgelöst,  nach 
oben  zurückgeschlagen  und  das  Gelenk  eröffnet,  wie  beim  Zirkel- 
schnitt. 

3.  Das  Bündel  der  Beugesehnen  wird  von  der  Volarfläche 
her  mit  der  Spitze  des  linken  Zeigefingers  in  die  Wunde  vor- 
gedrängt, durch  wiederholtes  Hin-  und  Herziehen  des  Messers 
vorsichtig  durchschnitten  und  dann  ein  kleiner  Hautlappen  in  der 
Vola  von  der  Wunde  aus  geschnitten  (Fig.  310).  Es  ist  zweck- 
mässig, den  Volai'lappen  zu  Anfang  der  Operation  durch  einen 
Hautschnitt  vorzuzeichnen. 


—     183 


Fig.  309. 


Fig.  310. 


Fig.  311. 


Exarticulation  der  Hand  mit  zwei  Hautlappen  (Ruysch). 

3.  Hadiallapp  ens  chnitt    (von  Walther   1810). 
1.   Aus  der  Haut,   welche  die  Metacarpalgegend  des  Daumens 
bedeckt,    wh'd    ein    halbmondförmiger  Lappen    geschnitten,    dessen 

Fig.  312.  Basis  das  radiale  Dritt- 

theil  des  Carpus  um- 
fasst,  dessen  Spitze 
die  Basis  der  ersten 
Phalanx  erreicht. 

2.  Nachdem  der 
Lappen  von  den  Dau- 
menmuskeln abpräpa- 

Stumpf  nach  von  Walther.  rirt     ^^^     ^^ch     oben 

geschlagen ,  umkreist 
ein  halber  Zirkelschnitt  die  beiden 
übrigen  Dritttheile  des  Carpus  an  der 
Ulnarseite  (Fig.   311). 

3.  Die  Haut  wird  stark  nach 
oben  gezogen  und  der  Carpus,  wie 
oben  beschrieben,  von  dem  Yorder- 
armknochen  getrennt  (Fig.   312). 


Exarticulation  der  Hand  nach 
von  Walther. 


—     184     — 


Fig.  313. 


m.u.e. 


e  rl  c 
Querschnitt  des  rechten  Vorderarmes  im  unteren  Dritttheil. 


p.  l. 

palmar,  long. 

)-.  e.  l. 

rad.  ext.  longus. 

n.  m. 

nerv,  medianus. 

r.  e.  h. 

rad.  ext.  brevis. 

t.  r.  i. 

tendo  rad.  int. 

e.  d.  c. 

estensor  dig.  comm. 

a.  r. 

art.  radialis. 

in.  u.  e. 

musc.  ulnaris  extern. 

b. 

brachioradialis. 

a.  u. 

art.  ulnaris. 

n.  r.  s. 

nerv,  radial,  superf. 

m.  f.  d. 

musc.  flex.  dig.  comm  prof. 

a.  p.  l. 

abd.  pollicis  longus. 

Amputation  des  Vorderarmes. 

Zur  Amputation    des  Vorderarmes    eignet    sich    der 

zweizeitige  Zirkelschnitt  (Fig.  253—256)  und  der  Hautlappenschnitt 

(Fig.  261).  Während  der  Operation  muss  der  Vorderarm  stets  in  voller 
Supination  gehalten  werden,  namentlich  beim  Absägen  der  Knochen, 
weil  sonst  der  Radiusstumpf  ein  wenig  kürzer  werden  würde. 
Bildet  man  Lappen,  so  wählt  man  am  besten  einen  volaren  und 
einen  dorsalen  oder  auch  einen  einzigen  volaren,  welcher  dann 
so  lang  sein  muss,  als  der  Durchmesser  des  Gliedes.  Dicht  über 
dem  Handgelenk  lassen  sich  die  Sehnen  oft  schlecht  durchschneiden, 
man  muss  sie  mit  einem  Haken  hervorziehen  und  mit  einer  Scheere 
abschneiden.  Die  Vereinigung  der  Wunde  geschieht  am  besten 
in  senkrechter  Richtung  bei  pronirt  gelagertem  Arm. 

Vom  Vorderarm  sollte  man  so  wenig  als  nur  irgend  möglich 
araputiren  und  namentlich,  wenn  die  Absetzung  ganz  hoch  dicht 
am  Ellbogengelenk  stattfinden  muss,  immer  noch  lieber  einen 
kleinen  Vorderarmstumpf  der  leichter  auszuführenden  Exarticulation 
im  Ellbogen  vorziehen,  da  dieser  für  die  Handhabung  später 
anzulegender  Prothesen  von  grosser  Wichtigkeit  ist. 


185 


am. 


m.e.p. 


Querschnitt  des  rechten  Vorderarmes  in  der  Mitte. 


m,  p.  l. :  musc.  palmaris  longas. 

n.  m. :  nerv,  medianus. 

a.  r. :  art.  radialis. 

m.  p.  t. :  musc.  pronator  teres. 

n.  r. :  nerv,  radialis. 

t.  r. :  tendo  radialis  ext.  long. 

m.  e.  p.:  musc.  extens.  poU.  long. 

a.  u. :  art.  ulnaris. 


—     186 


Fig.  315. 


n.r.s 


■n.m. 


■n.u. 


Querschnitt  des  rechten  Vorderarmes  im  oberen  Dritttheii. 


a.  r. :  art.  radialis. 

n.  r.   s  :  nerv,  radialis  siiperf. 

n.  r.  p.:  nerv,  radialis  profundus. 

a.  i. :  art.  interossea. 

a.  II. :  art.  ulnaris. 

n.  u. :  nerv,  uluaris. 

n.  m. :  nerv,  medianus. 


—     187     — 
Exarticulation  im  Ellbogengelenk. 

1.   Zi  rkels  clinitt. 

1.  Ein  Zirkelschnitt  trennt  die  Haut  4  cm  unterhalb 
der  Condylen  des  Humerus ;  die  Manschette  wird  zurückpräparirt 
und  umgeschlagen. 

2.  Ein  Querschnitt  über  die  Yolarseite  eröffnet  breit  das 
hyperextendirte  Gelenk. 

3.  Ein  Schnitt  oberhalb  des  Capitulum  radii  trennt  das 
ligamentum  laterale  externum,  ein  Schnitt  unterhalb  des  Condylus 
internus  das  ligamentum  laterale  internum. 

4.  Das  Gelenk  klafft  stark,  das  Olecranon  wird  in  die  "Wunde 
gedrängt;  ein  Schnitt  oberhalb  der  Spitze  desselben  trennt  die 
Sehne  des  Triceps  davon   ab   (Fig.   3 16). 

5.  Die  Form  des  in  der  Quere  vernähten  Stumpfes  zeigt 
Fig.   317. 

"Flg.  316.  Fig.  317. 


1 


Exarticulation  im  Eilbogengelenk  mit  Zirkelschnitt. 


Stumpf    nach    Exarticulation 
im  Ellbogengelenk  mit  Zirkel- 
schnitt. 


—     188 


Fig.  318 


n  c  t  m 


n.r. 


m.r. 


n.a. 


Querschnitt  durch  das  rechte  Ellbogengelenk  in  der  Condylenlinie. 


■n.  c.  e. :  nerv,  cutaneus  ext. 

V.  c:  vena  cephalica. 

n.  r. :  nerv,  radialis. 

V.  m. :  vena  mediana. 

V.  b. :  vena  basilica. 

n,  e.  i.  m. :  nerv,  cutaneus  int.  major. 

11.  in. :  nerv,  medianus. 

m.  r. :  musc.  radialis  int. 

n.  u. :  nerv,  ulnaris. 


189     — 


2.   Lappenschnitt. 

1.   Ein    Bogensclinitt,     welcher    2     cm     unterhalb     des     einen 
Condylus  beginnt  und  2  cm  unterhalb  des  anderen  Condylus  endigt, 
Pig.  319.  umschreibt  an  der  Volarseite  des  Vorder- 

armes einen  grossen  halbmondförmigen 
Hautlappen,  welcher  von  der  Fascie 
abgelöst  und  nach  oben  zurückgeschlagen 
wird. 

2.  Der  Arm  wird  stark  flectirt  und 
so  gedreht,  dass  die  Rückseite  des  Ge- 
lenkes  nach  vorne  sieht. 

3.  Ein  flacher  Bogenschnitt  über  das 
Olecranon  legt  die  Spitze  desselben  frei 
(Fig.   312). 

4.  Bin  Querschnitt  von  einem  Con- 
dylus zum  andern  trennt  die  Sehne  des 
triceps    und    die    beiden    Seitenbänder ; 

Exarticulation  im  Ellbogcngelenk      ein  zweiter   die  sämmtlichen  "Weichtheile 
mit  Lappenschnitt.  ^n   der  Volarseite  des   Gelenkes. 


Amputation  des  Oberarmes. 

Bei  mageren  Individuen  ist  der  einzeitigo  Zirkelschnitt 
(Fig.  250)  das  einfachste  und  schnellste  Verfahren,  bei  stärkerer 
Muskulatur  bildet  man  besser  eine  Hautmanschette. 
Der  Hautlappenschnitt  wird  entweder  mit  zwei  Lappen  (Fig. 
262)  oder  mit  einem  grossen  vorderen  Lappen  und  hinterem 
halbem  Zirkelschnitt  (Fig.  263)  ausgeführt.  Beim  Zurückschieben 
des  Periostes  und  Sägen  ist  die  Zerfetzung  des  dem  Knochen 
unmittelbar  aufliegenden  N.   radialis   streng  zu  vermeiden. 


—     190     - 


Fig.  320. 


n.c.e. 


n.c.e.s 


Querschnitt  des  rechten  Oberarmes  im  unteren  Dritttheil. 


V.  c  :  Vena  cephalica. 

n.  r. :  nerv,  radialis. 

n.  e.  e.  s. :  nerv,  cutan,  ext.  sup. 

n.  c.  e. :  nerv,  cutaneus  ext. 

a.  h. :  art.  brachialis. 

n.  m. :  nerv,  medianus. 

V.  b. :  Vena  basilica. 

n.  c.  i.  m. :  nerv,  cutan.  int.  major. 

n.  u. :  nerv,  ulnaris. 


—     191     — 


Fig.  321. 


n.r. 


n.c.e.'p. 


Querschnitt  des  rechten  Oberarmes  im  mittleren  Dritltheil. 


V.  c. :  vena  cephalica. 

n.  r. :  nerv,  radialis. 

a.  p. :  art.  profunda. 

n.  c.  e.  p.i  nerv,  cutaneus  extern,  (perforans). 

a.  b.:  art.  brachialis. 

n.  m. :  nerv,  medianus. 

n.  c.  i.  m.:  nerv,  cutan.  int.  major. 

V.  h. :  vena  basilica. 

11.  u. :  nerv,  ulnaris. 


—     192 


ü'ig.  322. 


^^J^'^-^'- 


Querschnitt  des  rechten  Oberarmes  vor  der  Achselhöhle. 


V.  c. :  vena  cephalica. 

p.  m. :  pectoraiis  major. 

t.  b. :  tendo  bicipitis. 

n.  p.:  nerv,  perforans. 

n.  c.  m.  i. :  nerv,  cutan.  major  int. 

n.  m.:  nerv,  medianus. 

V.  b. :  vena  basilica. 

a.  b. :  art.  bracbialis. 

n.  u. :  nerv,  ulnaris. 

V.  br.:  vena  bracbialis. 

n.  r. :  nerv,  radialis. 


193 


Esmarch-Ko walzig,  Technik,  4.  Aufl. 


13 


—     194     — 
Exarticulation  des  Armes  im  Schultergelenke. 

1.   Lappenschnitt. 

1.  Der  Kranke  liegt  am  B,ande  des  Tisches  halb  auf  der 
gesunden  Seite  mit  etwas  erhöhtem  Oberkörper.  Je  mehr 
er  in  die  sitzende  Stellung  gebracht  wird,  desto  bequemer  ist  es 
für  den  Operateur,   desto  gefährlicher  aber  für  die  Narkose. 

2.  Auf  der  Aussenfläche  der  Schulter  wird  ein  abgerundet 
viereckiger  Lappen  umschnitten,  dessen  Basis  sich  vom  processus 
coracoideus  bis  zur  Wurzel  des  Acromion  erstreckt,  und  dessen 
unterer  breiter  Rand  über  die  untere  Grenze  des  Delta- 
muskels läuft  (Fig.   323). 

3.  Mit  grossen  Messerzügen,  welche  immer  tiefer  in  den  Delta- 
muskel eindringen,  wird  der  Lappen  bis  an  das  Acromion  abgelöst 
und  nach  oben  geschlagen,  so  dass  die  Aussenfläche  des  Schulter- 
gelenkes frei  liegt. 

4.  Ein  kräftiger  Schnitt  über  den  nach  oben  gedrängten 
Schulterkopf  oberhalb  der  beiden  Tubercula  trennt  die  Gelenkkapsel 
sammt  den  darüber  liegenden   Sehnen. 

Fig.  324.  Fig.  325. 


Exarticulation  im  Schultergelenke. 

Bildung  des  zweiten  Lappens  au  der  lunenseite. 


Stumpf  nach  Exarticulation  im  Schultergelenke 
mit  Lappenschnitt. 


—     195     — 

5.  Der  Schulterkopf  wird  hervorgedrängt,  das  Messer,  hinter 
denselben   gelegt,   durchschneidet  die  hintere  Gelenkkapsel. 

6.  Der  Operateur  zieht  den  Schulterkopf  mit  der  linken  Hand 
gegen  sich,  führt  das  Messer  in  langen  sägenden  Zügen  an  der 
Innenseite  des  Knochens  herab  bis  6  cm  unterhalb  der  Achselfalte, 
dann  wendet  er  die  Schneide  nach  innen  (gegen  den  Thorax)  und 
trennt  mit  einem  Zuge  die  sämmtlichen  Weichtheile,  in  denen  die 
grossen  Gefässe  und  Nerven  verlaufen. 

7.  In  solchen  Fällen,  wo  es  nicht  gelingt,  den  Zufluss  des  Blutes 
durch  Compression  der  Subclavia  vollständig  zu  beherrschen, 
muss  ein  Assistent  vor  Beendigung  des  letzten  Schnittes  von  oben 
her  in  die  AVunde  greifen  und  mit  dem  Daumen  die  Art.  axillaris 
gegen  die  Haut  comprimiren  (Fig.   324). 

8.  Das  Aussehen  der  Wunde  nach  Vereinigung  durch  die 
Naht  zeigt  Fig.   325. 

2.   Zirkelschnitt. 

1.  Der  Arm  wird  abducirt.  Ein  Zirkelschnitt  in  der 
Höhe  der  unteren  Grenze  des  Deltamuskels  trennt  sämmtliche 
Weichtheile  bis  auf  den  Knochen. 

2.  Der  Knochen  wird  in  derselben  Höhe  abgesägt;  alle 
klaffenden  Gefässe  werden  unterbunden. 

3.  Ein  Längsschnitt  vom  vorderen  Bande  des 
Acromlon  bis  in  den  Zirkelschnitt  herab  spaltet  sämmtliche 
Weichtheile  bis  auf  den  Knochen. 

4.  Das  untere  Ende  des  Knochenstumpfes  wird  mit  einer 
starken  Knochenzange  oder  mit  der  linken  Hand  gefasst  und 
während  ein  Assistent  mit  scharfen  Haken  die  Wundränder  des 
Längsschnittes  auseinanderzieht,  löst  der  Operateur  den  Knochen 
unter  beständigen  Rotationen  aus  dem  Gelenke  (Fig.  326).  Dies 
Auslösen  geschieht  durch  kurze,  immer  gegen  den  Knochen 
geführte  Schnitte,  oder  in  geeigneten  Fällen  durch  Abhebe lung 
des  Periostes  mit  Hebeln  und  Schabeisen. 

5.  Um  die  in  der  AVunde  hervorstehenden  Knochenvorsprünge 
des  Acromion  und  processus  coracoideus  zu  beseitigen,  ist  es 
zweckmässig,  diese,   so  weit  es  nöthig  ist,  zu  reseciren  (Helferich). 

6.  Das  Aussehen  des  Stumpfes  zeigt  Fig.  327.  Auch  kann 
man  die  Hautlappen  durch  Abschneiden  der  unteren  Ecken  ab- 
runden. 

13* 


—     196     — 


Fig.  326. 


l'ig.  327. 


Exarticulation  im  Schultergelenke  mit  Zirkelschnitt  und  Längsspaltung. 

Auslösuug  des  Humurusstumpfes.  Vernähter  Stumpf. 


3.   Ovalairsclmitt. 

Man  kann  die  Spitze  des  Ovals 
entweder andieAussenseite  unterhalb 
des  Acromion  legen,  und  muss  dann 
den  Deltoideus  z.  Th.  mit  entfernen 
(Fig.  328}  oder  man  beginnt  mit  einem 
vorderen  Längsschnitt  nach  aussen 
vom  Processus  coracoideus  unterhalb  der 
Clavicula,  umschneidet  den  ßand  des 
M.  deltoideus  und  geht  dann  quer 
über  die  Rückseite  des  Armes  bis 
zur  Achselfalte  und  von  da  aufwärts 
zum  Anfangspunkt  zurück  (K  o  c  h  e  r). 
"Werden  die  Ecken  des  Schnittes  in 
Fig.  326  stark  abgerundet,  so  entsteht 
fast  der  gleiche  Schnitt. 


Fig.  328. 


Exarticulation   im  Schultergelenk  mit 
Ovalairschnitt  nach  Larrey. 


—     197     — 

Die  letzteren  Methoden  eignen  sich  besonders  für  diejenigen 
Fälle,  in  denen  man  bei  Tumoren  zunächst  die  Diagnose  sichern 
möchte :  Man  macht  dann  zuerst  den  Längsschnitt  und 
schliesst   an  ihn   den  Zirkeischnitt   oder   Ovalairschnitt  an. 

Zur  Exarticulation  des  Schulterglirtels   (Schulter  sammt  Cla- 

vicula  und  Scapula)  wegen  Tumoren  macht  man  ebenfalls  am  besten 
einen  Ovalairschnitt,  mit  der  Spitze  über  der  Clavicula, 
welcher  vorn  zur  vorderen  Achselfalte  bogenförmig  herabzieht, 
hinten  über  das  Acromion  verläuft  und  sich  mit  dem  vorderen 
Schnitt  in  der  Achsel  vereinigt. 


Amputationen  und  Exarticulationen  au  der  unteren 
Extremität. 

Exarticulation  einzelner  Zehen 

wird    in    derselben  Weise    ausgeführt,    wie    die  Exarticulation    der 
Finger  (s.  S.    174— 177). 

Exarticulation  sämmtlicher  Zehen   in  den  Phalango-Metatarsal- 

gelenken. 

1.  Während  die  linke  Hand  alle  Zehen  zugleich  stark  auf- 
wärts biegt,  wird  ein  Bogenschnitt,  der  (am  linken  Fasse) 
am  medialen  Rande  des  ersten  Phalango-Metacarpalgelenkes  be- 
ginnt und  am  lateralen  Rande  des  gleichnamigen  Gelenkes  der 
fünften  Zehe  endigt,  in  der  Furche  zwischen  Fusssohle  und  Basis 
der  Zehe  entlang  geführt,  Fig.  329.    (Am  rechten  Fusse  umgekehrt.) 

2.  Ein  gleicher  Schnitt,  dessen  Enden  mit  denen  des  ersten 
zusammentreffen,  wird  unter  starker  Plantarflection  der  Zehen  auf 
der  Dorsalseite  der  Basis  sämmtlicher  Zehen  entlang  geführt 
(Fig.  330).  Beide  Schnitte  dringen  zwischen  die  Zehen  bis  zur 
Mitte   der  Schwimmhaut  ein. 

3.  Beide  halbmondförmige  Lappen  werden  bis  zu  den  Köpf- 
chen der  Metatarsalknochen  zurückpräparirt. 

4.  Darauf  wird  jede  Zehe  einzeln  ausgelöst,  wobei  man  die 
Sesambeine    am  Kopfe    des   ersten  Metatarsalknochens  zurücklässt. 

5.  Sollte  die  Haut  nicht  ausreichen,  um  die  stark  vorspringen- 
den Köpfchen  der  Metatarsalknochen  bequem  zu  bedecken,   so  kann 


—     198     — 

man  dieselben  einzeln  mit  der  Phalangensäge    oder  der  Knochen- 
scheere  abtragen. 

6.  Das  Aussehen  des  Stumpfes  zeigt  Fig.  331. 


Fig.  329. 


Fig.  330, 


Exarticulation  aller  Zehen  (Plantarschnitt). 


Fig.  331. 


Exarticulation  aller  Zehen  (Dorsalschnitt). 


Stumpf  nach  Exarticulation  aller  Zehen. 


—     199     — 


Fig.  332. 


Amputation  aller  Metatarsalknochen 

(Amputatio  metatarsea  nach  Jäger). 

1.  Von  einem  Fussrande  zum  andern  wird  ein  Bo  gen- 
schnitt über  die  vordere  Grenzfurche  der  Fusssohle  geführt  und 
der  halbmondförmige  Hautlappen  bis  zu  der  Stelle,  wo  man 
amputiren  will,  zurückpräparirt. 

2.  Auf  dem  Fussrücken  wird 
ein  kleinerer  halbmondförmiger 
Lappen  geschnitten,  dessen  Enden 
mit  denen  des  Plantarlappens  an 
den  Fussrändern  zusammentreffen. 
Auch  kann  man  statt  des  Dorsal- 
lappens einen  halben  Zirkel- 
schnitt  machen,  wenn  die  Haut  der 
Fusssohle  zur  Deckung   ausreicht. 

3.  Ander  Basis  beider  Lappen 
werden  mit  einem  schmalen  Messer 
die  Weichtheile  an  und  zwischen 
den  einzelnen  Metatarsalknochen 
sorgfältig  getrennt. 

4.  Durch  schmale  Streifen 
sterilisirter  Gaze,  welche  mittelst 
einer  Pinzette  zwischen  die  ein- 
zelnen Knochen  durchgezogen  sind, 
werden  die  Weichtheile  stark  nach 
oben  gezogen  und  hart  an  den- 
selben sämmtliche  Knochen  gleich- 
zeitig durchgesägt  (Fig.  332  und 
333). 

Exartlcuiatlon   der   grossen  Zehe 
sammt   ihrem   Metatarsalknochen. 

Der  Ovalairschnitt 

wird  in  derselben  Weise  ausgeführt, 
Wunde  nach  Absägung  der  Metatarsalknochen.  wie  bei  der  Exarticul  ation  des 
Daumens  S.  178  beschrieben  worden.  Wegen  der  grossen 
Breite  der  Basis  des  ersten  Metatarsalknochens  ist  es  rathsam, 
auf  das   obere  Ende  des  Schnittes    rechtwinklig    einen  Querschnitt 


Amputation  des  Fusses  in  den  Metatarsal- 
knochen (Absägen). 

Fig.  333. 


—     200     — 


über  das  Gelenk  zu  führen  (Fig.  334),  welches  sich  ca.  4  cm 
vor  der  Höhe  der  tuberositas  ossis  navicularis  findet, 
und  die  dadurch  entstehen-  Fig.  334. 

den  oberen  und  unteren 
Lappen  zurückzupräpari- 
ren,  bis  der  ganze  Knochen 
und  das  G-elenk  frei  liegt. 
2.  Die  Sehnen  des 
extensor  und  flexor  halucis 
longus  werden  auf  dem  Ge- 
lenk durchschnitten,  das 
Gelenk  auf  der  Dorsalseite 
geöffnet,  und  während  man 
den  Knochen  beständig  nach  den  entgegengesetzten  Richtungen  um 
seine  Achse  dreht,  werden  die  Verbindungen  desselben  mit  dem  os 
cuneiforme  I  ringsum  gelöst. 


Exarticulation  der  grossen  Zehe  sammt  ihrem  Meta- 
tarsalknochen. 


Fig.  335. 


Exarticulation   der  fünften  Zehe  sammt   ihrem  Metatarsalknochen. 

Der  Lappenschnitt 
kann    hier    in    ähnlicher  Weise  ausgeführt  werden,    wie    es  früher 
bei  der  Exarticulation  des  Daumens   (S.    179)   beschrieben  wurde. 

2.  Die  linke  Hand  zieht  die  fünfte  Zehe  kräftig  von  der 
vierten  ab,  die  rechte  führt  ein  schmales  Messer  von  der  Schwimm- 
haut aus  in  sägenden  Zügen 
zwischen  die  beiden  Meta- 
tarsalknochen aufwärts,  bis 
es  auf  Widerstand  stösst 
(Fig.  335). 

3.  Das  Ende  des 
Hautschnittes  wird  sowohl 
an  der  Dorsalseite  als  an 
der  Plantarseite  um  1  cm 
aufwärts  verlängert. 

4.  Unter  kräftiger  Ab- 
duction  des  fünften  Meta- 
carpalknochens  wird  dessen 
Basis  zuerst  von  der  des 
viertenMetatarsalknochens, 
^darauf  vom  os  cuboideum  absretrennt 


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Exarticulation  der  fünften  Zehe  mit  ihrem  Metatarsal- 
knochen. 


—     201     — 

5.  Dann  führt  man  das  Messer  um  die  nach  oben  vor- 
springende tuberositas  ossis  metatarsi  V  herum  und  von  hier  hart 
an  der  Aussenseite  des  Knochens  entlang  in  sägenden  Zügen  ab- 
wärts und  bildet  so  einen  zungenförmigen  äusseren  Lappen,  dessen 
Spitze  genau  in  der  Höhe  des  ersten  Einschnittes  in  die  Schwimm- 
haut abgerundet  werden  muss   (Fig.   335). 

6.  In  derselben  Weise  lassen  sich  die  zweite,  dritte  und  vierte 
Zehe   sammt  ihrem   Metacarpalknocheu   exstirpiren. 


Exarticulation  in  den  Tarso-Metatarsalgelenken  nach  Lisfranc 
(Exartieulatio  tarso-metatarsea). 

1.  Am  äusseren  Fussrande  wird  das  Gelenk  zwisclien  os 
cuboideum  und  fünftem  Metatarsalknochen,  welches  unmittel- 
bar vor  der  tuberositas  dieses  Knochens  liegt,  am  inneren 
Fussrande  das  Gelenk  zwischen  os  cuneiforme  I  und  erstem  Meta- 
tarsalknochen, welches  sich  4  cm  vor  der  tuberositas  ossis 
navicularis  befindet,  aufgesucht  und  durch  kleine  Messerstiche 
bezeichnet. 


Fig.  336. 


Fig.  337. 


/  [4''>  /         Exarticulation  in'den  Tarso-Metatarsalgelenken  nach  Lisfranc. 
Skelett  des  Fusses. 


—     202     — 


2.  Von  dem  einen  dieser  Punkte  aus  zum  andern  (von  links 
nach  rechts)  wird  bei  emporgehobenem  Fuss  auf  der  Fuss  sohle 
ein  grosser  halbrunder  Lappen  umschnitten,  dessen  Convexität 
über  die  Köpfe  der  Metatarsalknochen  hinwegzieht. 

3.  Der  Fuss  wiid  gesenkt  und  stark  gestreckt,  das  Messer 
von  einem  Endpunkte  des  Plantarlappen  zum  andern  in  flachem 
Bogen  über  den  Fussrücken  geführt,  sämmtliche  Weichtheile 
bis  auf  den  Knochen  durchschneidend  (Fig.   33ö). 

Fig.  338.  Fig.  339. 


:d 


Exarticulation  des  Fusses  nach  Lisfranc. 

Dorsalschnitt. 

4.  Der  kleine  Dorsallappen  wird  aufwärts  gezogen,  die  Messer- 
spitze sucht  tastend  das  am  weitesten  nach  links  gelegene  Gelenk 
(am  rechten  Fuss  das  fünfte  Metatarsalgelenk)  zu  öffnen,  während 
die  linke  Hand  den  Vorderfuss  stark  abwärts  drückt, 

5.  Sobald  das  Gelenk  klafft,  wird  das  Messer  im  schwach 
nach  vorne  convexen  Bogen  weiter  geführt,  eröffnet  das  vierte  und 
dritte  Gelenk  (a),  gleitet  über  die  Basis  des  zweiten  Metatarsus- 
knochens  hin  und  öffnet  das   erste  Gelenk  (c)   (Fig.   339). 

6.  Das  Gelenk  des  zweiten  Metatarsalknochens,  welches  etwa 
1  cm  höher  liegt,  als  das  des  ersten,  wird  durch  einen  kleinen 
Querschnitt  (b)  eröffnet;  die  seitlichen  Verbindungen  des  Knochens 
mit  dem  os   cuneiforme  I  und  III.   zwischen  die  sich  die  Basis   des- 


203     — 


selben  hineinschiebt,   trennt  man  durch  Einstechen  des  Messers  mit 
nach  oben  gerichteter  Schneide   (Fig.   340). 

iig.  340. 

in 


Exarticulation  nach  Lisfranc. 

Bildung'  des  Plantarlappeiis.  Wundfläche. 


Stumpf. 


7.  Nun  klaflPen  sämmtliche  Gelenke  stärker,  das  Messer  trennt 
die  übrigen  Gelenkverbindungen  an  den  Seitenrändern  und  an  der 
Sohlenseite  und  durchschneidet  die  Muskulatur  der  Fusssohle  zum 
grösseren  Theile ;  dann  wird  seine  Schneide  nach  vorne  gerichtet, 
um  den  Plantarlappen  zu  vollenden  (Fig.   341). 

Das  Aussehen  der  Wunde  vor  der  Vereinigung  zeigt  Fig.  342, 
das  des  Stumpfes  Fig.   343. 


—     204     ~ 

Exarticulation  im  Tarsus  nach  Chopart 
(Exartieulatio  mediotarsea). 

1.  Die  Auslösung  findet  statt  in  dem  Gelenke,  welches  das 
OS  naviculare  mit  dein  Kopfe  des  Talus,  und  das  os 
cuboideum  mit  dem  Calcaneus   verbindet   (Fig.    344). 

2.  Der  Gelenkspalt  wird  am  inneren  Fussrande  1  cm 
oberhalb  der  tuberositas  ossis  navicularis,  am  äusseren 
Fussrande  2  cm  oberhalb  der  tuber ositos  ossis  meta- 
tarsi  Y  gefunden  und  markirt. 

3.  lieber  die  Sohle  des  emporgehobenen  Fusses  wird  ein 
bogenförmiger  Hautschnitt  geführt,  der  von  dem  links  ge- 
legenen markirten  Punkte  aus  am  Fussrande  nach  vorne,  einen 
Daumen  breit  hinter  den  Köpfen  der  Metatarsusknochen  quer  über 
die  Sohle  und  am  anderen  Fussrande  zurück  bis  zu  dem  rechts 
gelegenen  Punkte  läuft  (Fig.   345—347}. 

4.  Der  Fuss  wird  gesenkt  und  stark  abwärts  gedrückt, 
das  Messer  in  den  linken  Wundwinkel  eingesetzt  und  im  schwachen 
Bogen  über  den  Fussrücken,  nur  durch  die  Haut,  geführt,  bis  in 
den  rechten  AVuudwinkel  des   Sohlenschnittes   (Fig.    348). 

5.  Der  kleine  Dorsallappen  wii'd  stark  zurückgezogen,  ein 
kräftiger  Schnitt  quer  über  das  Gelenk  trennt  alle  Sehnen  und 
dringt  sofort  in  die  Gelenkverbindung  ein  (am  sichersten  zuerst 
oberhalb  der  deutlich  fühlbaren  tuberositas  ossis  navi- 
cularis). 

6.  Unter  der  Schneide  des  über  die  (leicht  - — 'förmig  ge- 
krümmte) Gelenkverbindung  hingeführten  Messers  öffnen  sich 
krachend  die  Gelenke.  Die  Spitze  trennt  überall  die  gespannten 
Bänder,  zuletzt  an  der  Plantarseite,  bis  sich  der  Yorderfuss  ganz 
nach  der  Hacke  zu  herunterdrücken  lässt. 

7.  Xachdem  au  beiden  Fussrändern  der  Plantarlappen  ein 
^venig  tiefer  eingeschnitten  ist,  wird  die  Messerklinge  mit  nach 
vorne  gerichteter  Schneide  an  die  untere  Seite  der  abgelösten  ossa 
naviculare  und  cuboideum  gelegt  und  in  sägenden  Zügen  vorwärts 
geführt,   bis   der  Plantarlajapen  vollendet  ist  (Fig.    349). 

8.  Die  Ansicht  des   Stumpfes  giebt  Fig.    350. 

Die  vordere  untere  Kante  des  Calcaneus,  welche  stark  vor- 
sj)ringt    und    im   Stumpfe    leicht  Decubitus    hervorruft,    kann    man 


—     205     — 


Fig.  344. 


Fig.  345. 


Fig.  347. 


Fig.  346. 


«/■\U!\   >    \] 


Fig.  348. 


Exarticulation  im  Tarsus  nach  Chopart. 


—     206 


Fig.  349. 


etwas  abmeisseln 
(Helfer ich).  Wäh- 
rend der  Heilung 
muss  der  Fuss  in 
starkerDorsalflection 
(nöthigenfalls  durch 
Ausführung  der 

Fig.  350. 


Stumpf  nach  Exarticulation 
im  Tarsus  nach  Chopart. 


Achillotenotomie)ge- 
stellt  bleiben.  Nach 
der  Heilung  ist  eine 
schief  nach  auf- 
wärts steigende  Sohle  beim  Gehen   empfehlenswerth. 


Exarticulation  im  Tarsus  nach  Chopart. 

Beendigung  des  Plautarlappeus. 


Exarticulation  des  Fusses  unter  dem  Talus  nach  Malgaigne 
(Exartieulatio  sub  talo). 

1.  Es  werden  zwei  seitliche  Lappen  gebildet  durch 
einen:' Schnitt,  der  hinten  dicht  oberhalb  der  tuberositas  calcanei 
beginnt,  die  Achillessehne  von  derselben  abtrennt,  dann  im  weiten 
Bogen  den  malleolus  externus  umkreisend,  über  die  untere  Hälfte 
des  Calcaneus  hinläuft  (Fig.  351),  von  hier  quer  über  die  Mitte 
des  OS  cuboideum  zum  Fussrücken  aufsteigt,  über  den  vorderen 
Kand     des     os     naviculare    (Fig.    352)    an     der     Innenseite     des 


—     207     — 


Mittelfusses  senkrecht  herabzielit  (Fig.  353), 
bis  er  den  Mittelpunkt  der  Fusssohle  er- 
reiclit  (Fig.  354).  Von  hier  biegt  er  im 
rechten  Winkel  ab  nach  hinten  und  trifft 
auf  den  Anfang  des  Schnittes  am  Innen- 
rande  der  Achillessehne. 

2.  Die  beiden  Lappen  werden  von 
den  "Knochen  abgelöst,  bis  beide  Seiten- 
flächen des  Calcaneus  und  das  Chopart- 
sche  Gelenk  frei  liegen.  Dabei  hüte  man 
sich,  den  unteren  Enden  der  Knöchel  zu 
nahe  zu  kommen,  um  nicht  das  Tibio-Tar- 
salgelenk  zu  verletzen. 

3.  Durch  Auslösung  im  Chopart- 
schen  Gelenke  wird  der  Yorderfuss  ent- 
fernt. 

Fig.  351. 


Fig.  352. 


Fig.  353. 


Fig.  354. 


Exarticulation  zwischen  Talus  und  Calcaneus  (sub  talo)  nach  Malgaigne. 


—     208 


4.  Mit  einer  Knochenzange  wird  das  vordere  Ende  des 
Calcaneus  gefasst  und  während  man  den  Knochen  abwärts  drückt 
und  supinirt,  durchschneidet  man  mit  einem  schmalen  Messer  das 
ligamentum  fibulare  calcaneum,  1  cm  unterhalb  der  Spitze  des 
Malleolus  externus,  dringt  dann  in  den  Sinus  tarsi  ein,  trennt  das 
feste  ligamentum  intertarseum  und  während  man  den  Knochen 
immer  mehr  um  seine  Längsachse  dreht,  zuletzt  noch  etwa  3  cm 
unterhalb  des  inneren  Knöchels  das  ligamentum  talo-calcaneum. 
(S.  die  Abbildungen  der  Bänder  bei  der  Resection  des  Fussgelenkes). 

5.  Trotz  der  sehr  unregelmässigen  Grestalt  der  unteren  Fläche 
des  Talus  (Fig.  35 ö)  giebt  doch  diese  Operation  einen  zum  Gehen 
sehr  brauchbaren  Stumpf  (Fig.    356). 

6.  Zur  besseren  Form  des  Stumpfes  kann  ^^s-  356. 
man,  besonders  bei  Mangel  an  Hautbedeckung, 
das   Caput  tali  absägen.   —   Hancock  setzte 
an  die    abgesägte  Unterfläche    des  Talus    das 
abgesägte  Tuber  calcanei  osteoplastisch  an. 

Fig.  355. 


Exarticulation  des  Fusses  unter  dem  Talus. 


Stumpf   nach  Exarticulation 
des  Fusses  unter  dem  Talus. 


Exarticulation  des  Fusses  nach  Syme 

(Amputatio  malleolaris). 

1.  Der  rechtwinklig  flectirte  Fuss  wird  hoch  emporgehalten, 
und  ein  kräftiger  überall  bis  auf  den  Knochen  dringender  Schnitt  von 
der  Spitze  des  einen  (linken)  Knöchels  bis  zu  der  des  anderen 
(rechten)  quer  über  die  Fusssohle  geführt  (Fig.   357 — 359). 


—     209     — 


2.  Der  Fuss  wird  gesenkt,  mit  der 
linken  Hand  stark  abwärts  gedrückt  und 
ein  zweiter  Schnitt  von  einer  Knöchelspitze 
zur  anderen  quer  über  die  vordere  Seite 
des  Tibio-Tarsalgelenkes  geführt  (Fig.  360). 

3.  Ein  Querschnitt  über  die  Gelenk- 
fläche des  Talus  eröffnet  vorne  das  Gelenk, 
zwei  Schnitte  unterhalb  der  beiden  Knöchel 
trennen  die  Seitenbänder  und  die  obere 
Gelenkfläche    des  Talus    tritt    frei    hervor. 


Fig.  357. 


Fig.  358. 


Fig.  359. 


Fig.  360. 


Exarticulation  des  Fusses  nach  Syme. 

Esmareh-Ko walzig,  Technik,  4.  Anfl. 


14 


210 


Fig.  361. 


/ 


4.  Während  die  linke  Hand  den  Fuss  immer  mehr  gegen  die 
Rückseite  des  Unterschenkels  drängt  und  ihn  abwechselnd  nach 
der  einen  oder  anderen  Seite  um  seine  Achse  dreht,  wird  der 
Calcaneus  durch 
dicht  auf  einander  fol- 
gende und  abwechselnd     . 

bald    von    oben,     bald  *  ^ 

von  den  Seiten,  und 
zuletzt  von  hinten  und 
unten,  aber  stets  gogGfl 

den   Knochen  geführte 

Schnitte  aus  der  Fersen- 
kappe herausgelöst  und 
von  der  Achillessehne 
getrennt  (Fig.    361). 

Bei  entzündlichen 
Erkrankungen  ist  es 
zweckmässig,  den  Cal- 
caneus nicht  mit  dem 
Messer,  sondern  mit 
Hebel    und    Schabeisen 


Exarticulation  des  Fusses  nach  Syme  (Auslösung  des 
Calcaneus). 


aus   dem  Periost  herauszuschälen. 

5.  Der  Fersenlappen  und  die  Haut  wird  ringsum  über  die 
Knöchel  herauf  gezogen,  ein  Zirkelschnitt  dicht  oberhalb  der 
Gelenkfläche  der  Tibia  trennt  die  übrigen  Weichtheile  (Sehnen  und 
Knochenhaut). 

6.  Die  Säge  durchschneidet  die  Knochen  so,  dass  nur  die 
beiden  Knöchel  und  eine  feine  Knorpelschicht  von  der 
Gelenkfläche  der  Tibia  entfernt  werden  (Fig.   362,   363). 

Auch  kann  man,  wie  Syme  es  mehrmals  gethan,  nur  die 
Malleolen   mit  einer  Knochenscheere  abkneifen. 

7.  Nach  Unterbindung  aller  durchschnittenen  Gefässe  wird 
hinten  an  der  Aussenseite  der  Achillessehne  die  Haut  mit  einem 
schmalen  Messer  durchstochen,  durch  das  Loch  ein  Drainrohr 
gezogen  und  dann  die  Wunde  (Fig.  362)  durch  die  Naht  ver- 
einigt (Fig.  364,  365). 


—     211     — 


14=1 


—     212     — 

Exarticulation  des  Fusses  nach  Pirogoff. 
Amputatio  tibio-caleanea  osteoplastica. 

1 .  Die  Weichtlieile  werden  in  derselben  Weise  durchschnitten 
wie  bei  der  Sy  nie 'sehen   Methode   (S.    209). 

2.  Nach  Auslösung  des  Glelenkes  wird  der  Fuss  stark  nach 
hinten  gebogen,  bis  der  hintere  Rand  des  Talus  zum  Vorschein 
koniiut. 

3.  Dicht  dahinter  wird  die  Säge  auf  die  obere  Fläche  des 
Calcaneus  aufgesetzt  und  derselbe  genau  in  der  Ebene  des  Sohlen- 
schnittes senkrecht-  durchsägt  (Fig.    366,    367J. 


Fig   366. 


Fig.  367. 


Exarticulatio  pedis  nach  Pirogoff 
^Absägen  des  Calcaneus). 


Absägung   der  Knochen  bei  der  Pirogoff'schen 
Operation. 


4.  Die  beiden  Malleolen  und  eine  dünne  Scheibe  von  der 
Gelenkfläche  der  Tibia  werden  wie  bei  der  Methode  von  S  y  ni  e 
abgesägt. 

5.  Die  Achill  es s  ebne  wird  dicht  oberhalb  ihres  Ansatzes 
quer  durchschnitten  und  die  Haut  an  derselben  Stelle 
gefenstert  behufs  Durchführung  eines  Drainrohres. 


—     213     — 


6.  Das   Aussehen    der  Wundfläche    und    des  Stumpfes   zeigen 
Fig.  368,  369. 

Fig.  368.  Fig.  369. 


Wundfläche  bei  Pirogoff's  Operation. 


Stumpf  nach  Pirogoff's  Operation. 


Abänderung    des    Pirogoflf'sehen   Verfahrens   nach    Günther. 

1.  Der  Sohlen  schnitt  beginnt  und  endigt  dicht  VOP  den 
Malleolen  und  zieht  quer  über  die  Sohle  in  der  Gegend  des 
hinteren  B-andes   des   os  naviculare  (Fig.   370  —  372). 

2.  Der  Dorsalschnitt  bildet  einen  kleinen  halbmond- 
förmigen Lappen,   der  bis   an  das  os  naviculare  reicht  (Fig.    3  73). 

3.  Nachdem  das  Gelenk  eröffnet  ist,  präparirt  man  die  Weich- 
theile  auf  beiden  Seiten  des  Calcaneus  schräg  nach  oben  hinten 
bis  zum  Ansatz  der  Achillessehne  ab,  wobei  man  eine  Verletzung 
der  Art.  tibialis  postica  sorgfältig  vermeidet. 

4.  Dicht  vor  dem  Ansatz  der  Achillessehne  wird  eine  Stich- 
säge auf  den  Calcaneus  aufgesetzt  und  derselbe  schräg  von  hinten 
oben  nach  vorne  unten  durchsägt. 

5.  Ebenso  werden  Tibia  und  Fibula  schräg  von  hinten  oben 
nach  vorne  unten  durchsägt  (Fig.   374). 


—     214     — 

6.  Die  Sägeflächen  der  Knochen  lassen  sich  bei  diesem 
Verfahren  ohne  Durchschneidung  der  Achillessehne  leicht  aneinander 
bringen. 

Fig.  370.  Fig.  371. 


Abänderung  der  Pirogoff'schen  Operaiion  nach  Günther 

(Fig.  370-373). 

Pig   374. 


II 1 

11  ,1 


Durchsägung  der  Knochen  nach  Günther. 


—     215     — 


Abänderung    des    Pirogoff'sohen    Verfahrens    nach.   Le    Fort 
und  von  Esmarch. 

1.  Der  Sohlenschnitt  beginnt  2  cm  unter  der  Spitze 
des  Malleolus  externus  (am  rechten  Fussj,  läuft  schwach  convex 
über  die  Sohlenfläche  der  ossa  cuboideum  und  naviculare  und 
endigt  an  der  Innenseite  3  cm  vor  und  unterhalb  des  Malleolus 
internus  (Fig.   375 — 377). 

2.  Der  D  0  r  s  als  chnit  t  bildet,  von  denselben  Punkten  aus, 
einen  schwach  convexen  Lappen,  dessen  vorderer  Rand  über  die 
Chopart'sche  GelenkKnie  hinläuft  (Fig.   378). 

3.  Der  Dorsallappen  wird  bis  zum  Tibio-Tarsalgelenk  hinauf 
präparirt  und  das  Gelenk  eröffnet,  wie  bei  dem  Pir  og  off 'sehen 
Verfahren. 

4.  Der  Fuss  wird  nach  hinten  umgelegt  und  die  obere  Fläche 
des  Calcaneus  soweit  frei  präparirt,  dass  man  eine  Stichsäge  hinter 
den  oberen  Rand  der  tuberositas  calcanei  ansetzen  und  durch  einen 
Horizontalschnitt  von  hinten  nach  vorne  das  obere  Drittel  des 
Knochens   abtragen  kann  (Fig.   379). 

5.  Sobald  die  Säge  bis  in  das  C  h  o  p  a  r  t  "sehe  Gelenk  gedrungen 
ist,  werden  die  Knochen  dieses  Gelenkes,  wie  bei  der  Chopart- 
schen  Methode,   von  einander  getrennt. 

6.  Die  beiden  Knöchel  und  die  untere  Gelenkfiäche  der  Tibia 
werden,   wie  bei  Pirogoff,   abgesägt. 

7.  Auch  kann  man,  nach  von  Bruns,  mit  der  Stichsäge 
bogenförmig  den  Calcaneus  concav  und  die  Unterschenkelknochen 
convex  absägen  (Fig.  380).  Der  Stumpf  erhält  nach  dieser 
Methode   eine  sehr  breite  Gehfläche  (Fig.   381). 

8.  Bei  allen  diesen  Operationen  ist  es  zweckmässig,  nach 
Vereinigung  der  Weichtheile  die  Knochen  an  einander  zu  befestigen 
durch  einen  langen  Stahlnagel  (Fig.  238),  den  man  von  der  Sohle 
aus  durch  den  Calcaneus  bis  tief  in  die  Tibia  hineintreibt.  Bei 
aseptischem  Wundverlauf  verwachsen  die  Sägeflächen  rasch  mit 
einander,   ohne  dass   der  Nagel  Eiterung  hervorruft. 


—     216     — 


Fig.  375, 


Fig.  376. 


Fig.  377. 


Le  Fort's  Aenderung  der  Pirogoff'schen  Operation 

(Fig.  368—371). 


Fig.  379. 


Fig.  378. 


Durchsägung  der  Knochen  bei  Le  Fort's  Operation. 


—  217  — 


Fig.  380. 


Fig.  381. 


Absägen  der  Knochen  nach  von  Bruns. 


Zur 


Stumpf  nach  Le  Fort. 

Amputation  des  Unterschenkels 


eignet  sich  am  besten  der  zweizeitige  Zirkelschnitt  und 
der  Hautlappenschnitt. 

Im  unteren  Drittel  (oberhalb  der  Knöchel)  sind  zwei  gleich 
grosse  seitliche  Hautlappen  besonders  zweckmässig  (Fig.  261).  Ein 
vorderer  Hautlappen  kann  leicht  durch  die  scharfe  Kante  der 
abgesägten  Tibia  gedrückt  werden,  ein  hinterer  Hautlappen  zieht 
aber  durch   seine   Schwere  die  Wundränder  auseinander. 

In  der  Mitte  bildet  man  ebenfalls  zwei  Hautlappen,  oder  nach 
V.  Langenbeck  einen  grossen  seitlichen  Lappen  (an  der 
Innenseite)  mit  halbem  Zirkelschnitt  an  der  entgegengesetzten  Seite, 
wodurch  auch  die  Narbe  seitlich  zu  liegen  kommt  (Fig.  383). 
Diese  Methode  eignet  sich  auch  für  das  obere  Drittel,  wo  die  Ampu- 
tation am  zweckmässigsten  unterhalb  der  Tuberositas 
tibiae  (Ort  der  Wahl)   erfolgt. 

Bardeleben  macht  an  dieser  Stelle  einen  grossen  vorderen 
Hautlappen,  in  welchen  er  zugleich  das  läppen  form  ig  um- 
schnittene    Periost    der    vorderen    glatten    Fläche    der   Tibia 


—     218 


mit  hineinnimmt.  Die  Sägefläche  der  Tibia  wird  mit  diesem 
Periostlappen  bedeckt,  wobei  durch  Knochenneubildung  die  scharfe 
Kante  der  Tibia  etwas  abgerundet  wird;  dasselbe  erreicht  man 
durch  schräges  Absägen  der  scharfen  Tibiakante. 


Fig.  382. 


Fig.  383. 


Amputation  des  Unterschenkels  mit  seitlichem  Hautlappen  nach  von  Langenbeck. 

Hu  et  er  verfuhr  folgendermassen:  Längsschnitt  auf  der 
Crista  tibiae  der  Länge  der  zu  bildenden  Manschette  entsprechend; 
der  Schnitt  dringt  durch  das  Periost  auf  den  Knochen.  An  seinem 
unteren  Ende  macht  man  über  die  freie  Fläche  der  Tibia  bis  zu 
ihrem  inneren  Rande  einen  kurzen  Querschnitt  und  hebelt  von 
diesem  Winkelschnitt  aus  die  Haut  sammt  dem  Periost  von 
der  Tibia  ab :  der  so  gebildete  breite  Perioststreifen  wird  später 
auf  die  Sägefläche  der  Tibia  gelegt.  Dann  ergänzt  man  den  Quer- 
schnitt zu  einem  Zirkelschnitt  durch  die  Haut  bis  auf  die 
Fasele  und  verfährt  nun  wie  beim   ilanschettenschnitt. 

Die  Amputation  am  Orte  der  Wahl  giebt  die  tragfähigsten 
Stümpfe,  mit  denen  die  Kranken  auf  der  einfachsten  Stelze  knieend 
(eingegipster  Besenstiel)  gut  gehen  können  (Fig.  334).  Hat  der 
Kranke  also  nicht  die  Mittel,  sich  ein  theures  und  doch  oft  der 
Ausbesserung  bedürftiges  künstliches  Bein  zu  beschaff'en.  so  empfiehlt 


219     — 


es  sich,  aus  Zweckmässigkeitsgründen  die  Amputation  am  Orte 
der  Wahl  zu  machen,  selbst  wenn  ein  Theil  des  Unterschenkels 
noch  gesund  ist. 

Um  aber  auch  längere  Unterschenkelstümpfe  unmittelbar 
tragfahig  zu  machen,   empfiehlt  sich  die 

osteoplastische  Amputation  nach  Bier, 

wobei  der  unterste  Abschnitt  des  in  gewöhnlicher  "Weise  ampu- 
tirten  und  vernähten  Unterschenkels  rechtwinklig  nach  vorn 
umgeknickt  wird,  so  dass  eine  Art  künstlicher  Fuss  entsteht 
und  der  Kranke  mit  der  Wade  und  der  Hinterfläche  der  beiden 
Unterschenkelknochen  auftritt.  Zu  dem  Zwecke  verfährt  man 
folgendermassen  : 

Etwas  oberhalb  der  Amputationsstelle  schneidet  man  zunächst 
in  den  Weichtheilen  einen  Keilausschnitt  mit  abgestumpfter  Spitze 
vor,  die  untere  Seite  des  Keils  liegt  nur  anderthalb  Fingerbreit  ober- 
halb der  Knochenamputationsfläche.     Alle  Schnitte  werden  mit  sehr 

Fig.  384. 


Osteoplastische  Amputation  des  Unterschenkels  nach  Bier. 

scharfem  Messer  kräftig  durch  das  Periost  auf  den  Knochen  geführt 
und  an  der  Aussenseite  auch  zugleich  die  im  Spatium  interosseum 
liegenden  Weichtheile  durchtrennt.  Nun  werden  mit  der  Säge 
beide  Knochen  von  unten  her  schräg  durchsägt,  darauf  die  Säge 
in    die    obere    Schnittebene    eingesetzt    und    der    ganze    aus    einem 


—     220     — 

Stück  der  Tibia  und  Fibula  und  aus  Haut  und  Muskeln  bestehende 
Keil  herausgehoben.  Das  lose  Stück  wird  nun  nach  vorn  um- 
gestellt und  durch  die  Naht  mit  dem  oberen  vereinigt.  Bei 
kurzen  Stümpfen  beginnt  der  Keilausschnitt  hart  am  Stumpfende. 
Die  Kranken  sind  schon  nach  2 — 3  Wochen  im  Stande,  auf  einer 
einfachen  Stelze  ohne  Schmerzen  umherzugehen. 

In  allen   complicirten  Fällen    führt    man    diese    Stumpfplastik 
erst  nach  Heilung  der  Amputationswunde  aus. 


Fig  385. 


n.ss.  m. 
Querschnitt  des  rechten  Unterschenkels  im  unteren  Drititheil 


71.  p.  s 
a.  p 
p.  l 

V.  S-  e 

n.  SS.  m 

t.  a 

t.  p 

n.  t.  pt 

a.  t.  p 

V.  s.  i 

n.  sph.  m 

n.  t.  a 


nerv,  peron.  superf 
art-  ijeronaea. 
peron.   long, 
vena  saphena  ext. 
nerv,  suralis  major, 
tendo  achillis. 
tendo  plantaris, 
nerv.  tib.  post. 
art.  tib.  post. 
vena  saph.  int. 
nerv.  saph.  major, 
ait.  tib.  antica. 


221     — 


Querschnitt  des  rechten  Unterschenkels  im  mittleren  Dritttheil. 


a.  t.  a 

m.  e.  h.  l 

m.  f.  h 

a.  p 

n.  c.  p 

n.  SS.  ni. 

V.  s.  e 

t.  p 

n.  sph.  m 

V.  s.  i 

a.  t.  p 

m.  f.  d.  c.  l 


:  art.  tibial.  antica. 

:  musc.  ext.  hal.  long. 

:  musc.  flex.  hal. 

:  art.  peronaea. 

:  nerv,  cutan.  post.  ext. 

:  nerv,  suralis  majoi". 

:  Vena  saph.  ext. 

:  tendo  plantaris. 

:  nerv.  saph.  major. 

:  vena  saph.  int. 

:  art.  tib.  post. 

:  musc.  flex.  dig.  comm.  long. 


—     222     — 


Fig.  387. 


n.p.s-^ 


a.e.n.l.p 


v.s.e. 


Querschnitt  des  rechten  Unterschenkels  im  oberen  Dritttheil. 

n.  p.  ])■'■  iierv.  peroneus  prof.  seu  tib.  ant. 

a.  t.  a. :  art.  tibialis  antica. 

l.  i. :  lig.  intermusc.  fibulare. 

n.  p.  s. :  nerv,  peron.  superf. 

n.  c.  c. :  nerv,  cutan.  crur.  post. 

n.  SS.  m. :  nerv,  suralis  major. 

V.  s.  e. :  vena  saphena  ext. 

t.  p.:  tendo  plantaris. 

a.  e.  n.  t.  p. :  art.  et.  nerv.  tib.  post. 

m.  p. :  musc.  popliteus. 

n. :  nerv.  saph.  major. 

V.  s.  i. :  vena  saphena  int. 


—     223     — 


.    S.    l. 

sm. 

9- 

st. 

,a.  c. 


V.  s.  e. 
Querschnitt  des  linken  Oberschenkels  in  der  Condylenlinie. 

V.  s.  e. :  vena  saph.  ext. 

n.  t. :  nerv,  tibialis. 

n.  p.:  nerv,  peroneus. 

li.  p. :  bursa  patellaris. 


vena  saph.  int. 
semimembranosus 
graoilis. 

semiteudinosus. 
art.  cruralis. 


Exarticulation  des  Unterschenkels  im  Kniegelenk. 

1.   Zirkelschnitt. 

1.  Ein  Zirkelschnitt  trennt,  bei  gestrecktem  Knie,  die  Haut 
des  Untei  schenkeis  8  cm  unterhalb  der  Patella.  Die  Haut  wird 
bis  ;zum  unteren  Rande  der  Patella  ringsum  abpräparirt  und  als 
Manschette  hinaufgeschlagen;  um  letzteres  zu  erleichtern,  kann 
man  die  Stulpe  auf  einer  oder  auf  beiden  Seiten  durch  einen 
kleinen  Längsschnitt  spalten. 


—     224 


Fig.  389. 


Exarticulation  im  Kniegelenk(Zirkelschniit). 
l'ig.  390. 


N^W^ 


2.  Indem  man  das  Knie  flectirt, 
durchschneidet  man  erst  das  liga- 
mentura  patellae  dicht  unter  der 
Kniescheibe,  dann  das  vordere 
Kapselband  und  die  beiden  Seiten- 
bänder hart  am  Rande  des  Femur, 
damit  die  Meniscen  und  der  grössere 
Theil  der  Gelenkkapsel  mit  der 
Tibia  in  Verbindung  bleiben. 

3.  Nachdem  man  das  Knie 
noch  mehr  gebeugt  hat,  trennt 
man  die  ligamenta  cruciata  von 
den  Innenflächen  beider  Ober- 
schenkelcondylen  ab,  streckt  das 
Knie  wieder  und  durchschneidet 
mit  einem  Jlesserzuge  von  vorne 
nach  hinten  die  noch  übrigen  Weich- 
theile  an  der  Rückseite  des  Ge- 
lenkes (Fig.   381). 

4.  Die  Wunde  kann  in  der 
Quere  (Fig.  390),  aber  auch  in 
der  Richtung  von  vorne  nach 
hinten  vereinigt  werden,  so  dass 
die  Narbe  zwischen  beide  Condylen 
zu  liegen  kommt  (Fig.    391). 

Fig.  391. 


Stumpf  nach  Exarticulation  im  Kniegelenk  mit  Zirkelsciinitt. 


—     225     — 

5.  Will  man  (nach  Billroth)  die  Patella  und  die  obere 
Ausstülpung  der  Gelenkkapsel  wegnehmen,  so  macht  man  nach 
beendigtem  Zirkelschnitte  über  die  jUitte  der  Patella  einen  Längs- 
schnitt, der  4  cm  oberhalb  derselben  beginnt,  schneidet  die  Patella 
von  der  Extensorensehne  ab,  klappt  letztere  nach  oben  hin  auf 
und  präparirt  den  unter  ihr  liegenden  Theil  der  Grelenkkapsel 
heraus. 

2.   Lappenschnitt. 

1.  An  der  Rückseite  des  hoch  emporgehobenen  Beines  wird 
durch  einen  Bogenschnitt,  der  1  cm  unter  der  ]\Iitte  des  Seiten- 
randes des  einen  Condylus  femoris  beginnt  und  1  cm  unter  der 
Mitte  des  andern  Condylus  endigt,  ein  8  cm  langer  halbmond- 
förmiger Lappen  aus  der  oberen  Wadenhaut  gebildet  und  bis  zu 
seiner  Basis  von  der  Fascie  abgelöst. 


Fig.  392. 


Fig.  393. 


Exarticulation  im  Kniegelenk  mit  zwei 
Lappen. 

Esmaroh-Ko walzig,  Technik,  4.  Aufl. 


Stumpf  nacii  Exarticulation  im  Kniegelenk 
mit  Lappenschnitt. 

15 


—     226     — 

2.  Darauf  wird  das  Bein  gesenkt,  im  Knie  gebeugt  und  von 
denselben  Punkten  aus  auf  der  vorderen  Seite  ein  grösserer, 
10 — 12  cm  langer  Hautlappen  umscbnitten,  bis  zum  unteren  Rande 
der  Patella  abgelöst  und  nach  oben  geschlagen   (Fig.   392). 

3.  Die  Trennung  der  Gelenkenden  wird  in  derselben  Weise 
ausgeführt,   wie  beim  Zirkelschnitt. 

Das  Aussehen  des  Stumpfes  zeigt  Fig.   393. 

4.  Fehlt  es  an  Haut,  um  die  Lappen  hinlänglich  gross  zu 
machen,  oder  ist  die  untere  Fläche  der  Condylen  erkrankt  oder 
verletzt,  so  kann  man  unter  Bildung  kleinerer  Lappen,  von  denen 
der  vordere  etwa  nur  bis  zur  Tuberositas  tibiae  herabreicht,  ein 
Stück  von  den  Condylen  des  Oberschenkels  in  ihrer  grössten  Breite 
absägen  (Amputatio    intracondylica   nach   Syme    Fig.  394).     Die 


Fig.  394. 


Fig.  395. 


Fig.  396. 


Amputatio  intracondylica. 


Amputatio  supracondylica 
osteoplastica  nach  Grittl. 


Amputatio  intracondylica 
osteoplastica  nach  Sabanejeff. 


scharfen  Kanten  der  Sägefläche  müssen  darnach  mit  der  Säge  oder 
der  Knochenscheere  abgerundet  werden.  Auch  kann  man  mit 
einer  schmalen  Säge  den  Knochen  sogleich  in  einem  der  Condylen- 
oberfläche  gleichlaufenden  Bogen  rund  absägen  (Butcher).  Bei 
Kindern  ist  es  einfacher,  die  Condylen  in  der  EpiphysenJillie  zu 
durchtrennen  (Buchanan),  was  meist  auf  stumpfem  Wege  mittelst 
eines  Hebels  gelingt. 


—     227     — 

Wenn  die  Patella  gesund  ist,  so  kann  man  sie  mit  der  Säge- 
fläche der  Condylen  zur  Verwachsung  bringen  und  dadurch  den 
Stumpf  länger  und  tragfähiger  machen  (AmputatiO  SUpraCOndylica 
OSteoplasiica  nach  Gritti  Fig.  395).  Zu  dem  Ende  muss  die 
Knorpelfläche  der  Patella  durch  Absägen  einer  dünnen  Scheibe 
angefrischt  und  nach  Vereinigung  der  Hautwunde  auf  die  Sägefläche 
der  Condylen  festgenagelt  werden.  Um  die  Sägeflächen  der  Knie- 
scheibe und  des  Oberschenkels  gleich  gross  zu  erhalten,  ist  es 
nothwendig,  die  Condylen  ganz  abzusägen,  ohne  aber  die  Mark- 
höhle zu  eröfihen.  Sabanejeff  schneidet  aus  der  vorderen  Fläche 
der  Tibia  ein  Stück  heraus,  welches  er  im  Zusammenhang  mit  der 
Patella    lässt    und    auf    die    abgesägte    Condylenfläche    des    Pemur 

aufnagelt  (Amputatio  intracondylica  osteoplastica  Fig.  396). 


Amputation  des  Oberschenkels. 

Im  unteren  und  mittleren  Drittel  ist  der  Zirkelschnitt 
das  einfachste  Verfahren.  Einzeitig  macht  man  ihn  besonders 
im  unteren  Abschnitt  bei  schwacher  Muskulatur  und  leicht  ver- 
schieblicher Haut;  ebenso  gut  ist  aber  auch  der  zweizeitige 
Zirkelschnitt  mit  oder  ohne  TJmstülpung  der  Haut.  In  der 
Mitte  des  Oberschenkels,  wo  die  Wundfläche  schon  grösser  ist, 
sind  die  Hautlappenschnitte  mit  grösserem  vorderen  und 
kleinerem  hinteren  Lappen  empfehlenswerth. 

Im  oberen  Drittel  bildet  man  am  besten  einen  grossen 
vorderen  abgerundet  viereckigen  Hautlappen,  dessen  Basis 
breiter  als  der  halbe  Umfang  des  Grliedes,  und  dessen  Höhe  gleich  dem 
Durchmesser  des  Gliedes  (dem  dritten  Theile  des  Umfanges)  sein 
soll.  Dieser  wird  nach  oben  zurückpräparirt  und  nun  die  Haut 
an  der  hinteren  Seite  entweder  mit  einem  Zirkelschnitt,  oder  noch 
besser  leicht  bogenförmig  durchtrennt  und  stark  zurückgezogen; 
darauf  durchschneidet  man  die  Weichtheile  bis  auf  den  KJnochen 
mit  einem  möghchst  glatten  Zirkelschnitt.  Nach  Durchsägung 
des  Knochens  legt  sich  der  grosse  Lappen  wie  ein  Vorhang  über 
die  grosse  Wundfläche  und  kann  ohne  Spannung  mit  dem 
hinteren  Hautschnitt  vereinigt  werden.  Der  Abfluss  der  Sekrete 
erfolgt  der  Schwere  entsprechend;  die  Narbe  kommt  seitlich  zu 
liegen, 

15* 


—     228     — 


Fig.  397. 


a.c. 


n.s.m. 


JD.S.Z. 


Querschnitt  des  rechten  Oberschenkels  im  unteren  Driittheii. 

n.  p. :  nerv,  peroneus. 
n.  t. :  nerv,  tibialis. 
V.  s.  i. :  vena  saph.  int. 
n.  s.  m.:  nerv.  saph.  major. 
a.  c:  art.  cruralis. 


—     229 


Fig.  398. 


l'.S.t. 


n.s.m 


a.c 


Querschnitt  des  rechten  Oberschenkels  im  mittleren  Dritttheil. 

/(.  .s.  in.:  nerv,  sapli.  major. 
a.  c. :  art.  cruralis. 
n.  i. :  nerv,  iscliiadicus. 
a.  p.:  art.  profunda. 
V.  s.  i. :  vena  saph.  int. 


230 


Fig.  399, 


a.c. 


T.  a.  (J. 


Querschnitt  des  rechten  Oberschenkels  im  oberen  Dritttheil. 

a.  c. :  art.  cruralis. 

n.  s. :  nerv.  saph.  major. 

a.  p.:  art.  profunda  fem. 

r.  a.   g.:  rami  art.  glutaeae  inf. 

n.  i. :  nerv,  iscliiadicus. 

s. :  semimembranosus. 

V. :  vena  saph.  int. 


231 


Für  das  Anlegen  und  das  "Wechseln  des  Verbandes  nach 
Amputation  des  Oberschenkels  ist  das  Verfahren  von  Volk  mann 
zu  empfehlen. 

Der  Kranke  wird  emporgehoben  und  unter  die  Hinterbacke 
der  gesunden  Seite  ein  Holzklotz  oder  ein  hartes,  würfelförmiges, 
mit  Kautschuk  überzogenes  Kissen  (Beckenstütze)  geschoben,  so 
dass  der  Amputationsstumpf  während  des  Verbandes  frei  schwebt 
und  nicht  gehalten  zu  werden  braucht.  Auch  ist  dabei  die  Rücken- 
gegend oberhalb  des  Kreuzbeines  so  frei,  dass  mit  Leichtigkeit 
die  Gänge  der  Spica  coxae,  welche  den  Verband  befestigen,  um 
den  Körper  herum  geführt  werden  können  (Fig.   400). 

Fig.  400. 


Lagerung  des  Amputirten  beim  Verbandwechsel. 

Exarticulation  des  Oberschenkels. 
1.  Mit  vorderem  grossen  und  hinterem  kleinen  Lappen 

(Transfixion,   Stichmethode  nach  Manec). 
1.  Der  Patient    wird    so    gelagert,    dass   das  Becken  auf  der 
kranken  Seite    den    unteren  Tischrand  halb  überragt.      Der  Ober- 


Exarticulation  des  Oberschenkels  mit  vorderem  und  hinterem  Lappen. 


Fig.  402. 


Bildung  des  vorderen  Lappens  durch  Stich. 


körper  muss  gut  fixirt, 
das  Scrotum  nach  oben 
gegen  die  gesunde  Seite 
gezogen  werden  (Fig. 
401). 

2.  Nachdem  in  der 
auf  Seite  56  geschilder- 
ten Weise  das  Bein 
blutleer  gemacht  ist,  wird 
ein  grosser  vorderer 
Lappen  von  innen  nach 
aussen  in  folgender  Weise 
geschnitten.  Der  Opera- 
teur sticht  ein  langes 
spitzes  Amputations- 

messer (s.  Fig.  249  d)  in 
der  Mitte  zwischen  Spina 
anterior  superior  ossis 
ilei  und  Trochanterspitze 


—     233     — 

ein,  lässt  die  Spitze  zunächst  parallel  mit  dem  ligamentum 
Poupartii  vorsichtig  über  den  Schenkelkopf  gleiten  (wobei  die 
Kapsel  eröfPnet  wird),  wendet  sie  dann  nach  unten  innen  und  lässt 
sie  an  der  Innenseite  des  Oberschenkels  nahe  am  Perinaeum  wieder 
austreten  (Fig.  402).  Indem  er  das  Messer  in  raschen  sägenden 
Zügen  abwärts  führt,  schneidet  er  einen  18 — 20  cm  langen,  gut 
abgerundeten  Lappen,  der  sofort  nach  oben  geklappt  und  dort 
festgehalten  wird. 

Fig.  403. 


Exarticulation  des  Oberschenkels:  Bildung  des  hinteren  Lappens. 

3.  Das  ilesser  wird  unter  dem  Oberschenkel  hin  an  dessen 
Innenseite  geführt  und  schneidet  von  aussen  nach  innen  einen 
kleineren  hinteren  Lappen,  dessen  Convexität  sich  bis  unter- 
halb der  Glutaealfalte  hin  erstreckt,  dessen  Basis  innen  und  aussen 
mit    der  Basis    des    vorderen  Lappens   zusammentrifft  (Fig.  403). 


—     234     — 

•4.  Ein  kräftiger  Sclinitt,  welcher  mit  einem  kleineren  Lappen- 
messer senkrecht  auf  den  vorliegenden  Schenkelkopf  geführt  wird 
(als  oh  man  den  Kopf  durchschneiden  und  den  oberen  Tlieil  im 
Acetabulum  lassen  wollte),  eröffnet  die  Gelenkkapsel,  während  das 
Bein  stark  hyperextendirt  und  nach  aussen  rotirt  wird.  Mit 
schnalzendem  Geräusch  dringt  die  Luft  ins  Gelenk  ein,  der  Gelenk- 
kopf tritt  halb  aus  der  Pfanne  hervor,  ein  Schnitt  auf  das  ligamentum 
teres  lässt  ihn  ganz  heraustreten. 

5.  Der  Operateur  fasst  den  Schenkelkopf  mit  der  Linken, 
zieht  ihn  gegen  sich,  und  durchschneidet  die  hintere  Kapselwand, 
die  an  den  grossen  Trochanter  sich  ansetzenden  Muskeln  und 
sämmtliche  Weichtheile,  welche  bis  dahin  noch  ungetrennt  geblieben 
waren. 

Fig.  404. 


stumpf  nach  Exarticulation  im  Hüftgelenk  mit  Lappensclinitt. 


6.  Nach  Unterbindung  sämmtlicher  sichtbarer  Gefässe  wird 
ein  starkes  Drainrohr  bis  in  die  Gelenkpfanne  gelegt  und  in  der 
Mitte  der  Wunde  herausgeleitet,  der  vordere  Lappen  herunter- 
geklappt, und,  wie  Fig.  404  zeigt,  mit  dem  hinteren  Schnittrand 
vereinigt. 

Um  die  gerade  bei  dieser  Operation  sehr  beträchtliche 
Blutung  zu  umgehen,  durchschneidet  Böse  nach  Bildung  zweier 
Hautlappen  allmählig  und  schichtweise  die  Weichtheile,  fasst  jedes 


—     235     — 

Gefäss  sofort  mit  Schiebern  und  unterbindet  es;  er  exstirpirt  also 
gewissermassen  den  Schenkel  wie  eine  Geschwulst.  Da  sehr  viele 
Ligaturen  angelegt  werden  müssen,  so  dauert  diese  Operation  meist 
einige  Stunden. 

Trendelenburg  erzielte  eine  Verminderung  der  Blutung  bei 
der  Operation,  indem  er  eine  lange  gerade  Stahlnadel  schräg 
durch  die  vordere  Seite  des  Oberschenkels  unter  der  Arteria  femoralis 
hinweg  durchstiess  und  die  Weichtheile  darüber  durch  einen  um  die 
Nadelenden  gelegten  Gummischlauch  zusammenschnürte  (Acupressur). 

In  manchen  Fällen  (bei  dünnen  schlaffen  Bauchdecken)  ist 
zur  Verhütung  der  Blutung  die  Compression  der  Aorta  s.  Fig.  117 
und  die  Compression  der  Iliaca  externa  s.  Fig.  120  anwendbar. 
In  allen  schwierigen  Fällen  ist  indess  die  vorherige  Unter- 
bindung der  Arteria  und  Vena  iKaca  communis  anzurathen.  Den 
Gummischlauch  für  die  Blutleere  am  Oberschenkel  (Fig.  100) 
kann  man  aber  sicher  nur  anwenden  bei  der 

2.  Exarticulation  mit  dem  Zirkelsclmitt  (Vetch). 

1.  Unter  künstlicher  Blutleere  werden  durch  einen  raschen 
kräftigen  Zirkelschnitt  12  cm  unterhalb  der  Spitze  des  grossen 
Trochanters  sämmtliche  "Weichtheile  bis  auf  den  Knochen  durch- 
schnitten; darauf  wird  letzterer  in  derselben  Ebene  (oder  besser 
noch  etwas  tiefer  unten)   sofort  abgesägt. 

2.  Sämmtliche  Gefässe,  welche  als  solche  zu  erkennen  sind, 
Arterien  und  Venen,  werden  mit  Schieberpinzetten  gefasst  und 
darauf  mit  Catgut  unterbunden   (siehe  den  Querschnitt  Fig.  399). 

3.  Nur  in  den  Fällen,  wo  man  aus  irgend  einem  Grunde  die 
künstliche  Blutleere  nicht  mit  Sicherheit  anwenden  kann,  ist  es 
rathsam  (nach  Larrey),  vor  dem  Zirkelschnitt  durch  einen 
Längsschnitt  die  Arterie  und  Vena  cruralis  im  trigonum  ileo- 
femorale  freizulegen,  sie  mit  Schieberpinzetten  doppelt  zu  fixiren 
und  nach  Durchschneidung  derselben  zwischen  beiden  Pinzetten 
die  unteren  Enden  zu  unterbinden,  die  oberen  aber  bis  zur  Beendigung 
der  Amputation  nach  oben  halten  zu  lassen  (Fig.   405). 

4.  "Wenn  nach  Entfernung  des  Schnürschlauchs  jegliche  Blutung 
gestillt  ist,  wird  ein  Lappenmesser  5  cm  oberhalb  der  Spitze  des 
grossen  Trochanters  bis  auf  den  Schenkelkopf  eingestochen  und 
von  hier  aus  ein  Längsschnitt  über  die  Mitte  des  Trochanters 
abwärts  bis  in  die  Zirkelschnittfiäche  geführt,  überall  die  Weich- 
theile bis  auf  den  Knochen  spaltend  (Dieff  enb  ach). 


Fig.  405. 


Exarticulation  im  Hüftgelenk  (Zirkelschnitt). 
Fig.  406. 


Exarticulation  im  Hüftgelenk. 


—     237     — 


Fig.  407. 


5.  Der  Operateur  erfasst  das  untere  Ende  des  Knochenstumpfes 
mit  einer  starken  Knochenzange,  und  indem  die  Wundränder  des 
Längsschnittes  von  Gehülfen  auseinander  gezogen  werden,  schieht  er 
mit  dem  ßaspatorium  das  Periost  ringsum  vom  Knochen  ab,  bis  er 
zu  den  festeren  Muskelansätzen  gelangt,  welche  durch  kurze  Schnitte 
mit  einem  starken  ilesser  vom  Knochen  abgetrennt  werden  müssen. 

6.  Ist  auf  diese  "Weise  der 
Knochen  bis  an  die  Gelenkkapsel 
frei  präparirt,  so  wird  dieselbe, 
wie  oben  beschrieben,  eröffnet  und 
der  Gelenkkopf  ausgelöst  (Fig. 
406).  Die  Blutung  pfleg-t  bei 
diesem  Theile  der  Operation  nur 
gering  zu  sein. 

Das  Aussehen  des  Stumpfes 
zeigt  Fig.  407. 

7.  Wenn  die  ITuskulatur  sehr 
stark  ist,  so  kann  man  statt  des 
einzeitigen  den  zweizeitigen  Zirkel- 
schnitt anwenden,  oder  auch 
einen  grossen  vorderen  Hautlappen 
bilden,  und  hinten  unterhalb  der 
Glutaealfalte  die  "Weichtheile  durch 
einen  Zirkelschnitt  trennen. 

8.  Wenn  an  der  vorderen 
Seite  nicht  genügende  AVeichtheile 
vorhanden  sind,  kann  man  auch 
einen  grossen  Lappen  aus  der  B.ückseite  (von  Langen- 
b  e  c  k)  bilden  und  vorne  unterhalb  des  ligamentum  Poupartii  einen 
Querschnitt  machen.  Dann  muss  aber  ein  starkes  Drainrohr  bis 
an  die  Stümpfe  der  sich  in  die  Beckenhöhle  zurückziehenden  Musculi 
psoas  und  iliacus  eingeschoben  werden,  damit  sich  dort  kein  Secret 
ansammelt. 


f 


Stumpf  nach  Exarticulation  im  Hüftgelenk  mit 
Zirkelsclinitt  und  verticalem  Längsschnitt. 


Die  Eesection  der  G-elenke. 

Die  Eesection  der  Gelenke  macht  man,  um  abgelöste 
oder  erkrankte  Theile  der  Gelenkkörper,  unter  möglichst  geringer 
Verwundung  der  gesunden  Weichtheile  zu  entfernen  und  dadurch 
rdcht  bloss  das  Leben,  sondern  auch  den  Gliedabschnitt  in  seiner 
Brauchbarkeit  zu   erhalten.      Zu  schonen   sind  ausser  den  Gefässen, 


—     238     — 

Muskeln,  Sehnen  und  Bändern,  besonders  die  Nerven,  um 
einer  Atrophie  der  betreflfenden  Muskeln  vorzubeugen,  ferner  die 
Kapsel  und  das  Periost,  um  von  diesem  aus  eine  möglichst  aus- 
giebige Erneuerung  der  entfernten  Knochentheile  zu  erzielen. 
Man  macht  Resectionen 

1.  bei  schweren,  eitrigen  oder  jauchigen  Entzündungen 
oder  chronischen  Erkrankungen  der  Knochen  oder  der  Kapsel 
wenn   die  antiseptische  Drainage  nicht  zum  Ziele  führt, 

2.  bei  veralteten  nicht  mehr  zurückzubringenden  Luxationen, 

3 .  bei  winkligen  Ankylosen,  welche  das  Grlied  unbrauchbar 
machen, 

4.  bei    paralytischen    Schlotter gelenken,    um    Ankylose 

zu  erzielen  (Arthrodese). 

Eine  besondere  Stellung  nimmt  die  tuberculöse  Erkrankung 
der  Gelenke  (F  u  n  g  u  s)  ein.  Zunächst  sollte  man  hierbei  stets  ver- 
suchen, durch  Ruhe,  Eis  und  Distraction  oder  durch  Injection 
von  Jodoformemulsion  oder  durch  Stauungshyperämie  (Bier)  eine 
Heilung  oder  wenigstens  Besserung  zu  erzielen,  und  erst  wenn  diese 
Mittel  keinen  Erfolg  haben,  das  Gelenk  eröffnen;  während  man 
in  früheren  Zeiten  auch  hierbei  typische  Resectionetl  machte,  d.  h. 
von  beiden  Gelenkkörpern  soviel  glatt  absägte,  dass  die  Säge- 
linie vollkommen  im  Gesunden  lag  (wobei  oft  ziemlich  viel  vom 
gesunden  Knochen  geopfert  wurde),  begnügt  man  sich  jetzt,  wo 
es  irgend  angeht,  in  atypischer  Weise  nur  alles  Erkrankte  zu  ent- 
fernen, ohne  dass  einer  der  das  Gelenk  bildenden  Knochen  eine 
Verminderung  seiner  Länge  in  seiner  ganzen  Dicke  erfährt 
(Arthrectomie,  Willemer,  v.  Volk  mann).  Je  nachdem  die 
Erkrankung  die  Gelenkkapsel  oder  den  Knochen  befallen  hat, 
unterscheidet  man:  die  Arthrectomia  synovialis,  d.  h.  die  voll- 
ständige Exstirpation  der  Gelenkkapsel  mit  Zurücklassung  der 
knöchernen  Epiphysen  und  Gelenkknorpel,  und  die  Arthrectomia 
OSSalis,  d.  h.  die  Entfernung  aller  kranken  Knochentheile  mit 
dem  scharfen  Löffel  oder  der  Säge;  meist  muss  hierbei  aber  auch 
die  Kapsel  ausgeräumt  oder  exstirpirt  werden  (Arthrectomia  Syno- 
vialis et  OSSalis).  Geht  man  recht  gründKch  vor  und  exstirpirt 
alles  Krankhafte,  besonders  in  der  Kapsel,  so  sorgfältig,  als  wenn 
es  sich  um  eine  bösartige  Geschwulst  handelte  (König),  so  sind 
die  Erfolge  der  Arthrectomie  gut,  und  die  Gelenke  bleiben  normal 
geformt,  unverkürzt,  z,  Th.  sogar  beweglich.  Ausserdem  tritt  kein 
Stillstand  im  Wachsthum  ein,   wenn  die  Epiphysen  erhalten  bleiben. 


—     239     — 

Ist  eine  Gelenkerkrankung  durch  conservative  Mittel  zur 
Heilung  gekommen,  so  ist  es  oft  nöthig,  die  schlechte  Stellung 
durch  nachträgliche  Hesection  zu  verbessern. 

Allgemeine  Regeln  für  die  Resectionen. 

1.  Die  Schnitte  in  Haut  und  Muskeln  müssen  vorzugsweise  in 
der  Längsachse  des  Grliedes  geführt  und  jede  Verletzung  von 
grösseren  Gefässen,  Nerven  und  Sehnen  sorgfältig  vermieden  werden. 

2.  Die  Erhaltung  des  Periostes  in  Verbindung  mit  allen  in 
der  Gegend  des  Gelenkes  sich  ansetzenden  Sehnen  und  Muskeln 
(subperiostale  Resection^  vonLangenbeck,  Ollier)  ist  sowohl 
für  den  Verlauf  der  Wundheilung,  als  auch  für  die  spätere 
Function  des  Gliedes  von  grosser  Wichtigkeit  und  sollte  daher 
immer  versucht  werden.  Die  Operation  wird  dadurch  in  frischen 
Fällen  erschwert,  in  älteren  Fällen  erleichtert.  Aus  ersterem 
Grunde  sollen  hier  bei  den  Resectionen  der  einzelnen  Gelenke 
auch  die  älteren  (nicht  subperiostalen}  Methoden  beschrieben  werden. 

Pig.  408.  Fig.  409.  Fig.  410.  Fig.  411.  Fig.  412. 


Resections-     Schmales  Elevatorium    Breites  Elevatorium    Geisfuss. 
messer.  nach  von  Langenbeck. 

Elevatorium  nach  Sayre. 

3.   Um  das  Periost  zu  erhalten,    muss    dasselbe  in  der 
Richtung  des  Hautschnittes  gespalten  und  in    Verbindung  mit  den 


—     240     — 
übrigen  Weichtheilen  mittelst  nicht  schneidender  Instrumente,  dem 

Schabeisen  (Raspatorium,  Fig.  242)  und  den  Hebeln  (Elevatorien, 

Fig.  409 — 412)    vom  Knochen  abgeschoben  werden  (Skelettirung 
des  Knochens). 

4.  Die  fibrösen  Gelenkkapseln,  die  Verstärkungsbänder  und 
die  Insertionen  der  Muskeln  lassen  sich  mit  stumpfen  Instrumenten 
nicht  ablösen,  sondern  müssen  mit  starken  kurzklingigen  Messern 
(Fig.  408)  durch  senkrecht  auf  den  Knochen  geführte 
Schnitte  von  diesem  abgetrennt,  aber  immer  mit  dem  benachbarten 
Periost  in  Verbindung  gelassen  werden.  Man  muss  deshalb  bei 
dieser  Arbeit  beständig  mit  dem  Gebrauche  des  Messers  und  der 
stumpfen  Hebel  wechseln  und  so  schonend  als  möglich  operiren, 
um  nicht  das  Periost  zu   quetschen  oder  zu  zerreissen. 

5.  In  manchen  Fällen  kann  man  sich  diese  Arbeit  dadurch 
erleichtern,  dass  man  (nach  Vogt)  die  Corticallamellen  der  Knochen- 
fortsätze (Tubercula,  Malleolen,  Condylen,  Trochanteren),  an  welche 
sich  die  Muskeln  und  Bänder  ansetzen,  mit  Hammer  und 
M  e  i  s  s  e  1  abschlägt. 

6.  Nachdem  man  die  Gelenkenden  skelettirt  hat,  werden  sie 
aus  der  Wunde  hervorgedrängt,  mit  kräftigen  Zangen  (Fig.  413 
bis  415)  gefasst  und  mittelst  einer  Säge  (Fig.  416 — 420)  entfernt, 
wobei  die  Weichtheile  mittelst  stumpfer  Haken  oder  eines  Streifens 
von  Zinn  (Fig.  428)  zurückgehalten  und  geschützt  werden  müssen. 

7.  Ist  ein  Gelenkende  abgelöst  oder  abgeschossen,  so  kann  es 
mit  von  Langenbeck's  scharfem  Haken  (Fig.  421)  gefasst  und 
hervorgeholt  werden.  Ist  es  in  mehrere  Stücke  zertrümmert,  so  fasst 
man  die  einzelnen  Fragmente  mit  der  Zange  und  löst  sie  heraus, 
falls  man  nicht  den  Versuch  machen  will,  sie  an  Ort  und  Stelle 
einheilen  zu  lassen. 

8.  Da  die  Regeneration  eines  Gelenkes  am  vollkommensten 
zu  sein  pflegt,  wenn  nur  ein  Gelenkkörper  entfernt  wird,  so  ist 
es  rathsam,  wenn  die  Verletzung  eines  Gelenkendes  sehr  aus- 
gedehnt ist,  nur  dieses  zu  reseciren  und  das  andere  intact  zu 
lassen  (partielle  Resection),  wenigstens  bei  den  Gelenken  der 
oberen  Extremität. 

9.  Die  meisten  Resectionen  lassen  sich  mit  grossem  Vortheile 
unter  künstlicher  Blutleere  ausführen.  Nach  Beendigung  der 
Operation  müssen  aber  alle  durchschnittenen  Gefässe  sorgfältig 
unterbunden    werden,    ehe    man  die  Wunde  schliesst,    sonst  treten 


Fig.  413. 


Fig.  415. 


Hakenzange  (Klauenzange)  nach 
von  Langenbeck. 


Löwenzange  nach  Fergusson.     Fasszange  nach  Faraboeuf. 


leicht  Nachblutungen  auf,  welche  dazu  nöthigen  können,  den  Verband 
abzunehmen  und  die  Wunde  aufs  Neue  zu  beunruhigen. 

11.  Wenn  die  Heilung  der  ßesectionswunden  nicht  rasch, 
ganz  oder  grösstentheils  per  primam  intentionem,  sondern  langsam 
nach  langer  Eiterung  erfolgt,  dann  können  in  Folge  der  langen 
Ruhe  die  Bänder  und  Sehnen  geschrumpft  und  verwachsen,  die 
Gelenke    des    Gliedes    steif   und    die  Muskeln    schwach,    atrophisch 

geworden  sein  (Inactivitätsparalyse). 

Dem  Unkundigen  erscheint  dann  wohl  das  ganze  Glied  nutzlos 
geworden,  und  es  bleibt  in  der  That  auch  später  in  diesem  un- 
brauchbaren  Zustande,  wenn  nichts  dagegen  geschieht. 

12.  Um  denselben  zu  verhüten  oder  wieder  zu  beseitigen, 
müssen  sofort  nach  Vernarbung  der  Wunde  methodische  passive 
Bewegungen  mit  allen  Gelenken  der  Extremität  vorgenommen 
werden,  bei  grosser  Schmerzhaftigkeit  zuerst  in  der  Chloroform- 
narkose (Apolyse  nach  Neudörfer}. 


Esmarch-Ko walzig,  Technik.     4.  Aufl, 


16 


—     242     — 

Fig.  417. 


Fig.  418. 


ix«ÄS5wm*Äww*wwi«WÄW 


Stichsäge  nach  von  Langenbeck. 


*  i 


Kettensäge. 


Messersäge. 


■Mm 


Messersäge. 


Fig.  420. 


Reseciionssäge  nach  Butcher. 


Fig.  421. 


Scharfer  Knochenhaken  nach  von  Langenbeck. 


—     243     — 

13.  Die  Gelenke  der  oberen  Extremität,  namentlich  der  Finger, 
bei  denen  es  wünschenswerth  ist,  dass  sie  recht  bald  wieder  brauch- 
bar werden,  lassen  sich  durch  vorsichtige  Bewegungen  schon  von 
Anfang  an  beweglich  erhalten,  indem  man  z.  B.  bei  jedem  Ver- 
bandwechsel den  Gelenken  andere  Stellungen  giebt  und  die  Finger 
vom  Verbände  freilässt. 

14.  Die  Thätigkeit  der  Muskeln  und  Nerven  kann  man  durch 
warme  Bäder  und  Anwendung  der  Electricität  bald  wieder  in 
Gang  bringen.  Noch  wirksamer  pflegt  für  diesen  Zweck  das 
methodische  Kneten  der  Glieder  (MasSage)  nach  vorausgeschickten 
kalten  Uebergiessungen  oder  Duschen  und  mit  nachfolgen- 
den heil  gymnastischen   Bewegungen  zu  sein. 

15.  Wenn  nach  der  ßesection  eine  allzugrosse  Beweglichkeit 
und  Schlaffheit  des  resecirten  Gelenkes  (Schlottergelenk)  zurück- 
geblieben ist,   so  kann  man  durch  Stützapparate  dieselbe  massigen. 

Resectionen  an  der  oberen  Extremität. 

Resection  der  unteren  Gelenkenden  des  Radius  und  der  Ulna. 
Mit  Bilateralschnitt. 

1.  Ein  Längsschnitt,  der  unterhalb  des  processus  styloideus 
ulnae  beginnt,  trennt  die  Haut  4 — 5  cm  an  der  Ulnarseite  der 
Ulna  aufwärts  (Fig.  422). 

Fig.  422. 


Resection  der  unteren  Enden  der  Vorderarmknochen. 

Bilateralschnitt  uach  Bourgery. 

2.  In  derselben  Richtung  wird  genau  zwischen  den  mm.  ex- 
tensor  und  flexor  carpi  ulnaris  die  Knochenhaut  gespalten  und 
mit  Schaber    und  Hebel    erst    auf   der  Dorsalseite,    dann    auf   der 

16* 


ext.  carp.  uln.  ■ — 

extens.  digit. 

ulna  — 

OS  iriquetrum  — 


Fig.  423, 


lilt  i 


flex.  digit.  siobl. 

art.  ulnaris 
flex.  carp.  ulnar. 


OS  pisifoime 


f f/i  r  ^ 


Muskeln  und  Sehnen  an  der  Ulnarseite  des  linken  Handgelenkes  (nach  Henke). 


Fig.  424, 


Fig.  425. 


Froastyloid 


Volarseite. 


Bänder  des  rechten  Handgelenkes. 


fiex.  ea}-p.  rad. — 
stipin.  long. 


Pig.  428. 


ald.  poll.  long. 

ext.  poll.  hrev. 
ext.  carp.  rad.  hrev. 
ext.  carp.  rad.  long, 
ext.  poll.  long. 


Muskeln  und  Sehnen  an  der  Radialseite  des  linken  Handgelenkes  bei  Dorsalflexion  (nach  Henke  i. 

Fig.  427. 


ftex.  carp.  rad.     


I/----/--I aid.  poll.  long. 

.4-4- ext.  poll.  brev. 

ext.  carp.  rad.  long. 

ext.  carp.  rad.  hrev. 


ext.  poll.  long. 


Muskeln  und  Sehnen  an  der  Radialseite  des  linken  (gestreckten)  Handgelenkes  (nach  Henke). 


—      246     — 

Volarseite  (pronator  quadratus)  bis  an  das  ligamentum  interosseum 
vom  Knochen  abgelöst  (Fig.   423). 

3.  Das  skelettirte  Stück  der  Ulna  wird  unterhalb  des  oberen 
Schnittwinkels  mit  der  Stichsäge  durchsägt  oder  mit  einer  starken 
Knochenscheere  abgekniffen. 

4.  Dann  wird  das  abgesägte  Stück  mit  der  Knochenzange 
gefasst,  herausgedreht,  und  indem  man  es  vom  ligamentum  interosseum, 
dem  lig.  laterale  ulnare  und  lig.  accessorium  rectum  (Fig.  424  n. 
425}  abschneidet,   heraasgelöst. 

5.  Ein  zweiter  Längsschnitt,  der  unterhalb  des  processus 
styloideus  radii  beginnt,  trennt  die  Haut  5  —  6  cm  weit  an  der 
ßadialseite  des  Radius  aufwärts. 

6.  Die  Sehnen  der  Mm.  extensor  pollicis  brevis  und  abductor 
pollicis  longus,  welche  schräg  über  den  Radius  verlaufen,  werden 
dorsalwärts  gezogen,  während  die  Hand  stark  nach  dem  Dorsum 
flectirt  wird  (Fig.  426). 

7.  Die  Sehne  des  M.  supinator  longus  (Fig.  427)  wird  vom 
Processus  styloideus  radii  abgeschnitten,  das  Periost  des  Radius 
in  der  Längsrichtung  gespalten  und  mit  Schaber,  Hebel  und  Messer 
erst  an  der  Dorsalseite,  dann  an  der  Volarseite  (pronator  quadratus), 
in  Verbindung  mit  sämmtlichen  Sehnenscheiden  abgelöst,  bis  man 
3  bis  4  cm  weit  oberhalb  der  Gelenkfläche  die  AVeichtheile  rings- 
um vom  skelettirten  Knochen  abheben  kann. 

Bei  Frühresectionen  hängt  das  Periost  noch  so  fest  mit  dem 
Knochen  zusammen,  dass  es  sehr  schwer  ist,  dasselbe  in  Zusammen- 
hang und  ohne  Verletzung  der  Sehnenscheiden   abzulösen. 

In  diesem  Falle  ist  es  zweckmässig  (nach  Vogt),  mit  einem 
feinen  Meissel  eine  flache  Lamelle  der  Corticalis  sammt  dem  Periost 
zuerst  an  der  Dorsalfläche  des  Radius  und  darnach  am  processus 
styloideus  unter  dem  Abductor  pollicis  abzutrennen. 

8.  Zwischen  Knochen  und  Periost  an  der  Volarseite  wird  ein 
breiter  Zinnstreifen  durchgeschoben,  um  die  Weichtheile  zu  schützen 
und  während  man  mittelst  eines  ähnlichen  Streifens  oder  eines 
stumpfen  Hakens  auf  der  Dorsalseite  das  Periost  mit  den  Weich- 
theilen  aufwärts  ziehen  lässt,  sägt  man  mit  einer  Stichsäge  oder 
einer  feinen  Resectionssäge  das  untere  Ende  des  Radius  ab 
(Fig.  428). 

9.  Das  abgesägte  Stück  wird  mit  der  Knochenzange  gefasst, 
aus  der  Wunde  hervorgezogen  und  durch  Abschneiden  der  Gelenk- 
kapsel   und  -Bänder    (lig.    laterale  radiale,    lig.   rhomboideum  und 


Absägen  des  skelettirten  Radius. 
Pig.  429. 


Frontaldurchschnitt  des  rechten  Handgelenkes. 


—     248     — 

lig.  accessorium  obliquum,  Fig.  424  und  425)  von  der  Handwurzel 
abgelöst. 

10.  Sind  nur  die  unteren  Enden  der  Vorderarmknochen 
verletzt  oder  erkrankt,  so  lässt  man  die  Handwurzel  unversehrt 
und  entfernt  nur  das  Erkrankte;  besonders  bei  Verletzungen  ist  es 
ßegel,  möglichst  wenig  fortzunehmen  und,  wo  immer  es  noch  möglich 
scheint,  eine  Heilung  durch  conservative  Behandlung  zu  erzielen. 
Sind  aber  auch  die  Intercarp algelenke  erkrankt,  so  müssen  alle 
Carpalkuochen  (vielleicht  mit  Ausnahme  des  os  multangulum  majus 
und  des  os  pisiforme)  entfernt  werden,  weil  alle  Gelenke  der 
einzelnen  Carpalkuochen  unter  einander  und  mit  den  Metacarpal- 
knochen  in  Verbindung  stehen  (Fig.  429).  In  diesem  Falle 
macht  man : 


Die  totale  Resection  des  Handgelenkes. 
Mit  dem  Dorso-radial-Sehnitt   nach,   von  Langenbeek. 

1.  Der  Operateur  sitzt  an  einem  kleinen  Tische,  auf  welchem 
die  Hand  in  leichter  Ulnarflexion  und  mit  dem  Rücken  nach  oben 
gelagert  wird.      Ein  Assistent  sitzt  ihm  gegenüber. 

2.  Ein  Schnitt,  der  an  der  Mitte  des  Ulnarrandes  desTos 
metacarpi  indicis  beginnt,  trennt  die  Haut  9  cm  lang  aufwärts 
bis  über  die  Mitte  der  Dorsalfläche  der  Epiphyse  des  Radius 
(Fig.  430). 

Fig.  430. 


Resection  des  Handgelenkes  (nach  von  Langenbeek). 

3.  An   der  Eadialseite  der  Strecksehne  des  Zeigefingers,   und 
ohne  deren   Scheide  zu  verletzen,   dringt  der  Schnitt  in  die  Tiefe, 


—     249     — 

geht  weiter  oben  an  dem  ulnaren  Rande  der  Sehne  des  M.  extensor 
carpi  radialis  brevis  vorbei  (da,  wo  sie  sich  an  die  Basis  des 
dritten  Metacarpalknochens  ansetzt),  und  spaltet  das  ligamentum 
carpi  dorsale  genau  zwischen  der  Sehne  des  extensor  pollicis  longus 
und  des  extensor  digiti  indicis  bis  zur  Epiphysengrenze  des  Radius 
(Fig.  431). 

Fig.  431. 


ext.  carpi  radialis  longus 

extensor  poU.  longus 
ext.  carpi  radialis  lirevis 


Ugam.  carpi  comm.  dorsale 


\ 


Sehnen  auf  der  Dorsalfläche  der  Hand. 


4.   Während  der  Assistent  die  Weichtheile  mit  feinen  Wund- 
haken   auseinander    zieht,    wird    die  Gelenkkapsel  der  Länge  nach 


—     250     — 

gespalten    und    darauf   in  Verbindung    mit  den  Bandapparaten    in 
folgender  Weise  von  den  Knochen  abgelöst. 

5.  Zuerst  müssen  nach  der  Radialseite  hin  die  fibrösen  Scheiden, 
welche  die  in  den  Furchen  des  Radius  verlaufenden  Sehnen  des 
extensor  pollicis  longus  und  des  extensor  carpi  radialis  longus  et 
brevis  enthalten,  und  die  Sehne  des  brachio-radialis  (supinator 
longus),  theils  mit  dem  Messer,  theils  mit  dem  Hebel,  vom  Knochen 
abgelöst  werden. 

6.  Darauf  werden  in  derselben  Weise  nach  der  Ulnarseite 
hin  die  Sehnen  der  Fingerstrecker  sammt  den  sie  umhüllenden 
Fächern  des  lig.  carpi  dorsale  in  Verbindung  mit  Periost  und 
Gelenkkapsel  abgelöst  und  ulnarwärts  gezogen. 

7.  Das  Radio-Carpal-Grelenk  liegt  geöffnet  vor.  Die  Hand 
wird  flectirt,  so  dass  die  Grelenküächen  der  oberen  Carpalknochen 
hervortreten. 

8.  Das  OS  naviculare  wird  vom  os  multangulum  majus  und 
minus,  das  os  lunatum  und  triquetrum  vom  os  capitatum  und 
hamatum  durch  Trennung  der  ligamenta  intercai-palia  abgelöst,  und 
mit  einem  schmalen  Elevatorium  sanft  herausgehebelt.  Das  os  multan- 
gulum majus  und  pisiforme  kann  zurückgelassen  werden  (Fig.  432). 

9.  Darauf  werden  die  Knochen  der  vorderen  Carpalreihe 
herausgelöst.  Man  fasst  die  kugelige  Gelenkfläche  des  os  capitatum 
mit  den  Fingern  der  linken  Hand  oder  mit  einer  Kornzange,  und 
während  der  Assistent  den  Daumen  abducirt,  durchschneidet  man 
die  Gelenkverbindung  des  os  multangulum  minus  mit  dem  majus 
und  sucht  von  hier  aus  ulnarwärts  in  das  Carpo-Metacarpalgelenk 
zu  dringen,  indem  man  die  Bandmassen  an  der  Streckseite  der 
oberen  Enden  der  Metacarpalknochen  durchschneidet,  während  der 
Assistent  die  letzteren  stark  beugt.  So  kann  man  die  drei  Carpal- 
knochen der  vorderen  Reihe  (os  multangulum  minus,  capitatum  und 
hamatura)  in  Verbindung  mit  einander  herausheben.  —  Bei  fungöser 
Erkrankung  des  Carpus  sind  die  Bänder,  welche  die  einzelnen 
Knochen  verbinden,  meist  schon  zerstört,  so  dass  es  leicht  gelingt, 
die  Carpalknochen  allein  mit  dem  scharfen  Löffel  einzeln 
herauszuhebein. 

10.  Sind  auch  die  Vorderarmkuocheii  erkrankt,  so  werden 
zum  Schluss,  unter  Volarflexion  der  Hand,  die  Epiphysen  des 
Radius  und  der  TJlna  aus  der  Wunde  hervorgedrängt,  sorgfältig 
(wie  früher  beschrieben)  skelettirt  und  abgesägt,  wobei  man 
sich    hüten    muss,     den    starken    ramus    dorsalis    arteriae    radialis, 


—     251     — 

der  über  das   os  multangulum  majus  zum   ersten   instertitium   meta- 
carpeum  zieht   (Fig.   42 7 J,   zu  verletzen. 

Fig.  432. 


■     ) 
rad. 


min 


Handwurzelknochen. 

11.  Nach  Beendigung  der  Operation  und  Anlegung  des  Ver- 
bandes muss  das  Glied  auf  einer  der  in  Bd.  I.  Fig.  231,  244, 
268  abgebildeten  Schienen  gelagert  imd  fixirt  werden.  Möglichst 
bald  geht  man  zur  Distractionsbehandlung  (s.  Bd.  I.  Fig.  273, 
289)  und  zu  passiven  Bewegungen  der  Fingergelenke  über. 

Mit  dem  Dorso-ulnaren  Schnitt  nach  Kocher. 

1.  Bei  leicht  r  adialf  le  ctirt  er  Hand  wird  ein  7  —  8  cm 
langer  Schnitt  von  der  Mitte  des  Interstitiums  zwischen  IV.  und 
V.  Metacarpus  über  die  Mitte  des  Handgelenks  auf  die  Dorsal- 
fläche des  Vorderarms  geführt,  wobei  der  Dorsalast  des  Nervus 
ulnaris   zu  schonen  ist   (Fig.   433). 


—     252     — 


2.  Nach  Spaltung  der  Fascie  und  des  Ligamentum  carpi 
dorsale  dringt  man  zwischen  den  Sehnen  des  extensor  digiti  minimi 
und  extensor  communis  ein,  öffnet  die  Kapsel  auf  der  Basis  des  IV. 
Metacarpalknochens  auf  os  hamatum  und  TJlna  und  löst  sie  nach  bei- 
den Seiten  hin  ab,  nachdem  man  zuvor  die  Sehnen  des  extensor  digiti 
minimi  und  des  extensor  ulnaris  aus  der  E,inne  der  Ulna  (u)  her- 
ausgeholt und  die  Sehne  des  extensor  ulnaris  vom  V.  Metacarpus 
abgelöst  hat. 

3.  Nun  dringt  man  in  die  Spalte  zwischen  os  pisiforme  und 
os  lunatum  (Z)  und  lässt  die  Sehne  des  flexor  carpi  ulnaris  mit 
letzterem  Knochen  im  Zusammenhang. 

4.  Der  hamulus  ossis  hamati  wird  frei  gemacht,  dann  das 
Bündel  der  Flexorensehnen  aus  seiner  Binne  gehoben,  die  Kapsel 
am  III. — V.  Metacarpus  auf  der  Vola,  ebenso  der  stramme  Kapsel- 
ansatz am  Yolarrande  des  Radius  gelöst;  doch  schont  man  den 
Sehnenansatz  des  flexor  carpi  radialis  am  II.  Metacarpus. 

5.  Auf  dem  dorsalen  Bande  des  Badius  wird  die  Kapsel  bis 
unter  die  Sehnen  des  extensor  carpi  und  extensor  pollicis  longus 
abgelöst  und  diese  aus  ihren  Binnen  gehoben.  Der  Ansatz  des 
supinator  longus  wird  vom   Processus  styloideus  radü  freigemacht. 


Fig.  433. 


Fig.  434. 


Resection  des  Handgelenks  nach  Kocher. 


—     253     — 

6.  Nun  luxirt  man  die  Hand  kräftig  radiovolarwärts,  bis  der 
Daumen  die  E,adialseite  des  Vorderarms  berührt  (Fig.  434),  und 
kann  jetzt  das  Eadiocarpalgelenk  vollständig  übersehen;  die  Entfernung 
der  erkrankten  Handwurzelknochen,  die  Abtragung  einer  möglichst 
dünnen  Schicht  von  den  Vorderarmknochen  macht  keine  Schwierig- 
keiten. 

G  r  i  1 1  i  eröffnet  das  Handgelenk  durch  einen  langen 
Querschnitt  über  die  Dorsalseite  des  Carpus,  welcher 
sämmtliche  Sehnen  zugleich  durchtrennt.  Durch  kräftige  Volar- 
üexion  können  dann  ebenfalls  die  Gelenkflächen  von  einander  ab- 
gehebelt werden;  nach  Entfernung  alles  Erkrankten  kommt  die 
Hand  in  ihre  frühere  Stellung  zurück  und  die  Sehnen  stumpfe  werden 
durch  die  Naht  vereinigt. 

Während  der  Nachbehandlung  bei  allen  Handgelenk- 
resectionen  ist  es  nothwendig,  die  Hand  auf  eine  Schiene  zu  legen, 
welche  das  Handgelenk  in  Dorsal flexion  feststellt,  aber  doch 
Bewegungen  der  Finger  gestattet. 


Resection  des  Ellbogengelenkes. 
Mit  T-Schnitt  nach  Listen. 

1.  Die  Rückseite  des  im  stumpfen  Winkel  gebogenen  Ellbogens 
wird  dem  Operateur  entgegengehalten  von  einem  Assistenten,  der 
mit  je  einer  Hand  den  Vorder-  und  den  Oberarm  umfasst  (Fig.  437). 

2.  Ein  Längsschnitt,  8  cm  lang,  dessen  Mitte  am  innern 
Rande  des-  Olecranon  entlang  läuft,  eröffnet  die  Gelenkkapsel 
zwischen  diesem  und  dem  Condylus  internus   (Fig.   435). 

3.  Indem  der  linke  Daumennagel  kräftig  die  Weichtheile  vom 
Condylus  internus  nach  innen  zieht,  trennt  ein  kurzes  Messer  die- 
selben durch  senkrecht  auf  den  Knochen  geführte 
Schnitte  vollständig  ab,  bis  der  Epicondylus  frei  aus  der  Wunde 
heraustritt  (Fig.  437).  Während  dieses  Actes  muss  der  Vorder- 
arm von  dem  Assistenten  mehr  und  mehr  gebeugt  werden.  Der 
Nervus  ulnaris  liegt  in  der  Mitte  der  abpräparirten  Weichtheile 
und  kommt  nicht  zu  Gesicht  (Fig.  436). 

4.  Durch  einen  im  Halbkreise  unter  dem  Condylus  internus 
herumgeführten  Schnitt  wird  das  Ligamentum  laterale  internum 
(Fig.  438)  nebst  den  Ursprüngen  der  Beugemuskeln  durchschnitten. 


Fig.  435. 


extensor  carpi 
rad.  longus 


anconaeus , 
qitartus 


extensor  carpi 
ulnaris       ' 


Fig.  436. 


4 


f'l 


-  iriceps 


...  n.  ulnaris 


flexorcaiyi 
ulnaris 


^^Z-/ 


Resection  des  rechten  Ellbogengelenkes.         Nervus  ulnaris  an  der  Rückseite  des  linken 
T-Schnitt  nach  Listen.  Ellbogengelenkes. 

Flg.  437. 


Resection  des  Eilbogengelenkes. 

Skelettiruug  des  Coudylus  internus. 


—     255     — 

5.  Der  Arm  wird  wieder  gestreckt  und  ein  Hautsclinitt  quer 
über  das  Olecranon  vom  unteren  Rande  des  Condylus  externus 
bis   in  die  Mitte  des  ersten  Schnittes  hineingeführt  (s.  Fig.  435). 

6.  Auf  der  Rückseite  der  Ulna  wird  das  Periost  vom  Innen- 
rande her  mit  dem  Hebel  abgelöst,  in  Verbindung  bleibend  mit 
der  Sehne  des  Triceps,  welche  von  der  Spitze  des  Olecranon  mit 
dem  Messer  abgetrennt  werden  muss. 


Fig.  438. 


Fig.  439. 


Inneuseite»  Aussenseite. 

Bänder  des  rechten  Ellbogengelenkes. 

7.  Beide  werden  nach  aussen  über  den  Condylus  externus  ge- 
schoben, das  Gelenk  klafft,  einige  Schnitte  in  die  Gelenkverbindung 
zwischen  Capitulum  radii  und  Rotula  trennen  das  Ligamentum 
annulare  radii  und  das  Ligamentum  laterale  externum  (Fig.  439). 

8.  Das  Gelenk  klafft  stärker;  mit  einer  Knochenzange  wird 
der  Gelenkkörper  des  Humerus  gefasst  und  an  der  Grenze  des 
Knorpelüberzuges  abgesägt. 


—     256     — 

9.  Durch  einen  Schnitt  gegen  die  Spitze  des  Processus  coro- 
noideus  ulnae  werden  die  oberen  Fasern  des  M.  brachialis  internus 
abgetrennt,  das  Olecranon  wird  mit  der  Zange  gefasst  und  der 
Gelenkkörper  der  XJlna,  soweit  er  vom  Knorpel  überzogen  ist, 
abgesägt. 

10.  Dann  wird  auch  das  Capitulum  radii  abgesägt. 

11.  Nach  Stillung  der  Blutung  wird  zuerst  die  Sehne  des 
Triceps  vermittelst  des  daran  haftenden  Periostes  an  das  Periost 
des  TJlnarstumpfes  durch  Catgutnähte  angeheftet,  dann  der  Quer- 
schnitt durch  die  Naht  vereinigt,  der  Längsschnitt  nur  an  seinen 
beiden  Enden;  durch  die  Mitte  kann  man  ein  Drainrohr  aus  der 
Wundhöhle  herausleiten. 


Fig.  440. 


Mit  einfachem  Längsschnitt,  subperiostal,  nach  v.  Langenbeek. 

1.  Ein  8 — 10  cm  langer  Schnitt,  der  über  die  Streckseite 
des  Gelenkes  etwas  nach  innen  von  der  Mitte  des  Olecranon  herab- 
läuft, beginnt  3 — 4  cm  oberhalb  der 
Spitze  des  Olecranon,  endigt  5 — 6 
cm  unterhalb  derselben  auf  der 
hinteren  Kante  der  Ulna  und  dringt 
durch  Muskel,  Sehne  und  Periost 
überall  bis  auf  den  Knochen  (Fig. 
440). 

2.  Mit  Schabeisen  und  Hebel 
wird  das  Periost  der  TJlna  zunächst 
nach  der  Innenseite  hin  abgeschoben, 
die  innere  Hälfte  der  Sehne  des 
Triceps  in  Verbindung  mit  dem 
Periost  (durch  kurze  parallele,  stets 
gegen  den  Knochen  gerichtete  Längs- 
schnitte)  abgetrennt. 

3.  Mit  dem  linken  Daumen- 
nagel werden  die  Weichtheile,  welche 
den  Condylus  internus  bedecken 
und  den  Nervus  ulnaris  einschliessen, 
gegen  die  Spitze  des  Epicondylus 
gezogen    und    durch  dicht   an    ein- 

Resection  des  Ellbogengelenkes  (rechts).     ^^^«^'   ^^^^^   ^^f.  ^^^  Knochen  ge- 
Hautschuitt  nach  von  Laugenbeck.  führte    Bogenschnitte     abgelöst,     bis 


—     257     — 

der  Epicondylus  ganz  entblösst  hervortritt.  Die  letzten  Schnitte 
umkreisen  den  Knochenvorsprung  und  trennen  die  Ursprünge  der 
Beugerauskeln,  sowie  das  Ligamentum  laterale  internum  von  ihm 
ab,  ohne  jedoch  die  Verbindung  dieser  Theile  mit  dem  Periost 
aufzuheben. 

4.  Nachdem  die  abgelösten  Weichtheile  in  ihre  frühere  Lage 
zurückgebracht  sind,  wird  der  äussere  Theil  der  Tricepssehne  nach 
aussen  gezogen,  durch  kurze  Schnitte  vom  Olecranon  abgetrennt, 
aber  in  Verbindung  gelassen  mit  dem  Periost  der  äusseren  Seite 
der  TJlna,  welches  sammt  dem  M,  anconaeus  quartus  vom  Knochen 
abgehebelt  wird. 

5.  Durch  dicht  an  einander  und  gegen  den  Knochen  geführte 
Schnitte  wird  die  fibröse  Gelenkkapsel  vom  Rande  der  Gelenkfläche 
des  Humerus,  erst  an  der  Trochlea,  dann  an  der  Eminentia  capitata, 
abgelöst,   bis   der  Condylus   externus  zum  Vorschein   kommt. 

6.  Von  diesem  werden  darauf  das  Ligamentum  laterale  externum, 
sowie  die  Urspi'ünge  der  Streckmuskeln  so  abgetrennt,  dass  alle 
diese  Theile  in  Verbindung  mit  einander  und  mit  dem  Periost  des 
Humerus  bleiben. 

7.  Wenn  so  der  Condylus  externus  ganz  skelettirt  ist,  lässt 
man  das  Gelenk  stark  beugen,  drängt  die  Gelenkkörper  aus  der 
Wunde  hervor  und  sägt  sie,  wie   oben,   nach  einander  ab. 

8.  Will  man  die  Ulna  unterhalb  des  processus  coronoideus 
absägen,  so  muss  man  die  oberen  Fasern  der  Sehne  des  Brachialis 
internus  davon  abschneiden,  ohne  die  Verbindung  der  Sehne  mit 
dem  Periost  der  TJlna  zu  lösen. 

Mit  bilateralem  Längsschnitt  nach.  Hueter. 

1.  Ein  2  cm  langer  Längsschnitt  legt  den  Condylus  internus 
frei ;  ein  Bogenschnitt,  der  dessen  Basis  umkreist,  trennt  das  liga- 
mentum  laterale  internum. 

2.  Ein  Längsschnitt  an  der  Aussenseite  des  Gelenkes,  8 — 10  cm 
lang,  läuft  über  den  Condylus  externus  und  das  Capitulum 
radü  hin. 

3.  Die  Weichtheile  werden  auseinander  gezogen  und  das  Liga- 
mentum laterale  externum  sammt  dem  Ligamentum  annulare  radii 
durchschnitten. 

4.  Das  Capitulum  radii  wird  skelettirt  und  mit  der  Stichsäge 
abgetragen. 

Esmarch-Ko walzig,  Technik,  4.  Aufl.  17 


258 


Fig.  441. 


5.  Die  Insertion  der  Gelenkkapsel  wird  vorne  und  hinten, 
erst  vom  Rande  der  Rotula,   dann  von  der  Trochlea  abgelöst. 

6.  Durch  Abduction  des  Vorderarmes  gegen  die  TJlnarseite 
wird  der  Humerus  aus  der  Wunde  hervorgedrängt,  wobei  der 
nervus  ulnaris  von  seiner  hinteren  Fläche  abgleitet;  sein  Gelenk- 
körper wird  abgesägt. 

7.  Darauf  skelettirt  man  auch  das  Olecranon  und  sägt  es  ab. 

Mit  Bajonnetsehnitt  nach  Ollier. 

1.  Bei  gebeugtem  Unterarm  (130  ^)  wird  der 
Hautschnitt  an  der  hinteren  Seite  des  Ellbogens, 
zwischen  M.  anconaeus  externus  und  Supinator 
longus,  6  cm  oberhalb  des  Gelenkes  beginnend 
zum  Epicondylus  lateralis  herabgeführt;  hier 
biegt  er  stumpfwinklig  abwärts  bis  zum  Olecra- 
non und  zieht  dann  4 — 5  cm  am  hinteren  Rande 
der  Ulna  herab  (Fig.  441).  Der  mittlere 
schiefe  Theil  des  Schnittes  entspricht  etwa  dem 
Zwischenraum  zwischen  M.  triceps  und  anconaeus 
quartus. 

2.  Im  oberen  Theil  des  Schnittes  dringt 
man  nach  Spaltung  der  Fascie  zwischen  M.  tri- 
ceps und  supinator  longus  und  extensor  carpi 
radialis  longus  bis  auf  den  Knochen  vor  und 
spaltet  die  Gelenkkapsel  in  der  Richtung  des 
Hautschnittes. 

3.  Bei  leicht  gestrecktem  Arm  wird  die 
Sehne  des  M.  triceps  sammt  dem  sorgfältig  zu 
schonenden  Periost  mit  dem  Schabeisen  vom 
Knochen  losgelöst.  Das  Gelenk  ist  nach  Ent- 
blössuug  des   Olecranon  nun  hinten  eröffnet. 

4.  Am  Humerus  schält  man  das  Periost 
sammt  dem  Lig.  accessorium  laterale  mit  dem 
Raspatorium  ab  und  luxirt  den  Humerus  lateral- 
wärts  unter  Durchtrennung  der  medialen  und 
vorderen  Gelenkbänder. 

5.  Dann  werden  die  Gelenkflächen  des 
Humerus,   des  Radius   und    der  Ulna  abgesägt. 

A.    Nelaton     machte     einen    Winkel- 

schnitt,     welcher     an     der    Ausseuseite     des 
Resection    des   Ellbogen-    tt  -i  i  •  t^-    /•  i         j       -n    j- 

gelenks  nach  Nelaton.      Humerus   entlang  bis  zum  Kopichen  des  Radius 


Resection  des  Ellbogen- 
gelenks nach  Ollier. 
Fig    442. 


—     259     — 

und  von  hier  rechtwinklig  nach  hinten  abbiegend  zur  Ulna  hinzieht 
(Fig.  442).  Hierbei  wird  zwar  das  Gelenk  und  namentlich  das 
Eadiusköpfchen  gut  freigelegt,  dagegen  der  M.  anconaeus 
quartus  quer  durchschnitten;  diesen  Nachtheil  kann  man  ver- 
meiden, wenn  man  die  Resection  ausführt 


mit  dem  Hakenschnitt  nach  Kocher. 

1.  Ein  Schnitt,  an  der  radialen  Rückseite  4  cm  oberhalb  der 
Gelenklinie  beginnend,  läuft  auf  der  Aussenseite  des  unteren  Hume- 
rusrandes  bis  zum  Radiuskopf  und  4 — 6  cm  unter  der  Spitze  des 
Olecranon  herab  und  biegt  hier  etwa  1 — 2  cm  um  bis  zur  medialen 
Seite  der  IJlna  herauf  (Fig.  443). 

.  Fig.  443.  Fig.  444. 

4 


Resection  des  Eübogengelenks  nach  Kocher. 

a  ^  AI.  anconaeus  quartus,  u  ^  Extensor  carpi  ulnaris,  i  =:  M.  triceps, 
s  =  Supiuatoi-  lougus. 

2.  Das  Messer  dringt  zwischen  M.  brachioradialis  (supinator 
longus),  Extensor  carpi  radialis  longus  und  brevis  und  Extensor 
carpi  ulnaris  vorne  und  M.  anconaeus  quartus  hinten,  bis  auf  die 
laterale  Kante  des  Huraerus  und  auf  die  Kapsel  des  Radiuskopfes 
und  biegt  auf  dem  unteren  Drittel  des  M.  anconaeus  um  bis  zur 
lateralen  Seite  der  Ulna. 

3.  Nach  Spaltung  der  Kapsel  mrd  das  Olecranon  an  seiner 
Basis  mit  dem  Meissel  in  der  Schnittlinie  schräg  (auf  der  Rückseite 

17* 


—     260     — 

tiefer)  durchgeschlagen ,  dann  mit  dem  triceps  und  anconaeus 
quart.  ulnarwärts  umgeklappt  und,  wenn  es  erkrankt  ist,  später 
ausgeschält. 

4.  Will  man  das  Olecranon  erhalten,  so  wird  das  Caput 
externum  tricipitis  sammt  Periost  und  Kapselansatz  vom  Humerus, 
ebenso  der  M.  anconaeus  quartus  von  der  Aussenfläche  der  Ulna, 
der  Ansatz  des  M.  triceps  von  der  Spitze  des  Olecranon  und  ein 
Theil  des  M.  ulnaris  internus  von  der  Innenfläche  der  TJlna  ab- 
gelöst und  dieser  Triceps-anconaeus-Lappen  bei  gestrecktem  Arm  wie 
eine  Kappe  über  das  Olecranon  hinüber  einwärts  geklappt  (Fig.  444). 

5.  Nach  Ablösung  des  lig.  laterale  externum  und  der  Kapsel 
am  Condylus  externus  humeri  und  am  Hals  des  Radius  bringt  man 
das  Gelenk  zum  Klaffen. 

6.  Bevor  man  die  Knochen  absägt,  muss  man  schonend 
das  lig.  laterale  internum  vom  Innenrande  der  Ulna  und  der 
medialen  Fläche  der  Trochlea,  und  die  Muskulatur  sammt  dem 
Periost  vom  Condylus  internus  und  externus  loslösen.  Die  Grelenk- 
enden  werden  leicht  bogenförmig  abgesägt,  um  die  während 
der  Heilung  leicht  eintretende  Subluxation  zu  verhüten. 

Die  Besection  des  Olecranon 

kann  mit  dem  hinteren  Längsschnitt  nach  von  Langenbeck 
(Fig.  440)  ausgeführt  werden.  Die  Weichtheile  und  das  Periost 
werden  dann  mit  dem  Schabeisen  nach  beiden  Seiten  hin  ab- 
gehebelt und  das  Olecranon  mit  der  Stichsäge  oder  einem  kräftigen 
Meisselschlage  entfernt. 

Die  temporäre  Resection  des  Olecranon  (Trendelenburg) 

lässt  sich  ausser  mit  den  bisher  erwähnten  Schnitten  auch  von 
hinten  her  durch  Abmeisselung  des  Ellenbogenknorrens  und 
nachherige  Wiedervereinigung  durch  die  Knochennaht  ausführen. 
Man  macht  hierzu  einen  nach  oben  convexen  Bogenschnitt 
über  die  Streckseite  des  Gelenks  von  einem  Epicondylus  zum 
andern,  löst  den  Hautlappen  von  der  Tricepssehne  und  dem  Olecranon 
nach  hinten  ab  und  hebelt  die  Weichtheüe  von  der  inneren  Seite 
des  Olecranon  unter  Schonung  des  Periostes  und  des  N.  ulnaris 
stumpf  ab.  Der  darunterliegende  Theil  der  Gelenkkapsel  wird 
quer  gespalten,  das  Olecranon  quer  abgemeisselt  und  endlich  in 
derselben  Ebene  der  M.  anconaeus  quartus  und  der  unter  ihm 
liegende  Theil  der  Gelenkkapsel  quer  durchtrennt. 


—     261     — 


Jetzt  lässt  sich  das  Olecranon  nach  oben  hin  zurückklappen 
und  man  hat  bei  gebeugter  Stellung  des  Armes  einen  freien 
Einblick  in  das  Gelenk.  Das  Olecranon  wird  schliesslich  durch 
Knochennaht  mit  der  Ulna  vereinigt,  der  Hautschnitt  vernäht  und 
der  Arm  in  gestreckter  Stellung  verbunden.  Ebenso  zweckmässig 
scheint  es  übrigens,  den  Hautlappen  mit  der  Basis  nach  oben 
zu  bilden  und  ihn  in  Verbindung  mit  dem  abzusägenden  Olecranon 
in  die  Höhe  zu  schlagen. 

Zur  Nachbehandlung.  Der  Eath  Eoser's,  das  resecirte 
Ellbogengelenk  zuerst  in  der  Extensionsstellung  zu  verbinden, 
um  die  Verschiebung  der  Knochenenden  aneinander  (Subluxation) 
und  die  Entstehung  eines  Schlottergelenkes  zu  verhüten,  ist  ent- 
schieden zweckmässig;  man  kann  hierzu  die  in  Bd.  I.  Fig.  158, 
164,   228,  248,   250  abgebildeten  Schienen  verwenden. 

Fig.  445. 


Stutzapparat  nach  Socin  für  Schlottergelenk  nach  Ellbogengelenkresection. 


—     262     — 

Um  aber  eine  Ankylose  in  dieser  Stellung  zu  verhüten,  muss 
der  Arm,  sobald  die  Wunde  geheilt  oder  der  Heilung  nahe  ist, 
bei  jedem  Verbandwechsel  im  Ellbogen  allmählig  flectirt  und  in 
der  mehr  gebeugten  Stellung  gehalten  werden. 

Hat  sich  nach  der  Hesection  des  Ellbogens  ein  Schlottergelonk 
gebildet,  so  kann  man  dem  Arm  seine  Festigkeit  und  Brauchbarkeit 
wieder  geben  durch  den  Stützapparat  nach  S  o  c  i  n  (Fig.  445),  an 
welchem  Kautschukringe  angebracht  sind,  welche  die  Flexions- 
bewegung vermitteln. 

Resection   des  Schultergelenkes. 

Mit  vorderem  Längsschnitt  nach  von  Langenbeck 

(ältere   Methode). 

1.  Der  Patient  liegt  auf  dem  Rücken,  die  Schulter  wird 
durch  ein  Kissen  vorgedrängt,  der  Arm  so  gehalten,  dass  der 
Condylus  externus  humeri  nach  vorne  sieht. 

2.  Ein  Schnitt,  der  am  vorderen  E,ande  des  Acromion,  ganz 
nahe  an  dessen  Gelenkverbindung  mit  der  Clavicula,  beginnt,  und 
6 — 10  cm  senkrecht  abwärts  läuft,  dringt  durch  den  Deltamuskel 
bis  auf  die  fibröse  Gelenkkapsel  und  das  Periost  (Fig.  446). 

3.  Die  Ränder  des  Muskelschnittes  werden  mit  stumpfen 
Haken  auseinander  gezogen;  man  sieht  die  Sehne  vom  langen 
Kopfe  des  Biceps  in  ihrer  Scheide  liegen  (Fig.   447). 

4.  Ein  Schnitt  an  der  äusseren  Seite  der  Sehne  entlang  er- 
öffnet deren  Scheide;  man  lässt  das  Messer  mit  dem  Rücken  den 
sulcus  intertubercularis  hinaufgleiten  und  spaltet  die  ganze  Sehnen- 
scheide sammt  der  Gelenkkapsel  bis  an  das   Acromion. 

5.  Die  Sehne  des  Biceps  wird  aus  ihrer  Furche  gehoben  und 
mit  dem   stumpfen  Haken  nach  aussen  gezogen. 

6.  Während  der  Assistent  den  Arm  langsam  nach  aussen 
rotirt,  wird  von  dem  Kapselspalt  aus  mit  senkrecht  auf  den 
Knochen  aufgesetztem  starkem  Messer  ein  Bogenschnitt  über  das 
tuberculum  minus  herum  geführt,  welcher  die  Kapsel  und  die 
Insertion  des  M.   subscapularis  trennt  (Fig.  448). 

7.  Der  Arm  wird  wieder  einwärts  rotirt,  die  Sehne  des 
Biceps  nach  innen  gezogen  und  dort  versenkt. 

8.  Das  Messer  wird  wieder  von  dem  Kapselspalt  aus  in 
grösserem  Kreise  oberhalb  des  tuberculum  majus  herum  geführt 
und  trennt  die  Kapsel  sammt  den  Insertionen  der  Mm.  supraspinatus, 
infraspinatus  und  teres  minor  (Fig.   449   u.  450). 


—     263 


Fig.  446. 


Fig.  447. 


X© 


Fig.  448. 


Fig.  449. 


Resection  des  Schultergelenks  nach  von  Langenbeck. 


9.  Der  Kopf  des  Humerus  wird  durch  Druck  von  unten  aus 
der  Wunde  herausgedrängt,  mit  einer  Zange  (am  besten  mit 
Faraboeuf  s  Fasszange,  Fig.  415  und  Fig.  451)  gepackt,  und 
nachdem  die  hintere  Insertion  der  Gelenkkapsel  durchschnitten 
ist,  mit  der  Stichsäge  abgesägt  (Fig.  452). 

10.  Wenn  der  Schulterkopf  durch  ein  Greschoss  von  der 
Diaphyse  getrennt  ist,  so  muss  er  mittelst  eines  scharfen  Knochen- 
hakens (s.  Fig.  421)  fixirt  und  hervorgezogen  werden.  Ist  er  in 
mehrere  Stücke  zertrümmert,  so  kann  man  die  Bruchstücke  einzeln 
mit  der  Zange  fassen  und  mit  dem  stumpfendigen  (Fig.  453)  oder 
dem  geknöpften  Messer  (Fig.  454)  herauslösen. 


Fig.  450. 

siipraspinatus 


infraspinatus 


teres  minor 


Fig.  451. 


suhscajyularls 


V         1'/     ^ 


HndiO  'picipitis 


•  /eres  major 


Muskelansätze  am  Tuberculum  malus  und  minus. 
Fig.  452. 


I 


0 


Absägen  des  Schuiterkopfes. 


—     265 


11.  Xach  dieser  Opei'ationsmethode 
bildet  sich  in  den  meisten  Fällen  ein 
Schlottergelenk  mit  Luxation  des 
Humerusendes  gegen  den  Thorax,  oder 
eine  kümmerliche  Gelenkverbindung  mit 
dem  Processus  coracoideus.  Eine  freie 
active  Beweglichkeit  stellt  sich  weit  eher 
her,  wenn  man  bei  der  Operation  die 
Verbindung  aller  das  Gelenk  umgeben- 
den Muskeln  mit  der  Gelenkkapsel  und 
dem  Periost  der  Diaphyse  sorgfältig 
erhält.      Dies  bezweckt : 


Fig    453. 


Fig.  454. 


Die  subperiostale  oder  subcapsuläre 
Resection 

Mit   vorderem   Läcgsselmitt   nach 
von  Langenbeck. 

der  vorigen  Ope- 


1. 

—4. 

wie    bei 

ration. 

Fig.  455 

Stumpfendiges  Geknöpfies 

Messer.! 


Bänder  des  Schultergelenkes. 


5.  Am  Innenrande  des 
sulcus  intertubercularis  entlang 
wird  das  Periost  mit  dem 
Knochenmesser  gespalten  und 
mit  dem  schmalen  Hebel  von 
der  Spina  tuberculi  minoris  vor- 
sichtig bis  an  das  tuberculum 
minus  heran  abgedrängt  (Fig. 
455). 

6.  Mit  Messer  und  Haken- 
pinzette wird  die  Sehne  des 
M.  subscapularis  (Pig-  450)  vom 
Knochen  abgeschält,  ohne  die 
Verbindung  der  fibrösen  Ge- 
lenkkapsel mit  dem  abgelösten 
Periost  zu  trennen.  AVährend 
dieses  Actes  muss  der  Ober- 
arm langsam  nach  aussen  rotirt 
und  bei  weiterem  Fortschreiten 


—     266     — 

der  Ablösung  das  Messer  häufig  wieder  mit   dem  Elevatorium   ver- 
tauscht werden. 

7.  Der  Arm  wird  wieder  einwärts  rotiit,  die  Sehne  des 
Biceps  aus  ihrer  Furche  gehoben  und  nach  innen  versenkt. 

8.  Das  Periost  der  äusseren  Fläche  des  Collum  humeri  wird 
in  Verbindung  mit  den  Insertionen  der  Mm.  supra-  und  infra- 
spinatus  und  teres  minor  am  tuberculum  majus  abgelöst  in  der- 
selben AVeise  wie  in  6.  Diese  Ablösung  ist  bei  primären  Hesectionen 
etwas   schwierig,   weil  das  Periost  sehr  dünn  zu   sein  pflegt. 

9.  Der  Gelenkkopf  wird  aus  der  Wunde  hervorgedrängt  und 
abgesägt,  wie  bei  der  vorigen  Operation.  Will  man  nur  den 
Gelenkkopf  im  oberen  Ende  der  tubercula  reseciren  (was  immer 
die  besten  Erfolge  hat) ,  so  kann  von  einer  Periostablösung 
nicht  die  Rede  sein.  Man  schält  dann,  von  der  Gelenkhöhle  aus, 
die  Muskelansätze  so  weit  als  erforderlich  vom  Knochen  ab  und 
achtet  nur  darauf,  dass  sie  nicht  quer  abgeschnitten  werden, 
sondern  unten  ihre  Verbindung  mit  dem  Knochen  behalten.  Da 
der  Kopf  dann  aber  nicht  aus  der  Wunde  hervorgedrängt  werden 
kann,  so  muss  er  mit  einer  feinen  Stichsäge  oder  mit  der  Ketten- 
siige   abgetrennt   werden. 

1 0.  Nach  Stillung  der  Blutung  schneidet  man  an  der  Rück- 
seite der  Wunde,  am  hinteren  Rande  des  M.  deltoideus  ein  Loch  in 
die  Haut,  durch  welches  ein  Drainrohr  bis  in  die  Wundhöhle  ein- 
geführt wird.  Dann  kann  man  die  vordere  Wunde  durch  tiefe 
und   oberflächliche  Nähte   genau  vereinigen. 

Ein  antiseptischer  Polsterverband,  dessen  Biudentouren  den 
im  Ellbogen  flectirten  Arm  nach  Art  einer  Mitella  gegen  den 
Thorax  befestigen,   genügt  völlig  zur  Fixirung  der  Extremität. 

Um  den  Deltamuskel  und  die  Zweige  des  N.  circuraflexus 
faxillaris,  Fig.  457j  mehr  zu  schonen  und  dadurch  die  Lähmung 
dieses  Muskels  zu  verhüten,   ist  es  zweckmässig,   das  Schultergelenk 

mit  dem  vorderen  Schrägsch.nitt  nach  Ollier 
zu  ei'öfi'nen. 

1 .  Mit  gegen  den  Schulterkopf  gerichtetem  Messer  durch- 
schneidet man  dem  Faserverlaufe  des  M.  deltoideus  entsprechend, 
vom  äusseren  Rande  des  Processus  coracoideus  schräg 
nach  unten  und  aussen  über  das  Tuberculum  minus  hinweg  zum 
Humerusschaft,  die  Weichtheile  sofort  bis  auf  den  Knochen  (Fig. 
456). 


—     267     — 


2.  Das  Tuberculum  minus  und  der  Sulcus  intertubercularis 
liegen  sofort  frei  vor  und  lassen  sich  leicht  skelettiren.  Darauf  wird 
der  Arm  nach  innen  rotirt  und  das  Tuberculum  majus  frei  gemacht. 
Im  Uebrigen  verfährt  man,  wie  bei  der  vorigen  Operation  be- 
schrieben wurde. 


Fig.  456. 


Resection  des  Schultergelenks 
nach  Olller. 


Fig.  457. 


Verzweigung  des  Nervus  axillaris  (von  hinten). 

1.  N.  cii-cumflexus,  2.  N.  cutaneus,   3.  Nerv  des  M. 

teres  minor,  4.  N.  radialis,  5.  zum  Triceps  und  An- 

conaeus  laufende  Zweise. 


Da  man  von  einem  vorderen  Schnitte  aus  bequem  nur 
den  Schulterkopf  allein  entfernen  (Decapitation) .  die  übrigen 
Theile  des  Gelenkes,  besonders  die  Pfanne,  aber  nur  ungenügend 
übersehen  oder  gar  reseciren  kann,  so  ist  es  in  allen  den  Fällen, 
in  welchen  eine  ausgedehntere  Erkrankung  des  ganzen  Ge- 
lenkes die  freie  Zugänglichkeit  zu  allen  Theilen  nöthig  macht, 
besser,   das  Schultergelenk  freizulegen 


mit  hinterem  Bogenschnitt  nach  Kocher. 

1.  Hautschnitt  vom  Acromioclaviculargelenk  über  die  Schulter- 
höhe zur  Mitte  der  crista  scapulae  und  bogenförmig  abwärts  gegen  die 
hintere  Achselfalte  zu.  Durchtrennung  des  Acromioclaviculargelenks 
(Fig.  458  c),  Spaltung  der  Fascie  am  hinteren  Rande  des  Deltamuskels. 


—     268     — 

Der  untere  Theil  desselben  wird  freigelegt  und  kräftig  nach  vorn 
gezogen,  die  weiter  an  der  Crista  sich  ansetzenden  Fasern  werden 
abgeschnitten. 

2.  Der  Ansatz  des  M.  cucullaris  wird  von  der  Crista  scapulae 
nach  oben  abgetrennt  und  der  M.  supraspinatus  mit  dem  Elevatorium 
nach  oben  abgehoben,  der  M.  infraspinatus  nach  unten  abgetrennt, 
bis  man  den  äusseren  Rand  der  Crista  umgreifen  kann. 

3.  Nachdem  man  unter  den  Hals  des  Acromion  ein  Elevatorium 
zum  Schutz  untergeschoben  hat,  wird  die  Crista  (sc)  mit  einem  Meissel 
(von  oben  nach  unten)  durchschlagen  (Fig.  458),  wobei  man  sich 
vor  Verletzung  des  unter  M.  supra-  und  infraspinatus  verlaufenden 
N.  subscapularis   zu  hüten  hat. 


Fig.  458. 


Fig.  459. 


Resection  des  Schultergelenks  nach  Kocher. 


4.  Nach  Durchtrennung  des  Knochens  wird  der  Acromialtheil 
mit  einem  scharfen  Knochenhaken  kräftig  nach  vorne  herumgewälzt 
und  im  Acromioclaviculargelenk  luxirt  (Fig.  459),  wobei  sich  der 
Deltamuskel  (cQ    von  der  Muskulatur    des  Schulterblattes    abhebt. 

5.  Es  liegt  nun  die  Wölbung  des  Humeruskopfes  vor,  bedeckt 


269 


Fig.  460. 


von    den    Sehnen    der    Auswärtsroller    (supra-    und    infraspinatus 
(^ss  z's),   teres  minor  (tni). 

6.  Am  Vorderrande  der  Ansätze  .dieser  Muskeln  (an  das 
Tuberculum  majus  und  dessen  Spina)  und  am  Hinterrande  der 
fühlbaren  Bicepsrinne  wird  ein  Längsschnitt  auf  dem  Knochen 
gemacht,  welcher  oben  die  Kapsel  (Ä')  auf  dem  Gelenkkopf  spaltet 
und   die   Sehnen  bis  zum  oberen  Pfannenrande  freilegt. 

7.  Die  Ansätze  der  Auswärtsroller  werden  vom  Tuberculum 
majus  abgelöst  und  nach  hinten,  die  in  ihrer  Knochenrinne  frei- 
gelegte Bicepssehne  wird  nach  vorne  gezogen  und  der  Arm  nach 
aussen  rotirt. 

8.  Der  nun  zu  Tage  tretende 
Ansatz  des  M.  subscapularis  wird 
nach  vorne  und  innen  vom  Tuber- 
culum minus  gelöst,  wobei  die  unter 
dem  teres  minor  verlaufenden  Ge- 
fässe  und  der  N.  axillaris  zu 
schonen    sind. 

9.  Wenn  der  Kopf  ganz  frei- 
gemacht und  herausgedrängt  ist,  er- 
hält man  einen  vorzüglichen  Einblick 
in  das  Gelenk  und  besonders  in  die 
Pfanne  der  Scapula.  Es  ist  nun 
leicht  alles  Erkrankte  zu  erkennen 
und  zu  entfernen,  nöthigenfalls  den 
Kopf  zu  reseciren.  Zum  Schluss 
wird  das  abgemeisselte  Stück  des 
Acromion  mit  der  Scapula  durch 
die  Knochennaht  wieder    vereinigt. 

Ist  allein  der  Gelenktheil  der 
Scapula  verletzt,  während  der 
Schulterkopf  unversehrt  geblieben 
ist,    so   macht  man  nur 

die  Reseetion  des  Gelenkkörpers 
der  Scapula  nach,  von  Esmarch. 

1 .  Ein  Bogenschnitt,  der  den  Reseetion  des  Golenkkbrpers  der  Scapula 
hinteren  Eand    des  Acromion    um-  "^ch  von  Esmarch. 

kreist    und  die  Fasern    des  M.  deltoideus  von    ihm    abtrennt,    legt 
die  hintere  obere  Fläche  der  Gelenkkapsel  frei  (Fig.  460). 


—     270     — 

2.  Von  der  Mitte  desselben  dringt  das  Messer  bis  auf  den 
hinteren  oberen  E,and  des  processus  glenoidalis  scapulae,  spaltet 
in  sagittaler  Eichtung  die  Gelenkkapsel  zwischen  den  Sehnen  der 
Mm.  supra-  und  infraspinatus  bis  auf  die  Mitte  des  tuberculuni 
majus  und  zugleich  die  Haut  und  den  M.  deltoideus  in  der  Richtung 
seiner  Fasern. 

3.  "Während  die  Weichtheile  mit  Haken  stark  auseinander 
gezogen  werden,  löst  man  vom  Rande  des  processus  glenoidalis 
die  Sehne  vom  langen  Kopfe  des  Biceps  und  die  Grelenkkapsel  in 
Verbindung  mit  dem  Periost  des  Collum  scapulae  ringsum  so  weit 
ab,  dass  man  den  Gelenkkörper  mit  der  Stichsäge  abtragen  oder 
die  Bruchstücke  des  zerschmetterten  Knochens  mit  dem  Messer  her- 
auslösen kann. 

4.  Die  Nachbehandlung  ist  dieselbe  wie  bei  der  Resection 
des   Schultergelenkes. 

Die  Resection  der  Scapula 
mit  dem  Winkelsohnitt  nach  von  Langenbeek 
macht  man   ohne  Schonung  der  bedeckenden  Muskeln   (Exstlrpatlo 
scapulae)  nur  bei  Geschwülsten. 

1.  Der  eine  Schenkel  des  Winkels  verläuft  am  oberen,  der 
andere  an  der  medialen  Seite  der  Scapula  herab,  der  dadurch 
gebildete  Hautlappen  wird  nach  seiner  Basis  hin  von  der  Unter- 
lage abgelöst  und  nach   aussen  geschlagen. 

2.  Darauf  trennt  man  die  Ansätze  der  Rhomboidei  und  des 
Levator  anguli  scapulae  vom  inneren  Rande,  die  des  Cucullaris 
und  Deltoideus  vom  Acromion  und  der  Spina,  den  M.  omohyoideus 
vom  oberen  Rande,  den  Teres  major  und  minor  vom  äiisseren  und 
unteren  Rande  ab,  und  während  der  Knochen  an  seinem  medialen 
Rande  vom  Thorax  abgehoben  wird,  löst  ihn  das  Messer  mit 
flachen  Zügen  von  der  Unterlage  (M.  serratus  anticus  major  und 
subscapularis)   ab. 

3.  Ein  hufeisenförmiger  Schnitt  über  den  Schulterkopf  trennt 
die  Gelenkkapsel,  die  Ansätze  der  Mm.  supra-  und  infraspinatus 
am  Tuberculum  majus,   und  das  Acromioclaviculargelenk. 

4.  Nun  lässt  sich  der  Knochen  nach  aussen  herumhebeln  und, 
nachdem  der  Rest  der  Gelenkkapsel,  der  Ansatz  des  M.  biceps  und 
triceps  vom  Rande  der  Cavitas  glenoidalis  und  der  M.  pectoralis 
minor  und  coracobrachialis  vom  Proc.  coracoideus  abgelöst  worden, 
ganz  herausnehmen. 


—     271     — 

5.  Nach  sorgfältiger  Unterbindung  aller  Gefässe  wird  die 
grosse  Wunde  mit  dem  abgelösten  Hautlappen  bedeckt,  vernäht 
und  ein   Drainrohr  zum  unteren  Wundwiukel  hinausgeführt. 

Sind  aber  die  Weichtheile  zu  schonen,  z.  B.  bei  Nekrosen 
des  Knochens,  so  ist  zweckmässiger  und  bei  der  lockeren  Anheftung 
des  verdickten  Periostes   auch   ebenso  leicht  ax^sführbar 


die  subperiostale  Reseetion  nach  Ollier. 

1.  Ein  Quer  s  chnitt  verläuft  längs  der  Spina  scapulae  vom 
Acromion  zum  medialen  Eande,  bis  auf  den  Knochen  dringend; 
mit  Messer  und  Elevatorium  werden  die  Ansätze  des  M.  cucullaris 
abgelöst. 

2.  Ein  L  ä  n  g  s  schnitt  ver-  ^'ig-  ^^l. 
läuft    am    medialen    Rande    der 
Scapula,    welcher    den  medialen 
Ansatz     der     Mm.     supra-     und 
infraspinatus  freilegt  (Fig.  461). 

3.  Auf  stumpfem  Wege 
werden  die  Weichtheile  der  Fossa 
infraspinata  nach  aussen  zurück- 
geschoben, darauf  in  gleicher 
Weise  die  der  fossa  supraspinata 
nach  aussen  und  oben  vom 
Knochen  abgelöst. 

4.  Während  der  Knochen 
vom  Thorax  abgehebelt  wird, 
schält  man  die  unter  ihm  liegen- 
den Weichtheile  mit  dem  Raspa- 
torium  bis  zum  äusseren  Rande 
und  dem  Collum   ab. 

h.  Dann  durchtrennt  man,  wie  oben  beschrieben,  von  unten 
her  das  Acromioclaviculargelenk,  die  Gelenkkapsel  und  Muskel- 
insertionen  und  endlich  die  Muskel-  und  Bänderansätze  am  Prcc. 
coracoideus,   den  man  übrigens  leichter  absägen  kann. 

Die  partielle  Reseetion  der  Seapula 
muss    sich    dem  gegebenen  Fall  anpassen.      Man  kann  Stücke  der 
Spina    und    des    Acromion    von    einem    einfachen    Schnitt    aus    ab- 
meisseln  oder  absägen,    auch   den  platten  Theil  des  Schulterblattes 
mit   Zurücklassung   des  Gelenktheils   entfernen  (ÄmputatiO  SCapulae). 


Reseetion  der  Scapula  nach  Ollier. 


—     272     — 
Die  Resection  des  Schlüsselbeins 

ist  sehr  leicht  durch  einen  über  den  Knochen  entlang  ziehenden 
Schnitt  auszuführen,  von  dem  aus  das  Periost  nach  beiden  Seiten 
hin  zurückgeschoben  wird.      Zweckmässig  ist  es,   an  beiden  Enden 

das  Periost  quer    zu    durchtrennen  | 1.      Dann   kann  man  mit 

der  Stichsäge  oder  der  Kettensäge  den  zu  entfernenden  Theil  des 
Mittelstücks  leicht  entfernen. 

Auch  die  Resection  der  Gelenkenden  bietet  keine 
besondere  Schwierigkeiten  dar.  Das  Sternalende  wird  durch 
einen  Längsschnitt  bis  auf  das  Gelenk  durchtrennt,  der  Knochen 
im  äusseren  Wundwinkel  auf  einem  wegen  der  unmittelbar  da- 
hinterliegenden  grossen  Venen  sehr  vorsichtig  subperiostal  unter- 
geschobenen Elevatorium  durchsägt,  das  kurze  Stück  hervorgezogen, 
an  seiner  hinteren  und  unteren  Fläche  von  den  anhaftenden  Weich- 
theilen  befreit  und  endlich  die  Gelenkkapsel  durchschnitten.  Um  das 
Acromialende  zu  reseciren,  macht  man  einen  Schnitt  vom 
äussersten  Ende  des  Schlüsselbeins  bis  etwa  zum  Proc.  coracoideus, 
führt  an  dessen  Innenrande  ein  Elevatorium  hinter  den  Knochen, 
durchsägt  ihn,  trennt  dann  das  Acromioclaviculargelenk  und  schält 
schliesslich  das  Knochenstück  aus  dem  Periost  heraus. 

Muss  man  das  ganze  Schlüsselbein  entfernen,  so  erleichtert 
man  sich  dieses,  wenn  man  den  Knochen  in  der  Mitte  durchsägt 
und  jede  Hälfte  für  sich  exstirpirt.  Die  temporäre  Durch- 
sägung der  Clavicula  zur  Unterbindung  der  Arteria  subclavia  wurde 
schon   S.    94  erwähnt. 


Resectionen  an  der  unteren  Extremität. 

Resection  des  Fussgelenkes. 
Subperiostal  mit  Bilateralschnitt  nach  von  Langenbeck. 


Fig.  462. 


:^N 


1.  Nachdem  der  Fuss  auf 
die  Innenseite  gelegt  ist,  wird 
ein  6  cm  langer  Schnitt  senkrecht 
am  hinteren  Ende  der  Fibula 
herabgeführt,  welcher  an  der 
Spitze  des  Malleolus  externus 
hakenförmig  umbiegt ,  dem 
vorderen  Rande  1,5  cm  folgt 
und  überall  bis  auf  den  Knochen 

dringt  (Hakenschnitt,  Fig.  462). 


—     273     — 

2.  Mit  Schabeisen  und  Hebel  wird  das  Periost  im  Zusammen- 
bang mit  der  Haut,  den  Muskeln  und  Sehnenscheiden  an  der  vor- 
deren und  hinteren  Eläche  vom  Knochen  abgelöst,  bis  sich  am 
oberen  Ende  des  Schnittes  eine  Stich-  oder  Kettensäge  hinter  die 
Fibula  bringen  lässt  (Fig.  463).  Die  Sehnenscheide  des  M.  pero- 
naeus   longus   muss,   wenn   möglich,   geschont  werden. 

Fig.  463. 


Achill. 


Aeussere  Seite  des  linken  Fussgelenl<es  nach  Henke. 

3.  Die  Fibula  wird  durchsägt,  das  abgesägte  Stück  mit  der 
Knochenzange  gefasst,  allmählig  stärker  hervorgezogen  (Fig.  464) 
und  vom  ligamentum  interosseum  abgelöst.  Zuletzt  werden  von 
innen  und  oben  her  das  lig.  malleoli  externi  posticum  (das  untere, 
sehr  feste  Ende  des  lig.  interosseum)  (Fig.  465)  und  die  drei 
starken  Haftbänder  (Fig.  466)  (lig.  talo-fibulare  anticum  und 
posticum  und  lig.  calcaneo-fibulare)  hart  am  Knöchel  abgeschnitten. 

Esmarch-Ko walzig,  Technik.     4.  Aufl.  18 


—     274     — 


Fig.  464. 


Fig.  465. 


— — .  Tibia 


lig.  deltoiä. 

llg.  tali  fib. 
post. 


Calcaneus 


Auslösung  des  unteren  Endes  der  Fibula.  Bänder  des  Fussgelenks  (Rückseite). 

Fig.  466. 


Bänder  des  Fussgelenks  (Ausseuseite). 

4.   Der  Fuss  wird  auf  die  Aussenseite  gelegt,   um  den   unteren 

B,and  des  Malleolus  internus  ein  3 — 4  cm  langer,   halbmondförmiger 

Schnitt  geführt  (Fig.  467),  von  dessen  Mitte  ein  5  cm  langer,  senkrechter 

Schnitt  auf  der  Innenseite  der  Tibia  nach  oben  steigt  (ÄnkerSChnitt). 


—     275     — 


Schnitt  auf  dem  Malleolus  int.  (Ankeischuitt), 


5.  Die  Schnitte  dringen  ^ie-  ^^7- 
durch  das  Periost  bis  auf  den 
Knochen.  Das  Periost  wird 
in  zwei  dreieckigen  Lappen 
mit  der  Haut  von  der  Innen- 
fläche (Fig.  ^68),  mit  den 
Sehnenscheiden  der  Dorsal- 
flexoren  von  der  vorderen 
Fläche,  mit  den  Sehnenscheiden 
der  Plantarflexoren  von  der 
hinteren  Fläche  der  Tibia  ab- 
gehebelt und  zuletzt  das  ligamentum  deltoides  vom  Rande  des 
Malleolus  abgeschnitten  (Fig.   469). 

6.  Am  oberen  Ende  des  Längsschnittes  wird  die  Tibia  mit 
der  Stich-  oder  Kettensäge  (des  beschränkten  Raumes  wegen  in 
schi'äger  Richtung)  durchsägt,  das  abgesägte  Stück  mit  der  Knochen- 
zange gefasst,  und  während  das  Elevatorium  die  Periostfläche  des 
ligamentum  interosseum  von  oben  her  abdrängt,  allmählig  aus  der 
Wunde  herausgedreht.  Die  Schonung  der  membrana  interossea 
ist  von  besonderer  "Wichtigkeit  für  die  Regeneration  des  Knochens 
(von   Langenbec  k). 

Fig.  468. 


-   -    tibia 


lig.  tibio-navicul. 


OS.  nav.       m.  abd.  hol. 
Innere  Seite  des  Fussgelenkes  nach  Henl<e. 


18* 


—     276 


7.  Der  Knochen  wird  jetzt  nur  noch  von  der  vorderen  und 
hinteren  Insertion  der  Gelenkkapsel  festgehalten.  Dieselben  werden 
mit  dem  Messer  abgetrennt,  wobei  die  Sehne  des  M.  tibialis  posticus 
nicht  verletzt  werden  darf. 

8.  Will  man  die  ^^e-  ^69. 
obere  Gelenk- 
fläch  e  desTalus 
entfernen ,  so  ge- 
schieht das  mittelst 
der  Stichsäge,  welche 
in  der  B-ichtung  des 

halbmondförmigen 
Hautschnittes  von 
vorne  nach  hinten  die 
Holle  absägt,  wäh- 
rend die  Fusssohle 
von  zwei  Händen  fest 
gegen  die  Tischplatte 
aufgedrückt  wird 
(v.  Langenbeck 
räth,  die  obere  Ge- 
lenkfläche des  Talus 
gleich  nach  Abtrennung  der  Fibula  von  dem  ersten  Schnitte  aus 
abzusägen,  sie  aber  erst  nach  Entfernung  der  Tibia  mit  dem 
Elevatorium  herauszuhebein). 

9.  Wenn  der  Talus  ganz  zertrümmert  oder  bis  in  seine 
tarsalen  Gelenkflächen  gesplittert  oder  erkrankt  ist,  so  muss  der 
ganze  Knochen  weggenommen  werden. 

10.  Zu  dem  Ende  verlängert  man  an  der  Innenseite  den 
verticalen  Schnitt  von  der  Spitze  des  Malleolus  internus  in  einem 
nach  unten  convexen,  der  Sehne  des  M.  tibialis  posticus  parallel 
laufenden  Bogen  bis  an  die  tuberositas  ossis  navicularis,  lässt  die 
Sehne  des  Tibialis  anticus  und  die  Arteria  tibialis  antica  nach  aussen 
ziehen,  durchschneidet  das  lig.  tibio-naviculare  (Fig.  468)  und  das 
lig.  talo-naviculare  (Fig.  469)  und  eröfi'net  das  Gelenk  am  Kahn- 
bein von  oben  und  innen. 

11.  Darnach  führt  man  auch  an  der  Aussenseite  den  Schnitt 
von  der  Spitze  des  Malleolus  externus  horizontal  über  den  Sinus 
tarsi  hin,  durchschneidet  die  festen  Bändermassen  desselben  (lig. 
tali  fibulare  anticum,  die  ligg.  talo-calcaneum  externum  (Fig.  466)  und 


Bänder  des  Fussgelenkes  (Innenseite). 


—     277     — 

internum  (Fig.  469)  und  schliesslich,  indem  man  mit  Knochenzange 
und  Elevatorium  den  Knochen  herausdreht,  die  Reste  der  Gelenk- 
kapseln. 

1 2.  Nach  sorgfältiger  Unterbindung  aller  durchschnittenen 
Gefässe  wird  an  beiden  Seiten  ein  kurzes  Drainrohr  bis  an  den  Knochen- 
spalt   eingelegt    und    dann    die  Wunde    durch    die  Naht  vereinigt. 

13.  Wenn  man  den  Talus  ganz  hat  wegnehmen  müssen,  dann 
ist  es  zweckmässig,  einen  langen  Nagel  von  der  Sohle  aus  durch 
den  Calcaneus  in  die  Tibia  hineinzutreiben,  um  die  Knochen  im 
rechten  Winkel  gegen  einander  festzustellen. 

14.  Nach  Anlegung  eines  Polsterverbandes  wird  das  Glied 
mit  rechtwinklig  gestelltem  Fuss  auf  eine  V  o  1km  an n 'sehe  Bein- 
schiene gelagert ;  in  den  Fällen,  wo  starke  Eiterung  häufigeren 
Verbandwechsel  nothwendig  macht,  empfehlen  sich  die  unterbrochenen 
oder  Bügelschienen  s.   Bd.   I,  Fig.   237,    241,   246. 

Zweckmässig  ist  auch  die  Eröffnung  des  Fussgelenks 

mit  zwei  vorderen  Seitensehnitten  nach  König. 

1.  Der  innere  Schnitt  beginnt  3  —  4  cm  oberhalb  des  Fuss- 
gelenks auf  der  Tibia,  nach  innen  von  den  Strecksehnen,  und  zieht 
hart  am  vorderen  Knöchelrande  abwärts  zur  Tuberositas  ossis 
navicularis ;  der  äussere  Schnitt  beginnt  in  gleicher  Höhe  wie  der 
innere  und  zieht  am  vorderen  Knöchelrande  zum  Sinus  tarsi 
in  der  Höhe  des  Talonaviculargelenks.  Das  Gelenk  wird  sofort 
durch  diese   Schnitte  eröffnet. 

2.  Die  von  beiden  Schnitten  gebildete  Weichtheilbrücke  wird 
von  den  darunterliegenden  Knochen,  Tibia  und  Talus,  mit  Messer 
und  Elevatorium  abgehebelt  und  der  vordere  Synovialsack  exstirpirt, 
wenn   er  erkrankt  ist. 

3.  Während  nun  mit  einem  stumpfen  Haken  der  Brückend 
läppen  in  Dorsalflexion  des  Fusses  stark  angehoben  wird,  kann 
man  das  gesaramte  vordere  Gebiet  des  Gelenkes  gut  übersehen 
und  mit  Meissel  oder  scharfem  Löffel  das  Erkrankte  entfernen. 
Der  Talus  lässt  sich  leicht  exstirpiren.  Ist  die  Entfernung  der 
Knöchelenden  nothwendig,  so  worden  zunächst  die  äusseren  Schälen 
der  Knöchel  mit  schräg  aufgesetztem  breitem  Meissel  abgeschält, 
dann  die  Tibia  mit  dem  Meissel  abgeschlagen  und  endlich  auch  der 
Talus,    oder   wenigstens    seine   Rolle,    abgemeisselt    oder    abgesägt. 

4.  Durch  starkes  Anziehen  des  Fusses  wird  endlich  die 
hintere  Kapsel  wand  der  Exstirpation  zugänglich. 


—     278 


Zur  besseren  Uebersichtlichkeit  der  Gelenkhöhle  empfehlen 
sich  die  Methoden,  welche  nach  Durchtrennung  der  Weichtheile 
den  Fuss  umklappen^  so  dass  man  Talus-  und  Tibiagelenkfläche 
mit  einem  Blick  übersehen  kann.      Hierzu  eröffnet  man  das  Gelenk 

mit  äusserem  seitlichen  Querschnitt  nach  Kocher. 

1.  Hautschnitt  in  der  Höhe  der  Fussgelenklinie  vom  Aussen- 
rand  der  Strecksehnen  (^Ec)  bogenförmig  über  die  Spitze  des  Malleolus 
externus  bis  an  die  Achillessehne  (Fig.   470). 

2.  Nach  Durchtrennung  der  Fascie  werden  die  Strecksehnen 
und    der    M.    peronaeus    tertius    (^)    nach    innen    gezogen.       Die 

Fig.  470.  Gelenkkapsel  und  die 

Bänder  löst  man  vom 
Vorderrande  der  Tibia 
und  Fibula  und  dicht 
um  den  Malleolus  ex- 
ternus herum  ab. 

3.   Am    hinteren 
Rande    des    Knöchels 
wird  die  Scheide   der 
Peronei  bis    über  die 
Gelenklinie  hinauf  er- 
öffnet, die  Sehnen  der 
Peronei  (P)  werden    kräftig    nach 
hinten  gezogen  oder,   Avenn  dadurch 
nicht  genügend  Raum  geschafft  wird, 
durchschnitten    (und  später  wieder 
vernäht).    Der  hinter  diesen  Sehnen 
verlaufende    N.    saphenus    ext.   (aS) 
muss  möglichst  geschont  werden. 

4.  Nun  wird  die  hintere  Wand 
der  Strecksehnenscheide  und  die 
Kapsel  (/:)  am  vorderen  und  hinteren 
Bande  der  Tibia  bis  an  den  Malleo- 
lus internus  hin   abgelöst. 

5.  Jetzt  lässt  sich  der  Fuss 
durch  eine  kräftige  Hebelbewegung 
über  den  Malleolus  internus  herüber 

Resection  des  Fussgelenks  nach  Kocher,    medianwärts      wälzen      (luxiren), 


Fig.  471. 


279     — 


sodass    der   innere  Rand  der  Fusssohle  der  Innenseite    des  Unter- 
schenkels anliegt  und  nach  oben  gerichtet  ist  (Fig.   471). 

6.  Löst  man  dann  noch  von  der  hervorragenden  Spitze  des 
Malleolus  internus  vorsichtig  die  Bänder  ah,  so  kann  man  alle 
Winkel  des  Gelenkes  frei  übersehen,  alles  Erkrankte  entfernen  und 
den  Talus  leicht  reseciren.  Will  man  den  Talus  schonen,  dann 
muss  man  sich  vor  der  Eröffnung  des  Talocalcanealgelenkes  am 
hinteren  und  seitlichen  Umfange  des  Talus  hüten. 

Mit   äusserem  Sehrägschnitt  nach  Girard. 

1.  Der    Haut-  Fig.  472. 
schnitt   beginnt  an 
der  Aussenseite  senk- 
recht    oberhalb      der 
Spitze    des    Malleolus 
externus  zwischen  Ti- 
bia    und    Fibula    und 
läuft  schräg  nach  unten 
bis  über  die  Spitze  des 
Malleolus    herab     auf 
einen  schrägen  Schnitt. 
der       vom       äusseren                   Resection  des  Fussgelenks  nach  Girard. 
Rande    der    Achillessehne    an    der    Spitze    des    äusseren    Ejiöchels 
vorbei  bis  zur  Sehne  des  Peronaeus  -^^s-  473. 

tertius    geführt    wird  (Fig.  472). 

2.  Die  Sehnen  des  M.  pero- 
naeus longus  und  brevis  werden 
biosgelegt  und  zwischen  Seiden- 
anschlingungen  durchgeschnitten ; 
die  durch  den  Hautschnitt  ge- 
bildeten Lappen  präparirt  man  zu- 
rück, bis  das  Fussgelenk  und  der 
Talus   sichtbar  werden. 

3.  Die  Gelenkkapsel  wird  ge- 
spalten und  sammt  den  Bändern 
abgelöst,  so  dass  sich  der  Fuss 
stark  supiniren  lässt. 

4.  Darauf   gelingt  es  leicht, 
den     Talus      zu     exstirpiren     und  Eröffnung  des  Fussgelenks  nach  Lauenstein. 
wenn  nöthig,   den  Fuss  ganz  nach  innen  umzuklappen,   so  dass 


—     280 


Fig.  474. 


die    Gelenkhöhle    frei    vorliegt    und    alles  Kranke  aus  ihr  entfernt 
werden  kann. 

5.  Schliesslich  wird  der  Fuss  in  seine  ursprüngliche  Lage  zu- 
rückgebracht, die  durchschnittenen  Sehnen  durch  die  Naht  vereinigt, 
die  Wundhöhle  drainirt  und  der  Hautschnitt  vernäht. 

Lauenstein  eröffnet  das  Fussgelenk  durch  einen  langen 
Bogenschnitt  auf  der  Aussenseite,  welcher  von  der  Mitte  der  Fibula 
über  den  äusseren  Knöchel,  über  den  Köpfen  des  M.  extensor  digi- 
torum  brevis  und  hinter  der  Sehne  des  Peronaeus  tertius  (Fig.  473) 
nach  vorne  bis  zur  Höhe  des  Talonaviculargelenks  zieht. 

Die  Haut  wird  nach  vorne  und  hinten  abpräparirt,  die 
Fascie  am  vorderen  E,ande  der  Fibula  gespalten,  das  Fussgelenk 
vor  dem  Malleolus  externus  geöjffnet.  Nach  Abhebung  der  Streck- 
sehnen wird  das  Ligamentum  cruciatum  durchschnitten  und  der 
vordere  Kapselansatz  bis  über  die  Mitte  der  Tibia  abgetrennt. 

Dann  spaltet  man  die  Fascie  am  hinteren 
Rande  der  Fibula  und  die  Scheide  der  Pero- 
nealsehnen,  welche  zusammen  mit  den  übrigen 
Muskeln  durch  einen  stumpfen  Haken  nach 
hinten  gezogen  werden.  Durchtrennt  man  nun 
die  Ligamenta  talo-fibulare  und  calcaneo-fibulare, 
so  lässt  sich  das  Fussgelenk  durch  starke 
Supination  bequem  auseinanderklappen,  und  alles 
sichtbar   Erkrankte   entfernen. 

Hueter  legte  das  Fussgelenk  mit  vorderem 
Querschnitt  von  einem  Malleolus  zum  andern 
frei  (Fig.  474),  wobei  sämmtliche  Sehnen  und 
Nerven  durchschnitten  und  nach  Ausführung 
der  nothwendigen  Eingriffe  im  Gelenk  wieder 
durch  die  Naht  vereinigt  werden.  Diese  Methode 
giebt  zwar  einen  sehr  guten  TJeberblick  über 
ResecliondesFussgelenks  die  Gelenkerkrankung,  insbesondere  über 
nach  Hueter.  (jg^  Talus,   macht  aber  doch  recht  erhebliche 

Nebenverletzungen,  die  bei  Anwendung  der  seitlichen  Schnitte  um- 
gangen werden. 

Die  Resection  des  Talus 

kann  mit  einem  der  Schnitte  zur  Fussgelenksresection  ausgeführt 
werden;  einfacher  und  schonender  aber  ist  es,  wenn  man  den 
Talus  allein  exstirpiren  will,   einen 


—     281     — 

vorderen  Längsschnitt  nach  Vogt 
am  Fussgelenk  über  die  Streckselmen  hinweg  bis  vor  das  Talo- 
naviculargelenk  zu  führen  (s.  Fig.  463).  TJnterhautzellgewebe, 
Fascie  und  Lig.  cruciatum  werden  durchschnitten,  die  von  der 
Unterlage  abgehobenen  Strecksehnen  stark  medianwärts  gezogen, 
der  Extensor  digitorum  brevis  wird  eingeschnitten  und  stark  lateral- 
wärts  abgedrängt. 

2.  Nach  Spaltung  der  Kapsel  und  Ablösung  der  Bänder- 
ansätze wird  das  Collum  und  Caput  tali  durch  quere  Durchtrennung 
des  Lig.   talonaviculare  freigelegt, 

3.  Auf  den  Längsschnitt  setzt  man  nun  einen  Querschnitt, 
welcher  bis  zur  Spitze  des  Malleolus  externus  zieht  und  die  Weich- 
theile  schichtweise  bis  auf  den  Talus  durchtrennt,  ohne  die  Peronei 
zu  verletzen. 

4.  Nach  Durchschneidung  des  Lig.  talofibulare  ant.  und  post. 
und  der  Bänder  im  Sinus  tarsi,  kann  man  nun  bei  stark  supinirtem 
Fuss  den  Talus  mit  einer  Resectionszange  stark  nach  aussen 
drehen  und  nach  Abhebelung  des  inneren  Seitenbandes  und  der 
Verbindung  mit  dem  Calcaneus   entfernen. 

5.  Nach  Auslösung  des  Knochens  lässt  sich  nun  von  der 
Gelenkhöhle  alles  Kranke  übersehen  und  entfernen.  Die  Haut- 
Avunde  wird  vernäht  und  da  die  Gelenkfläche  des  Calcaneus  sehr  gut 
in  die  gabelförmige  Gelenkfläche  des  Unterschenkels  hineinpasst, 
so  ist  später  der  Gang  trotz  des  fehlenden  Talus   ein  recht  guter. 

Die  Resection  des  Calcaneus 

mit  äusserem  Winkelschnitt  nach  Ollier, 

1.  Der   Schnitt    zieht  am   Aussen-  ^is-  475. 
rande  der  Achillessehne  2  cm   oberhalb       .      \ ,      \\ 

des    äusseren    Knöchels    beginnend    bis       \      ',' •,    \\ 
zum  unteren  Rand  des  Hackenknorrens         \      -y.     Ä^^^^— ^ 
herab  und  biegt  hier  rechtwinklig  nach           j       'j  '•        ■  /  ""-i:^--^^ 
vorn  ab  am  unteren  Rande  des  Calcaneus         /»....--'■-';  /,.-'f^---->/^r" 
entlang  bis  zur  Basis  Metatarsi  (Fig.  47  5).  ;\  ;.k,^^~ 

2.  Unter  Schonung    der   Peroneal-         \\v /^--^"^^^^ — _^ 

sehnen  wird  der  Schnitt  überall    durch 

,       -Ti     .      ,  T  .  ,.  ^       ^r        1  j.-   rj.      Resection  des  Calcaneus  nach  Ollier. 

das  Periost  bis  auf  den  Knochen  vertieft, 

darauf  werden  die  Weichtheile  auf  seiner  äusseren,  unteren,  hinteren 

und  inneren  Fläche  überall  abgehebelt,    dann  die  Verbindung   des 


282      — 


Knochens  mit  dem  Os  cuboideum  und  dem  Talus  durchschnitten 
und  endlich  die  Bandverbindung  mit  dem  Os  naviculare  und  cuboi- 
deum durchtrennt. 

3.  Die  Hautwunde  kann  in  ganzer  Ausdehnung  vernäht  werden; 
in  ihren  abhängigsten  Winkel  oder  in  ein  eigens  geschnittenes 
Knopfloch  wird  ein  Drainrohr  eingelegt. 


Fig.  476. 


Der  Sporensehnitt  nach  Guerin 
umkreist  zunächst  die  Plantarfläche  der  Hacke  bogenförmig.  Ein 
kleiner  senkrechter  Schnitt  verläuft  in  der 
Mittellinie  zur  Achillessehne  herauf  (Fig.  476). 
Im  Uebrigen  verfährt  man  im  Ganzen,  wie  bei 
der  vorigen  Operation. 

Bei  Entzündungen  und  Necrosen  gelingt 
es  ziemlich  leicht,  das  Periost  überall  abzu- 
lösen ;  handelt  es  sich  aber  um  tuberkulöse 
Knochenherde,  so  ist  es  einfacher  und  ebenso 
zweckmässig,  mit  dem  scharfen  Löffel  das  spon- 
giöse  erweichte  Knochengewebe  rein  auszu- 
schaben und  nur  eine  dünne  Rindenschicht, 
sammt  dem  Periost  stehen  zu  lassen.  Die 
Erfolge  sind  dabei  recht  gut,  wenn  man  die 
grosse  Höhle  nachher  voll  Blut    laufen  lässt. 


Resection  des  Calcaneus 
nach  GuerJn. 


Die  Resection  der  übrigen  Fusswurzelknochen 

bei  tuberkulösen  Erkrankungen  muss  ganz 
atypisch  gemacht  werden  und  bei  guter  Zugänglichkeit  die  voll- 
ständige Entfernung  alles  Erkrankten  anstreben. 

Bardenheuer  verfährt  hierbei  folgendermassen ;  ein  Quer- 
schnitt über  den  Fussrücken  trennt  sämmtliche  Weichtheile  und 
Sehnen  bis  auf  den  Knochen,  die  zum  Hallux  führenden  Sehnen 
können  indess  meistens  geschont  werden.  Nachdem  die  Knochen 
genügend  abpräparirt  sind,  werden  sie  vor  und  hinter  dem  er- 
krankten Theil,  sammt  dem  Periost  mit  der  Säge  oder  mit  Hammer 
und  Meissel  quer  durchtrennt  und  von  den  Weichtheüen  der  Fuss- 
sohle  abgelöst.  Zurückbleibende  Gelenk  flächen  müssen  der 
rascheren  Heilung  wegen  angefrischt  werden.  Dann  stopft  man 
die  grosse  Wunde  mit  Jodoformgaze  aus  und  drängt  den  vorderen 
Fusstheil    erst    später    an    den    hinteren  heran,    oder  man  vernäht 


—     283     — 

die  Hautwunde  sogleich  und  hält  durch  den  Verband  die  Knochen- 
flächen fest  gegen  einander  gedrückt.  Nach  erfolgter  Heilung  ist 
der  Fuss  allerdings  etwas  kürzer,  aber  zum  Gehen  sehr  gut  zu 
gebrauchen. 

Die  osteoplastische  Resection  im  Tarsus. 

Nach  Mikulicz- Wladimiroflf. 

Bei  ausgedehnten  Verletzungen  des  hinteren  Theiles  der  Fuss- 
wurzel  bis  ins  Sprunggelenk,  ebenso  wie  bei  grossen  Defecten  oder 
Geschwüren  der  Haut  auf  der  Rückseite  des  Fusses  kann  durch 
diese  Operation  der  vordere  Theil  des  Fusses  erhalten  und  mit  den 
abgesägten  Unterschenkelknochen  in  Spitzfussstellung  zur  Ver- 
wachsung gebracht  werden,  so  dass  der  Geheilte  auf  den  Köpfchen 
der  Metatarsusknochen  gehen  kann.  Dieselbe  wird  in  folgender 
Weise  ausgeführt : 

1.  Ein  querer  Schnitt,  der  am  inneren  Fussrande  vor  der 
tuberositas  ossis  navicularis  beginnt  und  am  äusseren  Fussrande 
hinter  der  tuberositas  ossis  metatai'si  V  endigt,  trennt  die  Weich- 
theile   der  Fusssohle  bis  auf  die  Knochen   (Fig.   477). 

2.  Ein  zweiter  Querschnitt,  der  oberhalb  der  Ferse  von  dem 
hinteren  Rande  des  Malleolus  internus  bis  zu  dem  hinteren  Rande 
des  Malleolus  externus  geführt  wird,  trennt  die  Achillessehne  sammt 
den  übrigen  Weichtheilen  in  der  Höhe  des  Tibiotarsalgelenkes. 

3.  Die  Endpunkte  dieser  beiden  Querschnitte  werden  mit  ein- 
ander verbunden  durch  zwei  Schnitte,  welche  an  beiden  Seiten 
schräg  von  hinten  oben  nach  vorne  unten  verlaufen  und  sofort  bis 
auf  die  Knochen  dringen. 

4.  Bei  stark  dorsalflectirtem  Fuss  werden  durch  kräftige 
Schnitte  die  hintere  Kapselwand  und  die  Seitenbänder  des  Tibio- 
tarsalgelenkes getrennt. 

5.  Talus  und  Calcaneus  werden  sorgfältig  aus  den  Weich- 
theilen des  Fussrückens  gelöst  und  im  Chopart'schen  Gelenke 
exarticulirt. 

6.  Die  Malleolen  sammt  der  Gelenkfläche  der  Tibia  und  dar- 
nach auch  die  Gelenkflächen  des  os  naviculare  und  cuboides  werden 
abgesägt  (Fig.  478). 

7.  Alle  durchschnittenen  Gefässe,  namentlich  die  Art.  tibialis 
postica  und  die  peripheren  Stümpfe  der  Art.  plantaris  externa  und 
interna  werden  sorgfältig  unterbunden. 


284 


Fig.  477 


Z>^'^ 


Fig.  478. 


Fig.  479. 


Fig.  4S0. 


Osteoplastische  Resection  im  Tarsus  nach  Mikulicz-Wladimiroff. 


8.  Der  Fuss  wird  in  starke  Equinus- 
stelluDg  gebracht,  die  Sägeflächen  der  ossa 
cuboides  und  naviculare  werden  an  die  Säge- 
flächen der  Unterschenkelknochen  angelegt  und 
entweder  sogleich  durch  starke  Catgutnähte 
oder  nach  Vereinigung  der  Wunde  durch  schräg 
eingetriebene  lange  Stahlnägel  daran  befestigt 
(Fig.  479). 

9.  Die  Sehnen  der  Plantarflexoren  werden 
subcutan  durchschnitten,  damit  sich  die  Zehen 
in  rechtwinklige  Dorsalflexion  stellen. 


-^     285     ^ 

10.  Durch  tiefe  Catgutnähte  werden  die  reichlichen  "Weich- 
theile  der  Dorsalfläche  faltig  zusammengedrängt  und  dann  die 
"Wundränder  durch  oberflächliche  Nähte  bis  auf  die  Drainlöcher 
vereinigt.      Fig.   480  zeigt  das  Aussehen  des  Stumpfes. 


Operationen  bei  Klumpfuss. 

Die  Behandlung  des  Klumpfusses  durch  Orthopädie  ver- 
langt grosse  Ausdauer  und  Gewissenhaftigkeit  sowohl  vom  Arzt 
als  auch  vom  Kranken.  Leichtere  Fälle  lassen  sich  in  den  ersten 
Lebensjahren  durch  Anlegung  von  Schienen  (^plastische  Schienen 
nach  Little,  König)  nach  und  nach  bessern;  unter  Umständen 
muss  man  den  Fuss  gewaltsam  umstellen,  indem  man  die 
Knochen  auf  der  Aussenseite  zusammendrückt  und  die  Bäuder- 
oder  Knochenansätze  an  der  Innenseite  des  Fusses  zerreisst.  Dies 
geschieht  durch  kräftige  Pronation  (Senkung  des  inneren  Fuss- 
randes)  und  daran  anschliessend  dorsale  Flexion  und  Abduction. 
Der  Fuss  giebt  dabei  unter  deutlichem  Krachen  nach.  In  der 
verbesserten  Stellung  wird  für  2 — 3  Wochen  ein  harter  Verband 
angelegt.  Durch  Massage  und  active  und  passive  Bewegungen 
wird  diese  Kur  wesentlich  unterstützt.  Ebenso  ist  es  mitunter 
nöthig,  die  Tenotomie  der  Achillessehne  und  der  Supi- 
natoren  vorzunehmen.  Meistentheils  wird  man  bei  einiger  Gre- 
duld  und  Wiederholung  dieses  Verfahrens  auch  in  schwei'en  Fällen 
zum  Ziele  kommen.  Bei  veralteten  oder  recidivirenden  Klump- 
füssen  Erwachsener  ist  man  indessen  oft  genöthigt,  die  Knochen 
selbst  anzugreifen :  durch  die  einfache  oder  keilförmige  Osteo- 
tomie an  der  Aussenseite  des  Tarsus,  die  Osteotomie  des  Unter- 
schenkels dicht  über  dem  Fussgelenk 
(S.  146),  die  Exstirpation  des  Talus 
(S.  281)  oder  des  os  cuboideum, 
oder  mehrerer  Fusswurzelknochen. 

Die  keilförmige  Osteotomie  am 

Tarsus  macht  Prince  durch  einen 
queren  T  Schnitt  über  die  am  meisten 
hervorspringende  Stelle  an  der  Aussen- 
seite. Die  Weichtheile  werden  bis 
auf  den  Knochen  durchtrennt  und 
hart  an  den  zurückgewichenen  Haut- 
rändern je   ein  grader  jVIeissel  schräg 


Fig.  481. 


Keilförmige  Tarsectomie. 


286     -- 


Fig.  482. 


durch  das  Fussgelenk  nach  der  Innenseite  getrieben,  sodass  nach 
Entfernung  des  durch  die  Meissel  ausgehobenen  Knochenkeiles  der 
Vorderfuss  in  Abduction  gebracht  werden  kann  (Fig,   481). 

P  h  e  1  p  s  erreicht  diese  Umstellung  auf  entgegengesetztem 
Wege  durch  Trennung  aller  sich  spannenden  Theile  am  inneren 
Pussrande. 

1.  Nach  vorausgeschickter  Tenotomie  der  Achillessehne  wird 
am  inneren  Pussrand  ein  querer  Hautschnitt  parallel  dem  Talona- 
viculargelenk  angelegt. 

2.  Trennung  der  Pascia  plan- 
taris, des  M.  flexor  digitorum  longus, 
flexor  hallucis  longus,  abductor  hallu- 
cis,  und,  wenn  nöthig,  des  flexor  digit. 
comm.  brevis,  welche  nach  einander 
mit  einem  Schielhaken  hervorgezogen 
und  durchschnitten  werden  können 
(Fig.  482). 

3.  Bisweilen  ist  noch  die  Durch- 
schneidung des  ligamentum  deltoi- 
deum  und  die  Einmeisselung  des  Talus- 
halses   nothwendig. 

4.  Der  Puss  wird  umgestellt, 
die  weitklaifende  Wunde  tamponirt 
und  sofort  ein  Gipsverband  angelegt, 
unter  dem  die  Wunde  durch  Grranu- 
lation  mit  breiter  Narbe  heilen  muss. 

Während  der  Nachbehandlung  werden  täglich  passive  Bewegungen 
und  Massage  ausgeführt  und  der  Puss  durch  einen  Gummipflaster- 
streifen, später  durch  einen  Gummischlauch  in  seiner  verbesserten 
Stellung   gehalten. 


Klumpfussoperation  nach  Phelps. 


Operationen  bei  Plattfuss. 

Beim  Plattfuss  erzielt  man  durch  gewaltsame  Umstellung 
und  Befestigung  in  dieser  verbesserten  Stellung  durch  abnehmbare 
harte  Verbände  neben  passiver  Bewegung  und  Massage  recht  gute 
Erfolge.  Ausserdem  lässt  man  den  Patienten  auf  geeigneten  Stiefeln 
gehen,  deren  innerer  Sohlenrand  durch  eine  eingelegte  Feder 
erhöht  ist,  um  dem  gesunkenen  Fussgewölbe  eine  Stütze  zu  ge- 
währen.     Bei    gewöhnlichen    Stiefeln    lässt    sich    dies    auch    durch 


—     287     — 

■weiche  Guramieinlagen  erreichen.  Für  schwere  Fälle  eignet  sich 
die  Osteotomie  oberhalb  der  Malleolen  nach  Trendelenburg, 
S.    146,   oder  die 

Arthrodese  des  Talonaviculargelenkes  nach  Ogston. 

1.  Der  Fuss  wird  auf  die  Aussenseite  gelagert  und  das  Ge- 
lenk zwischen  Talus  und  Os  naviculare  bestimmt,  welches  etwas 
weiter  nach  vorn  als  am  normalen  Fuss  liegt. 

2.  Der  Hautschnitt  verläuft  parallel  der  Sohle  an  der  Innen- 
seite 3  cm  lang  und  fingerbreit  unterhalb  der  Tibia  beginnend  bis 
auf  den  Knochen. 

3.  Vom  klaffenden  Gelenk  aus  wird  das  lig.  talonaviculare 
sammt  der  Kapsel  und  den  Weichtheilen  vom  Os  naviculare  gelöst 
und  nach  unten  geklappt. 

4.  Mit  einem  schmalen,  flachen  Hohlmeissel  schneidet  man 
von  beiden  Gelenkflächen  die  Knorpel  und  eine  dünne  Schicht  des 
Knochens  ab,  bis  die  Flächen  in  normaler  Fussstellung  gut  auf 
einander  passen ;  in  veralteten  Fällen  muss  hierzu  auch  der  untere 
Vorsprung  des  Talus   entfernt  werden. 

5.  Mit  einem  feinen  Bohrer  werden  vom  Kahnbein  aus  zwei 
etwa  3  cm  tiefe  Löcher  bis  in  den  Talus  hineingebohrt,  das  erste 
an  der  oberen  inneren,  das  zweite  an  der  unteren  inneren  Seite 
des  Kahnbeins   eindringend. 

In  diese  Löcher  werden  zwei  Elfenbeinstifte  von  der  Dicke 
elfenbeinerner  Stricknadeln  eingetrieben.  Die  vorspringenden  Enden 
der  Zapfen  werden  mit  der  Knochenscheere  abgeschnitten  und  die 
Wunde  darüber  vernäht. 

Um  die  Gelenkverbindung  zu  recht  fester  Verwachsung  zu 
bringen,  ist  es  allerdings  nöthig,  den  Kranken  3 — 4  Monate  das  Bett 
hüten  zu  lassen. 

Resection  des  Kniegelenkes. 

Mit  vorderem  Bogenschnitt  nach  Textor. 

1.  Bei  rechtwinklig  flectirtem  Knie  wird  ein  Schnitt  (Fig. 
483)  vom  hinteren  B,ande  des  einen  Epicondylus  zu  dem  des 
anderen  im  Bogen  dicht  oberhalb  der  Tuberositas  tibiae  hingeführt, 
welcher  sogleich  das  ligamentum  patellae  und  die  vordere  Wand 
der  Gelenkkapsel  trennt. 

2.  Unter  stärkerer  Beugung  des  Unterschenkels  werden  die 
beiden  Seitenbänder  und  darauf  die  ligamenta  cruciata  (Fig.  484) 
vom  Femur  abgeschnitten ;    das  Gelenk  klafft  weit. 


—     288     — 


3.  Durch  vorsichtige  Schnitte,  welche  stets  gegen  den  Knochen 
gerichtet  sind,  wird  die  hintere  Kapselwand  vom  Femur  abgetrennt 
(Fig.  485).  Durch  Schnitte,  welche  sorglos  nach  hinten  geführt 
werden,    können   die  grossen  Gefässe  der  Kniekehle  verletzt  werden. 


Fiar.  483. 


Fig.  481. 


Resection  des  Kniegelenks  nach  Textor. 


Ligamenta  cruciata. 


4.  Der  Gelenkkörper  des  Feraur  wird  her  vorgedrängt,  und 
so  weit  er  vom  Knorpel  überzogen  ist,  parallel  mit  seiner  Gelenk- 
fläche  abgesägt. 

5.  Ebenso  wird  der  Gelenkkörper  der  Tibia  abgesägt,  ohne 
Verletzung  des  Fibulagelenkes,  welches  in  der  Hegel  nicht  mit 
dem  Kniegelenke   in  Verbindung  steht. 

6.  Die  Patella  wird  herausgelöst  und  von  der  Extensoreu- 
sehne  abgeschnitten.  Auch  die  obere  Ausstülpung  der  Ge- 
lenkkapsel (Bursa  extensorum)  muss,  wenn  sie  degenerirt  ist, 
sorgfältig  herauspräparirt  werden. 

7.  Auch  kann  man  die  Patella,  wenn  sie  gesund  ist,  nach 
Absägung  ihrer  Knorpelfläche,    auf  die   Condylen  festnageln. 

8.  Da  es  bei  der  Pesection  des  Kniegelenks  darauf  ankommt, 
nicht  ein  bewegliches  Gelenk,  sondern  eine  Ankylose  in  ge- 
streckter   Stellung    zu     erzielen,     so     müssen     die    Säg'eflächen    der 


—     289 


Knochen  genau  aufeinander  gepasst  und  möglichst  sicher  aneinander 
befestigt  werden. 


Fig.  485. 


Fig.  486. 


Lage  der  Arteria  und  Vena  popiitea  hinter  der 
Wundfläche. 


Nageiung  des  resecirten  Kniees. 


9.  Zu  dem  Zweck  kann  man  mit  einem  feinen  Knochenbohrer 
(Fig.  236),  an  dessen  Spitze  sich  ein  Loch  befindet,  beide  Knochen- 
enden an  mehreren  entsprechenden  Stellen  schräg  durchbohren  und 
durch  die  Bohrlöcher  starke  Catgutfäden  oder  Silberdrähte  ziehen, 
mit  welchen  man  die  Knochenflächen  gegeneinander  drängt. 

10.  Noch  zweckmässiger  ist  es  (nach  E.  Hahn)  die  Knochen 
an  einander  festzunageln ,  indem  man  nach  Vereinigung  der 
Wunden  und  vor  Anlegung  des  Verbandes  lange  vernickelte  oder 
versilberte  Stahlnägel  (Fig.  238)  (von  denen  man  verschiedene 
Grössen  vorräthig  haben  muss)  an  beiden  Seiten  des  Femur  durch 
die  Haut  sticht  und  mit  dem  Hammer  schräg  durch  beide  Knochen 
treibt  (Fig.  486). 

11.  Bei  ungestörtem  aseptischen  Wundverlauf  findet  man, 
wenn    in   der    4.   oder  5.  Woche    der  Verband  entfernt  wird,    die 

Esmarch-Kowalzig,  Technik.    4.  Aufl.  ]9 


—     290 


Knochen  in  der  Regel  fest  mit  einander  verwachsen;  die  Nägel, 
welche  inzwischen  locker  geworden  sind,  lassen  sich  durch  leichte 
Drehung  ohne  llühe  wieder  herausziehen  und  die  kleinen  Stich- 
öffnungen heilen  in  wenigen  Tagen  wieder  zu. 

Auf  das  Absägen  und  An  ein  an  der  füg  en  der  Knocheu- 
enden  ist,  wie  schon  erwähnt,  besondere  Sorgfalt  zu  verwenden, 
um  die  grossen  Knochenflächen  zur  festen  Ankylose  zu  bringen. 
Alle  die  S.  146  beschriebenen  Arten  des  stufen-  und  keilförmigen 
Absägens,  des  Einkeilens  u.  s.  w.,  sind  hauptsächlich  hierfür  an- 
gegeben worden.  Das  gerade  Absägen  mit  nachfolgender  Nagelung 
bietet  meist  recht  sicheren  Erfolg.  Sägt  man  aber  nach  Kocher 
die  Gelenkenden  mit  einer  schmalen  Säge  leicht  bogenförmig 
ab.  so  kann  man  die  Nagelung  umgehen,  da  dann  eine  seitliche 
Fig.  487.  Verschiebung  weniger  zu   befürchten 

ist.  Auch  Helferich  sägte  bei 
Resectionen  wegen  winkliger  Ankylose 
einen  bogenförmigen  Keil  her- 
aus (Fig.  487). 

Sind  die  Sägeflächen  ungleich 
gross  geworden,  so  müssen  ihre 
hinteren  Kanten  aneinander  ge- 
passt  werden,  weil  eine  in  die  Knie- 
kehle vorsj)ringende  scharfe  Knochen- 
kante eine  IJsur  der  Poplitealgefässe 
verursachen  könnte. 

12.  Zur  Tr  0  cke  nlegung  des  resecirten  Kniegelenkes  dienen 
zwei  kurze  Drainröhren,  welche  auf  beiden  Seiten  in  die  "Wund- 
winkel des  Bogenschnittes  eingeschoben  werden  und  eine  dritte, 
welche  vorne  in  die  Kuppe  der  Bursa  extensorum  hineingeführt  wird. 

Auch  sucht  man  durch  tiefe  (verlorene)  Catgutnähte,  welche 
man  vor  Schluss  der  "Wunde  an  verschiedenen  Stellen  anlegt,  die 
Hohlräume  in  der  Tiefe  der  "Wunde  so  viel  als  möglich  zu  beseitigen. 

Hat  man  ausserdem  alle  durchschnittenen  Gefässe,  die  man 
bei  vorsichtigem  und  blutlosem  Operiren  leicht  als  solche  erkennt, 
sorgfältigst  unterbunden,  so  kann  man  die  Drains  entbehren  und 
sich    damit  begnügen,    die  "Wundwinkel    klaffend    zu  lassen. 

13.  "^^on  besonderer  "Wichtigkeit  ist  der  Verband,  welcher  die 
Knochen  in  ihrer  Lage  sicher  festhalten,  die  Wundhöhle  allseitig 
gleichmässig    zusammendrücken    und  das  Eindringen  von  Fäulniss- 


Bogeniörmiges  Absägen  der  Knochen 
nach  Helferich. 


291     — 


erregern  sicher  verhindern  muss.  Wenn  er  diese  Aufgaben  erfüllt, 
so  kann  man  ihn  bis  zur  YÖlligen  Heilung.  5  —  6  Ti^ochen  lang, 
liegen  lassen. 

14.  Sehr  zweckmässig  ist  ein  Polsterverband  (s.  Bd,  I. 
S.  49),  welcher  am  besten  in  der  Lage,  welche  in  Bd.  I.  Fig.  49 
abgebildet  ist,   folgendermassen  angelegt  wird. 

15.  Zuerst  legt  man  auf  alle  die  Stellen,  wo  sich  die  Weich- 
theile  mit  den  Fingern  tief  eindrücken  lassen,  kleine  Polster,  oder 
Ballen  von  KrüUmull  und  darüber  ein  massig  grosses  Polster, 
welches   die  ganze  Kniegelenksgegend  allseitig  umschliesst. 

Unterhalb  des  Polsters  wird  das  Bein  bis  nahe  an  die  Knöchel, 
oberhalb  bis  nahe  an  den  Schnürgurt,  welcher  dicht  unter  der 
Sehenkelbeuge  angelegt  ist,  mit  aseptischer  Watte  urr.geben,  und 
dann  Pokter  und  Watte  mit  einer  sterilen  Mullbinde  fest  ein- 
gewickelt. 

16.  Feber  diesen  inneren  Verband  wird  ein  gutes  desinficirtes 
Blumentopfgitter  (Fig.  488)  geschoben  und  gleichfalls  mit  Mull- 
binden darauf  festgewickelt.  Dasselbe  giebt  dem  Verbände  eine 
solche  Festigkeit,  dass  man  das  Glied  an  der  Hacke  emporheben 
kann,    ohne   dass   die  Stellung  der  resecirten  Knochen  zu  einander 

sich   ändert. 

Fig.  488. 


Blumentopfgitter  als  Schiene  nach  Resection  des  Kniegelenks. 

17.  Darüber  legt  man  das  grosse  äussere  Polster,  welches 
den  o-anzen  inneren  Verband  umschliesst  und  wickelt  es  mit  an- 
gefeuchteten   gestärkten   Mullbinden  fest. 

18.  Darauf  lagert  man  das  Bein  sehr  sorgfältig  auf  eine  flache 
Beinschiene  (s.  Bd.  I.  Fig.  167,  172,  175,  234),  auf  welcher 
die  Polsterung  so  vertheilt  sein  muss,  dass  die  noch  nicht 
eingewickelten    Theile    gut    unterstützt    sind    und    namentlich    die 

19* 


—     292     — 


Hacke  keinen  Druck  erleiden  kann,  und  wickelt  es  mit  feuchten 
Mullbinden  darauf  fest,  nachdem  man  vorher  rasch  den  Schnür- 
gurt entfernt  hat. 

19.  Dabei  wird  das  Bein  senkrecht  in  die  Höhe  gerichtet,  um 
den  Blutzufluss  zu  verlangsamen,  und  nachdem  der  Operirte  in 
dieser  Stellung  ins  Bett  getragen  ist,  lässt  man  dieselbe  noch 
mehrere  Stunden  lang  beibehalten.  Fast  immer  gelingt  es,  auf  diese 
Weise  dem  Kranken  jeden  Blutverlust  zu  ersparen  (vergl.  S.  60). 

Hat  man  aber  nicht  sorgfältig  genug  die  durchschnittenen 
Gefässe  unterbunden,  dann  kann  es  vorkommen,  dass  einige  Stunden 
nach  Senkung  der  Extremität  das  aussickernde  Blut  den  Verband 
durchdringt  und  an  der  hinteren  Fläche  zum  Vorschein  kommt. 
(Am  ersten  kommt  es  natürlich  zum  Vorschein  bei  den  durch- 
brochenen Drahtschienen  (Bd.  I.  Fig.  172,  176),  während  es  bei 
den  Blechschienen  (Bd.  I.  Fig.  167)  erst  sichtbar  wird,  wenn 
es  bis  an  den  oberen  hinteren  ßand  der  Schiene  gelangt  ist.) 

In  solchem  Falle  darf  man  nicht  säumen,  sofort  den  äusseren 
Verband  zu  wechseln. 

Man  hebt  nach  Durchschneidung  der  äussersten  Binde  das 
Bein  aus  der  Schiene,  nimmt  das  äussere  grosse  Polster  ab,  legt 
darnach  ein  neues  grosses  Polster  herum  und  lagert  das  Glied 
wieder  auf  die  frisch  gepolsterte  Schiene. 

(In  solchen  Fällen  ist  der  Nutzen  der  inneren  Gitter- 
schiene besonders  ersichtlich,  da  dieselbe  es  möglich  macht,  den 
Verband  zu  wechseln,  ohne  dem  Kranken  Schmerzen  zu  verursachen 
und  ohne    die  Stellung  der  Knochen   zu    einander    zu    verändern.) 

Fig.  489. 

In  denjenigen  Fällen,  wo  neben  der  Er- 
krankung der  Knochen  auch  eine  ausgedehnte 
Kapseldegeneration,  besonders  der  Bursa  ex- 
tensorum,  vorhanden  ist,  empfiehlt  es  sich, 
die  ßesection 

mit  dem  oberen  Bogenschnitt  nach 
E.  Hahn 
auszuführen. 

Der  Schnitt  verläuft  von  der  Innenseite 
der  Gelenklinie  bogenförmig  aufwärts,  durch- 
trennt die  Sehne  des  M.  quadriceps  oberhalb 

der  Patella    und    endet    am  Aussenrande    der 
Bogenschnitt  nach  Hahn  für  /^   n      i  i,       /ttc         aoc\\ 

Resection  des  Kniegelenks.  Gelenkspalte   {Flg.   489j. 


—     293     — 

Die  obere  Ausstüljoung  der  Gelenkkapsel  liegt  nach 
Herunterklappen  des  Lappens  sofort  frei  vor  und  kann  bequem 
exstirpirt  werden.  Hierbei  empfiehlt  es  sich,  so  sorgsam  wie  bei 
Exstirpation  einer  bösartigen  Geschwulst  vorzugehen  und  die  Kapsel 
möglichst  als  Ganzes  von  ihrer  Umgebung  loszuschälen. 

TTm  den  sehnigen  Streckapparat  desKnieeszu  schonen,  nach 
dessen  Durchtrennung  nur  selten  wieder  eine  völlige  Verwachsung 
eintritt,  ist  es  besonders  bei  Kindern  auch  angebracht,  das  Gelenk 
freizulegen 

Mit  Querselinitt   durch,  die  Patella  nach  v.  Volkmann. 

1.  Der  Schnitt  geht  quer  vom  vorderen  TJmfange  des  einen 
Epicondylus  mitten  über  die  Patella  zum  anderen  und  eröffnet  das 
Gelenk  zu  beiden  Seiten  neben  der  Patella,  welche  sogleich  auf 
dem  untergeschobenen  Zeigefinger  durchsägt  (oder  durchschnitten) 
wird ;  ihre  Hälften  werden  mit  Haken  nach  oben  und  nach  unten 
gezogen. 

2.  Nach  Durchschneidung  der  Ligamenta  lateralia  und  cruciata 
wird  nun  das  Femur  abgesägt,  darauf  die  Gelenkfläche  der  Tibia 
stark  in  die  Wunde  hinein  und  nach  vorne  gedrängt,  umschnitten 
und  resecirt. 

3.  Xach  Beendig-ung  der  Operation  werden  die  Knochenflächen 
an  einander  gebracht  und  die  durchsägten  Kniescheibenhälften  mit 
Catgut  vereinigt.  Sie  sind  schon  nach  14  Tagen  wieder  fest  mit 
einander  verwachsen.  Bei  ausgedehnteren  Besectionen  und  stark 
infiltrirten  "Weichtheüen  ist  es  zweckmässig,  zu  beiden  Seiten  des 
Querschnittes   2   kleine  Längsschnitte  anzulegen   Q — |  schnitt). 

Einen  weniger  guten  Einblick  in  das  Kniegelenk  giebt  die 
subperiostale  Eesection 

mit  seitlichem  Bogenschnitt  nach,  von  Langenbeck, 

■welche  nur  bei  Verletzungen  des  Gelenks  anwendbar  ist. 

1.  An  der  Innenseite  des  gestreckten  Gelenkes  wird  ein 
1.0 — 18  cm  langer  Bogenschnitt  geführt,  der  5  —  6  cm  oberhalb 
der  Patella  am  inneren  Bande  des  M.  rectus  femoris  beginnt,  mit 
der  Convexität  nach  hinten  über  den  hinteren  Band  des  Epicondylus 
internus  wegläuft  und  an  der  inneren  Seite  der  Crista  tibiae, 
5  —  6   cm  unterhalb   der  Patella,   endigt  (Eig.  490). 


Fig.  490. 


Fig.  492. 


Bogenschnitt  nach  von  Langenbeck 
für  Resection  des  Kniegelenks. 


Fig.  491. 

vastus     rechts 


Bänder  des  rechten  Kniegelenks  (Innenseite). 
Fig.  493. 


---sarto): 
add.  niagn 

*+'    — igracills 
—semimem 
—seniifendin 


Innenseite  des  Kniegelenks. 


Bänder  des  rechten  Kniegelenks  (Ausseuseite). 


—     295     — 

2.  Im  oberen  Theile  der  Wunde  liegt  der  vastus  internus, 
unter  welchem  die  Sehne  des  M.  abductor  magnus  hervortritt;  im 
unteren  Theil  ist  die  Sehne  des  M.  sartorius  sichtbar ;  beide  Sehnen 
dürfen  nicht  verletzt  werden  (Fig.  491). 

3.  Das  ligamentum  laterale  internum  wird  in  der  Gelenklinie 
durchschnitten,  die  innere  Kapselinsertion  vom  vorderen  Rande 
des  Condylus  internus  bis  unter  den  M.  vastus  internus  herauf 
abgetrennt,  ebenso  das  ligamentum  alare  internum  vom  vorderen 
Rande  der  Tibia  bis  zur  Mittellinie  (Fig.   492). 

4.  Das  Knie  wird  gebeugt  und  während  man  es  langsam 
wieder  strecken  lässt,  luxirt  man  durch  einen  kräftigen  Druck  die 
Patella  nach  aussen. 

5.  Die  ligamenta  cruciata  werden  durchschnitten;  um  das  ligam. 
cruciatum  posticum  von  der  Eminentia  intercondyloidea  tibiae  ab- 
zutrennen, muss  der  Condylus  internus  tibiae  nach  vorne  rotirt 
werden. 

6.  Das  ligamentum  laterale  externum  sammt  den  benachbarten 
Kapseltheilen  wird  durch  einen  kräftigen  halbmondförmigen  Schnitt, 
der  einige  Linien  unterhalb  der  Spitze  des  Epicondylus  externus 
geführt  wird,   abgetrennt  (Fig.   493). 

7.  Das  Gelenk  klafft  weit,  die  hintere  Kapselwand  wird 
durchschnitten,  die  Gelenkkörper  des  Femur  und  der  Tibia  werden 
nach  einander  herausgedrängt  und.  davon  so  viel  abgesägt,  als 
nöthig  erscheint. 

8.  Will  man  die  Patella  entfernen,  so  muss  man  den  Rand 
ihrer  Knorpelfläche  mit  dem  Messer  umschneiden  und  sie  dann  mit 
dem  Schabeisen  und  Hebel  aus  ihrem  Periost  herauslösen,  so  dass 
letzteres  mit  dem  lig.  patellae  und  der  Strecksehne  in  Verbindung 
bleibt. 

Ehe  man  die  Wunde  vereinigt,  wird  ein  starkes  Drainrohr  an 
der  abhängigsten  Stelle  herausgeleitet.  Zweckmässig  ist  es, 
auch  an  der  Aussenseite  eine  kleine  Gegenöffnung  zu  machen,  aus 
welcher  man  das  andere  Ende  des  Drainrohrs  hervorragen  lässt, 
sowie  durch  die  obere  Ausstülpung  der  Gelenkkapsel  ein  Drainrohr 
zu  ziehen. 

Aehnlich  ist  die  Eröffnung  des  Kniegelenks 

mit  innerem  Längsschnitt  nach  Hueter. 

1.  Mit  kräftigem  Messer  wird  bei  gestrecktem  Knie  ein 
Längsschnitt  vom  oberen  Rande  des  inneren  Condylus  am  vorderen 


—     296     — 

Rande  des  Ligamentum  laterale  entlang  über  den  Kopf  der  Tibia 
hinweg  bis  zum  Ansatz  des  M.  sartorius  geführt.  Die  Weichtheile 
werden  sogleich  bis  auf  den  Knochen  durchtrennt,  einige  Fasern 
des  M.   vastus  internus  im  oberen  "Wundwinkel  durchschnitten. 

2.  Das  Lig.  laterale  internum  wird  durch  einen  Querschnitt 
getrennt  und  dadurch  die  Gelenkkapsel  eröffnet. 

3.  Nun  löst  man  den  Kapselansatz  vom  vorderen  Theil  des 
Condylus  internus  bis  zum  oberen  E-ande  der  Gelenkfläche  mit  dem 
geknöpften  Messer  ab  und  hebelt  den  M.  vastus  internus  vom 
Knochen  los. 

4.  Nach  Ablösung  des  lig.  alare  internum  vom  vorderen 
Hand  der  Tibia  gelingt  es  leicht,  die  Patella  nach  aussen  zu 
luxiren. 

Im  Uebrigen  verfährt  man,  wie  oben  S.  295  4. — 8.  be- 
schrieben ist. 

In  den  Fällen,  wo  man  nach  alleiniger  Esstirpation  der 
Kapsel  bei  ziemlich  gesunden  Knochen  die  Hoffnung  haben  kann,  dem 
Kranken  ein  bewegliches  Gelenk  zu  erhalten  (Ärthrectomie)  (s.  a. 
S.  2y8),  kommt  es  vor  allem  darauf  an,  die  Sehne  des  Quadriceps 
unversehrt  zu  lassen.  Der  Querschnitt  durch  die  Patella  thut  dies 
nur  in  ungenügender  Weise,  besser  ist  es,  die  Tuberositas  tibiae 
mit  dem  Ligamentum  patellae  schräg  von  unten  nach  oben  mit 
dem  Meissel  abzutrennen,  nach  oben  zu  klappen  und  schliesslich 
wieder  mit  der  Tibia  zu  vereinigen.  Fast  immer  tritt  knöcherne 
Yerheilung  ein.     Eaipfehlenswerth  ist  ferner 

die  Ärthrectomie  des  Kniegelenks  nach.  Kocher. 

1.  Ein  vorderer  Querschnitt  verläuft  bogenförmig  über 
die  Gelenklinie  durch  Haut  und  Fascie.  Der  Lappen  wird  von 
der  Patella  und  ihrem  Ligament  nach  oben  hin   abgelöst. 

2.  Zu  beiden  Seiten  der  Patella  wird  der  Eand  des  M.  vastus 
externus  und  internus  freigelegt. 

3.  Die  Kapsel  wird  neben  der  Patella  und  ihrem  Ligament 
beiderseits  gespalten,  ihr  Ansatz  am  Femur  sammt  den  Seiten- 
bändern bis  hinter  und  über  den  Condylen  abgelöst  und  um- 
geschlagen. 

4.  Die  Patella  wird  erst  nach  einer,  dann  nach  der  andern 
Seite  luxirt.  Das  klaffende  Gelenk  kann  man  zum  grössten  Theil 
übersehen,  nöthigenfalls  müssen  die  Ansätze  der  Kreuzbänder  am 
Femur  abgetrennt  werden. 


—     297     — 

5.  Nun  kann  man  nach  Bedürfniss  die  ganze  Synovialis 
exstirpiren  oder  umschriebene  Herde  herausschneiden;  die  Patella 
wird  umgewälzt  und  an  ihrer  Rückseite  von  allem  Erkrankten 
befreit,  ebenso  die  Eückfläche  der  Quadricepssehne  sauber  geglättet. 
Auch  die  Bursa  poplitea  und  semimembranosa  lassen  sich  aus- 
räumen. 

6.  Schliesslich  vernäht  man  die  Kapsel,  wenn  sie  geschont 
werden  konnte,  sorgfältig,  und  schliesst  die  Hautwunde  durch 
tiefe  und  oberflächliche  Nähte,  oder  tamponirt  die  "Wundhöhle 
mit  Jodoforragaze,  um  sie  erst  nach  48  Stunden  durch  die 
Secundärnaht  zu  vereinigen. 

Die  Function  des  Kniegelenks 

bei  serösem  oder  blutigem  Erguss(Hydrarthr OS  undHaemarthros) 
macht  man  am  oberen  E,ande  der  Patella.  Hier  wird  an  einer 
Seite  ein  mittelstarker  Troicart  so  eingestochen,  dass  er  quer  zwischen 
der  Patella  und  den  Condylen  zu  liegen  kommt.  Zweckmässig 
ist  es  dabei,  sich  mit  der  linken  Hand  die  Flüssigkeit  aus  der 
oberen  Ausstülpung  und  der  dem  Einstich  gegenüberliegenden 
Seite  entgegenzudrängen,  so  dass  die  zu  punktirende  Stelle  prall 
gefüllt  ist.  Bei  dicker  Haut  macht  man  zuvor  an  dieser  Stelle 
mit  dem  Messer  einen  kleinen  Einschnitt,  damit  der  Troicart  leichter 
durchgestossen  werden  kann. 

Nachdem  die  Flüssigkeit  abgelaufen  ist,  spült  man  das  Gelenk 
mit  Borlösung  so  lange  aus,  bis  diese  klar  aus  der  Canüle  abfliesst, 
macht  dann  noch  eine  Einspritzung  von  3  "/„  Carbollösung  (bei 
Hydrarthros)  oder  von  1  ^/„^,  Sublimatlösung  (bei  eitrigem  Inhalt), 
bedeckt  die  Stichöfifnung  mit  einem  Stückchen  Jodoformgaze  und 
legt  einen  Druckverband  mit  einer  Knieschiene  an.  Zur  Ver- 
stärkung des  Druckes,  welcher  das  Wiederansammeln  der  Flüssig- 
keit verhüten  soll,  wird  darüber  noch  eine  Kautschukbinde  massig 
fest  umgelegt. 

Die  Drainage  des  Kniegelenkes. 

1.  Um  bei  Pyarthros  das  Gelenk  gründlich  mit  antiseptischer 
Flüssigkeit  ausspülen  zu  können  und  dem  abgesonderten  Eiter 
freien  Abfluss  zu  verschaffen,  genügt  es  in  leichteren  Fällen,  an 
beiden  Seiten  der  Patella  2 — 3  cm  lange  Einschnitte  zu 
machen    und    in    dieselben    kurze    Drains    einzuführen,    welche    im 


—     298     — 

Niveau    der  Haut    abgeschnitten    und    durch    eine  Naht    oder  eine 
Sicherheitsnadel  in  ihrer  Lage  erhalten  werden. 

2.  Nachdem  durch  diese  Drains  das  Gelenk  zuerst  mit  Salz- 
wasser und  dann  mit  l^jf^^,  Sublimatlösung  gründlich  ausgespült 
worden,  wird  ein  gut  comprimirender  antiseptischer  Polsterverband 
angelegt,  welcher  alle  Flüssigkeit  aus  dem  Gelenk  herausdrängt 
und  dann  das  ganze  Bein  gut  immobilisirt,  wie  nach  der  ßesection. 

3.  Wenn  darnach  die  Körpertemperatur  wieder  normal  wird 
und  die  Schmerzen  sich  verlieren,  so  kann  man  den  Verband 
ruhig  mehrere  Tage  lang  liegen  lassen,  wo  nicht,  so  muss  der 
Verband  jeden  Tag  gewechselt  und  die  antiseptische  Ausspülung 
wiederholt  werden. 

4.  In  schwereren  Fällen  drainirt  mau  auch  die  obere  Aus- 
stülpung der  Gelenkkapsel,  die  Bursa  extensorum,  durch  Ein- 
schnitte an  beiden  Seiten  oberhalb  der  Patella,  und  wenn  die  Bursa 
bereits  geborsten  und  der  Eiter  unter  den  M.  quadriceps  femoris 
ausgetreten  ist,  dann  muss  auch  dieser  Eitersack  durch  genügende 
Einschnitte  an   seinem  oberen  Ende  drainirt  werden. 

Resection  des  Hüftgelenkes. 

Mit  hinterem  Bogensohnitt  nach  Anthony  White. 

1.  Der  Patient  wird  auf  die  gesunde  Seite  gelegt,  der  Ein- 
schnitt beginnt  in  der  Mitte  zwischen  spina  anterior  superior  ossis 
ilium  und  trochanter  major,  wird  im  Bogen  über  die  Spitze  des 
letzteren  herum  und  am  hinteren  ßande  desselben  etwa  5  cm  abwärts 
geführt  (Fig.  494). 

2.  Mit  einem  starken  kurzen  Messer  werden  die  sehnigen 
Ansätze  der  Mm.  glutaeus  medius  et  minimus,  der  obturatores,  des 
pyriformis  und  des  quadratus  femoris  (Fig.  495)  vom  Trochanter 
abgetrennt  und  die  Muskelmassen  mit  Wundhaken  auseinander 
gezogen,  bis  die  hintere  obere  Fläche  des  Schenkelhalses  und  der 
Pfanne  sichtbar  wird. 

3.  Ein  kräftiger  Schnitt  am  Rande  des  limbus  cartilagineus 
entlang  öffnet  das  Gelenk ;  der  Schenkel  wird  flectirt  und  ab- 
ducirt,  mit  schnalzendem  Geräusch  tritt  der  Schenkelkopf  halb  aus 
der  Pfanne. 

4.  Mit  einem  schmalen  Messer,  welches  von  hinten  aussen  in 
das  Acetabulum    eindringt,    wird    das    ligamentum  teres  gegen  die 


Fig.  494. 


Fig.  495. 


Resection  des  Hüftgelenkes. 

Absägen  des  Seheukelkopfes  mit  der  Ketteusäge,  Zurückhalten  der  Weichtheile  durch 
eiuen  Ziaustreifen. 


—     300 


Kuppe    des  Schenkelkopfes  durchsclinitten,    der  letztere  tritt  ganz 
aus  der  Pfanne  heraus. 

5.  Mit  einem  Zinnstreifen,  welcher  hinter  das  coIlum  femoris 
geschoben  wird,  lässt  man  die  "Weichtheile  zurückdrängen;  der 
Schenkelhals  wird  mit  einer  Stich-  oder  Kettensäge  durchsägt, 
während  der  Schenkelkopf  mit  der  Knochenzange  fixirt  wird 
(Fig.  496).     (Siehe    das    "Weitere    bei    der   folgenden   Operation.) 

Subperiostale  Resection  des  Hüftgelenkes. 

Mit  äusserem  Längsschnitt  nach  von  Langenbeck. 

1.  Bei  halb  (im  Winkel  von  45*^)  flectirtem  Oberschenkel 
wird  von  der  Mitte  des  Trochanters  in  der  verlängerten  Achse 
des  Oberschenkels  ein  gerader  Schnitt  etwa  12  cm  nach 
hinten  oben  in  der  Richtung  gegen  die  spina  superior  posterior 
des  Darmbeins  hin  geführt  (Fig.  497). 

Fis:.  497. 


Resection  des  Hüftgelenks.    Längsschnitt  nach  von  Laugenbeek. 

2.  Der  Schnitt  dringt  zwischen  die  Faserbündel  des  M.  glutaeus 
maximus  ein  und  spaltet  die  Schenkelfascie  und  das  Periost  des 
Trochanters. 


cruralis 


Vorderseite. 


Fig.  499. 

ohturator  ext. 


üio-psoas 


pectinaeusp- 

adductor  hrevis, 


'\Jj   i    •--- -^^^ qlut.  med. 

/    \  '1 

\,..i'lJlL quadrat.  fem. 


I  .'VI    alut.  max. 

'  '   '1' 

J^!§ adductor  magnus 


vast.  int , — 


Rückseite. 
Muskelansätze  am  oberen  Ende  des  rechten  Femur. 


—     302     — 


Fig.  500. 


3.  Während  man  die  Wundränder  mit  Haken  kräftig  aus- 
einander ziehen  lässt,  werden  von  diesem  Spalt  aus  sämmtliche 
Muskeln,  welche  sich  an  den  Trochanter  ansetzen  (an  der  vorderen 
Fläche  glutaeus  minimus,  pyriformis,  obturator  internus  und 
gemelli  (Fig.  498),  an  der  hinteren  Fläche  glutaeus  medius 
und  quadratus  femoris  (Fig.  499),  mit  dem  Messer  von  demselben 
abgelöst,  wobei  man  ihre  Verbindung  mit  der  Schenkelfascie  und 
dem  Periost  sorgfältig  zu  erhalten  sucht. 

Man  kann  sich  diese  mühsame  Arbeit  wesentlich  erleichtern 
dadurch,  dass  man  (nach  König)  die  Corticalis  der  vordem  und 
hintern  Fläche  des  Trochanter  major  mit  zwei  Meisselschnitten 
abtrennt  und,  ohne  das  Periost  am  unteren  Pande  der  Schnitte 
mit  zu  trennen,  die  beiden  Knochenblätter  durch  Hebelbewegungen 
des  Meisseis  nach  beiden  Seiten  hin  abbricht.  Darnach  schlägt 
man  das  zwischen  beiden  stehen  bleibende  dreieckige  Stück  der 
Trochanterspitze  quer  ab,    worauf  der  Schenkelhals  frei  vorliegt. 

4.  Mit  einem  starken 
Messer  wird  ein  kräfti- 
ger Längsschnitt  auf den 
Schenkelhals  geführt 
und  so  oft  wiederholt, 
bis  die  zähen  Fasern 
der  Gelenkkapsel  und 
das  Periost  völlig  ge- 
spalten sind. 

5.  Von  diesem  Spalt 
aus  löst  man,  abwech- 
selnd den  Hebel  und 
das  Messer  gebrauchend, 
das  Periost  in  Vea- 
bindung  mit  der  Kapsel 
und  dem  Ansatz  des 
M.  obturator  externus 
ringsum  vom  Schenkel- 
hals  ab   (Fig.    500). 

6.  Darauf  spaltet 
man  das  labrum  carti- 
lagineum  und  trägt  nach  beiden  Seiten  ein  Stück  mit  dem 
Messer  ab. 

7.   Nun  lässt  man  den  Schenkel  adduciren  und  nach  einwärts 


Bander  an  der  vorderen  Seile  des  Hüftgelenks. 


—     303     — 

rotiren,    der   Schenkelkopf   tritt    mit    schnalzendem    Geräusch    lialh 
aus   der  Pfanne  heraus. 

8.  Ein  langes  schmales  Messer  wird  von  hinten  und  aussen 
in  die  Pfanne  eingeführt  und  trennt  durch  einen  nach  innen  und 
vorne  gegen  den  Schenkelkopf  geführten  Schnitt  das  gespannte 
ligamentum  teres,  worauf  der  ganze  Schenkelkopf  aus  der  "Wunde 
hervortritt  und  wie   oben  beschrieben,   abgesägi;  werden  kann. 

9.  Ist  der  Schenkelhals  abgeschossen,  so  muss  der  Kopf  mit 
der  Pesectionszange  oder  einem  scharfen  Resectionshaken  gefasst 
und  hervorgeholt  werden. 

10.  Ist  auch  der  Trochanter  major  verletzt,  so  wird  ein 
Stück  desselben  mit  dem  Schenkelhals  durch  schräge  Führung  der 
Säge   entfernt. 

11.  Xach  Stillung  der  Blutung  wird  ein  starkes  Drainrohr 
bis  in  die  Pfanne  hineingelegt  und  in  der  ilitte  der  TVunde 
herausgeleitet.  Der  übrige  Theil  der  Vunde  wii-d  durch  die  Naht 
geschlossen.  Bei  Tuberculose  ist  es  auch  zweckmässig,  die  ^Vunde 
unter  Tamponade  heilen  zu  lassen. 

Mit  hinterem  Längsschnitt  nach  Kocher. 

1.  Der  Schnitt  zieht  von  der  Basis  der  Aussenfläche  des 
Trochanter  major  zum  vorderen  Bande  der  Trochanterspitze  schräg 
aufwärts  nach  vorn  und  dann  in  der  Richtung  der  Pasern  des 
M.   glutaeus   maximus   nach   oben  und  hinten   (Fig.    501). 

2.  Auf  der  Aussenfläche  des  Trochanter  major  (t^  wird  die 
Fascie  des  M-,  glutaeus  maximus  gespalten  und  das  Periost  sammt 
dem  Ansatz  des  M.   glutaeus   medius  frei  gelegt. 

3.  Nach  DurchtrennuDg  der  Fasern  des  glutaeus  maximus  (^Grn) 
und  der  darunter  liegenden  Fettschicht  gelangt  man  am  unteren 
Rande  des  M.  glutaeus  medius  (^gmcT),  an  den  oberen  Rand  des 
M.  pyriformis  {p).  Zieht  man  diesen  nach  unten,  so  tritt  die 
Rückfläche  der  Kapsel  an  der  hinteren  Pfannenwand  zu  Tage,  nach 
vorn  hin  wird  am  oberen  Rande  der  Sehne  des  M.  pyriformis  der 
Glutaeus  medius  vom  Knochen  abgehoben  und  die  obere  Spitze  und 
Aussenfläche    des    Trochanter    dadurch    freipräparirt     (Fig.    502). 

4.  Am  vorderen  Rande  des  Trochanter  zieht  man  den  Glutaeus 
medius  und  minimus  nach  vorne,  an  der  Innenfläche  den  Pyri- 
formis, Gemelli,  Obturator  externus  (o}  sammt  dem  Periost  im 
Zusammenhancf  nach  hinten   ab. 


—     304     — 

5.  Nachdem  so  die  ganze  ßiickfläche  vom  Kopf,  Hals  und 
Trochanter  des  Femur  freiliegt,  ist  es  nicht  schwer,  die  Synovialis 
vor  ihrer  Eröffnung,  soweit  sie  erkrankt  ist,  frei  zu  präpariren 
und    von    ihrem    Ansatz    an    Pfanne    und   Schenkelhals    loszulösen. 


Fig.  501. 


Fig.  502. 


Resection  des  Hüftgelenks  nach  Kocher. 

1.  Beseetiou  des  Darmbeins,  2.  Resection  des  Hüftgelenks. 


6.  Bei  stark  adducirtem  Schenkel  wird  nach  Trennung  des 
Ligamentum  teres  der  Kopf  nach  hinten  luxirt,  wodurch  man 
einen  vollständigen  Einblick  in  das  Gelenk  und  besonders  in  die 
Pfanne  erhält.  Alles  Krankhafte  kann  nun  gründlich  entfernt 
werden. 

7.  Ist  nur  die  Arthrectomie  nöthig,  so  eröffnet  man  ohne 
erst  die  Muskelansätze  vom  Trochanter  abzulösen  sofort  die  Kapsel 
(Je)  am  oberen  Pande  des  Pyriformis  und  löst  mit  der  Kapsel 
die  Muskelansätze  vom  Hals  und  Trochanter  ab. 


—     305     — 

Ist  bei  Verletzungen  des  Hüftgelenks  (nach  Schuss wunden) 
der  Schenkelkopf  oder  -hals  von  vorne  her  zertrümmert  oder  ab- 
geschossen, oder  hat  sich  an  der  Vorderseite  des  vereiterten  Hüft- 
gelenks ein  Abscess  gebildet,  oder  ist  bei  Entzündungen  nur  das 
Femur  allein  ergriffen,  die  Beckenpfanne  aber  noch  gesund,  so 
kann  man  am  leichtesten  von  vorne  an  das  Gelenk  kommen,  hat 
aber  dabei  nur  geringe  TJebersicht  über  das  ganze  Gelenk.  Man 
legt  dieses  dann  frei 


mit  vorderem  Längsschnitt  nach.  Lücke  und  Schede. 

1.  Der  Schnitt  beginnt  dicht  unterhalb  und  einen  Fingerbreit 
nach  innen  von  der  Spina  anterior  superior  und  wird  10 — 12  cm 
gerade  abwärts  geführt  (Fig.   503). 

Fig.  503.  Fig.  504. 


nach  Lücke  und  Schede 


Resection  des  Hüftgelenks 


nach  Hueter. 


2.  Der  innere  Rand  der  Mm.  sartorius  und  rectus  femoris 
wird  freigelegt  und  nach   aussen  gezogen. 

3.  Im  lockeren  Zellgewebe  des  Muskelinterstitiums  mit  dem 
Finger  oder  der  Kornzange  vordringend,  trifft  man  auf  den  äusseren 
üand  des  M.  iliopsoas,  der  mit  einem  Haken  nach  innen  gezogen  wird. 

4.  Indem  man  das  Bein  etwas  flectiren,  abduciren  und  nach 
aussen   rotiren  lässt,   kommt  die  Gelenkkapsel  zum  Vorschein. 

^  Esmarch-Kowalzi^,  Technik.     4.  Aufl.  20 


—     306     — 


Fig.  505. 


5.   Diese    wird    eröffnet    und  mit  dem  Kopfmesser  nach  oben 
und  unten  hin  möglichst  weit   eingeschnitten. 

6.  Der  Schenkelhals  wird  mit  dem  Eleva- 
torium  isolirt  und  mit  der  auf  dem  Zeigefinger  ein- 
geführten Stichsäge  senkrecht  zu  seiner  Längs- 
achse (von  oben  aussen  nach  unten  innen) 
durchsägt. 

7.  Der  limbus  cartilagineus  wird  durch  kurze 
kräftige  Schnitte  auf  den  Pfannenrand  getrennt 
und  der  Gelenkkopf  mit  einer  Zange  oder  einem 
Löffel  (Löffel elevatorium  nach  L  ö  b  k  e  r  ,  Fig.  505) 
herausgeholt,  nachdem  man  das  ligamentum  teres 
durchschnitten  hat. 


h, 


Löffelelevatorium 
Löbker. 


Mit  vorderem  Schrägschnitt  nach  Hueter. 

H  u  e  t  e  r  hat  das  eben  beschriebene  Verfahren 
dahin  abgeändert,  dass  er  den  Schnitt,  von  der 
Mitte  zwischen  spina  anterior  superior  und 
trochanter,  schräg  nach  unten  innen  10 — 15  cm 
am  Aussenrande  des  M.  sartorius  entlang 
führt  (Fig.   504). 

Der  Schnitt  dringt  oben   sofort  bis  auf  den 
Knochen,   wodurch  nur  die  äussersten  Fasern   des 
vastus  externus  durchschnitten  werden,   läuft  aber 
nach    im    unteren    "Wundwinkel    seichter    aus,    um    die 
arteria    circumflexa    femoris   externa  zu  schonen, 
welche   dicht  unter  dem   Trochanter   quer  herüberläuft. 

Bei  dieser  Methode  ist  es  leichter,  den  verletzten  Trochanter 
mit   wegzunehmen,  als  bei  der  vorigen. 

Um  den  Abfluss  des  Wundsecrets  zu  sichern,  müssen  bei 
diesen  Methoden  von  der  Wundhöhle  aus  sowohl  nach  hinten,  durch 
die  Mitte  des  M.  glutaeus  maximus  hindurch,  als  nach  innen  hinter 
den  Adductoren  durch  mit  Hülfe  der  Kornzange  Drainröhren  ge- 
zogen werden. 

Tiling  verlegt  den  Längsschnitt  auf  den  vorderen 
Rand  des  Trochanter,  um  die  Ansätze  der  Glutaeen  zu  erhalten, 
meisselt  von  diesem  Schnitt  aus  den  Trochanter  ab  in  Verbindung 
mit  Periost  und  Muskelansätzen  und  lässt  ihn  nach  hinten  ziehen; 
dann    wird    die   Kapsel    vorne    abgelöst  und  bei  auswärts  rotirtem 


—     307     — 

Schenkel  der  Trochanter  minor  abgemeisselt  und  der  Kopf  luxirt. 
Die  abgeschlagenen  Trochanteren  werden  nach  Beendigung  der 
Operation  in  ihrer  früheren  Stellung  am  Schafte  befestigt;  sie 
werden  aber  leicht  nekrotisch,   wenn   es  zur  Eiterung  kommt. 

Olli  er  durchtrennt  die  Haut  über  dem  Trochanter  bogen- 
förmig, meisselt  diesen  schief  von  aussen  unten  nach  oben  innen 
ab  und  klappt  das  losgelöste  Stück  mit  der  Haut  und  den  Glutaeen 
zurück.  Auch  dadurch  wird  der  Schenkelhals  und  Kopf  recht 
gut  freigelegt.  Das  abgesägte  Stück  aber  wird  nach  Beendigung  der 
Operation  an  seiner  alten  Stelle  befestigt  (osteoplastische  Ablösung 

des  Trochanter). 

Nach  Beendigung  der  Operation  wird  sofort  ein  Extensions- 
verband  (s.  Bd.  I  S.  57)  angelegt,  und  die  Contraextension  durch 
Erhöhung  des  Fussendes   des  Bettes  bewirkt. 

Bei  der  Nachbehandlung  kommt  es  vor  allem  darauf  an,  das 
Bein  in  Streckung  und  Abduction  mit  dem  Becken  zu  ver- 
heilen, um  die  eingetretene  Verkürzung  durch  B  e  ck  an  Senkung 
beim  Gehen  möglichst  auszugleichen.  Die  Extension  braucht  nicht 
besonders  stark  zu  sein,  da  sonst  durch  Zerrung  ein  unbrauchbares 
Schlottergelenk  entstehen  könnte,  wogegen  eine  nur  sehr  massige 
Beweglichkeit  am  meisten  erwünscht  ist  und  die  brauchbarsten 
Grlieder  liefert.  Man  hat  auch  den  abgesägten  Schenkelhals  in  die 
angefrischte  Pfanne  fest  eingestemmt  und  dadurch  knöcherne 
Ankylose    und    bedeutende    Abkürzung    der    Heilungszeit    erreicht. 

Beim  Verbandwechsel  wird  der  Kranke  auf  eine  Beckenstütze 
gelagert,  während  der  Zugverband  in  "Wirkung  bleibt,  oder  noch 
besser,  der  Krankenheber  nach  Hase-Beck  angewendet,  wenn 
er  vorhanden  ist. 

Sobald  die  Wunde  geheilt  ist,  kann  man  den  Patienten  auf- 
stehen und  mit  einem  aus  Gips  oder  Kleister  hergestellten  Gips- 
verband (tutor)   umhergehen  lassen. 

Zur 

Beseitigung  der  angeborenen  Hüftluxation 
bildet  Hoffa  bei  Kindern  folgendermassen   eine  neue  Pfanne: 

1.  Nach  Eröffnung  des  Gelenks  mittelst  des  Langen- 
b  eck 'sehen  Schnittes  (Eig.  497)  werden  alle  Weichtheile  sub- 
periostal vom  Trochanter  major  abgelöst,  bis  es  gelingt,  durch 
Flexion  des  Oberschenkels  und  directen  Druck  den  Schenkel- 
kopf   in    die     alte    Pfanne    hineinzubringen     (was    vor    der    Er- 

20* 


—     308     — 

Öffnung    des    Gelenks    wegen     der    starken    Muskelspannung     nicht 
möglich  ist). 

2.  Um  die  verkürzten  Muskeln  (Biceps,  Semimembranosus  und 
Semitendinosus)  allmählig  zu  dehnen,  wird  der  in  Beugung 
stehende  Schenkel  von  einem  Gehülfen  langsam  gestreckt,  was  bei 
jungen  Kindern  in  einigen  Minuten  gelingt;  bei  älteren  Kindern 
(nach  dem  6.  Jahre)  muss  man  die  Tenotomie  der  Sehnen  in 
der  Kniekehle,  die  Durchtrennung  der  Fascia  lata  und  der  von 
der  Spina  ilium  ant.  sup.  herabziehenden  Muskeln  zu  Hülfe  nehmen. 

3.  Nun  wird  mit  einem  (mit  Bajonnetstiel  versehenen)  scharfen 
Löffel  der  ganze  Pfannengrund  sammt  dem  Bindegewebe  und 
Knorpel  tief  ausgeräumt,  wobei  darauf  zu  achten  ist,  dass  die 
Pfannenränder  unversehrt  bleiben, 

4.  Der  Schenkelkopf  lässt  sich  nun  mit  schnappendem  Geräusch 
in  die  ausgehöhlte  Pfanne  bringen,  und  wird  in  dieser  Stellung 
durch  einen  Gipsverband  festgehalten. 

Bei  Erwachsenen  empfiehlt  es  sich,  nach  König  einen 
Periostknochenlappen  vom  Becken  mit  dem  Meissel  abzuschälen, 
nach  unten  zu  klappen  und  ihn  mit  der  Kapsel  zu  vernähen.  Der 
Schenkel  muss  hierbei  freilich  durch  vorherige  Bxtensionsbehandlung 
beweglich  gemacht  sein. 

Die  Resection|des  Darmbeins 

wegen  Caries  oder  Nekrose  macht  man  am  besten  von  einem  bogen- 
förmigen Schnitt  aus,  welcher  auf  dem  Beckenrande  entlang  läuft 
(Fig.  501,  1).  Die  Weichtheile  an  der  Aussenseite  werden  subpe- 
riostal von  der  Darmbeinschaufel  abgehebelt  und  dann  soviel  als 
nöthig  ist  vom  Knochen  entfernt.  Von  diesem  Schnitte  aus  kann 
man  auch  Sequester  aus  der  Markhöhle  des  Darmbeins  entfernen, 
indem  man  die  äussere  Knochenlamelle  des  Darmbeins  an  der 
Crista  entlang  einmeisselt  und  nach  unten  klappt,  so  dass  die  Mark- 
höhle übersichtlich  vorliegt  (Bier).  Kocher  hat  sogar  eine 
ganze  Beckenhälfte  mit  sammt  dem  Pemurkopfe  resecirt. 


-^0^H$ 


Sach-Verzeichniss, 


A. 

Absägen  der  Knochen  164. 

—  bei  Knieg^elenkresection  290. 
Abquetschen  der  Glieder  49. 
Abschnüren  der  Glieder  49. 
Absetzung  der  Glieder  152. 
Abtragung  des  Nagels  140. 
Achillessehne,  Tenotomie  d.  127. 
Acupunctur  b.  Aneurysmen  123. 

—  b.  Pseudarthrosen  148. 
Aderlass  117. 
Aderlasslanzette  118. 
Aderpressen  66. 

—  b.  Aneurysmen   119. 

—  Improvisation  68. 
Aether  zur  Narkose  14. 

—  als  Anaestheticum  17. 
Aetzkali  30. 
Aetzmittel  30. 
Aetzmittelträger  30. 
Aetzpasten  31. 
Akidopeirastik  24. 
Alaun  75. 

Amputatio,  intracondylica (Syme) 
22rt. 

—  malle  olaris  CSyme)  208. 

—  metatarsea  199. 

—  scapulae  271. 

—  supracondylica  osteoplastica  227. 

—  tibiocalcanea  osteoplastica  212. 
Amputation,  Regeln  für  153. 

—  Messer  für  155. 

—  aller  Metatarsalknochen  199. 

—  des  Oberarms   189. 

—  des  Oberschenkels  227. 

—  osteoplastische  (Bier)  219. 

—  Säge  für  165. 

—  des  Unterschenkels  217. 

—  des  Vorderarmes  184. 
Ad  aesthe  siel. 

— ,  allgemeine   1. 


Anaesthesie  lokale  16. 
Analeptica  116. 
Aneurysmanadel  86. 
Aneurysmen,    Operation  d.  119. 
An  frischung    der   Knochen    bei 

Pseudarthrosen   146. 
Ankerschnitt    bei    Fussgelenk- 

resection  275. 
Antipyrin  75. 
Aorta,  Compression  der  63. 

—  Unterbindung  d.  102. 
Aortencompressorien  67.  68. 
Apoly se  241. 

Apparat  für  Chloroformnarkose2.4. 

—  für  künstliche  Blutleere   51.  54. 
Aqua  Binelli  75. 
Arbeitsklaue  172. 
Argentum  nitricum  30. 
Arsenikätzpaste  31. 
Arsenikätzpulver  31. 
Arthrodese  238. 

—  bei  Plattfuss  287. 
Arthrectomie  238. 

—  des  Kniees  296. 
Arterienconipression   63. 
Arterienligatur  75.  79.  84. 

—  bei  Aneurysmen  121.   122. 
Arterienpinzetten  75. 
Arterienscheide,  Eröffnung  d.  85. 
Arterientorsion  78. 
Arterientopographie  87 — 110. 
Arterien  unterbin  düng      (am 

Orte  der  Wahl)  84. 

—  anconaea  98. 

—  Aorta   102. 

—  axillaris  96. 

—  brachialis  98. 

—  carotis  communis  89. 

—  —  externa  90. 

—  —  interna  90. 

—  femoralis   106. 


310     — 


Arterienunterbindung 

—  glutaea  superior  105. 

—  iliaca  communis  103. 

—  —  externa  104. 

—  —  interna  103. 

—  ischiadica  105. 

—  lingualis  91. 

—  maxillaris  externa  92. 

—  occipitalis  92. 

—  Poplitea  109. 

—  radialis  99. 

—  subclavia  92 — 94. 

—  temporalis  92. 

—  tibialis  antica  109. 

—  —  postica  111. 

—  ulnaris    100. 

—  vertebralis  95. 
Asphyxie,  spastische  7. 

—  paralytische  7. 
Athmung,  künstliche  11 — 13. 
Augenlidklemme  62. 
Aufhebung   des   Kreislaufes   bei 

Aneurysmen  121. 
Autotransfusion  116. 

B. 

Balkennaht  39. 
Balkenpinzette  zur  Torsion  78. 
Bajonnetschnitt  für   Resection 

des  Ellbog.  258. 
Bein,  künstliches   173. 
Beugung,  forcirte  zur  Blutstillung 

71. 
Blaustift  (Cupr.  sulfur.)  30. 
Bleiplatten  naht  39. 
Blutentziehung  117, 
Blutersatz  112. 
Blutgerinnung   in  Aneurysmen 

119,  122. 
Blutleere,  künstliche  50. 

—  eines  Fingers  54.  56. 

—  an  Genitalien  56. 

—  am  Oberschenkel  56. 

—  am  Schultergelenk  55. 

—  Nachtheile  62. 

—  Vortheile  61. 

Blutreservoir  b.  künstlicher  Blut- 
leere 83. 

Blutsparung  49. 
Blutstillung   in  der  AVunde  73. 


Blutstillungsmittel  74. 
Bogenförmige   Anfrisch ung   bei 

Knieresection  290. 
Bogensäge  165.  242. 
Bogenschnitt 

für  Hüftresection  298. 

—  Knieresection  287. 

—  Schulterresection  267. 
Brachialis,  Compression  der  63. 
Bromaethy  1  16. 

c. 

Calcaneus,  Resection  des  281. 
Canüle  zur  Transfusion  114. 
Cauterium  actuale  26. 

—  Potentiale  30. 

Gar b Ölsäure  (Aetzmittel)  32. 
Oarbolseide  34. 
Carotis    communis,    Compression 
der  63. 

—  Unterbindung  der  89. 
Carpalgelenk,  Exarticulation  d. 

Daumens  im   178. 
Carpus,  Resection  des  248. 
Catgut  33. 

Chirurgischer  Knochen  36. 
Chloraethyl,  als  Anaestheticum 

17. 
C  h  1  o  r  m  e  t  h  y  1 ,  als  Anaestheticum 

17. 
Chloroform  1. 
Chloroform -Aether      Narkose 

15 
Chloroformapparat    nach  von 

Esmarch  2. 

—  nach  Junker  4. 

—  nach  Schimmelbusch  3. 
Chloroformtod  8. 
Chlorzink  (Stypticum)  75. 

—  b.  Pseudarthrosen  148. 
Chorzinkpaste  31. 
Chrom  säure  32. 
Cocain,  zur  Anaesthesie   17. 

—  zur  Blutstillung  75. 
Compression  des  Arterienstammes 

63. 

—  der  Wunde  73. 
Compressionsgurt  53. 
Cornealreflex,    Prüfung   des  5. 
Cor  nutin  75. 


—     311     — 


Creosot  75. 
Cuprum  sulfuricum  30. 

D. 

Darmb  einres  e  c  tion  308. 
Daumen,   Exarticulatiou  des  178. 
— ,  Seitenlappenschnitt  179. 
Decapitation  des  Schulterkopfes 

2H7. 
Digit  aleompr  ession  H3. 
Drain,  gefesseltes   169. 
Drainage  des  Eniegelenks  297. 
Dreizeitiger  Zirkelschnitt  161. 
Drillbohrer  146. 
Druck,  als  Anaestheticum  16. 
Dur  chstechungsmetho  de  bei 

Amputationen  163.  164. 
Durchschneidung   der  TVeich- 

theile   154. 
Dysmorphosteopalinklast  142. 

E. 

Ecrasement  49. 
Ecraseur  49. 

Eingewachsener  Nagel  139. 
Einspritzung  24. 

—  subcutane  24. 
Einstülpungsnaht  151. 

Ein  zeitiger  Zirkelschnitt  154fi". 
Eis  dusche  61. 
Eisenchlorid  74. 
Eisendraht  34. 
Elastische  Umschnürung  50. 

—  Xachtheile  62. 

—  Vortheile  61. 
Electrolyse  30. 
Electropunctur  b.  Aneurysmen 

123. 

—  b.  Pseudarthrosen  148. 
Elevatorium  239. 
Elfenbeinstifte  146. 
Ellbogengelenk  Bänder  255. 
— ,  Exarticulatiou  im   187. 

— ,  Querschnitt  durch  188. 
— ,  Eesection  des  253 — 261. 
Entfernung  von  Eremdkörpern  41 . 

—  von  Geschossen  43. 
Entspannungsnaht  37. 


Erbrechen  in  der  Narkose  6. 
Erhebung,  senkrechte  nach  künst- 
licher Blutleere  60. 

—  als  Blutstillungsmittel  73. 
Essig  75. 

Etag  ennaht  38. 
Exarticulation  152. 
— ,  allgemeine  Regeln  17(). 

—  des  Daumens   178. 

—  im  Ellbogengelenk  187. 

—  d.  Finger  174. 

—  sämmtlicher  Finger  178. 

—  des  Fusses  (Bruns)  215. 

—  des  Fusses  (Günther)  213. 

—  des   Fusses    (Le   Fort    und   von 
Esmarch)  215. 

—  des  Fusses  (Pirogoö)  212. 

—  des  Fusses  (Syme)  208. 

—  im  Handgelenk  181. 

—  im  Kniegelenk  223. 

—  mediotarsea  (Chopart)  204. 

—  der  Xetacarpalknochen  181. 

—  im  metacarpophalano'eal-Gelenk 
175. 

—  des  Oberschenkels  231. 

—  des  zweiten  Phalanx   175. 

—  des  dritten  Phalanx  174. 

—  im  Schultergelenk   194. 

—  des  Schultergürtels   197. 

—  uuter  dem  Talus  Olalgaigne)  206. 

—  im  Tarsus  (Chopart)  2'>4. 

—  in  dem   Tarso-metatarsal^elenk 
201. 

—  der  Zähen  197. 

—  der    Zehen    in    den    Phalango- 
iletatarsalgelenken  197. 

—  der  fünften  Zehe   sammt   ihrem 
Metatarsalknochen  200. 

■ —  der  grossen  Zehe  sammt  ihrem 

Metatarsalknochen   199. 
Excitation  bei  Aether  15. 

—  bei  Chloroform  5. 
Exstirpation  d.  Aneurysmen  122. 

—  der  Scapula  270. 

—  d.  Yaricen  124. 

F. 

Fadenschlinge      statt     "Wund- 
haken 23. 


—     312     — 


Faltennaht  38. 
Faradisation  des  X.  ]3lirenicus  13. 
Fasciotomie  128. 
Fasszange  241.  264. 
Femoralis,  Compression  der  65. 
Fermentintoxication  113. 
Feuerschwamm  74. 
Fibrinferment  75. 
Finger.     Exarticulation     sämmt- 

licher  178. 
Fingerdruck  b.  Aneurysmen  119. 
—  zur  Blutstillung  63. 
Fingerverkrümmung  128. 
Forcipressur  79. 
Fremdkörper,  Einlegen  unter  d. 

Nagel  140. 
— ,  Entfernung  der  41. 

G. 

Galvanokaustik  29. 
Gralvanopunctur  30. 
Gefäss  um  stechung  76.     77. 
Gefässunterbindung  75. 
Gefässwandung,  Verletzung  der 

124. 
Geigenbogenhaltung  d.  Messers 

19. 
Geissfuss  239. 
Gelenke,  Resection  der  238. 
Geruchsprobe   d.    Chloroform   1. 
Geschosse,  Entfernung  von  43. 
Gespaltene      Kompressen       bei 

Amputationen  166. 
Gewebsfalte,  Trennung  21. 
Gewebszerstörung  26. 
Glascvlinder  z.  Infusion  115. 
Glühe'isen  26,  74. 
Gummischnürbinde  52. 
Gummistrumpf  b.  Yaricen  123. 

H. 

Hand,  Sehnen  der  dorsalen  Fläche 

249. 
Handgelenk,  Bänder  des  244. 
— ,  Exarticulation  im  181. 
— ,  Frontaldurchschnitt  247. 
— ,  Topographie  des  245. 
— ,  totale  Resection  248. 


Handgelenks  resection     nach 
Bourgery  243. 

—  nach  Gritti  253. 

—  nach  Kocher  251. 

—  nach  von  Langenbeck  248. 
Handwurzelknochen  251. 
Haken,  improvisirter  22. 

— ,  scharfer  22. 
— ,  scharfer  Knochen-  242. 
— ,  stumpfer  22. 

Hakenschloss  f.  d.  Schnürgurt  51. 
Haken  tür  den  Schnürgurt  51.    53. 
Hakenschnitt   für   Res.   des  Ell- 
bogens 259. 

—  bei  Fussgelenksresection  270. 
Hakenzauge  241. 

—  für  die  Zunge   10.     11. 
Hallux,  Exarticulation  des  199. 
Haltung  des  Messers   19. 
Haut,  plastische  Operationen  135. 
Hauptlappenschnitt  161. 
Hautmanschette     bei    Amputa- 
tionen 157. 

Hautreize  in  der  Narkose   13. 
Hautverpflanzung  133. 
Hebel  239.     240. 
Hebung  des  Unterkiefers  8. 
Herzthätigkeit,  Erlahmen  der 

in  der  Narkose  7. 
Hohlmeisselzange  168. 
Hohlsonde  21. 
Höllenstein  30. 
Hosenträgertourniquet  58. 
Hüftluxation,  Op.  der  307. 
Hüftgelenk: 

—  Bänder  des  302. 

—  Blutleere  für  57. 

—  Resection  des  298   ff. 

— ,  subperiostale  Resection  300. 
Hypnose  als  Narkose  18. 
Hypodermoklysma  116. 

I. 

Iliaca  externa,  Compression  der 

65. 
Inactivitätsparalyse  241. 
Incision  19. 
Indicationen  zur  Absetzung-  der 

Glieder  152. 


—     313     — 


Indicationen    bei    Fungus    rler 
Gelenke  238. 

—  für  Resectionen  238. 
Infiltration,    dift'use,  blutige  73. 
Infusion,  intravenöse  113. 

— ,  subcutane  116. 
Infusionsspritze   116. 
Improvisation  d.  Aderpressen  68. 

—  des  Kugelsuchers  49. 
Injection  24. 
Inversion  bei  Chloroform  14. 


Jodoformseide  34. 

K. 

Kali  causticum  30. 

Kälte  als  Anaestheticum  17. 

Kettensäge  242. 

Klauenzange  lo6,  241. 

Klemmschnalle  51. 

Klemmzange  79. 

Klumpfuss,  Operationen  bei 

Knebeltourniquet  67. 

— ,  improvisirt  71. 

Kniegelenk,  Drainage  des  297. 

— ,  Exarticulation   im  223. 

— ,  Function  des  297. 

— ,  Resection  des   287. 

Kniescheere  23. 

Knochen,  Absägen  der  164. 

— ,  Operationen  an  den  141. 

Knochenbohrer  146. 

Knochenbrecher    142. 

Knochenhaken,  scharfer  242. 

Knochenhöhle,  Eröffnung  d.  148. 

Knochennaht  146. 

Knochenplastik   147. 

Knochenscheere  168. 

Knochenschienen,     intraossale 
147. 

Knochenvereinigung  146. 

Knopfnaht  34. 

Knoten  3ö. 

Knüppeltourniquet  71.     72. 

Kochsalzlösung   (Infusion)    113. 

Kompresse,   gespaltene  bei  Am- 
putationen 166. 


Kornzange  41. 
Kreuzkuoten  35. 
Kriegssonde  44. 
Kugelfeile  148. 
Kugelschraube  45. 
Kugelsonde  46. 
Kugelsucher  46. 
Kugelzange  45. 
Kugelzieher  45. 
Künstliche  Athmung  11. 
Künstliche  Blutleere  50. 

—  b.  Aneurysmen  121. 
— ,  Apparat  für  52,  54. 
Kürschnernaht  37. 
Kupfersulfat  30. 

li. 

Languettennaht  38. 
Lanzette  z.  Aderlass  118. 
Lappenmesser  161. 
Leinenbinde  zur  Blutleere  59. 
Ligatur,   directe  79. 

—  der  Gefässe  75. 

—  der  Glieder  49. 

—  indirecte  84  ff. 

— ,  seitliche  der  Venen  125. 
Liquor  ferri  sesquichlorati  74. 
Löffel,  scharfer  26. 
Löwenzange  241. 

M. 

Manschettenbildung  156.  158. 
Maske  für  Aether  14. 

—  für  Chloroform  2.     3.     4. 
Massenligatur  78. 
Matratzennaht  39. 
Meissel  f.  Nekrotomie  149.     150. 

—  für  Osteotomie  143. 
Messer,  geknöpftes  265. 

—  Resections-  239. 

— ,  stumpfendiges  265. 

—  Zwischenknochen-  167. 
Messerhaltung  19. 
Messerklingenformen  20. 
Messersäge  242. 
Metacarpalknochen,  Exarticu- 
lation der  vier  letzten  181. 

Metacarpophalangealgelenk, 
Exarticulation  im   175. 


314     — 


Metallfäden  34. 
Metatarsalknoche  n,  Amputation 

aller  199. 
Metatarsalgelenk,   Exarticula- 

tion  im  201. 
Milchsäure  3'2. 
Morphiumchloroformnarkose 

16. 
Mulde  nach  Nekrotomie  InO. 
Muskelkegel   bei  Amputationen 

160. 
Muskellappenschnitt  163. 
Muskel  schnitt  b.  Amputationen 

154.     160. 

Nachblutung    bei  Blutleere    60. 

Nadelhalter  32. 

Nadeln  32. 

Nagel,  eingewachsener  139. 

Naht: 

—  Balken-  39. 

—  Bleiplatten-  39. 

—  Einstülpungs-  151. 

—  Entfernung  der  37. 

—  Falten-  38. 

— ,  fortlaufende  37. 

—  an  Venen  125. 

—  Knochen-   146. 

—  Knopf-  34. 

—  Knotung  der  35,  37. 

—  Languetten-  38. 

—  Matratzen-  38. 

—  Muskel-  170. 

—  Nerven-  131. 

—  Periost-  146.     170. 

—  Perlen-  39. 

—  Schrotkugel-  39. 

—  Sehnen-   128. 

— ,  umschlungene  40. 
— ,  unterbrochene  34. 

—  tiefe  88. 

—  bei  Amputationen  169. 
— ,  versenkte  38. 
Nähnadeln  32. 
Nähte,  Arten  der  34. 

N  arkose  1. 
Nekrotomie  148. 

—  bei  Geschossen  49. 

— ,  osteoplastische  151.      152. 


Nerven,  Abschneiden  d.  b.  Ampu- 
tationen 169. 

—  Operationen  an  131. 
Nervennaht,  directe  131. 
— ,  paraneurotische  131. 

— ,  perineurotische   131. 

Nervus  circumflexus  humeri  267. 

—  ischiadicus  299. 

—  phrenicus,  Faradisation  13. 

—  ulnaris,  Topographie  254. 
Neuroplastik   131. 
Neurorrhaphie  131. 

O. 

Oberarm,  Amputation  des  189. 
— ,  Querschnitte  190—192. 
Oberschenkel,   Amputation   des 

227. 
— ,  Arterien  81. 
— ,  Exarticulation  des  231. 
— ,  Querschnitte  228—230. 
Olecranon,  Resection  des  260. 
— ,  temporäre  Resection  des  260. 
Osteoklasis  141. 
Osteoklast  142. 
Osteoplastische  Amputation  219. 

—  Nekrotomie  152. 
Osteotom  143. 
Osteotomie  143. 

— ,  keilförmige  des  Tarsus  285. 
Osteotomia  subtrochanterica  144. 

—  supracondjdica   145. 

—  supramalleolaris  146. 
Osteotribe  148. 
Ovalair  schnitt  164. 


Paralytische  Asphyxie   7. 

Penghawar  Yambi  75. 

Pental   IH. 

Periost, Zurückschiebend.  156.161. 

Periostnaht   146.   170. 

Perlnaht  39. 

Pferdehaare  34. 

Pfropfung  von  Hautstücken  132. 

Phalangensäge  168. 

Phalanx,   IL  Exarticulation   der 

175. 
— ,  III.  Exart.  der  174. 
Phimosenzange  62. 


315 


Phlebotom  118. 
Phlebotomie  117. 
Pinzette,  für  Grefässe  75. 

—  für  Fremdkörper  41. 
Plastik  bei  Knochen  147. 
— ,  operative  Haut-  135  ff. 

—  bei  Unterschenkelstümpfen  219. 
Platt fu SS,  Operationen  bei  286. 
Pockensalbe  31. 
Porzellanknopfkugelsonde  46, 
Prothesen  172. 
Pseudarthroseu,      Behandlung 

146. 
Punction  23. 

—  des  Kniegelenks  297. 

Q. 

Querschnitt 

—  des    Ellenbogengelenks    in    der 
Condylenlinie   188. 

—  des  Oberarms. 

—  vor  der  Achselhöhle  192. 

—  im  mittleren  Drittel  191. 

—  im  unteren  Drittel   190. 

—  des  Oberschenkels. 

—  in  der  Condylenlinie  223. 

—  im  oberen  Drittel  230. 

—  im  mittleren  Drittel  229. 

—  im  unteren  Drittel  228. 

—  des  Unterschenkels. 

—  im  mittleren  Drittel  221. 

—  im  oberen  Drittel  222. 

—  im  unteren  Drittel  220. 

—  des  Vorderarms 

—  in  der  Mitte  185. 

—  im  oberen  Drittel   186. 

—  im  unteren  Drittel  184. 

—  für  Resection  des  Fussgelenks  280. 

—  für  ßesection  des  Handgelenks 
253. 

R. 

Hadiallappenschnitt  (Daumen) 
179. 

—  (Handgelenk)   183. 
Radius,    Resection    des    Grelenk- 

endes  243. 
Raspatorium  150,  240. 
Reaction  des  Chloroform  ]. 


Reamputation  171. 
Reflex  d.  cornea  (Narkose)  5. 
Regeln,    allgemeine    für    Ampu- 
tationen  152. 

—  für  Exarticulationen  170. 

—  allgemeine  für  Resection  239, 
Reizmittel     bei     Chloroformzu- 
fällen 13. 

—  bei  Pseudarthroseu  147. 
Resection  des  Calcaneus  281. 

—  des  Darmbeins  308. 

—  des  Ellbogengelenks  253. 

—  des  Fussgelenks  272. 

—  der  Gelenke  238. 

—  des  Handgelenks  243 — 253. 

—  des  Hüftgelenks  298. 

—  des  Kniegelenks  287. 

—  der  Scapula  270. 

—  des  Gelenkkörpers   der  Scapula 
269. 

—  des  Schlüsselbeins  271. 

■ —  des  Schultergelenks  262. 

—  des  konischen  Stumpfes   172. 

—  subperiostale  239. 

—  des  Talus  280. 
Resectionssäge  242. 
Resectionszangen  241. 
Respiration,       künstliche       bei 

Chloroform  11. 
Ring,  Entfernung  des  einklemmen- 
den 42. 

—  offener  für   den  Schnürschlauch 
54. 

Ringzange  62. 

S. 
Säge: 

Bogen-  165. 

Ketten-  242. 

Messer-  242. 

Phalangen-  168. 

Resections-  242. 

Stich-  144.  242. 
Salpetersäure  32. 
Scalpell  19. 

Scapula,  Resection  der  270. 
— ,  Resection  d.  Gelenkkörpers  269. 
Schabeisen  140.  240. 
Scharfer  Löffel  26. 
Sehe  er  en  23. 


—     316     — 


Schieberpinzette  75. 
Schifferknoten  35. 
Sclerotinsäure  75. 
Schlauchklemme  54. 
Schlottergelenk  243. 

—  nach  Ellbogenresection  261. 
Schlussapparat  für  den  Schnür- 
schlauch 54. 

Schneideschlinge,     galvano- 

caustische  29. 
Schnitt  (Incision)  19. 

—  mit  Erhebung  e.  Gewebsfalte  21. 
Schnürbinde  52. 
Schnürschlauch  52. 
Schrägschnitt      für      Schult  er- 

resection  266. 
Schraubentourniquet  67. 
Schreibfederhaltung  d.  Messers 

19. 
Schrotkugelnaht  39. 
Schultergelenk,     Exarticulation 

im  194. 
— ,  ßesection  des  262. 
— ,  Resection  d.  subperiostale  265. 
Schultergürtel,     Exarticulation 

des  lii7. 
Schusswundon.   Blutung  aus  79. 
Schwänze  an  Hautschnitten  20. 
Schwefelsäure  32. 
Seegras  34. 
Sehnen: 

—  des  Handrückens  249. 

—  des  Handgelenks  245. 

—  des  Kniegelenks  294. 
Sehnendurchtrennung  125. 
Sehnennaht  128. 
Sehnenplastik  130. 

Seide  34. 

Seitenlängsschnitt  bei  Zirkel- 
schnitt 156.  224. 

Sequester  148. 

Sequesterzange  150. 

Shok  bei  Operationen  8. 

Silberdraht  34. 

Silkworm  34. 

Spannung  derHautbeimSchnitt20. 

Spastische  Asphyxie  7. 

Sporenschnitt  für  Calcaneus- 
resection  282. 

Spiralfederschnürbinde  57. 


Spritze  zur  Iniection  24.  25. 

—  zur  Infusion  116. 
Stabcompression  der  Brachialis 

71. 
Stadien  der  Narkose  5. 
Stahlnagel  146. 
Stangendruck  b.  Aneurysmen  119. 
Stauungshyperaemie  b.  Fungus 

238. 

—  b.  Pseudarthrosen  147. 
Stelzen  173. 

Stich  (Function)   23. 
Stichmethode  bei  Oberschenkel- 

exarticulation  231. 
Stichsäge   143.   144.  242. 
Stichwunden,  Blutung  aus  79. 
Stillstand  d.Athembewegungen6. 

—  der  Herzthätigkeit   7. 
Stulpe  beim  Zirkelschnitt  158. 
Streckapparat  f.  Osteoklase  141. 
Stumpf,  konischer   171. 

— ,  subperiostale  Resection  des  172. 
Stumpfplastik  219. 
Stützapparat   für   den  resecirten 

Ellbogen  261. 
Styptica  74. 

Subclavia,  Compression  der  63.78. 
— ,  Compression  bei  Exarticulation 

in  der  Schulter  53.  55. 
— ,  Ligatur  der  92. 
Subcutane  Kochsalzinfusion    116. 
Sublimat  32. 
Sublimatseide  34. 
Suggestion  18. 
Syncope  7. 


Talus,  Resection  des  280. 

Tamponade   zur  Blutstillung    73. 

Tannin  75. 

Tarsus,  Exarticulation  im  204. 

—  Resection  im  282. 

— ,  osteoplastische  Resection  des  283. 

Tarsectomie,  keilförmige  285. 

Tauchbatterie  29. 

Tendinoplastik  130. 

Teudinorrhaphie  128. 

Tenotom  126. 

Tenotomie  125. 

— ,  offene  127. 


—     317     — 


Tenotomie,  nacti  Phelps  286. 
— ,  subcutane  126. 
Thermokauter  27. 
Terpentinöl  75. 

—  bei  Pseudarthrosen  148. 
Tiefe  Nähte   38. 
Tisclilermeissel  149. 
Tisclimesserlialtung  19. 
Toleranz  beim  Chloroform  5. 
Topographie  d.  Aorta  und  iliacae 

101. 

—  d.  A.  axillaris   95. 

—  d.  A.  brachialis  97. 

—  d.  Carotis  87. 

—  d.  A.  lingualis  90. 

—  d.  A.  Poplitea  108. 

—  d.  A.  radialis  98. 

—  d.  A.  subclavia  92. 

—  d.  A.  ulnaris  98. 

—  d.  A.  vertebralis  95. 
Torsion  der  Arterien  78. 
Tourniquets  66. 
Tourniquethosenträger  58. 
Transfision     bei     Oberschenkel- 

exarticulation  231. 
Transfusion  112. 
Transplantation  d.  Haut  132. 
Troch anter,    osteoplastische    E.e- 

section  des  807. 
Troicart  23. 

Tropfflasche  füi-  Chlorofoi-m  2. 
Tröpfelnarkose  4. 

U. 
Ueberpflanzung   von  Haut  132. 
TJlna.   Resection  des  Grelenkendes 

243. 
Umschlungene  Xaht  40. 
Umschnürung,  elastische  50. 
Umstechung  77. 
— ,  percutane  der  Varicen  124. 
Unterbindung  75. 
— ,  directe  79. 
— ,  indirecte  84. 

—  der  Art.  bei  Aneurysmen  121. 

—  d.  Aorta  abdomin  102. 

—  d.  A.  axillaris  96. 

—  d.  A.  brachialis  98. 

—  d.  Carotis  89. 

—  d.  A.  femoralis  107. 


Unterbindung  d.  A.  glutaea  105. 

—  d.  A.  iliaca  comm.  103. 

—  d.  A.  iHaca  ext.  104. 

—  d.  A.  iliaca  int.   103. 

—  d.  A.  ischiadica   106. 

—  d.  A.  lingualis 

—  d.  A.  Poplitea  109. 

—  d.  A.  radialis  99.    100. 

—  d.  V.  saphena  12'6. 

—  d.  A.  subclavia  93.     94. 

—  d.  A.  tibialis  antica    109.      HO. 

—  d.  A.  tibialis   postica   111.    112. 

—  d.  A.  ulnaris  100. 

—  d.  A.  vertebralis  95. 
Unterbrochene  Xaht  34. 
Unterkiefer,  Lüftung  des  8. 
Unterkiefer-Halter  n.  Gutsch  9. 
Unterschenkel,        Amputation 

des  217. 

—  osteoplastische  Amput.  des  219. 

—  Arterien  82. 

—  Exarticulation  des  223. 

—  Querschnitte  220—222. 

V. 

Taricen,  Exstirpation  der  124. 

—  Operation  der.   123. 

Vena  saphena,  Unterbindung  der 
123. 

Yenaesectio   117. 

Venenligatur,  seitliche  125. 

Verblutungstod  112. 

Vergiftung  bei  Cocain   18. 

Vereinigung  der  Amputations- 
wunde 169. 

—  der  Knochenwundflächen  146. 

—  der  Wuudränder  32. 
Verhaltennähen  36. 
Versenkte  Isaht  38. 
Verödung  der   Varicen  124. 
Vorbereitungen  zur  Amputation 

153. 
Vorderarm.  Amputation  des  184. 

—  Querschnitt  im  mittleren  Drittel 
185. 

—  Querschnitt  im  oberen  Drittel 
186. 

—  Querschnitt  im  unteren  Drittel 
184. 

—  ßesection  des  unteren  Endes  243. 


318 


"Wasserstoffsuperoxyd  75. 
Weib  er  knoten  36. 
Weichtheile,    Durchsclineidung 

der   154. 
—  Zurückhalten  derselben  164.  166. 
Wiener  Aetzpaste  31. 
Wundhaken  22.     23. 
Wundnaht  32. 
Wundränder,    Vereinigung    der 

32. 


Z. 

Zangen : 

—  Arterien-  75.     79. 

—  Fass-  241. 

—  Haken-  241. 

—  Hohlmeissel-  168. 

—  Knochen-  156. 

—  Korn-  41. 

—  Kugel-  45. 


Zangen: 

—  Löwen-    241. 

—  Sequester-  150. 

—  Zungen-   11. 
Zapfennaht  39. 

Zehe,  Exarticulation  der  197. 
Zehe,    fünfte,    Exarticulation    der 

200. 
Zehe,   grosse,   Exarticulation    der 

199. 
Zerstörung,  von  Geweben  26. 
Zinnstreifen  als  Schutz  für   die 

Weichtheile  247.     299. 
Zirkelschnitt  154  ff. 
Zirkelschnitt,  dreizeitiger  160. 
Zirkelschnitt,  zweizeitiger  157. 
Zufälle  üble  in  der  Narkose  6. 
Zunge,  Hervorziehen  der  10. 
Zungenzange  10.     11. 
Zweizeitiger  Zirkelschnitt   157. 
Zwirn  34. 
Zwischenknochen  messer, 

Führuno:  des  167. 


Namen  -Verzeichniss. 


A. 

Adams,  Stichsäge  143.     144. 
Adelmann,  forcirte  Beugang  71. 
Amussat,  ßalkenpinzette  78. 
Anel,  Arterienligatur  122. 
Antyllus,  Arterienligatur  121. 


B. 

Bosch,      Dvsmorpliosteopalinklast 

141. 
Bailly,  Chlormethyl  17, 
V.  Bardeleben,    Osteoklase   141. 

—  Unterschenkelamputation  217. 
Bardenheue  r.Fusswurzelresection 

282. 
Bauden s,  Kugelschraube  46. 
Baum,  Terpentinöl  75. 
Bengue,  Chloraethyl  17. 
Bier,    osteoplastische  Nekrotomie 

152. 

—  osteoplastische    Unterschenkel- 
amputation 219. 

Billroth,  Chloroforms'emisch  15. 

—  Exstirpation  der  Patella  bei  Knie- 
gelenksexarticulation  225. 

—  Terpentinöl  75. 

Bircher,  Knochenvereinigung  147. 
Bourgery,  Handgelenksresection 

243. 
Bosworth,  Antipyrin  75. 
Brandis,  Glüheisen  27. 

—  Aortencompressorium  H8.    70. 
Brasdor,  Arterienligatur   122. 
von     Bruns,     galvanocaustischer 

Handgriff  29. 

—  Abänderung    des    Pirogoff  215. 
217. 


Buchanan,    Amputation    in    der 

Epiphysenlinie   226. 
B  u  r  o  w ,  Plastik  mit  Dreiecken  139. 
B  u  t  c  h  e  r ,  Exarticulation  im  Knie 

226. 

—  Resectionssäge  242. 

C. 

Canquoin,  Chlorzinkpaste  31. 
Cantani,    Hypodermoklysma  116. 
Celsus,    Plastik    durch    flautver- 
schiebung  135.     137. 

—  Reibung  b.  Pseudarthrosen  148. 

—  Zirkelschnitt  154. 
Championniere  Zungenzange  11. 
Chassaignac,  Ecraseur  49. 
Cheselden,    zweizeitiger  Zirkel- 
schnitt IßO. 

Chopart,   Eussexarticulation   204. 
Cooper,  Aneurysmanadel  86.    87. 

—  Aortaligatur  102. 

—  Scheere  nach  23. 

Cosme,  Frere,  Arsenikpaste  31. 
Czerny,  Carbolseide  34. 

D. 

D  a  v  y  ,  Knochenvereinigung  147. 
Desault,  dreizeitig-er  Zirkelschnitt 

IHO. 
Desmarres,  Augenlidklemme  62. 
Dieffenbach,  Nadelhalter  33. 

—  Oberschenkelexarticulation    235. 

—  Ringzange  62. 

—  Tenotom  126. 
Duchenne,  Phrenicus  faradisation 

13. 
v.  Dumreicher,    Stauungshyper- 
ämie zur  Callusbildung  147. 


—     320     — 


Dupuytren,  Fingerverkrümmung 

128. 

E. 

von  Esmarch,   Abänderung   der 
Operation  von  Pirogofi  215. 

—  Acidopeirastik  24. 

—  Aortencompressorium  67. 

—  Arsenikätz Mulver  31, 

—  Blutleere,  künstliche  50. 

—  Chloroformapparat  2. 

—  Klemmschnalle  51. 

—  Knochenbiecher  141. 

—  Kriegssonde  44. 

—  Künstliche  Blutleere  50. 

—  Resection  des  Gelenkkörpers  der 
Scapula  2fi9. 

—  Spiralfederschnürbinde  57. 

—  Stangendruck    für  Aneurysmen 
119. 

—  Tourniquet-Hosenträger  58. 

—  Umschnürungsgurt  51. 

—  Zungenzange   11. 

—  Zurückschieben  des  Periostes  bei 
Amputationen  15ö. 

F. 

Faraboeuf,   Fasszange  241,  264. 
Fearn,  Arterienligatur  122. 
Fergusson,  Löwenzange  24. 
Flashar,  künstliche  Athmung  13. 
F  o  u  1  i  s ,    Schlussapparat    für    den 
Kautschukstrang  55. 

O. 

Girard,   Fussgelenkresection  279. 
Gluck,  Neuroplastik   132. 

—  Tendinoplastik  130. 
Graf,  Tannin  75. 

V.  Gräfe,  Ligatur  49. 
Gritti,  Amputatio  supracondylica 
osteoplastica  227. 

—  Carpusresection  2ö3. 
Gross,  Kugelzange  45. 
Guerin,  Calcaneusresection  282. 
Gut  seh,  Unterkieferhalter  9. 
Günther,  Abänderung  des  Pirogoff- 

schen  Verfahrens  213. 


H. 

Hasredorn,  Nadelhalter  33. 

—  Nadeln  33,  129,  131. 
Hahn,     Bogenschnitt     bei    Knie- 

resection  292. 

—  Nagelung  der  Knochenenden  289. 
Hancock,    Osteoplastische    Fuss- 

exarticulation  208. 

Hegar,  Nadelhalter  33. 

Helferich,     bogenförmiges    Ab- 
sägen bei  Knieresection  290. 

—  ßesection     des    Acromion     bei 
Schultergelenkexarticulation  195. 

—  des  Calcaneus  bei  Exarticulation 
im  Tarsus  206. 

—  Stauungshyperämie  147. 
Hepp,  Geruchsprobe  1. 
Hessing,  Heilgehen  bei  Pseudar- 

throsen   147. 
Hoffa,  Operation  bei  angeborener 

Hüftgelenkluxation  307. 
Howard,  künstliche  Athmung  13. 
Hunt  er,  Ligatur  bei  Aneurysmen 

122. 

—  indirecte  Ligatur  84. 
Hübscher,    Transplantation    134. 
H u e t e r ,   Ellbogengelenksresection 

257. 

—  Fussgelenksresection  280. 

—  Hüftresection  306. 

—  Knieresection  295. 

—  Neuroplastik  131. 

—  Sehuennaht  128. 

—  Tendinoplastik  130. 

—  Unterbindung  der  Art.  lingualis 
91. 

—  Unterschenkelamputation  218. 

J. 

Jackson,  Aether  14. 

Jäger,  Amputatio  metatarsea  109. 

Joes,  Fingerdruck  beim  Erbrechen 

in  der  Narkose  6. 
Junker,  Chloroformapparat  4. 

K. 

K  a  p  p  e  1  e  r ,  Anhaken  des  Zungen- 
beins 10. 


321 


Koch,  Spritze  25. 
Kocher,  Arthrectomie  des  Knies 
296. 

—  bogenförmiges  Absägen  bei  Knie- 
gelenkresection  290. 

—  Darmbeinresection  308. 

—  Diains,  gefesselte  169. 

—  Ellbogengelenkresection  259. 

—  Exstirpation  d.  Fascia  palmaris 
128. 

—  Fussgelenkresection  278. 

—  Hüftgelenkresection  303. 

—  Schulterresection  267. 

—  Sehnennaht  129, 

—  Ovalairschnitt  bei  Schulterexar- 
ticulation  196. 

—  "Wasserbad  nach  Aetherspray  17. 
Köberle,  Arterienzange  78. 
Köhler,  Fermentintoxication  113. 
König,  Fussgelenkresection  277. 

—  Hüftgelenkresection  302. 

—  Methode  bei  Syncope  14. 
Kronecker,  Kochsalzinfusion  113. 
Küster,  Schwan  (Nadelhalter)  33. 

li. 

L  a  n  d  e  r  e  r ,  Kochsalz-Zuckerlösung 
113. 

—  Krampfaderbandage  123. 

von   Langen  b  eck,   Elevatorium 
239. 

—  Ellbogengelenkresection  256. 

—  Exstirpation  d.  Varicen  124. 

—  Fussgelenkresection  272. 

—  Handgelenkresection  248. 

—  Hüftgelenkresection  300. 

—  Klauenzange  241. 

—  Knieresection  293. 

—  Knochenhaken,  scharfer  240. 

—  Kugelzieher  45. 

—  Lappenmesser  161. 

—  Muskellappenschnitt  163. 

—  Ovalairschuitt   164. 

—  Scapularesection  270. 

—  Schulterresection  262. 

—  Stichsäge  242. 

—  subcapsuläre   Schulterresection 
265. 

—  subperiostale  Resection  239. 
Esmarch-Ko walzig,  Technik,  4.  Aufl. 


von  Langenbeck,  Unterschenkel- 
amputation mit  seitlichem  Haut- 
lappen 217.      218. 

Lannelongue,  Chlorzinklösung 
bei  Pseudarthrosen  148. 

Larrey,  Ovalairschnitt  b.  Schulter- 
gelenksexarticulation  196. 

—  Öberschenkelexarticulation  235. 
Lauenstein,  Fussgelenkresection 

279. 

Lecomte-Luer,  Kugelsucher 46. 

Le  Fort,  Electropunctur  b.  Pseu- 
darthrosen 148. 

—  Abänderung  des  Pirogoff  215. 
Liebreich,     electrischer     Kugel- 
sucher 47.    48. 

Lisf  ranc,  Fussexarticulation  201. 
Li  st  er,  Bleiplattennaht  39. 
Liston,  Ellbogenresection  253. 

—  Knochenscheere  168. 
Löbker,  Löfielelevatorium  306. 
Löffler,  Kugelzange  45. 
Longmore,  Kugelsucher  48.    49. 
Lorinser,  Phlebotom   118. 
Louis,    zweizeitiger    Zirkelschnitt 

160. 
L  0  w  d h a m ,  Hautlappenschnitt  16L 
Lücke,  Osteoplastische  Nekrotomie 

151. 
Lüer,  Hohlmeisselzange  168. 

M. 

Maas,  Aortaligatur  102. 
Mac  Ewen,  Acapunctur  b.  Aneu- 
rj'smen  123. 

—  Osteotom  143. 

—  Osteotomia   supracondylica   145. 
Madelung,  Exstirpation  d.  Varicen 

124. 

—  Sehuennaht  129. 
Malgaigne,  Fussexarticulation  206. 
Manec,    Lappenschnitt   bei  Öber- 
schenkelexarticulation 231. 

Marshall,  Osteotribe  148. 

Marshall  Hall,  künstliche  Ath- 
mung  13. 

Mennel  -  Schneider,  Streck- 
apparat 141. 

Middeldorpf,  Acidopeirastik  24. 
21 


—     322 


Middeldorpf,  Galvanocaustik  29, 
Mikulicz,  Tarsusresection  283. 

—  Terpentinöl  bei  Pseudartlirosen 
148. 

Morton,  Äether  14. 
von  Mosetig-Moorhof,  Milch- 
säure 32. 
Müller,  Knochenplastik  147. 
Murray,  Aortaligatur  102. 

Nelaton,  EUbogengelenkresection 
258. 

—  Inversion  b.  Syncope  14. 

—  Porzellanknopfsonde  46. 
Neuber,  Einstülpungsnaht  151. 
Neudörfer,  Apolyse  241. 
Nicaise,  Haken  53. 
Nikolaysen,  Acupun ctur bei Pseu- 

darthrosen  148. 
V.  Nussbaum,   Aortaligatur  102. 

—  Kalkpfeife  als  Kugelsonde  46. 

—  Wasserstoffsuperoxyd  75, 

O. 

Ogston,     Arthrodese     des     Talo- 

naviculargelenks  287. 
Overlach,  Spritze  25. 
Ollier,  Calcaneusresection  281. 

—  EUbogengelenkresection  258. 

—  Hüftresection  307. 

—  Scapularesection  271. 

—  ßchulterresection  266. 

—  subperiostale  Resection  239. 
Oesterlein,  Dysmorphosteopalin- 

klast  141. 


Pancoast,    Aortencompressorium 

67.     68. 
Paquelin,  Thermokauter  27. 
Pean,  Kleramzange  78.     79. 
Petit,  Schraubentourniqueh  67. 
—  zweizeitiger  Zirkelschnitt  156. 
P  h  e  1  p  s ,   Klumpfussoperation  286. 
Philagrius,      Exstirpation      von 

Aneurysmen  122. 


Pirogoff,  Fussexarticulation  212. 
Pravaz,  Spritze  25, 
Prince,   keilförmige   Tarsectomie 
285. 

R. 

Rawa,  Nervennaht  131. 

Reid,      Kreislaufsaufhebung      bei 

Aneurysmen   121. 
Reverdin,    Transplantation    132. 
Ricliardson,  Aetherspray  17. 
Ricord,  Phimosenzange  62. 
Rizzoli,  Osteoklast  142. 
Rose,  Exstirpation  des  Schenkels 

234. 
R  0  s  e  r ,    EUbogengelenksresection, 

Nachbehandlung  261. 
Roux,  Nadelhalter  33. 
R  u  y  s  c  h ,  Handgelenkexarticulation 

183. 
Rydygier,  Knochenplastik  147. 

S. 

Sabanejeff,  Amputatio  intracon- 
dylica  osteoplastica  227. 

S  a  y  r  e ,  Elevatorium  239. 

Schede,  feuchter  Schorf  n.  Nekro- 
tomie 151. 

—  Venennaht  125. 

—  Verödung  v.  Varicen  124. 
Schimmelbusch,      Chloroform- 
maske 3. 

Schneider  -  Mennel,      Streck- 
apparat 141. 
Schüller,  künstliche  Athmung  13, 
Senn,  Knochenvereinigung  147. 

—  entkalkte  Späne  nach  Nekrotomie 
151. 

Silvester,  künstlich e  Athmung 
11—13. 

Simpson,  Chloroform  1. 

S  k  i  n  n  e  r ,  Chloroformapparat  2. 

S  o  c  i  n ,  Stützapparat  für  Ellbogen- 
schlottergelenk 261. 

—  Verband  nach  Transplantation 
135. 

Spencer-Wells,  Arterienzange 
75. 


—     323     — 


Stromeyer,  phlebostatische  Blu- 
tung en  79. 
Tenotomie  12ö.     126. 

S  y  m  e ,    Amputatio    intracondylica 
226. 

—  Aneurysmanadel  86.     87. 

—  Fussexarticulation  208. 


T. 

Textor,  Kniegelenkresection  287. 
T  hier  seh,  Perlennaht  39. 

—  Transplantation  133. 
Tiling,  Hüftresection  306. 
Tillaux,  Tendinoplastik  130. 
Trendelenburg,  EUbogengelenk- 

resection  260. 

—  Stahlnadel    zur     Oberschenkel- 
exarticulation  285. 

—  Osteotomia  supramalleolaris  146. 

—  Unterbindung  der  vena  saphena 
123. 


V. 

V  e  r  d  u  i  n ,    Lappenbildung    durch 

Stich  163. 

V  6 1  c  h ,  Oberschenkelexarticulation 

235. 
Völckers,  Knüppeltourniquet  71. 


Vogt,    Abmeisseln    der    Cortical- 
lamellen  240. 

—  Talusresection  281. 

von  Volkmann,    scharfer  Löffel 
26. 

—  Knieresection  293. 

—  Osteotomia  subtrochanterica  144. 
Voltolini,  Tauchbatterie  29. 

W. 

V.  Walther,   Kadiallappenschnitt 
(Handgelenk)  183. 

—  Seitenlappenschnitt     (Daumen) 
179. 

Wardrop,  Arterienligatur  122. 
White,  Hüftresection  298. 
Wille,  Knochennaht  147. 
Wladimiroff,       Tarsusresection 

283. 
Wolberg,  Nadeln  129. 
Wolfe,  Transplantation  133. 
Wolf  1er,    Sehnennaht   128.     129. 
Wright,   Fibrinferment  als  Styp- 

ticum  75. 
W  u  t  z  e  r ,  Reizmittel  b.  Chloroform 

13. 

Z. 

von   Ziemsse n,  Phrenicusfaradi- 
sation  13. 


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COLUMBIA  UNIVERSITY  LIBRARIES  (hsl.stx) 

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Handbuch  der  Krieqschirurqischen  Technik 


2002139871 


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